Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 im Hinblick auf die Qualität der statistischen Daten im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit
KOM (2005) 71 endg.; Ratsdok. 6924/05

Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 14. März 2005 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).
Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 4. März 2005 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Das Europäische Parlament wird an den Beratungen beteiligt.

Begründung

Im Rahmen des in Artikel 104 des EG-Vertrags festgelegten Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit überwacht die Kommission die Entwicklung der Haushaltslage und der Höhe des öffentlichen Schuldenstands in den Mitgliedstaaten. In Artikel 4 des Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit im Anhang zum EG-Vertrag wird ferner bestimmt: "Die zur Anwendung dieses Protokolls erforderlichen statistischen Daten werden von der Kommission zur Verfügung gestellt."

Eurostat nimmt im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit für die Kommission die Rolle einer Statistikbehörde wahr und führt seine Aufgaben gemäß dem Beschluss der Kommission vom 21. April 1997 über die Rolle von Eurostat bei der Erstellung von Gemeinschaftsstatistiken1 aus.

Eurostat erhebt nicht selbst die Haushaltsdaten der Mitgliedstaaten, sondern muss sich auf Angaben stützen, die von den nationalen Behörden erhoben und gemeldet werden. In der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 des Rates2, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 475/2000 des Rates3 und die Verordnung (EG) Nr. 351/2002 der Kommission4, werden die Regeln und der Anwendungsbereich für die Mitteilungen der Mitgliedstaaten festgelegt. Ferner wird ein Zeitplan für die Übermittlung der jährlichen Daten über das öffentliche Defizit/den öffentlichen Überschuss und den öffentlichen Schuldenstand an die Kommission festgelegt.

Am 18. Februar 2003 nahm der Ministerrat (ECOFIN) einen Kodex bewährter Vorgehensweisen an, im Bestreben die Verfahren zur Erstellung und Übermittlung der Daten über das öffentliche Defizit und den öffentlichen Schuldenstand im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit klarer und straffer zu gestalten.

Die Entwicklungen der vergangenen Zeit haben gezeigt, dass es zu erheblichen Korrekturen der gemeldeten Haushaltsdaten kommen kann, die die Glaubwürdigkeit der gesamten Haushaltsüberwachung gefährden können. Der Kommission obliegt es, sich eine größtmögliche Sensibilität und Aufmerksamkeit gegenüber der Qualität der bei der haushaltspolitischen Überwachung verwendeten statistischen Daten zu eigen zu machen. Gleichzeitig hat der Rat die Kommission ausdrücklich dazu aufgefordert, die Überwachung der Qualität der gemeldeten Haushaltsdaten zu verstärken.

Am 22. Dezember 2004 nahm die Kommission die Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat "Hin zu einer europäischen Governance-Strategie für Finanzstatistiken"5 an, die drei Aktionslinien zur Verbesserung der Haushaltsstatistiken enthielt: Vervollständigung der rechtlichen Rahmenbedingungen, Verbesserung der operationellen Kapazitäten und die Aufstellung europäischer Mindeststandards für den institutionellen Aufbau von Statistikbehörden.

Die in diesem Entwurf einer Verordnung vorgeschlagenen Maßnahmen beziehen sich auf die erste und zweite Aktionslinie. Sie zielen darauf ab, Überwachungsmechanismen einzurichten, Verfahren zur Lösung von Methodikfragen zu definieren sowie die Rechenschaftspflicht und Transparenz während des gesamten Verfahrens zu erhöhen.

Die Verordnung (EG) Nr. 3605/93 des Rates enthält die relevanten Definitionen für Zwecke des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit und legt einen Zeitplan fest, nach dem die Mitgliedstaaten jährliche Angaben über Defizit und Schuldenstand sowie andere jährliche Daten zum Sektor Staat an die Kommission melden. Diese Verordnung des Rates enthält jedoch weder einen Bezug auf die Beurteilung der Qualität der von den Mitgliedstaaten gemeldeten Daten noch auf die Bereitstellung von Daten durch die Kommission.

Für die Ausgestaltung dieser Punkte stützt sich der vorliegende Verordnungsentwurf auf die Erfahrungen, die bei der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 des Rates sowie des Kodex bewährter Vorgehensweisen gesammelt wurden. Bei der Erarbeitung von Vorschlägen für Maßnahmen zur Stärkung der statistischen Überwachung im Zusammenhang mit dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit wurden außerdem bestehende Vergehensweisen und Kontrollen bei der Berechnung der Angaben zum Bruttonationaleinkommen herangezogen, die in der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1287/2003 des Rates vom 15. Juli 2003 zur Harmonisierung des Bruttonationaleinkommens zu Marktpreisen ("BNEVerordnung")6 festgelegt sind.

Hinsichtlich der zweiten Aktionslinie, die in der oben erwähnten Mitteilung beschrieben ist, erlauben die in diesem Verordnungsentwurf vorgeschlagenen Maßnahmen zusätzlich zu den gegenwärtig durchgeführten Gesprächsbesuchen ausführliche Prüfbesuche sowie die Mobilisierung der gesamten in diesem Gebiet vorhandenen Sachkenntnis, um die Kommission bei diesen Besuchen zu unterstützen. Die für das Ziel verstärkter und systematisierter Kontrollen der Konten der nationalen staatlichen Behörden erforderlichen Mittel sind in der im Anhang enthaltenen finanziellen Aufstellung aufgeführt.

Die Kommission wird die mit dieser Verordnung zusammenhängenden administrativen Maßnahmen treffen, insbesondere hinsichtlich der praktischen Modalitäten für die ausführlichen Prüfbesuche und der Modalitäten zur Auswahl von Sachverständigen, die die Kommission bei diesen Besuchen unterstützen.

Die Kommission arbeitet gegenwärtig an der Ausgestaltung der dritten, in der Mitteilung enthaltenen Aktionslinie. Es ist notwendig, europaweite Mindeststandards im Bereich der Statistik einzurichten, die die Unabhängigkeit, Integrität und Rechenschaftspflicht der nationalen statistischen Ämter und Eurostat verstärken, um damit der Aufforderung des ECOFIN-Rates bis Juni 2005 nachzukommen. Die Kommission plant daher, vor diesem Datum Vorschläge auf diesem Gebiet zu machen. Die Vorschläge werden die Arbeit des Ausschusses für das Statistische Programm berücksichtigen, der einen europäischen Verhaltenskodex für Statistik entworfen hat. Ziel dieses Kodex ist es, sowohl das Vertrauen und die Zuversicht in die Unabhängigkeit, Integrität und Rechenschaftspflicht der nationalen statistischen Ämter und Eurostat als auch die Glaubwürdigkeit und Qualität der von ihnen erstellten und verbreiteten Daten zu verbessern.

Vorschlag für eine Verordnung des Rates
zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 im Hinblick auf die Qualität der statistischen Daten im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit

Der Rat der Europäischen Union -

(1) Die zur Anwendung des Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit im Anhang zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft erforderlichen statistischen Daten müssen von der Kommission zur Verfügung gestellt werden. Die Kommission erhebt diese Daten nicht selbst, sondern stützt sich auf Daten, die von den nationalen Behörden gemäß Artikel 3 des Protokolls erhoben und übermittelt werden.

(2) Die Rolle der Kommission als Statistikbehörde wird in diesem Zusammenhang ausdrücklich von Eurostat für die Kommission wahrgenommen. Als die Dienststelle der Kommission, die von dieser mit der Durchführung der der Kommission übertragenen Aufgaben bei der Erstellung der Gemeinschaftsstatistiken betraut ist, ist Eurostat gemäß dem Beschluss der Kommission vom 21. April 1997 über die Rolle von Eurostat bei der Erstellung von Gemeinschaftsstatistiken9 gehalten, seine Aufgaben im Einklang mit den Grundsätzen der Unparteilichkeit, Zuverlässigkeit, Erheblichkeit, Kostenwirksamkeit, statistischen Geheimhaltung und Transparenz auszuführen.

(3) Die Verordnung (EG) Nr. 3605/93 des Rates vom 22. November 1993 über die Anwendung des dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit10 enthält die maßgeblichen Definitionen für die Zwecke des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit und legt einen Zeitplan für die Übermittlung der jährlichen Daten über das öffentliche Defizit und den öffentlichen Schuldenstand sowie sonstiger jährlicher Haushaltsdaten an die Kommission fest. Die Ratsverordnung enthält in der gegenwärtigen Fassung keine Bestimmungen hinsichtlich der Bewertung der Qualität der von den Mitgliedstaaten gemeldeten Daten und der Bereitstellung der Daten durch die Kommission.

(4) Auf Vorschlag der Kommission11 nahm der Rat (ECOFIN) am 18. Februar 2003 einen Kodex bewährter Vorgehensweisen für die Erhebung und Übermittlung von Daten im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit an, im Bestreben die Verfahren zur Erhebung und Übermittlung von Haushaltsdaten auf der Ebene sowohl der Mitgliedstaaten als auch der Kommission zu klären und zu straffen, insbesondere im Fall von Daten über das öffentliche Defizit und den öffentlichen Schuldenstand im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit.

(5) Die Glaubwürdigkeit der Haushaltsüberwachung hängt ganz entscheidend von zuverlässigen Haushaltsstatistiken ab. Es ist äußerst wichtig, dass die von den Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 gemeldeten und in Übereinstimmung mit dem Protokoll von der Kommission dem Rat zur Verfügung gestellten Daten von hoher Qualität sind.

(6) Es müssen Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit gemeldeten tatsächlichen Haushaltsdaten festgelegt werden, die auf vorhandenen bewährten Vorgehensweisen aufbauen und es dem Rat und der Kommission ermöglichen, ihre vertraglich verankerten Pflichten auszuüben. Grundelemente zur Qualitätsbewertung sind in der Qualitätserklärung des Europäischen Statistischen Systems beschrieben, die vom Auschuss für das Statistische Programm im September 2001 verabschiedet wurde.

(7) Die Erstellung von Haushaltsstatistiken unterliegt den Grundsätzen, die in der Verordnung (EG) Nr. 322/97 des Rates über die Gemeinschaftstatistiken12 festgelegt sind, insbesondere die Grundsätze der Unparteilichkeit, Zuverlässigkeit, Erheblichkeit und Transparenz.

(8) Eurostat ist im Namen der Kommission dafür verantwortlich, die Datenqualität zu bewerten und die Angaben bereitzustellen, die gemäß der Entscheidung der Kommission vom 21. April 1997 im Zusammenhang mit dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit eingesetzt werden.

(9) Damit die Qualität sowohl der von den Mitgliedstaaten gemeldeten tatsächlichen Daten als auch der ihnen zugrunde liegenden Haushaltsdaten gewährleistet wird, sollte zwischen der Kommission und den Statistikbehörden der Mitgliedstaaten ein ständiger Dialog ins Leben gerufen werden. Zu diesem Zweck kann die Kommission sowohl Gesprächsbesuche als auch ausführliche Prüfbesuche durchführen und damit die Überwachung der gemeldeten Daten verbessern sowie eine kontinuierliche Qualitätssicherung der Daten bieten. Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission sofortigen Zugang zu den Informationen verschaffen.

(10) Detaillierte Aufstellungen der Methoden, Verfahren und Quellen, die für die Erstellung der tatsächlichen Daten über Defizit und Schuldenstand und der ihnen zugrunde liegenden Haushaltsdaten verwendet wurden, müssen von den Mitgliedstaaten der Kommission vorgelegt, regelmäßig aktualisiert und veröffentlicht werden.

(11) Im Falle von Zweifeln hinsichtlich der korrekten Verbuchung einer Transaktion des Staates oder in komplexen Fällen bzw. Fällen von allgemeinem Interesse muss die Kommission (Eurostat) rasche Entscheidungen über die korrekte Verbuchung der Transaktion gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 vom 25. Juni 1996 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Gemeinschaft (ESVG 95)13 treffen können.

(12) Die Regeln zur Bereitstellung von Daten durch die Kommission (Eurostat) müssen geklärt werden, was die Bereitstellungsfristen sowie mögliche Vorbehalte und Änderungen anbelangt.

(13) Der Anwendungsbereich für die Mitteilungen muss auf die derzeit von den Mitgliedstaaten gemeldeten Daten abgestimmt werden. Ganz allgemein muss die Verordnung (EG) Nr. 3605/93 im Lichte der Erfahrungen mit der Umsetzung des Kodex bewährter Vorgehensweisen aktualisiert werden.

(14) Die Verordnung (EWG) Nr. 3605/95 des Rates sollte daher entsprechend geändert werden

HAT folgende Verordnung erlassen:

Artikel 1

Die Verordnung (EWG) Nr. 3605/93 des Rates wird wie folgt geändert:

(1) Artikel 4 wird wie folgt abgeändert:

(2) Artikel 7 und 8 werden wie folgt ersetzt:

Abschnitt 5
Allgemeine Bestimmungen

Artikel 2
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Rates Der Präsident


Hinweis: vgl. Drucksache 749/93 = AE-Nr. 932668,

Drucksache 552/99 = AE-Nr. 992716,

Drucksache 918/02 = AE-Nr. 024116 und

Drucksache 023/05 (PDF) = AE-Nr. 050045

Vom Umdruck des fremdsprachigen Finanzbogens ist abgesehen worden. Dieser wird als Folgedokument an die Länder verteilt.

1 ABl. L 112 vom 29.4.1997, S. 56.
2 ABl. L 332 vom 31.12.1993, S. 7.
3 ABl. L 58 vom 3.3.2000, S. 1.
4 ABl. L 55 vom 26.2.2002, S. 23.
5 KOM (2004) 832.
6 ABl. L 181 vom 19.7.2003, S. 1.
7 ABl. C, S. .
8 ABl. C, S. .
9 ABl. L 112 vom 29.4.1997, S. 56.
10 ABl. L 332 vom 31.12.1993, S.7. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 351/2002 der Kommission (ABl. L 55 vom 26.2.2002, S. 23).
11 KOM (2002) 670.
12 ABl. L 52 vom 22.2.1997, S. 1.
13 ABl. L 310 vom 30.11.1996, S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1267/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 180 vom 18.7.2003, S. 1).
14 ABl. L 59 vom 6.3.1991, S. 19.