Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 4026 - vom 19. Oktober 2010. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 7. Oktober 2010 angenommen.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2010 zu EU-Maßnahmen zur Ölexploration und Ölförderung in Europa Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf Artikel 11 und Artikel 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
- - unter Hinweis auf das UN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt,
- - unter Hinweis auf das Netz Natura 2000, das durch die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen1 eingerichtet wurde, und die Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie)2, die die wichtigsten Instrumente zum Schutz der biologischen Vielfalt der Meere Europas sind,
- - unter Hinweis auf die Ziele und Anforderungen zur Erreichung eines günstigen und guten Umweltzustands in den europäischen Küsten- und Meeresgewässern, wie sie in der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasser-Rahmenrichtlinie)3 und der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie festgelegt sind,
- - in Kenntnis des EU-Aktionsplans zur biologischen Vielfalt4,
- - unter Hinweis auf die Deepwater-Horizon-Ölpest im Golf von Mexiko,
- - unter Hinweis auf die Ölbohrplattformen in EU-Gewässern,
- - unter Hinweis auf die Anfragen vom 7. September 2010 an den Rat und die Kommission zu den Folgen der Deepwater-Horizon-Ölpest für die EU: Maßnahmen zur Ölförderung und Ölexploration in Europa (O-0122/2010 - B7-0470/2010, O-0123/2010 - B7-0551/2010),
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, A. in der Erwägung, dass es angesichts der Deepwater-Horizon-Ölpest im Golf von Mexiko für die EU und ihre Mitgliedstaaten zwingend geboten ist, unverzüglich alle Aspekte der Ölförderung und Ölexploration in der Europäischen Union zu prüfen und danach alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um zu gewährleisten, dass es in EU-Gewässern nicht zu einer solchen Umweltkatastrophe kommen wird, Sicherheit bei Erdölarbeiten in Europa Grundsätze von überragender Bedeutung sind, die allen EU-Maßnahmen auf diesem Gebiet zugrunde liegen müssen, C. in der Erwägung, dass die meisten Ölbohrungen und Ölexplorationen in den Gewässern der Nordsee stattfinden, D. in der Erwägung, dass EU-Gewässer auch an Nicht-EU-Länder grenzen, die nicht durch EU-Recht zur Einhaltung entsprechender Haftungs- und Schadenersatzvorschriften verpflichtet sind, E. in der Erwägung, dass Anstrengungen unternommen werden mit dem Ziel, Ölbohrungen und Ölexplorationen auf tiefere und weiter abgelegene Meeresgebiete auszudehnen, wodurch deren Durchführung und Überwachung größere Risiken bergen würde,
- 1. versichert den Opfern der Ölkatastrophe der Deepwater Horizon seine Solidarität und fordert, dass die EU als Reaktion auf dieses Unglück technische Beratung und Unterstützung leistet;
- 2. räumt ein, dass die Offshore-Öl- und -Gasproduktion in Europa weiterhin einen erheblichen Beitrag zur Versorgungssicherheit in der EU und zur guten Sicherheitsbilanz der europäischen Industrie leisten kann;
- 3. nimmt zur Kenntnis, dass es dringend erforderlich ist, ein gemeinsames europäisches grenzüberschreitendes System zur Vermeidung von Ölkatastrophen und zur Reaktion darauf zu beschließen;
- 4. fordert die Europäische Kommission auf, bis Ende des Jahres einen Bericht und eine Bewertung in Bezug auf das Ausmaß der Umweltverschmutzung und den biologischen Zustand des Golfs von Mexiko vorzulegen;
- 5. fordert die Kommission auf, die Ermittlungen der US-Behörden zu den menschlichen, natürlichen und technischen Faktoren, die zu der Katastrophe im Golf von Mexiko geführt haben, genau zu verfolgen, um alle Schlussfolgerungen zu ziehen, die zur Vermeidung solcher Vorkommnisse auf Offshore-Ölplattformen in Meeres- und Küstengewässern der EU notwendig sind;
- 6. fordert die Kommission auf, strikte unionsweite Unfallverhütungsmaßnahmen für Ölplattformen zu entwickeln und den Geltungsbereich der Seveso-II-Richtlinie1 auf Ölplattformen auszuweiten;
- 7. fordert die Kommission auf, insbesondere die Fähigkeit der EU zu überprüfen, unverzüglich auf Unfälle zu reagieren, die in Zusammenhang mit Offshore-Anlagen stehen, und in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten einen europäischen Aktionsplan zu entwickeln; stellt fest, dass dem Arktischen Raum aufgrund seiner
- 8. begrüßt den "Stresstest" der Kommission für Ölbohrungen in EU-Gewässern; fordert sie auf, mögliche Lücken und Schwachstellen im Regelungsrahmen auf EU-Ebene festzustellen und ihre Analyse dem Parlament so früh wie möglich zugänglich zu machen;
- 9. fordert die Kommission auf, insbesondere die geltenden Rechtsvorschriften zu überprüfen, nach denen die Inhaber von Offshore-Ölexplorationslizenzen Einrichtungen an Dritte vermieten können, sodass die Haftung für Schäden an Menschen und Umwelt durch Unfälle und Katastrophen auf Offshore-Ölplattformen in darauffolgenden Zivilprozessen leichter festgestellt werden kann;
- 10. fordert die Kommission nachdrücklich auf, im Anschluss an ihre Überprüfung des Regelungsrahmens dem Parlament so früh wie möglich alle legislativen Vorschläge vorzulegen, die sie für notwendig hält, um ausgemachte Lücken - beispielsweise in der Richtlinie über Umwelthaftung1, in der Seveso-II-Richtlinie und in anderen EU-Rechtsvorschriften - im Regelungssystem für Ölförderung und Ölexploration und andere Formen der Ausbeutung des Meeresbodens in der EU zu beseitigen;
- 11. ist der Auffassung, dass das derzeitige Umwelthaftungsrecht mehrere größere Lücken aufweist, und fordert daher die Kommission auf, die Überarbeitung des Inhalts der geltenden EU-Rechtsvorschriften (einschließlich der Richtlinie über Umwelthaftung und der Seveso-II-Richtlinie sowie der Maßnahmen im Rahmen der Erika-Pakete und des dritten Pakets zur Seeverkehrssicherheit) und die Ausweitung ihres Geltungsbereichs und/oder die Einführung neuer Rechtsvorschriften in Betracht zu ziehen, um alle Risiken der Offshore-Förderung zu berücksichtigen und die Haftungsvorschriften bei Ölunfällen zu verschärfen;
- 12. nimmt zur Kenntnis, dass kein Ausgleichsfonds für Ölkatastrophen eingerichtet wurde, und fordert die Kommission auf, verbindliche Bestimmungen zur finanziellen Sicherheit in die Richtlinie über Umwelthaftung aufzunehmen;
- 13. fordert die Kommission auf, den Schwellenwert für Schäden im Rahmen der Richtlinie über Umwelthaftung abzusenken und Schäden an Meeresgewässern in ihren Geltungsbereich aufzunehmen;
- 14. fordert die Kommission auf, bei ihrer aktuellen Überprüfung der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung2 dafür zu sorgen, dass alle Aktivitäten am Meeresboden einer verpflichtenden Prüfung unterzogen werden, dass die Qualität der UVP gewährleistet wird und dass außerordentlich gefährliche Tätigkeiten wie Bohrungen am Meeresboden nicht erlaubt werden, wenn eine UVP ergibt, dass die Risiken nicht in zufriedenstellendem Maße begrenzt werden können;
- - gewährleistet, dass der Verschmutzer die volle Haftung für alle durch solche Aktivitäten verursachten Schäden einschließlich schädlicher Auswirkungen auf die terrestrische und marine Umwelt sowie auf das globale Klima trägt;
- - den Schutz der biologischen Vielfalt in den Meeren und Küstengebieten Europas sicherstellt;
- - gewährleistet, dass vor der Planung einer wirtschaftlichen Tätigkeit eine unabhängige Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird;
- 16. fordert die Kommission auf, Rechtsvorschriften vorzuschlagen, die sicherstellen, dass für alle EU-Ölplattformen und Bohrtätigkeiten der EU und von Drittländern von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer einheitlich hohe Sicherheitsstandards gelten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit der Internationalen Meeresorganisation (IMO) auf eine Verschärfung der internationalen Regeln und Standards für Sicherheit und Kontrolle hinzuwirken;
- 17. fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Einrichtung eines wirksamen Überwachungssystems zur "Kontrolle der Kontrolleure" zu prüfen, und fordert die umgehende Verschärfung von Inspektionsmethoden sowie verbindliche EU-Mindestsicherheitsvorschriften;
- 18. fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass alle Bestimmungen der Richtlinien über die Umweltverträglichkeitsprüfung, die strategische Umweltprüfung1 und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume in Bezug auf Umweltverträglichkeitsprüfungen für Ölplattformen in allen Mitgliedstaaten einheitlich angewandt werden;
- 19. ist der Auffassung, dass das Mandat der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) von Schiffen auf Offshore-Anlagen erweitert werden sollte; fordert, dass sich die Übertragung solcher neuen Aufgaben im Haushalt und in der Personalstärke der EMSA niederschlägt;
- 20. fordert die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit den Behörden der Mitgliedstaaten und unabhängigen Fachleuten einen Jahresbericht zu veröffentlichen, in dem die technische Sicherheit von Einrichtungen und Offshore-Ölplattformen, die in Meeres- und Küstengewässern der EU betrieben werden, bewertet wird;
- 21. hält es für äußerst wichtig, dass die Kommission alle Finanz- und Haftungsfragen in Zusammenhang mit der Offshore-Exploration in der EU im Hinblick darauf überprüft, ob die Einführung einer verbindlichen EU-weiten Versicherung oder anderer
- 22. fordert die Kommission nachdrücklich auf, insbesondere verbindliche EU-weite Versicherungssysteme in Betracht zu ziehen, die betroffene Unternehmen im Falle einer Ölpest entschädigen sollen;
- 23. fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Stilllegung von vorhandenen Bohrinfrastrukturen unter gebührender Berücksichtigung bestehender nationaler und internationaler Regelungen in diesem Bereich zu prüfen und - erforderlichenfalls auf dem Weg der Gesetzgebung - klarzustellen, dass die Betreiber für die sichere Entfernung der Infrastrukturen verantwortlich sind und für alle Umweltschäden haften, die durch die Stilllegung von Offshore-Infrastrukturen oder durch Offshore-Anlagen bzw. Bohrplattformen nach ihrer Stilllegung hervorgerufen werden;
- 24. fordert die Kommission auf, einen strikten und verbindlichen Rahmen festzulegen, wonach Unternehmen ihre Umwelt-, Sozial- und Verwaltungspraktiken offenlegen müssen, sowie Maßnahmen zu prüfen, durch die die Verpflichtungen institutioneller Investoren gegenüber Unternehmen in Bezug auf die Investitionsrisiken von schlechten Umweltpraktiken verstärkt werden;
- 25. nimmt den Bericht der Gesundheits- und Sicherheitsbehörde des VK über die Arbeitsbedingungen in der Nordsee zur Kenntnis, dem zufolge sich Todesfälle und schwere Verletzungen im letzten Jahr anteilsmäßig verdoppelt haben; fordert die Kommission auf, diese Behauptungen zu prüfen und Maßnahmen zu treffen, um ein hohes Gesundheits- und Sicherheitsniveau für die Beschäftigten auf Offshore- Bohrplattformen sicherzustellen;
- 26. fordert die Kommission auf, sich aktiv dafür einzusetzen, dass die Tätigkeit und Ölförderprojekte von Drittländern so weit wie möglich höchsten Umweltstandards genügen, und konkrete Schadenersatzmechanismen für etwaige durch die Offshore- Erdölarbeiten von Drittländern verursachte Schäden an der Grenze zur EU vorzusehen;
- 27. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
1 ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7.
2 ABl. L 164 vom 25.6.2008, S. 19.
3 ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1.
4 SEK(2006) 607 und 621. B. in der Erwägung, dass größte Vorsorge, höchste Umweltschutzstandards und höchste
1 Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2003 zur Änderung der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (ABl. L 345 vom 31.12.2003, S. 97). Empfindlichkeit und seiner Bedeutung für die Begrenzung des Klimawandels besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss; stellt außerdem fest, dass der Mittelmeer-, der Ostsee- und der Nordseeraum berücksichtigt werden müssen;
1 Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 56).
2 Richtlinie 85/337/EWG in geänderter Fassung. 15. ist ferner der Auffassung, dass mit allen Legislativvorschlägen für einen umfassenden Rechtsrahmen zu sorgen ist, der - nach Möglichkeit verhindert, dass potenziell gefährliche Aktivitäten auf dem Meeresgrund die Meeres- und Küstenumwelt schädigen;
1 Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. L 197 vom 21.7.2001, S. 30). geeigneter Instrumente, z.B. die Einrichtung eines europäischen Sonderfonds, der durch Pflichtbeiträge der Betreiber von Offshore-Anlagen unterhalten wird, notwendig ist; ist der Auffassung, dass jedes derartige Instrument die Verantwortung dieser Betreiber umfassend berücksichtigen und gewährleisten muss, dass die Betreiber ausreichend versichert sind oder über andere finanzielle Garantien verfügen, um die Wiederherstellung und Entschädigung entsprechend dem verursachten Umweltschaden sicherzustellen, und für zusätzliche finanzielle Garantien sorgen muss, z.B. in Form von Fonds für die Wiederherstellung und Entschädigung, wenn die finanziellen Garantien der Betreiber nicht ausreichen;