und
zu der Entschließung des Bundesrates zur Ersten Verordnung zur Änderung der Betriebsprämiendurchführungsverordnung
und
zu der Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Wettbewerbssituation der landwirtschaftlichen Betriebe in der deutschschweizerischen Zollgrenzzone
Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hat mit Schreiben vom 28. September 2005 zu den o.g. Entschließungen Folgendes mitgeteilt:
Der Bundesrat hat im Zusammenhang mit dem Erlass der Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (805. Sitzung, Drucksache 728/04(B) ) als auch im Zusammenhang mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (810. Sitzung, Drucksache 170/05(B) ) Entschließungen gefasst, die Forderungen an die Bundesregierung bezüglich verschiedenster Themen im Rahmen der Umsetzung der Betriebsprämienregelung enthalten. Ferner hat er eine Entschließung gefasst (813. Sitzung, Drucksache 494/05(B) ), in der die Bundesregierung aufgefordert wird, "zur Verbesserung der Wettbewerbssituation der Landwirtschaftsbetriebe in der deutschschweizerischen Zollgrenze auf eine Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit dem Ziel hinzuwirken, dass Zahlungen nur an Betriebe mit rechtlichem Betriebssitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gestattet sind".
Wegen des bestehenden sachlichen Gesamtzusammenhangs im Rahmen der Umsetzung der GAP-Reform wird zu den Entschließungen gemeinsam Stellung genommen.
I. Drucksache 728/04(B)
1. Teil
- a) Die Auszahlung der Betriebsprämie genießt in diesem Jahr oberste Priorität. Das EG-Recht sieht vor, dass diese zwischen dem 1. Dezember des Antragsjahres und dem 30. Juni des Folgejahres ausgezahlt werden kann. Die für die Antragsbearbeitung zuständigen Länder hatten auf der Agrarministerkonferenz im Frühjahr diesen Jahres versichert, ihrerseits alles Notwendige dafür zu tun, dass die Betriebsprämie noch im Dezember 2005 ausgezahlt werden kann. Auf Grund von Verzögerungen bei der Umsetzung des neuen Systems der Direktzahlungen ist jedoch die vollständige Auszahlung der Betriebsprämie bis zum Ende des Jahres in den Ländern wohl nicht zu realisieren. Frau Bundesministerin Künast hat sich daher an Frau Kommissarin Fischer Boel mit der Bitte gewandt, Deutschland eine Teilzahlung auf die Betriebsprämie im Dezember dieses Jahres zu ermöglichen.
Bund und Länder haben auch bereits ein Konzept erarbeitet, wie eine mögliche Teilzahlung auf der Basis der bis Ende November durchgeführten Verwaltungs- und Vor-Ort-Kontrollen umgesetzt werden könnte. Die Höhe einer möglichen Teilzahlung hängt maßgeblich davon ab, wie weit bis Ende November dieses Jahres die Verwaltungs- und Vor-Ort-Kontrollen in den Ländern vorangeschritten sind, um Überzahlungen zu vermeiden.
- b) Auf EU-Ebene ist zwischenzeitlich eine weitere Flexibilisierung im Zusammenhang mit dem 10-Monatszeitraum beschlossen worden, die wesentlich dazu beitragen kann, die vom Bundesrat angesprochenen Probleme zu lösen. Danach können die Betriebsinhaber für die Flächen ihrer Betriebe zwei verschiedene 10-Monatszeiträume wählen. Die entsprechende Verordnung ist aber erst so spät in Kraft getreten, dass von der Regelung in diesem Jahr aufgrund des mehrheitlichen Votums der durchführenden Länder vor dem Hintergrund des zum damaligen Zeitpunkt bereits weit vorangeschrittenen Antragsverfahrens kein Gebrauch gemacht worden ist. Die Bundesregierung ist aber offen dafür, diese Regelung ab dem kommenden Jahr in Deutschland umzusetzen. Derzeit werden bereits entsprechende Gespräche auf Fachebene mit den Bundesländern geführt.
- c) Die EU-Kommission hat die deutsche Forderung, analog zur Regelung bei der entkoppelten Betriebsprämie Landschaftselemente auch bei den gekoppelten Beihilferegelungen in die beihilfefähige Fläche einzubeziehen, mit Schreiben vom 16. März 2005 abgelehnt. Nach Auffassung der EU-Kommission ist eine solche Regelung nicht mit dem geltenden Ratsrecht vereinbar, da die gekoppelten Beihilferegelungen grundsätzlich Produktionsverspflichtungen für den Beihilfeempfänger enthalten und auf die tatsächlich produktionsfähige landwirtschaftliche Fläche abstellen. Die Bundesregierung hat sich im Zusammenhang mit der Initiative der EU-Kommission (Vizepräsident Verheugen) zur Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung zwischenzeitlich erneut für eine einfachere Regelung in Brüssel eingesetzt. Ob die Kommission ihre bisherige Haltung überdenkt, bleibt abzuwarten.
- d) Die Bundesregierung hat sich bei der EU-Kommission dafür eingesetzt, den Termin 1. August 2005 gemäß Artikel 39 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 für die Anpassung der regionalen Stilllegungssätze auf den 1. November 2005 zu verschieben. Die EU-Kommission hat dies jedoch abgelehnt. Zwischenzeitlich ist durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Betriebsprämiendurchführungsverordnung vom 2. September 2005 die Hektarzahl für die Zuweisung der Zahlungsansprüche bei Flächenstilllegung angepasst worden (BAnz. S. 13 447).
- e) Derzeit ist die obligatorische Flächenstilllegung wegen der Unsicherheiten auf den Weltagrarmärkten noch erforderlich Angesichts der grundsätzlich positiven Perspektiven der Getreidemärkte und der Entkopplung der Direktzahlungen dürfte sie aber auf mittlere Sicht zur Marktsteuerung verzichtbar sein.
- f) Derzeit gibt es noch Unterschiede in den Regelungen für die Energiepflanzenprämie und für den Anbau Nachwachsender Rohstoffe auf Stilllegungsflächen, so z.B. bei den Vertragspartnern des Landwirts (Aufkäufer/Erstverarbeiter), bei der Höhe der Kaution und bei der Festlegung repräsentativer Erträge. Diese Unterschiede sind fachlich teilweise nicht berechtigt und führen zu einer Verkomplizierung der Verwaltung. Die Bundesregierung wird sich deshalb in Brüssel weiterhin für eine Vereinheitlichung der Regelungen einsetzen.
- g) Vom 1. Januar 2006 an wird die Gewährung von Direktzahlungen auch an die Einhaltung von Vorschriften in den Bereichen Tiergesundheit, Pflanzenschutz, Futtermittel- und Lebensmittelsicherheit geknüpft. Die Bundesregierung ist in intensivem Kontakt mit der EU-Kommission und den Ländern, um u. a. die sich aus den relevanten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ergebenden anderweitigen Verpflichtungen gem. Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 für den Landwirt zu definieren. Vorhandene Kontrollsysteme sollen unter Beachtung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 sowie der Durchführungsverordnung Verordnung (EG) Nr. 796/2004 so weit als möglich genutzt werden. Detailkonzepte werden derzeit erarbeitet.
- h) Die Bundesregierung verweist auf die Festlegungen des geltenden EG-Rechts. Im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind Lebensmittel diejenigen Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Zu Lebensmitteln zählen auch Getränke, Kaugummi sowie alle Stoffe - einschließlich Wasser -, die dem Lebensmittel bei seiner Herstellung oder Ver- oder Bearbeitung absichtlich zugesetzt werden. Wasser zählt hierzu unbeschadet der Anforderungen der Richtlinien 80/778/EWG und 98/83/EG ab der Stelle der Einhaltung im Sinne des Artikels 6 der Richtlinie 98/83/EG.
Nicht zu Lebensmitteln gehören Futtermittel, lebende Tiere, soweit sie nicht für das Inverkehrbringen zum menschlichen Verzehr hergerichtet worden sind, Pflanzen vor dem Ernten, Arzneimittel im Sinne der Richtlinien 065/65/EWG(21) und 092/73/EWG(22) des Rates, kosmetische Mittel im Sinne der Richtlinie 76/768/EWG(23) des Rates, Tabak und Tabakerzeugnisse im Sinne der Richtlinie 089/622/EWG(24) des Rates, Betäubungsmittel und psychotrope Stoffe im Sinne des Einheitsübereinkommens der Vereinten Nationen über Suchtstoffe, 1961, und des Übereinkommens der Vereinten Nationen über psychotrope Stoffe, 1971 sowie Rückstände und Kontaminanten.
Als landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von Cross Compliance gilt gem. Art. 2c) der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 die Erzeugung, die Zucht oder der Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren und Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke, oder die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Artikel 5 der o. g. Verordnung.
- i) Die FFH-Richtlinie verlangt geeignete Maßnahmen, um in den Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Habitate der Arten sowie Störungen der relevanten Arten zu vermeiden. Soweit Flächen in einem FFH- oder in einem Vogelschutzgebiet bewirtschaftet werden, ergeben sich nur dann zusätzliche Bewirtschaftungsvorgaben oder -auflagen, wenn verbindliche Vorschriften in Form einer Schutzgebietsverordnung, einer Einzelanordnung oder in einer vertraglichen Vereinbarung festgelegt wurden.
Im Übrigen dürfen jedoch die betreffenden Lebensraumtypen und Habitate nicht erheblich beeinträchtigt werden, z.B. indem Landschaftselemente entfernt werden. Auch andere Anforderungen der FFH-Richtlinie gelten unabhängig vom Vorhandensein eines Managementplans oder einer Schutzgebietsverordnung. Dies betrifft z.B. den Schutz von Pflanzenarten des Anhangs IV der Richtlinie, Ansiedlungsverbote für nicht heimische Pflanzen oder Jagdverbote.
Insofern ist die Kontrolle der Verpflichtungen, die sich aus der FFH-Richtlinie ergeben, auch dann notwendig, wenn kein Managementplan vorliegt.
- j) s. Punkt III.
2. Teil
- a) Bund und Länder haben gemeinsam eine umfassende Informationsbroschüre zu den ab dem Jahr 2005 geltenden anderweitigen Verpflichtungen erarbeitet. Diese Informationsbroschüre ist von den Bundesländern um länderspezifische Regelungen ergänzt und den Landwirten zur Verfügung gestellt worden. Für die ab den Jahren 2006 und 2007 geltenden anderweitigen Verpflichtungen ist ein analoges Vorgehen vorgesehen.
- b) Die Bundesregierung hat im Rahmen von Cross Compliance gemeinsam mit den Bundesländern Konzepte für eine möglichst einheitliche Durchführung von Prüfungen unter anderem durch die Erstellung von Kontrollberichten und Bewertungsmatrizen erarbeitet.
Die Auswahl der Betriebe und der zuständigen Behörden für die Durchführung der Kontrollen im Rahmen von Cross Compliance liegt bei den Bundesländern, die entsprechend ihren jeweiligen Verwaltungsstrukturen individuell verfahren.
Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen ihrer Kompetenzen weiterhin dafür ein, dass Prüfungen hinsichtlich Risikoauswahl und Durchführung dort gebündelt erfolgen, wo dies sinnvoll und möglich erscheint.
- c) Die Bundesregierung steht in intensivem Kontakt mit den Ländern, um bundeseinheitliche Risikoparameter als Mindestvorgaben in den ab 2006 relevanten Bereichen Tiergesundheit, Pflanzenschutz, Futtermittel- und Lebensmittelsicherheit zu bestimmen.
II. Drucksache 170/05(B)
Durch die unterschiedliche Umsetzung der Betriebsprämienregelung in den verschiedenen Mitgliedstaaten kann es dazu kommen, dass Landwirte in Deutschland für ihre z.B. in Belgien oder Österreich gelegenen Flächen keine Zahlungsansprüche erhalten, weil dort anstelle des Regionalmodells das so genannte historische Modell angewandt wird. Umgekehrt könnten Landwirte aus anderen Mitgliedstaaten für ihre in Deutschland gelegenen Flächen Zahlungsansprüche in Deutschland beantragen.
Diese Situation ist Folge der vom EG-Recht eingeräumten Möglichkeit, die Betriebsprämienregelung in den Mitgliedstaaten unterschiedlich umzusetzen. Nach den Vorgaben des EG-Rechts handelt es sich bei den z.B. in Belgien oder Österreich gelegenen Flächen eines deutschen Landwirts um einen eigenständigen Betrieb, der in einem anderen Mitgliedstaat liegt. Diese dortigen Flächen können aber nicht für die Zuweisung von Zahlungsansprüchen in Deutschland zugrunde gelegt werden. Nach den EG-rechtlichen Bestimmungen darf der Betriebsinhaber nur die Flächen seines Betriebs anmelden. Betrieb ist die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten, die sich im Gebiet eines Mitgliedstaates befinden. Daher enden die nationalen Regelungen zur Umsetzung der Betriebsprämienregelung an der jeweiligen Staatsgrenze. Dies gilt für alle Mitgliedstaaten in der Europäischen Union, in deren Grenzregionen ähnliche Probleme auftreten können. Die auftretenden Folgen sind systemimmanent und müssen hingenommen werden.
III. Drucksache 494/05(B)
Die EG-rechtlichen Vorgaben in der Ratsverordnung sehen eine weite Definition des Betriebsinhabers vor. Schweizer Landwirte können daher zur Zeit nicht für ihre in Deutschland bewirtschafteten Flächen von den EU-Direktzahlungen ausgeschlossen werden.
Das BMVEL hatte sich bereits auf Fachebene bei der EU-Kommission dafür eingesetzt, dieses Problem im Rahmen der Durchführungsverordnung zu lösen. In ihrer Antwort hat die EU-Kommission mitgeteilt, dass dies ohne eine Änderung des Ratsrechts nicht möglich sei. Sie hat in diesem Zusammenhang insbesondere darauf hingewiesen, dass die weite Definition des Betriebsinhabers für die Mitgliedstaaten auch Vorteile hat. So sind z.B. Kontrollen von Flächen von Landwirten, die vom Betriebsprämiensystem in diesem Mitgliedstaat profitieren, auf dem Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten nicht erforderlich. Die maßgeblichen prämienrechtlichen Bestimmungen für das neue System der Direktzahlungen sind sehr komplex. Es bedarf derzeit noch eingehender Prüfungen, welche Folgen im Falle einer Änderung der EG-rechtlichen Vorgaben in anderen Bereichen des Prämiensystems eintreten könnten, bevor das Anliegen bei der EU-Kommission ggf. geltend gemacht werden kann.