Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates zwecks Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren im Bereich des öffentlichen Auftragswesens KOM (2006) 195 endg.; Ratsdok. 9138/06

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 16.Mai 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 5. Mai 2006 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 298/87 = AE-Nr. 871068,
Drucksache 062/89 = AE-Nr. 890131,
Drucksache 579/90 = AE-Nr. 902012,
Drucksache 488/00 = AE-Nr. 002252 und
Drucksache 489/00 = AE-Nr. 002253
Drucksache 327/06 (PDF)

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Die Richtlinien 089/665 und 092/13 (PDF) koordinieren die Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Nachprüfungsverfahren bei Verstößen gegen die Vergaberichtlinien.

Das Fehlen koordinierter Vorschriften über die Fristen für Nachprüfungsverfahren vor Vertragsschluss hat jedoch dazu geführt, dass in den meisten Mitgliedstaaten innerstaatliche Regelungen beibehalten worden sind, die es nicht ermöglichen, im Falle der Anfechtung von Zuschlagsentscheidungen rechtzeitig den Vertragsschluss zu verhindern. Die Unterzeichnung des entsprechenden Vertrages führt aber fast immer dazu dass die Wirkungen der strittigen Zuschlagsentscheidung nicht mehr rückgängig zu machen sind. Das ist umso bedenklicher, wenn es darum geht, die rechtswidrige freihändige Vergabe von Aufträgen zu verhindern, d.h. die illegale Auftragsvergabe ohne vorherige Bekanntmachung und ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb.

Die vorgeschlagene Richtlinie zur Änderung der Richtlinien 089/665 und 092/13 (PDF) ("Rechtsmittelrichtlinien") soll den Unternehmen in der Gemeinschaft die Sicherheit geben dass sie erforderlichenfalls wirksame Nachprüfungsverfahren anstrengen können wenn bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ihre Rechte verletzt worden sind.

Das soll die Unternehmen ermutigen, sich intensiver als bisher überall in der Union um öffentliche Aufträge zu bemühen. Wirksame Nachprüfungsverfahren vor Vertragsschluss werden die Auftraggeber dazu veranlassen, im Interesse aller potenziellen Bieter stärker als bisher auf eine korrekte Bekanntmachung und Ausschreibung ihrer Aufträge zu achten.

- Allgemeiner Kontext

Die Rechtsmittelrichtlinien unterscheiden zwischen den Nachprüfungsverfahren, die vor Vertragsschluss erfolgen und in erster Linie dazu dienen, Verstöße gegen das gemeinschaftliche Vergaberecht zu beseitigen, solange das noch möglich ist, und Nachprüfungsverfahren nach Vertragsschluss, die sich in der Regel auf die Zuerkennung von Schadenersatz beschränken.

Die Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren vor Vertragsschluss ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich, da keine spezifischen Fristen und Instrumente existieren die bei strittigen Zuschlagsentscheidungen eine rechtzeitige Aussetzung des Vertragsschlusses ermöglichen würden. Im Übrigen haben die geschädigten Unternehmen in den Fällen, in denen ein Auftrag rechtswidrig im freihändigen Verfahren vergeben wird, de facto nur die Möglichkeit, ein Verfahren auf Zuerkennung von Schadenersatz anzustrengen; die Erzwingung eines erneuten, korrekten Aufrufs zum Wettbewerb ist auf diesem Weg nicht möglich. Außerdem haben diese Schadenersatzverfahren für die Auftraggeber kaum abschreckende Wirkung, vor allem deshalb nicht, weil die Unternehmen, die sich geschädigt fühlen, nachweisen müssen, dass sie eine echte Chance gehabt hätten, den Zuschlag zu erhalten. Der Gerichtshof hat zwar festgestellt, dass die rechtswidrige freihändige Vergabe von Aufträgen einen "ganz beträchtlichen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht auf dem Gebiet des

Beschaffungswesens" darstellt (Stadt Halle, Rechtssache C-26/03, Rdnr. 37), die geltenden Rechtsmittelrichtlinien erlauben aber nicht, eine solche rechtswidrige Vergabe zu verhindern oder ihre Folgen wirksam zu korrigieren.

Ohne gesetzgeberische Maßnahme auf Gemeinschaftsebene würden die großen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren, die den Unternehmen zur Verfügung stehen, fortbestehen oder sich sogar noch vergrößern. Rechtsunsicherheit und schwere oder wiederholte

Verstöße gegen die Vergaberichtlinien würden sich fortsetzen.

- Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

Mit diesem Richtlinienvorschlag sollen die beiden Richtlinien über Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge geändert werden:

Die vorgeschlagenen Änderungen beinhalten gemeinsame Vorschriften, durch die die Bestimmungen über Nachprüfungsverfahren vor Vertragsschluss im Rahmen förmlicher Vergabeverfahren oder der freihändigen Vergabe klarer und wirksamer werden sollen. Die übrigen Änderungen, die die Kommission vorschlägt, dienen zum einen dazu, den Korrekturmechanismus, den die Kommission in Gang setzen kann, ausschließlich auf schwere Verstöße auszurichten, und zum anderen dazu, zwei Verfahren (Bescheinigungsverfahren für die Auftraggeber und Schlichtung) abzuschaffen die nur für die Branchen der Sektorenrichtlinie gelten und weder bei den Auftraggebern noch bei den betroffenen Unternehmen auf Interesse gestoßen sind.

- Vereinbarkeit mit anderen politischen Maßnahmen und Zielen der Union

Mit der Änderung der "Rechtsmittelrichtlinien" werden in erster Linie wirksamere Nachprüfungsverfahren für die Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren angestrebt, die nicht nur mit den Bestimmungen der Richtlinien 2004/17 und 2004/18, sondern auch mit den im EG-Vertrag festgeschriebenen Grundsätzen, wie denen des freien Warenverkehrs, des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit sowie den sich daraus ableitenden Grundsätzen Gleichbehandlung, gegenseitige Anerkennung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz im Einklang stehen müssen. Darüber hinaus entspricht das mit den Rechtsmittelrichtlinien verfolgte Ziel voll und ganz dem Geist des Artikels 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Letztere Bestimmung legt fest, dass jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht hat. Schließlich dienen wirksamere einzelstaatliche Nachprüfungsverfahren, insbesondere im Zusammenhang mit rechtswidrigen freihändigen Vergaben, auch dem von der Europäischen Union verfolgten allgemeinen politischen Ziel der Korruptionsbekämpfung (siehe Mitteilung der Kommission vom 28.5.2003, KOM (2003) 317 endg.).

2. Anhörung von Interessierten Kreisen und Folgenabschätzung

- Anhörung von interessierten Kreisen Anhörungsmethoden, angesprochene Sektoren und allgemeines Profil der Befragten

Die Mitgliedstaaten wurden im Rahmen des Beratenden Ausschusses für das öffentliche Auftragswesen gehört.

Eine öffentliche, allen Marktteilnehmern und ihren Vertretern (Berufsverbänden und Anwälten) offen stehende Konsultation wurde mithilfe von Online-Fragebögen (Interaktive Politikgestaltung) durchgeführt. Es gingen 138 Beiträge ein. Darüber hinaus haben fünf europäische bzw. einzelstaatliche Berufsverbände von sich aus schriftliche Beiträge geliefert.

Eine weitere Konsultation der Wirtschaftsteilnehmer erfolgte mithilfe eines Fragebogens, der an eine repräsentative Stichprobe europäischer Unternehmen (Europäisches Unternehmenstestpanel) gerichtet wurde. Hierauf gingen 543 Beiträge ein.

Es wurden regierungsunabhängige Sachverständige im Beratenden Ausschuss für die Öffnung des öffentlichen Auftragswesens gehört, darunter auch Vertreter der Wirtschaftsteilnehmer.

Die öffentlichen Auftraggeber wurden ebenfalls über einen Online-Fragebogen konsultiert. Auf diesen gingen 16 Beiträge ein.

Zusammenfassung der Antworten und Art ihrer Berücksichtigung

Die Anhörung der Wirtschaftsteilnehmer und ihrer Vertreter hat gezeigt, dass die einzelstaatlichen Nachprüfungsverfahren nach den geltenden Richtlinien nicht immer eine wirksame Beseitigung von Verstößen gegen das gemeinschaftliche Vergaberecht ermöglichen. Die Betroffenen sind sich praktisch darin einig, dass die Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren vor Vertragsschluss verbessert werden muss, und zwar durch die Einführung einer Stillhaltefrist zwischen der Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung und dem Vertragsschluss sowie ergänzender Vorschriften, die eine wirksame Anwendung dieser Regelung gewährleisten. Zwar herrscht auch praktisch Einigkeit darüber, dass rechtswidrige freihändige Auftragsvergaben durch bestimmte Auftraggeber einen schweren Verstoß darstellen, aber darüber, wie dem entgegengewirkt werden sollte, gehen die Meinungen sowohl unter den Mitgliedstaaten als auch unter den Wirtschaftsteilnehmern auseinander. Nur eine Minderheit der Mitgliedstaaten und Wirtschaftsteilnehmer unterstützt Vorschläge, die auf Geldstrafen oder vorherige behördliche Kontrollen der Auftraggeber abstellen oder auf Meldeverfahren unter Einschaltung unabhängiger Behörden, die für die Beschwerden der geschädigten Unternehmen zuständig wären. Die Betroffenen bevorzugen bei einem freihändig vergebenen Auftrag generell eine mit einer Transparenzpflicht verknüpfte Stillhaltefrist vor Vertragsschluss.

Vom 19.3.2004 bis 7.5.2004 lief eine Internet-Konsultation, auf die bei der Kommission 543 Antworten eingingen. Die Ergebnisse sind auf folgender Website zu finden: ht tp: //europa.eu.int/comm/internal_market/publicprocurement/remedies_de.htm(anm.; nicht abrufbar)

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Externes Expertenwissen war nicht erforderlich.

- Folgenabschätzung

Für die Überarbeitung der "Rechtsmittelrichtlinien" können grundsätzlich drei

Optionen ins Auge gefasst werden, von den zwei entweder im Wege der Änderung der

Richtlinien oder der Annahme einer Mitteilung durchgeführt werden können.

(1) Beibehaltung der geltenden Regelungen der Richtlinien: Damit wäre die Kommission aufgefordert, gegen alle Unvereinbarkeiten einzelstaatlicher Vorschriften oder Verfahrensweisen mit den "Rechtsmittelrichtlinien" mit der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren vorzugehen. Die Unterschiede, die bereits bei der Art und Weise festgestellt wurden, in der die Mitgliedstaaten den Grundsätzen Rechnung tragen die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergeben, würden fortbestehen und das Problem übereilter Vertragsschlüsse würde nur teilweise und in einem von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlichen Tempo beseitigt. Die Wirtschaftsteilnehmer hätten so keinerlei Garantie für die Wirksamkeit der in den Mitgliedstaaten anwendbaren Nachprüfungsverfahren vor Vertragsschluss und damit ungleiche Bedingungen. In Bezug auf die rechtswidrige freihändige Vergabe von Aufträgen plant die Mehrzahl der Mitgliedstaaten gegenwärtig keine spezifischen Nachprüfungsverfahren. Das bedeutet, dass potenzielle Bieter auch weiterhin allenfalls Schadenersatz erlangen können. Die mit Nachprüfungsverfahren dieser Art verbundenen Schwierigkeiten, wie zum Beispiel die Beweislast, die Dauer und die Kosten, ermutigen potenzielle Bieter nicht dazu, sie in Anspruch zu nehmen, zumal sie nur selten zu einem positiven Ergebnis führen. Da kein koordiniertes Vorgehen zur Einführung wirksamer Nachprüfungen gegen diese rechtswidrige Vorgehensweise auszumachen ist, wären bei Transparenz und Befolgung der Ausschreibungspflicht keine Verbesserungen zu erwarten. Damit würden europäischen Unternehmen (auch den wettbewerbsfähigsten unter ihnen) Möglichkeiten zur Bewerbung um öffentliche Aufträge vorenthalten, die weiterhin entgegen den Vorschriften freihändig vergeben werden.

(2) Einführung einer Stillhaltefrist, entweder durch Änderung der Richtlinien oder über eine Mitteilung, in der die diesbezüglichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten dargelegt werden: Zwar wird in der Rechtsprechung des EuGH die Einführung einer angemessenen Stillhaltefrist gefordert, die es Bietern, die sich in ihren Rechten verletzt fühlen erlaubt, in einem Stadium, in dem die Verstöße noch beseitigt werden können, eine Nachprüfung anzustrengen. Die Mitgliedstaaten verfolgen jedoch hinsichtlich Umfang und Inhalt einer solchen Verpflichtung nach wie vor unterschiedliche Ansätze. Werden hingegen die praktischen Konsequenzen einer solchen Verpflichtung in einer Richtlinie geregelt, so dass sich die Rechtssicherheit in den betreffenden Situationen verbessert und Garantien für eine wirksame Anwendung des verfügbaren Instrumentariums geschaffen werden, lässt sich nicht nur das Problem des übereilten Vertragsschlusses in förmlichen Vergabeverfahren lösen, sondern auch das der rechtswidrigen freihändigen Vergaben.

(3) Neue Befugnisse, die unabhängigen Behörden übertragen werden, entweder mit einer Änderung der Richtlinien oder über eine Mitteilung, die die Einrichtung solcher Behörden empfiehlt: In diesem Fall würden die Mitgliedstaaten unabhängige Behörden benennen die bei den gravierendsten Verstößen gegen das gemeinschaftliche Vergaberecht (insbesondere bei rechtswidriger freihändiger Vergabe) befugt wären, die öffentlichen Auftraggeber auf diese Verstöße hinzuweisen, um sie zu veranlassen diese selbst zu beseitigen. Dieses Meldeverfahren hätte für Bieter und Bewerber den Vorteil, dass es relativ kostengünstig wäre und ihre Anonymität gewahrt bliebe. Da jedoch nicht abzusehen ist, wie hoch die Verwaltungskosten für eine solche unabhängige Behörde wären, und die Mehrzahl der Mitgliedstaaten im Beratenden Ausschuss für das öffentliche Auftragswesen diese Option abgelehnt hat, hat die Kommission diese Lösung zu Gunsten der Einführung einer Stillhaltefrist verworfen.

Die Kommission hat die in ihrem Legislativ- und Arbeitsprogramm genannte Folgenabschätzung vorgenommen. Der Bericht ist abrufbar von: ht tp: //europa.eu.int/comm/internal_market/publicprocurement/remedies/remedies_de.htm(anm.; nicht abrufbar)

3. rechtliche Aspekte

- Die vorgeschlagenen Maßnahmen im Überblick

Wenn ein Auftraggeber ein förmliches Vergabeverfahren nach Maßgabe der Vergaberichtlinien abgeschlossen hat, muss er im Prinzip eine Frist von mindestens 10 Kalendertagen abwarten, bevor er den Vertrag schließen kann; die Frist beginnt einen Tag nachdem den Teilnehmern des Vergabeverfahrens die begründete Zuschlagsentscheidung mitgeteilt worden ist.

Ist ein Auftraggeber der Meinung, dass ein Auftrag über dem Schwellenwert der Vergaberichtlinien freihändig vergeben werden darf, muss er (außer bei zwingenden dringlichen Gründen) mit dem Abschluss des Vertrages mindestens 10 Kalendertage warten nachdem er die Zuschlagsentscheidung im Wege einer vereinfachten Bekanntmachung angemessen veröffentlicht hat.

Schließt ein Auftraggeber einen Vertrag rechtswidrig während der Stillhaltefrist, so wird dieser Vertragsschluss als unwirksam betrachtet. Die Folgen der Rechtswidrigkeit für die Wirkungen des Vertrages stellt die zuständige Nachprüfungsinstanz fest. Diese Instanz muss jedoch binnen eines Verjährungszeitraums von sechs Monaten von einem Wirtschaftsteilnehmer angerufen werden.

Der Korrekturmechanismus wird ausschließlich auf schwere Verstöße ausgerichtet, das Bescheinigungs- und das Schlichtungsverfahren werden abgeschafft.

- Rechtsgrundlage

Artikel 95 EG-Vertrag

- Subsidiaritätsprinzip

Das Subsidiaritätsprinzip gelangt zur Anwendung, da der Vorschlag nicht unter die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt.

Die Ziele des Vorschlags können von den Mitgliedstaaten aus folgenden Gründen nicht ausreichend verwirklicht werden:

Trotz der Entwicklung der Rechtsprechung seit 1999 und der in einigen Mitgliedstaaten daraufhin ergriffenen Maßnahmen, die vor allem durch Vertragsverletzungsverfahren der Kommission veranlasst waren, bestehen weiterhin große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren im Bereich des öffentlichen Auftragswesens. Im Übrigen werden Unternehmen aus der Gemeinschaft nicht gerade ermutigt, sich um öffentliche Aufträge in anderen Mitgliedstaaten zu bewerben, wenn keine wirksamen Nachprüfungsverfahren garantiert sind. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt dass diese Rechtsunsicherheit nicht durch unkoordinierte, isolierte Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten zu beseitigen ist.

Die Ziele des Vorschlags können aus den folgenden Gründen besser durch eine Maßnahme auf Gemeinschaftsebene erreicht werden:

Die im Zuge der Anhörung der Betroffenen aufgedeckten Schwächen betreffen den Anwendungsbereich zweier Richtlinien, die 1989 bzw. 1992 verabschiedet wurden.

Verbesserungen und Klarstellungen der Bestimmungen dieser beiden Richtlinien entfalten ihre volle Wirkung nur, wenn sie durch eine Änderungsrichtlinie erfolgen.

Die Union ist besser in der Lage, das Ziel wirksamerer Nachprüfungsverfahren auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge im Anwendungsbereich der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG zu verwirklichen. Die Anhörungen im Vorfeld haben nämlich gezeigt, dass die Bereitschaft zur Verschärfung der Bestimmungen, um eine wirksame Anwendung der Vergaberichtlinien in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten, noch sehr unterschiedlich ist. Bliebe die Gemeinschaft hier untätig, würden die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der korrekten Anwendung der gemeinschaftlichen Vergabevorschriften fortbestehen.

Für das Problem der rechtswidrigen freihändigen Vergabe von Aufträgen haben die meisten Mitgliedstaaten noch keine wirksame Lösung gefunden, obwohl selbst die überwiegende Mehrheit derjenigen, die noch nicht tätig geworden sind, einräumt, dass es hier ein schwerwiegendes Problem gibt. Bei der Problematik des übereilten Vertragsschlusses in förmlichen Vergabeverfahren zeichnet sich ein Konsens zwischen den Vertretern der Mitgliedstaaten ab, und zwar dergestalt, dass im Wege einer Änderungsrichtlinie eine Stillhaltefrist mit klar definiertem Geltungsbereich und Anwendungsmodalitäten eingeführt werden muss. Eine gesetzgeberische Maßnahme auf Unionsebene ist auch zwecks Einführung klarer, wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen das gemeinschaftliche Vergaberecht nötig.

Die Zuständigkeit für die Benennung der für die Nachprüfungsverfahren zuständigen Instanzen wird bei den Mitgliedstaaten verbleiben, und diese können auch weiterhin ihre innerstaatlichen Verfahrensvorschriften für solche Nachprüfungen anwenden (Wahrung der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten). Der Richtlinienvorschlag konzentriert sich auf die beiden wichtigsten Probleme, die in allen Mitgliedstaaten auftreten.

Der Vorschlag steht daher mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang.

- Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag entspricht aus folgenden Gründen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Der Richtlinienvorschlag beschränkt sich auf einige Verbesserungen oder Klarstellungen der Bestimmungen über Nachprüfungsverfahren vor Vertragsschluss und betrifft lediglich Aufträge oberhalb der in den Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG festgesetzten Schwellenwerte; er erfordert keine Änderung bestehender Verwaltungs- oder Rechtspflegesysteme. Dass sich die Kommission am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientiert, zeigt auch die Tatsache, dass sie plant, zu einem späteren Zeitpunkt Auslegungsdokumente zu erarbeiten, um die übrige Problematik schlecht funktionierender einzelstaatlicher Nachprüfungsverfahren anzugehen, die durch eine fehlerhafte Auslegung der geltenden Bestimmungen in einigen Mitgliedstaaten verursacht wird.

Die Belastung der öffentlichen Verwaltung beschränkt sich weitgehend auf die Zusatzkosten, die dadurch entstehen, dass die Vertragsunterzeichnung in der Regel 10 Kalendertage ausgesetzt werden muss und dass zunächst die Zahl der Nachprüfungen im Verhältnis zur Zahl der gemeinschaftsweit ausgeschriebenen Aufträge um einige Prozent steigen wird. Wirksame Nachprüfungsverfahren, die durch ihre abschreckende Wirkung für eine bessere Befolgung des gemeinschaftlichen Vergaberechts sorgen, ziehen aber auch eine Senkung der öffentlichen Ausgaben und eine Qualitätssteigerung bei den öffentlichen Dienstleistungen nach sich, und dieser gesamtgesellschaftliche Nutzen übersteigt bei Weitem die oben genannten Zusatzkosten. Da auf die Schaffung neuer Verwaltungsstrukturen verzichtet worden ist, wird die finanzielle und verwaltungstechnische Belastung der öffentlichen Verwaltung auf ein Mindestmaß beschränkt.

- Wahl des Instruments


Vorgeschlagenes Instrument:
Richtlinie


Andere Instrumente wären aus folgenden Gründen nicht angemessen:
Die Alternative zu einer Richtlinie, in der Anwendungsbereich und Anwendungsmodalitäten für eine Stillhaltefrist festgelegt werden, während der die Vertragsunterzeichnung ausgesetzt ist, wäre die Verabschiedung eines Papiers zur Auslegung der Rechtsprechung des Gerichtshofes gewesen. Diese Alternative wurde verworfen weil sie nicht hätte garantieren können, dass in allen Mitgliedstaaten eine klar definierte Stillhaltefrist angewendet wird, die allen unter die Vergaberichtlinie fallenden Situationen gerecht wird. Unterschiedliche Auslegungen (durch die Kommission und die Mitgliedstaaten bzw. die Mitgliedstaaten untereinander) der Tragweite der Rechtsprechung, aus der sich die Pflicht zur Einhaltung einer Stillhaltefrist ableitet, und der Anwendungsmodalitäten für wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Strafen bei Verletzung dieser für wirksame Nachprüfungsverfahren unverzichtbaren Frist, lassen sich nicht generell durch eine Auslegungsmitteilung der Kommission beseitigen.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt.

5. weitere Angaben

- Vereinfachung

Mit dem Vorschlag werden Rechtsvorschriften vereinfacht.

Die Vereinfachung besteht darin, dass das Bescheinigungs- und das Schlichtungsverfahren für die unter die Sektorenrichtlinie fallenden Bereiche (Richtlinie 092/13/EWG) abgeschafft werden. Diese Verfahren sind nicht genutzt worden.

- Überprüfungs-/Revisions-/Verfallsklausel

Der Vorschlag enthält eine Überprüfungsklausel.

- Entsprechungstabelle

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, mit denen sie diese Richtlinie umgesetzt haben, sowie eine Entsprechungstabelle zu übermitteln.

- Europäischer Wirtschaftsraum

Der vorgeschlagene Rechtsakt ist von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum und sollte deshalb auf den EWR ausgeweitet werden.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates zwecks Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren im Bereich des öffentlichen Auftragswesens (Text von Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union

(1) Die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge5 und die Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor6 betreffen die Nachprüfungsverfahren im Bereich des öffentlichen Auftragswesens. Diese Richtlinien sollen die wirksame Anwendung der Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge gewährleisten, d.h. der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge7 und der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste8, die alle bis dahin geltenden Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge ersetzt haben.

(2) Die Anhörung der Betroffenen wie auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften haben bei den gegenwärtigen Nachprüfungsverfahren in den Mitgliedstaaten eine Reihe von Schwachstellen aufgedeckt. Aufgrund dieser Schwachstellen können die Verfahren der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG die Beachtung der Gemeinschaftsvorschriften nach wie vor nicht gewährleisten und insbesondere nicht in einem Stadium, in dem Verstöße noch beseitigt werden könnten. So bieten diese Richtlinien den Wirtschaftsteilnehmern keine Garantien für Transparenz und Nichtdiskriminierung. Unter diesen Umständen können die positiven Effekte der Modernisierung und Vereinfachung der Vergaberichtlinien durch die Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG nicht für die Gemeinschaft insgesamt voll zum Tragen kommen. Es ist daher angezeigt, die Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG so zu präzisieren und zu ergänzen, dass die vom Gemeinschaftsgesetzgeber angestrebten Ziele erreicht werden können.

(3) Zu den ermittelten Schwächen zählt insbesondere das Fehlen einer Frist, die eine wirksame Nachprüfung zwischen der Zuschlagsentscheidung und dem Abschluss des betreffenden Vertrages ermöglicht. Das führt zuweilen dazu, dass die Auftraggeber auf eine sehr schnelle Vertragsunterzeichnung drängen, um die Folgen einer strittigen Zuschlagsentscheidung unumkehrbar zu machen. Um diesem Mangel abzuhelfen, der einen wirksamen Rechtsschutz für die betroffenen Bewerber oder Bieter nachhaltig behindert ist es angezeigt, eine Mindest-Stillhaltefrist vorzusehen, d.h. den Abschluss des betreffenden Vertrages für einen angemessenen Zeitraum auszusetzen, und zwar unabhängig davon, ob der Vertragsschluss zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung zustande kommt oder nicht.

(4) Alle Betroffenen sind sich darin einig, dass sowohl zügige Vergabeverfahren als auch wirksame einzelstaatliche Nachprüfungsverfahren gewährleistet werden müssen; deshalb sollte die Pflicht zur Einhaltung einer vernünftigen Mindest-Stillhaltefrist, die dem Zeitplan, den zeitlichen Vorgaben und den mehr oder weniger komplexen Bedingungen, unter denen bestimmte Verfahren ablaufen, gerecht wird, mit der Verpflichtung verknüpft werden, die Informationen, die für die Person, die eine Nachprüfung anstrengen möchte, unerlässlich sind, mit den schnellsten verfügbaren Kommunikationsmitteln zu übermitteln. Zu diesen Informationen zählen insbesondere, in zusammengefasster Form, die Gründe, die in den Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG vorgesehen sind.

(5) Die Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG dienen der Modernisierung und Vereinfachung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge; es ist daher angezeigt die Mindest-Stillhaltefrist auf die Fälle zu beschränken, in denen nicht berücksichtigte Bewerber oder Bieter eine Nachprüfung wegen Verletzung der Transparenzpflicht und der Ausschreibungspflichten des gemeinschaftlichen Vergaberechts beantragen könnten.

(6) Eine solche Mindest-Stillhaltefrist soll weder im Falle zwingender Dringlichkeit im Sinne der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG angewendet werden, noch auf Aufträge, die durch Bestimmungen der Richtlinien selbst ausdrücklich von deren Anwendungsbereich ausgenommen sind.

(7) Da Einigkeit darüber herrscht, dass die rechtswidrige freihändige Vergabe von Aufträgen einen schweren Verstoß darstellt, und um einen wirksamen Rechtsschutz für alle Beteiligten zu gewährleisten, ist es hingegen angezeigt, eine mit einer Transparenzpflicht verknüpfte Mindest-Stillhaltefrist für alle freihändigen Auftragsvergaben ohne vorherige Bekanntmachung oder ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb vorzusehen, die sich auf die Ausnahmeregelungen der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG stützen, und in jedem Fall dann, wenn ein Auftraggeber einen Auftrag, der über den in den genannten Richtlinien festgelegten Schwellenwerten liegt, freihändig ohne vorherige Bekanntmachung oder ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb an eine rechtlich von ihm verschiedene Person vergibt. Die Anwendung einer solchen mit einer Transparenzpflicht verknüpften Mindest-Stillhaltefrist, so wie sie das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C- 26/ 03, Stadt Halle9, impliziert, soll eine wirksame Bekämpfung rechtswidriger freihändiger Auftragsvergaben ermöglichen, denn hierbei handelt es sich um einen beträchtlichen Verstoß gegen das gemeinschaftliche Vergaberecht durch einen Auftraggeber.

(8) Da in dieser Richtlinie die Mindest-Stillhaltefrist festgelegt werden soll, die für unerlässlich gehalten wird, um ein wirksames Nachprüfungsverfahren zu gewährleisten ist es angezeigt, die Kohärenz der betreffenden Bestimmungen der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG sicherzustellen, damit die Wirksamkeit der Vorschriften insgesamt, die eine Nachprüfung vor Vertragsschluss ermöglichen sollen, nicht beeinträchtigt wird.

(9) Insbesondere sollte, wenn ein Mitgliedstaat verlangt, dass die Person, die beabsichtigt, ein Nachprüfungsverfahren anzustrengen, den öffentlichen Auftraggeber davon unterrichtet nicht noch eine zusätzliche Mindestfrist vorgeschrieben werden zwischen dem Zeitpunkt, zu dem diese Information dem Auftraggeber übermittelt wird, und dem Zeitpunkt, zu dem ein Nachprüfungsverfahren bei der zuständigen Instanz beantragt wird. Wenn ein Mitgliedstaat verlangt, dass die betreffende Person zunächst eine Nachprüfung beim öffentlichen Auftraggeber beantragt, sollte dieser Person jedoch eine angemessene Mindestfrist zugestanden werden, die es ihr erlaubt, die zuständige Nachprüfungsinstanz vor Abschluss des Vertrages anzurufen, wenn sie die Antwort oder das Ausbleiben einer Antwort des öffentlichen Auftraggebers anfechten möchte.

(10) Die Beantragung einer Nachprüfung kurz vor Ablauf der Mindest-Stillhaltefrist darf nicht dazu führen, dass die für die Nachprüfungsverfahren zuständige Instanz nicht über die Mindestzeit verfügt, die für ein Handeln unerlässlich ist, insbesondere für die Verlängerung der Aussetzung des Vertragsschlusses. Deshalb ist es angezeigt, eine eigenständige Mindest-Stillhaltefrist vorzusehen, die erst durch die Anrufung der für die Nachprüfungsverfahren zuständigen Instanz in Lauf gesetzt wird und dieser in jedem Fall ermöglicht, binnen einer kurzen aber angemessenen Frist zu handeln.

(11) Ebenfalls im Interesse der Wirksamkeit der Gesamtregelung sollte vorgesehen werden, dass die Übermittlung der vorgeschriebenen Informationen und die Einreichung der Nachprüfungsanträge mit den schnellsten Kommunikationsmitteln erfolgen, mit denen der Nutzen dieser Mindest-Stillhaltefrist gewahrt werden kann und die gleichzeitig die Möglichkeit bieten, die Übermittlung als solche nachzuweisen. Deshalb ist es wichtig, dass in diesem Zusammenhang die Übermittlung per Telefax oder auf elektronischem Wege vorgesehen wird, denn diese Kommunikationsmittel erfüllen diese Anforderungen und zeichnen sich darüber hinaus dadurch aus, dass sie für die Betroffenen einfach zu handhaben und kostengünstig sind.

(12) Ferner sollte die Kohärenz gewahrt werden zwischen den oben genannten Fristen und den Fristen für die Nachprüfung der Entscheidungen der Auftraggeber, durch die die Teilnahme eines Bieters oder Bewerbers an einem Verfahren, das unter die Richtlinie 2004/17/EG oder 2004/18/EG fällt, beendet wird.

(13) Um die Einhaltung der Fristen zu gewährleisten, die eine wirksame Nachprüfung sicherstellen und der übereilten Vertragsunterzeichnung im Falle rechtswidrig vergebener oder rechtswidrig freihändig vergebener Aufträge, die der Gerichtshof als beträchtlichen Verstoß gegen das gemeinschaftliche Vergaberecht eingestuft hat, entgegenzuwirken sollte eine wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktion für alle öffentlichen Auftraggeber vorgesehen werden, die die in dieser Richtlinie festgelegten Mindest-Stillhaltefristen verletzen. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der Tatsache, dass die Mitgliedstaaten gemäß Richtlinie 89/665/EWG und 92/13/EWG dafür sorgen müssen, dass rechtswidrige Entscheidungen öffentlicher Auftraggeber von den für die Nachprüfungsverfahren zuständigen Instanzen aufgehoben werden können, sollte festgelegt werden, dass ein Vertragsschluss, bei dem diese Fristen verletzt werden, unwirksam ist und dass die für die Nachprüfungsverfahren zuständige Instanz daraus alle notwendigen Konsequenzen in Bezug auf den rechtswidrig zu Stande gekommenen Vertrag zieht, beispielsweise bezüglich der Erstattung von Beträgen, die der öffentliche Auftraggeber gezahlt hat.

(14) Um gleichzeitig zu gewährleisten, dass die Verhältnismäßigkeit der Sanktionen gewahrt bleibt, sollten die Mitgliedstaaten der für die Nachprüfungsverfahren zuständigen Instanz die Möglichkeit geben, den Vertrag nicht für unwirksam zu erklären oder bestimmte zeitliche Wirkungen des Vertrages anzuerkennen, wenn zwingende Gründe eines nichtwirtschaftlichen Allgemeininteresses dies ausnahmsweise rechtfertigen. Die Notwendigkeit, für Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber zu sorgen, erfordert ferner die Festlegung einer vernünftigen Mindest-Verjährungsfrist für Nachprüfungen zwecks Feststellung der Unwirksamkeit eines Vertragsschlusses und der daraus resultierenden Folgen.

(15) Die Erhöhung der Wirksamkeit der einzelstaatlichen Nachprüfungsverfahren durch diese Richtlinie sollte die Betroffenen dazu ermutigen, die Möglichkeiten der Nachprüfung vor Vertragsschluss im Wege der einstweiligen Verfügung stärker in Anspruch zu nehmen. Es ist daher angezeigt, den Korrekturmechanismus ausschließlich auf schwere Verstöße gegen das gemeinschaftliche Vergaberecht auszurichten und es der Kommission zu überlassen, dem betreffenden Mitgliedstaat eine angemessene Antwortfrist zu setzen, die den jeweiligen Umständen besser Rechnung trägt.

(16) Das in Richtlinie 92/13/EWG vorgesehene freiwillige Bescheinigungsverfahren, das den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit gibt, sich auf der Grundlage regelmäßiger Überprüfungen bescheinigen zu lassen, dass ihre Vergabeverfahren richtlinienkonform sind, ist praktisch nie in Anspruch genommen worden; es kann daher seinen Zweck, Verstöße gegen das gemeinschaftliche Vergaberecht in größerer Zahl zu verhindern, nicht erfüllen. Hingegen kann die den Mitgliedstaaten in Richtlinie 92/13/EWG auferlegte Pflicht, dafür zu sorgen, dass für diese Prüfungen ständig akkreditierte Prüfer zur Verfügung stehen, Verwaltungskosten verursachen, die angesichts des fehlenden Interesses der öffentlichen Auftraggeber nicht mehr zu rechtfertigen sind. Deshalb ist es angezeigt, dieses Bescheinigungsverfahren abzuschaffen.

(17) Auch das in Richtlinie 92/13/EWG vorgesehene Schlichtungsverfahren ist bei den Wirtschaftsteilnehmern nie auf echtes Interesse gestoßen, zum einen weil dieses Verfahren allein keine verbindlichen vorläufigen Maßnahmen ermöglicht, die einen rechtswidrigen Vertragsschluss rechtzeitig verhindern könnten, zum anderen weil es nur schwer mit der Einhaltung der besonders kurzen Fristen für Nachprüfungen zwecks Verhängung vorläufiger Maßnahmen und Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen zu vereinbaren ist. Außerdem ist die potenzielle Wirksamkeit des Schlichtungsverfahrens zusätzlich beeinträchtigt worden durch die Schwierigkeiten beim Erstellen einer vollständigen, hinreichend langen Liste unabhängiger Schlichter für jeden Mitgliedstaat, die jederzeit zur Verfügung stehen und Schlichtungsanträge sehr kurzfristig bearbeiten können. Deshalb ist es angezeigt, dieses Schlichtungsverfahren abzuschaffen.

(18) Es ist angezeigt, eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur regelmäßigen Übermittlung angemessener Informationen über das Funktionieren der innerstaatlichen Nachprüfungsverfahren beizubehalten; bei der Festlegung von Art und Umfang dieser Informationen sollte der Beratende Ausschuss für das öffentliche Auftragswesen hinzugezogen werden. Allein diese Informationen ermöglichen nämlich, nach einem längeren Anwendungszeitraum, eine korrekte Bewertung der durch diese Richtlinie bewirkten Änderungen.

(19) Da die Ziele dieser Richtlinie aus den oben genannten Gründen auf mitgliedstaatlicher Ebene nur unzureichend verwirklicht werden können und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 EG-Vertrag niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Diese Richtlinie steht auch im Einklang mit dem in diesem Artikel festgeschriebenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da sie nicht über das für die Erreichung der Ziele erforderliche Maß hinausgeht.

(20) Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Sie soll namentlich die uneingeschränkte Beachtung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht sicherstellen, das in Artikel 47 Absatz 1 und 2 der Charta festgeschrieben ist.


1 ABl. C vom , S. .
2 ABl. C vom , S. .
3 ABl. C vom , S. .
4 xxx
5 ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 33. Geändert durch Richtlinie 92/50/EWG (ABl. L 209 vom 24.7.1992, S. 1).
6 ABl. L 76 vom 23.3.1992, S. 14. Zuletzt geändert durch die Beitrittsakte 2003.
7 ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114. Zuletzt geändert durch Verordnung 2083/2005 der Kommission (ABl. L 333 vom 20.12.2005, S. 28).
8 ABl. L 134 vom 30.04.2004, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung 2083/2005.
9 Slg. 2005, S. I -1, Rdnr. 39.

Haben folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1

Die Richtlinie 89/665/EWG wird wie folgt geändert:

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

Artikel 2 wird wie folgt geändert:

Es werden folgende Artikel 2a bis 2f angefügt:

"Artikel 2a

Artikel 2b

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die in Artikel 2a Absätze 2 und 3 genannten Fristen in folgenden Fällen nicht angewendet werden:

Artikel 2c

Diese Frist verlängert sich automatisch um drei Kalendertage, wenn eine in Artikel 1 Absatz 3 genannte Person innerhalb dieser Frist den öffentlichen Auftraggeber per Fax oder auf elektronischem Weg über die beabsichtigte Nachprüfung unterrichtet.

Der Mitteilung an die von der Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers betroffenen Bieter oder Bewerber wird eine Zusammenfassung der sachdienlichen Gründe gemäß Artikel 41 Absatz 2 der Richtlinie 2004/18/EG beigefügt.

Artikel 2d

Bei Nachprüfungen, die sich auf die Umstände einer Übermittlung oder Nichtübermittlung der in Artikel 2a und 2c genannten Telekopien oder elektronischen Mitteilungen beziehen, würdigt die gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsinstanz alle angemessenen und sachdienlichen Beweismittel, die ihr vom öffentlichen Auftraggeber als Absender dieser Mitteilungen vorgelegt werden und die Absendung der Mitteilungen und ihren Eingang bei den Adressaten bestätigen.

Artikel 2e

Artikel 2f

Artikel 3 wird wie folgt geändert:

Artikel 4 erhält folgende Fassung:

"Artikel 4

Anhang I dieser Richtlinie wird als Anhang beigefügt.

Artikel 2

Die Richtlinie 92/13/EWG wird wie folgt geändert:

1) Artikel 1 wird wie folgt geändert:

2) Artikel 2 wird wie folgt geändert:

3) Es werden folgende Artikel 2a bis 2f angefügt:

"Artikel 2a

Artikel 2b

Artikel 2c

Artikel 2d

Bei Nachprüfungen, die sich auf die Umstände einer Übermittlung oder Nichtübermittlung der in Artikel 2a und 2c genannten Telekopien oder elektronischen Mitteilungen beziehen, würdigt die Nachprüfungsinstanz alle angemessenen und sachdienlichen Beweismittel, die ihr vom Auftraggeber als Absender dieser Mitteilungen vorgelegt werden und die Absendung der Mitteilungen und ihren Eingang bei den Adressaten bestätigen.

Artikel 2e

Artikel 2f

4) Die Artikel 3 bis 7 werden gestrichen.

5) Artikel 8 wird wie folgt geändert:

6) Die Artikel 9 bis 11 werden gestrichen.

7) Artikel 12 erhält folgende Fassung:

"Artikel 12

8) Anhang II dieser Richtlinie wird als Anhang beigefügt.

Artikel 3
Umsetzung

Artikel 4

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 5

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.


Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident

Anhang I
"Anhang Mindestinformationen, die die in Artikel 2e Absatz 2 Buchstabe b genannte Mitteilung enthalten muss

Anhang II
"Anhang Mindestinformationen, die die in Artikel 2e Absatz 2 Buchstabe b genannte Mitteilung enthalten muss