Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der Behandlung von Versicherungs- und Finanzdienstleistungen KOM (2007) 747 endg.; Ratsdok. 16210/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 10. Dezember 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das

Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 3. Dezember 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 4. Dezember 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Das Europäische Parlament und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl. AE-Nr. 041394

Begründung

1. Kontext des Vorschlages

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Der Vorschlag verfolgt zwei Ziele:

Diese Ziele werden durch die drei in dem Vorschlag enthaltenen Maßnahmen erreicht:

Klarere Abfassung der Vorschriften

Die klarere Abfassung der Vorschriften, die für die Mehrwertsteuerbefreiung bei Versicherungs- und Finanzdienstleistungen gelten, soll zu einer einheitlicheren Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung und zu mehr Rechtssicherheit für die Wirtschaftsbeteiligten führen und den Verwaltungsaufwand senken, der den Wirtschaftsbeteiligten bei der Befolgung der Vorschriften entsteht. Diese Klarstellung umfasst folgende Punkte:

Der Richtlinienvorschlag geht mit einem Vorschlag für eine Verordnung einher, die eine nicht erschöpfende Aufzählung von Fällen enthält, die von der Mehrwertsteuerbefreiung für Versicherungs- oder Finanzdienstleistungen erfasst oder nicht erfasst werden.

Das Recht, für eine Besteuerung zu optieren

Nach dem erweiterten Recht, für eine Besteuerung zu optieren, wird es der Wirtschaftsbeteiligte sein, der entscheidet, ob er voll steuerpflichtig sein will. Übt er sein Wahlrecht aus, so kann er, wie jeder andere Wirtschaftsbeteiligte auch, die Vorsteuer auf seine Investitionen in Abzug bringen. So werden für die Finanzbranche gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen, was bisher nicht gegeben war, da nur sehr wenige Mitgliedstaaten der Wirtschaft ein solches Wahlrecht eingeräumt haben und dies auch noch unter unterschiedlichen Bedingungen.

Gleichzeitig erhalten die Mitgliedstaaten die nötige Flexibilität, die Einzelheiten der Ausübung des Wahlrechts selbst zu regeln und sie an ihre nationalen Strukturen für die Steueraufsicht anzupassen. Erforderlichenfalls käme auch der Erlass von Durchführungsbestimmungen auf Gemeinschaftsebene auf der Grundlage von Artikel 397 der Richtlinie in Betracht.

Kostenteilung

Nach dem vorgeschlagenen Kostenteilungsmodell können insbesondere kleinere Wirtschaftsbeteiligte ihre Investitionen in Zusammenschlüssen poolen (z.B. Computertechnologie für spezialisiertes Personal), die diese Investitionen zu besseren Marktkonditionen erwerben und mehrwertsteuerfrei an die Mitglieder des Zusammenschlusses weiterverteilen können.

- Allgemeiner Kontext

Die Definitionen der steuerbefreiten Versicherungs- und Finanzdienstleistungen sind veraltet und haben zu einer ungleichen Auslegung und Anwendung dieser Befreiungen durch die Mitgliedstaaten geführt. Die Betroffenen sind mit einer rechtlich sehr komplexen Situation konfrontiert da die Verwaltungspraxis in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich ist, was Rechtsunsicherheit für die Wirtschaftsbeteiligten und die Steuerbehörden mit sich bringt.

Diese Rechtsunsicherheit hat zu einer wachsenden Zahl an Gerichtsverfahren geführt.

Gleichzeitig sind den Wirtschaftsbeteiligten und den Steuerverwaltungen durch die Anwendung dieser Steuerbefreiungen höhere Verwaltungskosten entstanden. Um mehr Rechtssicherheit zu schaffen und um die Verwaltungskosten für die Wirtschaftsbeteiligten und für die Steuerverwaltungen zu senken, müssen die Regelungen über die Steuerbefreiung von Versicherungs- und Finanzdienstleistungen deshalb klarer gefasst werden. Eine 2006 durchgeführte öffentliche Konsultation der betroffenen Kreise und eine unabhängige "Studie zum besseren Verständnis der wirtschaftlichen Auswirkungen der Mehrwertsteuerbefreiung für Finanz- und Versicherungsdienstleistungen", die von der Kommission in Auftrag gegeben wurde haben diese Schlussfolgerung bestätigt.

Das zweite Problem ist das der versteckten Mehrwertsteuer in der Kostenstruktur von Versicherungs- und Finanzdienstleistungen. Alle Erbringer von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen streben danach, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, da sie sich wegen des Trends hin zu einem einzigen gesamteuropäischen Markt sowohl einem zunehmenden Wettbewerb untereinander als auch dem Wettbewerb durch außerhalb der EU ansässige Wirtschaftsbeteiligte ausgesetzt sehen. Die Konsolidierung innerhalb der Branche erfolgte zu einem großen Teil aus Effizienzgründen, aber Strategien zur Kostensenkung können unterschiedliche Formen annehmen. Diese Entwicklungen werden durch die Entstehung eines breiter angelegten Regelwerks für einen integrierten europäischen Markt für Finanzdienstleistungen entsprechend dem Aktionsplan für Finanzdienstleistungen beschleunigt. Aufgrund dieses Regelungsrahmens entstehen allmählich gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen den Erbringern von Versicherungs- und Finanzdienstleistungen, was den Wettbewerb verstärkt. In diesem Umfeld haben die Wirtschaftsbeteiligten verschiedene Methoden zur Erhöhung ihrer Wettbewerbsfähigkeit entwickelt. Die am häufigsten angewandten Methoden sind:

Diese Methoden bringen es mit sich, dass weniger Werte intern geschaffen werden, sondern stattdessen als Dienstleistungen durch unabhängige Dritte an die Anbieter von Versicherungs- und Finanzprodukte erbracht werden. Dies führt zu dem Problem, dass solche Dienstleistungen unter Umständen nicht mehr unter die Steuerbefreiung für Finanz- und Versicherungsdienstleistungen fallen und deshalb mit Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt werden. Diese Mehrwertsteuer kann vom Kunden oft nicht in Abzug gebracht werden, weil er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, da er selbst steuerbefreite Versicherungs- und Finanzdienstleistungen erbringt. Diese nicht abzugsfähige Mehrwertsteuer wird Teil der Kosten. Der Vorschlag enthält Maßnahmen, die diese Auswirkung auf die Kosten reduzieren wird.

- Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

Artikel 135 Absatz 1 Buchstaben a bis g und Artikel 137 Absatz 1 Buchstabe a und Absatz 2.

- Vereinbarkeit mit der Politik und den Zielen der Union in anderen Bereichen

Wo dies möglich war, schaffen die neuen Definitionen auch mehr Kohärenz mit den Binnenmarktvorschriften (z.B. bei Investmentfonds, Kredit-Rating, Derivaten).

Der Vorschlag ist Bestandteil der Strategie der Kommission zur Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds (KOM (2006) 690 Abschnitt 66). Sowohl die Wirtschaftsbeteiligten als auch die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten werden von diesen Vereinfachungen profitieren. Es ist jedoch nicht möglich, diese Vorteile zu quantifizieren.

Der Vorschlag wird die Rechtssicherheit erhöhen und den Verwaltungsaufwand für die Wirtschaftsbeteiligten und die nationalen Steuerbehörden verringern. Da er sich auf die Kosten positiv auswirken dürfte, sind keine negativen Auswirkungen auf die Kosten für Versicherungs- und Finanzdienstleistungen im Privatkundenbereich zu erwarten.

2. Anhörung interessierter Kreise und Folgenabschätzung

- Anhörung interessierter Kreise

Anhörungsmethoden, angesprochene Sektoren und allgemeines Profil der Befragten

Zusammenfassung der Antworten und Art ihrer Berücksichtigung

Im Rahmen des Fiscalis-Seminars vom Dezember 2004 in Dublin wurden die verschiedenen Problemfelder für die Wirtschaftsbeteiligten und insbesondere das Phänomen des Outsourcing analysiert. Daraus zogen sowohl die Wirtschaftsbeteiligten als auch die Mitgliedstaaten den Schluss, dass eine Gesetzesinitiative der Kommission erforderlich sei.

Im Rahmen der Nachbereitung dieses Seminars gaben die Dienststellen der GD TAXUD bei einem unabhängigen Sachverständigen eine Studie in Auftrag, um zu einem besseren Verständnis der wirtschaftlichen Folgen der Mehrwertsteuerbefreiung für Versicherungs- und Finanzdienstleistungen zu kommen und führten eine Reihe bilateraler Konsultationen mit den Mitgliedstaaten und der GD MARKT durch. Infolgedessen wurde ein Grundlagendokument (Arbeitsdokument TAXUD 1802/06) ausgearbeitet, in dem sowohl die festgestellten grundsätzlichen Probleme als auch technische Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt wurden.

Dieses Dokument wurde auf der Steuerkonferenz in Brüssel vom Mai 2006 mit den interessierten Kreisen und den Mitgliedstaaten diskutiert.

Im März 2007 fand ein zweites Fiscalis-Seminar mit dem Ziel statt, die betroffenen Beamten der nationalen Steuerbehörden mit den Konzepten für Änderungen des Rechtsrahmens sowie mit den wirtschaftlichen Triebkräften, die die grenzüberschreitende Integration der Finanzdienstleister vorantreiben, vertraut zu machen. Das Programm umfasste auch die Behandlung praktischer Probleme bei der Anwendung der geltenden Vorschriften.

Die Entwürfe der Gesetzestexte wurden ausführlich mit allen Beteiligten diskutiert.

Vom 9. Mai 2006 bis zum 9. Juni 2006 wurde eine offene Konsultation über das Internet durchgeführt. Daraufhin gingen bei der Kommission 82 Antworten ein. Die Ergebnisse der Konsultation können über folgende Website eingesehen werden: http://europa.eu.int/comm/taxation_customs/common/consultations/tax/article_2447_de.htm

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Relevante wissenschaftliche/fachliche Bereiche

Studie zum besseren Verständnis der wirtschaftlichen Auswirkungen der Mehrwertsteuerbefreiung für Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (Ausschreibung Nr. Taxud/2005/AO-006).

Methodik

Unabhängige externe Studie.

Konsultierte Organisationen/Sachverständige

Price Waterhouse Coopers.

Zusammenfassung der Stellungnahmen und Gutachten

Es gab keinen Hinweis auf mögliche gravierende Risiken mit irreversiblen Folgen.

Es bestand eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen der Studie, den eigenen Analysen der Kommission im Arbeitsdokument Taxud 1802/06 und den Reaktionen der interessierten Kreise im Rahmen der öffentlichen Konsultation, was der Generaldirektion Steuern und Zollunion erlaubt hat, die nötigen Prioritäten zu setzen und ihre Arbeit auf die am besten geeigneten Lösungsansätze zu konzentrieren.

Form der Veröffentlichung der Stellungnahmen

Veröffentlichung auf der Website der Generaldirektion: http://ec.europa.eu/taxation_customs/common/publications/studies/index_de.htm

- Folgenabschätzung

Die geprüften Handlungsoptionen werden in der Folgenabschätzung ausführlich beschrieben.


Besteuerung zum Nullsatz auf Seite 31;
Ausweitung des Anwendungsbereichs der steuerbefreiten Leistungen auf Seite 32;
Einheitlicher beschränkter Vorsteuerabzug auf Seite 33;
Option der Besteuerung auf Seite 34;
Grenzüberschreitende Organisationsformen für MwSt-Zwecke auf Seite 37;
Einzelne rechtliche Einheiten und grenzüberschreitende Umsätze auf Seite 37;
MwSt-Gruppe auf Seite 38;
Kostenteilungsvereinbarungen auf Seite 41;
Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für eingekaufte Dienstleistungen auf Seite 44;
Andere Optionen auf Seite 44;

Die Kommission hat eine im Arbeitsprogramm aufgeführte Folgenabschätzung durchgeführt, die als Taxud-Dokument 15570 einsehbar ist.

3. Rechtliche Aspekte

- Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahme

Dieser Vorschlag setzt sich aus drei Maßnahmen zusammen:

- Rechtsgrundlage

Artikel 93 EG-Vertrag.

- Subsidiaritätsprinzip

Der Vorschlag fällt unter die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft. Daher findet das Subsidiaritätsprinzip keine Anwendung.

- Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag entspricht aus folgendem Grund (aus folgenden Gründen) dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Die Vorschläge sind in einem Richtlinienentwurf enthalten. Es darf nur eine in der gesamten Gemeinschaft anwendbare richtige Auslegung der Vorschriften über die Mehrwertsteuerbefreiung von Versicherungs- und Finanzdienstleistungen geben. Dies kann nur erreicht werden, indem die alten Vorschriften in der Richtlinie 2006/112/EG geändert werden. Damit die Anbieter steuerbefreiter Versicherungs- und Finanzdienstleistungen ihre Investitionen poolen und sie mehrwertsteuerfrei an die Mitglieder des Zusammenschlusses weiterverteilen können, bedarf es eines geeigneten Instrumentariums, das auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten einsetzbar ist. Ein solches Instrumentarium kann nur durch eine Änderung der Richtlinie 2006/112/EG geschaffen werden.

Klare Regelungen, die auf wirtschaftlichen Kriterien basieren, geben weniger Anlass zu Rechtsstreitigkeiten und schaffen so ein Umfeld der Rechtssicherheit, in dem der Verwaltungsaufwand zur Abstimmung der Auslegung der Vorschriften zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten erheblich verringert wird.

- Wahl des Instruments

Vorgeschlagenes Instrument: Richtlinie.

Andere Instrumente wären aus folgendem Grund (aus folgenden Gründen) nicht angemessen:

Die bestehende Richtlinie 2006/112/EG kann nur durch eine andere Richtlinie geändert werden.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt.

5. Weitere Angaben

- Vereinfachung

Mit dem Vorschlag werden Rechtsvorschriften vereinfacht.

Der Vorschlag enthält die folgenden Maßnahmen zur Vereinfachung:

- Entsprechungstabelle

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, mit denen sie diese Richtlinie umgesetzt haben, sowie eine Entsprechungstabelle zu übermitteln.

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der Behandlung von Versicherungs- und Finanzdienstleistungen

Der Rat der europäischen Union - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93, auf Vorschlag der Kommission1, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments2, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses3, in Erwägung nachstehender Gründe:

Hat folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1
Die Richtlinie 2006/112/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Umsetzung

Artikel 3

Artikel 4
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am [...]

Im Namen des Rates Der Präsident