Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze

A. Problem und Ziel

- Grundsicherungsbedingte Mehrkosten

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 10. August 2007
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Harald Ringstorff

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Der Stellvertreter der Bundeskanzlerin Franz Müntefering
Fristablauf: 21.09.07

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (860-12)

Das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022, 3023), zuletzt geändert durch ....., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (860-6)

Das Sechste Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754, 1404, 3384), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Änderung des Wohngeldgesetzes (8601-1)

§ 34 des Wohngeldgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 2029, 2797), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 4
Inkrafttreten

Begründung:

A. Allgemeine Begründung

I. Erstattung grundsicherungsbedingter Mehrkosten in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund - geltendes Recht

1. Rechtsgrundlagen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wurde zum 1. Januar 2003 durch das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) eingeführt (Artikel 12 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens - Altersvermögensgesetz - vom 26. Juni 2001, BGBl. I S. 1310).

Durch Artikel 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022) ist die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung seit dem 1. Januar 2005 in das Sozialhilferecht nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) integriert; das GSiG wurde aufgehoben. Das SGB XII löste zum 1. Januar 2005 auch die bisherige Rechtsgrundlage der Sozialhilfe, das Bundessozialhilfegesetz (BSHG), ab.

2. Erstattung grundsicherungsbedingter Mehrkosten nach § 34 Abs. 2 des Wohngeldgesetzes

Die Erstattung von grundsicherungsbedingten Mehrkosten durch den Bund wurde als Ergänzung zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im Rahmen des Altersvermögensgesetzes ebenfalls zum 1. Januar 2003 eingeführt. Die entsprechende Vorschrift wurde in das Wohngeldgesetz (WoGG) integriert (Artikel 13 des Altersvermögensgesetzes: Änderung WoGG).

Da es aus verfassungsrechtlichen Gründen keine direkten Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen als den Trägern der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gibt, kann der Bund Zahlungen nur an die Länder leisten. Deshalb wurde für die Erstattungszahlung die gemeinsame Finanzierung des Wohngeldes durch Bund und Länder in § 34 WoGG ergänzt:

Der auf 409 Mio. Euro festgesetzte Erstattungsbetrag vermindert den hälftigen Anteil der Länder an den Kosten des Wohngeldes, der Anteil des Bundes erhöht sich um diesen Betrag ( § 34 Abs. 2 WoGG).

3. Definition grundsicherungsbedingter Mehrkosten

Durch die Erstattungsregelung sollten die kreisfreien Städte und Landkreise als Träger der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung finanziell so gestellt werden, als ob das Recht der Hilfe zum Lebensunterhalt angewendet würde. Rechtsgrundlage der Hilfe zum Lebensunterhalt war zum Zeitpunkt der Verabschiedung des GSiG das BSHG.

Mit dieser Konzeption wurde berücksichtigt, dass die Ausgestaltung des GSiG im Wesentlichen der der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG entsprach. So wurde die Bestimmung der Hilfebedürftigkeit als zentrale Anspruchsvoraussetzung von der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG übernommen. Wer nach dem GSiG leistungsberechtigt war, war folglich auch nach dem BSHG leistungsberechtigt. Allerdings gab es auch einige Abweichungen in der Ausgestaltung, wodurch den Kommunen Kosten entstanden, die bei Anwendung des BSHG nicht entstanden wären. Diese Abweichungen waren erforderlich, um die mit der Einführung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angestrebten Ziele erreichen zu können:

Für die durch diese Abweichungen im GSiG gegenüber dem BSHG verursachten Mehrkosten sollte den Kommunen mit der Erstattungsregelung ein Ausgleich durch den Bund gewährt werden.

Als grundsicherungsbedingte Mehrkosten werden deshalb in § 34 Abs. 2 WoGG drei Kostenarten definiert:

- Mehrausgaben für arbeitsmedizinische Gutachten (Gutachtenkosten)

Anspruchsvoraussetzung für 18- bis unter 65-Jährige in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist das Vorliegen einer ausschließlich medizinisch bedingten und dauerhaften vollen Erwerbsminderung. Deren Feststellung erfolgt durch eine gutachterliche Stellungnahme der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung auf Ersuchen der Träger der Sozialhilfe. Die Rentenversicherungsträger sind für die Begutachtung zuständig, weil die Definition der dauerhaften vollen Erwerbsminderung den Anspruchsvoraussetzungen einer von Beginn an unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung im Rentenrecht entspricht (§ 43 Abs. 2 in Verbindung mit § 102 Abs. 2 Satz 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch).

Dauerhaft bedeutet danach, dass die Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auf eine regelmäßige Arbeitszeit von unter drei Stunden täglich, gemessen an den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, aller Voraussicht nach nicht mehr gebessert werden kann.

- Mehrausgaben für einmalige Leistungen

Nach dem in den Jahren 2003 und 2004 geltenden GSiG wurde in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zusätzlich zu dem aus der Hilfe zum Lebensunterhalt nach BSHG übernommenen Regelsatz eine Pauschale von 15 % des Eckregelsatzes als pauschale Abgeltung von einmaligen Leistungen gezahlt. Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen mussten hingegen für Bedarfe, die nicht regelmäßig in kürzeren Abständen anfallen (z.B. für die Anschaffung von Möbeln, Küchengeräten oder Winterbekleidung), zusätzliche Anträge auf einmalige Leistungen beim Sozialamt stellen. War es einer nach GSiG leistungsberechtigten Person nachweislich nicht möglich, aus der Pauschale einen in der Hilfe zum Lebensunterhalt auf einmalige Leistungen entfallenden Bedarf abzudecken, so konnte sie einen zusätzlichen Antrag auf einmalige Leistungen nach BSHG stellen. Die Kommunen als Träger von Grundsicherung und Hilfe zum Lebensunterhalt mussten in diesen Fällen folglich eine Doppelleistung erbringen - für die Pauschale nach GSiG und für die zusätzlichen einmaligen Leistungen nach BSHG. Deshalb stellten die nach BSHG für Grundsicherung beziehende Personen gezahlten zusätzlichen einmaligen Leistungen grundsicherungsbedingte Mehrkosten dar.

- Mehrausgaben wegen des Verzichts auf Unterhaltsrückgriff

In der Hilfe zum Lebensunterhalt ist ein so genannter Unterhaltsrückgriff möglich, wodurch Kinder oder Eltern von Leistungsberechtigen von den Sozialämtern in Abhängigkeit von ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit herangezogen werden können, um gezahlte Hilfe zum Lebensunterhalt ganz oder teilweise zu erstatten. In der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist der Unterhaltsrückgriff hingegen ausgeschlossen, da ältere Menschen aus Angst, ihre Kinder könnten vom Sozialamt herangezogen werden, oftmals ihren Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nicht geltend machten. Dies war einer der wesentlichen Gründe für die Existenz von verschämter Altersarmut.

Hinzu kommt die Nichtanwendbarkeit der in der Hilfe zum Lebensunterhalt üblichen Unterhaltsvermutung.

Diese besagt, dass bei Erwachsenen, die in einem Haushalt zusammenleben, ein gemeinsames Wirtschaften vermutet wird. Dies beinhaltet auch die Vermutung, dass diese Personen sich in Abhängigkeit von ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gegenseitig Unterhalt leisten. Diese Unterhaltsvermutung ist, abgesehen von Ehegatten und Lebenspartnern sowie ehe- und lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften, in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nicht anwendbar, um auch schwerbehinderten volljährigen Kindern, die im Haushalt ihrer Eltern leben, einen Leistungsanspruch einräumen zu können.

4. Höhe des Erstattungsbetrages

Im Gesetzgebungsverfahren zum Altersvermögensgesetz wurde im Jahr 2001 die Höhe des Erstattungsbetrages auf Basis von Kostenschätzungen festgesetzt. Das im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Entwurf des Altersvermögensgesetzes enthaltene Kostentableau (BT-Drs. 014/5150, S. 52) sah in einer Minimumvariante grundsicherungsbedingte Mehrkosten (Mehrausgaben durch Sonderregelungen des GSiG) in Höhe von 470,6 Mio. DM und in einer Maximumvariante in Höhe von 790,5 Mio. DM vor. In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drs. 014/5146) wurde der Mittelwert von 600 Mio. DM übernommen. Durch den Vermittlungsausschuss wurde die Höhe grundsicherungsbedingter Mehrkosten und damit der Erstattungsbetrag in § 34 Abs. 2 WoGG auf den Wert der Maximumschätzung von 790,5 Mio. DM festgesetzt, woraus sich umgerechnet 409 Mio. Euro ergaben.

5. Verteilung des Erstattungsbetrages auf die Länder

Nach § 34 Abs. 2 WoGG wird der bundesweite Erstattungsbetrag von jährlich 409 Mio. Euro entsprechend den Anteilen der Länder an den Aufwendungen für den besonderen Mietzuschuss nach dem Fünften Teil des WoGG im Jahr 2002 auf die Länder verteilt. Der besondere Mietzuschuss stellte bis Jahresende 2004 einen pauschalen Wohngeldanteil an den Unterkunftskosten für Personen dar, die nach dem BSHG Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen. Der besondere Mietzuschuss wurde als Verteilungsmaßstab gewählt, weil dies wegen der Zahlung der Erstattung über das WoGG naheliegend war und ein anderer, geeigneterer Maßstab bei Verabschiedung des Altersvermögensgesetzes nicht zur Verfügung stand.

6. Überprüfung der Höhe des Erstattungsbetrages

Die Höhe des Erstattungsbetrages ist nach § 34 Abs. 2 WoGG alle zwei Jahre, erstmals zum 31. Dezember 2004 (Stichtag der für die Überprüfung heranzuziehenden Grundsicherungsstatistik) zu überprüfen. Für den Fall, dass die Überprüfung eine Abweichung von mehr als 10 % des geltenden Erstattungsbetrages ergibt, ist dieser neu festzusetzen. Da bislang kein Ergebnis der Überprüfung vorlag, wurde der Erstattungsbetrag seit dem Jahr 2003 in unveränderter Höhe von 409 Mio. Euro gezahlt, seit 2004 geschah dies unter Vorbehalt.

II. Ergebnis der Überprüfung der Höhe des Erstattungsbetrages zum 31. Dezember 2004

1. Auswirkungen der Einführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch

Bei der Integration des bis Jahresende 2004 im GSiG enthaltenen Rechts der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in das SGB XII als Viertes Kapitel wurde dessen Leistungsrecht an das der Hilfe zum Lebensunterhalt angeglichen, das im Dritten Kapitel des SGB XII enthalten ist. Insbesondere gilt das neu eingeführte Regelsatzsystem mit weitgehenden Pauschalierungen, durch das die einmaligen Leistungen des BSHG, abgesehen von drei Ausnahmen, in den Regelsatz einbezogen werden, sowohl für die Hilfe zum Lebensunterhalt als auch für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Dies hat zur Folge, dass die Berechtigung für eine Erstattung einmaliger Leistungen mit Inkrafttreten des SGB XII zum 1. Januar 2005 weggefallen ist. Es gibt keine Unterschiede mehr hinsichtlich einmaliger Leistungen zwischen Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und Hilfe zum Lebensunterhalt: Doppelzahlungen für die Pauschale in der Grundsicherung und zusätzliche einmalige Leistungen aus der Hilfe zum Lebensunterhalt fallen ersatzlos weg. Deshalb entstehen seit 2005 keine grundsicherungsbedingten Mehrkosten mehr wegen einmaliger Leistungen.

Für die Gutachtenkosten und die Kosten des Unterhaltsrückgriffs ergaben sich durch das Inkrafttreten des SGB XII keine Veränderungen.

2. Durchführung der Überprüfung

Die erstmalige Überprüfung der Höhe des Erstattungsbetrages in Höhe von 409 Mio. Euro erfolgte durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales entsprechend der Vorgabe in § 34 Abs. 2 WoGG nach der für den Erhebungsstichtag 31. Dezember 2004 vom Statistischen Bundesamt erstellten Statistik der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsstatistik) 2004. Ergänzend wurde auf Daten der ebenfalls vom Statistischen Bundesamt durchgeführten Statistik über die Empfänger und Empfängerinnen von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt für das Jahr 2004 zurückgegriffen.

Durch die Grundsicherungsstatistik 2004 werden für das Jahr 2004 als grundsicherungsbedingte Mehrkosten die

Die erhöhten Nettoausgaben der Sozialhilfeträger, denen Einnahmen wegen des Verzichts auf den Unterhaltsrückgriff (Unterhaltsrückgriff im engeren Sinn) entgangen sind, können nicht statistisch erfasst und müssen deshalb geschätzt werden. Dies gilt auch für die erhöhten Ausgaben, die entstanden, weil die Unterhaltsvermutung (Unterhaltsrückgriff im weiteren Sinn) nicht anwendbar ist. Für beide Größen mussten deshalb auf der Basis der vorhandenen statistischen Daten Schätzungen vorgenommen werden.

2.1. Kosten wegen des Verzichts auf den Unterhaltsrückgriff im engeren Sinn

Die Abschätzung der Kosten beruht auf einer aus der Grundsicherungsstatistik abgeleiteten Abgrenzung der Personen, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehen und für einen Unterhaltsrückgriff potenziell in Frage kommen, sowie auf statistischen Daten zum Unterhaltsrückgriff in der Hilfe zum Lebensunterhalt.

Die Grundsicherungsstatistik 2004 enthält Informationen zur Abgrenzung der für einen Unterhaltsrückgriff potenziell in Frage kommenden Leistungsberechtigten. Statistisch erfasst werden u.a. Leistungsberechtigte, die unmittelbar vor dem Bezug von Grundsicherungsleistungen Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen haben. In den Jahren 2003 und 2004 waren dies etwas mehr als 45 % aller Personen, die Grundsicherung bezogen. Dieser hohe Anteil erklärt sich daraus, dass Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen und das 65. Lebensjahr vollendet hatten oder dauerhaft voll erwerbsgemindert waren, aus Anlass des Inkrafttretens des GSiG einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen erhalten haben. Bei allen Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen, erfasst die Grundsicherungsstatistik, ob während des Bezugs von Hilfe zum Lebensunterhalt ein Unterhaltsrückgriff stattfand.

Die nachstehende Tabelle 1 zeigt, dass nur bei 10.120 der Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen, ein Unterhaltsrückgriff stattgefunden hat. Gemessen an allen Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen, waren dies 4,22 % (Zeile 8 von Tabelle 1).

Tabelle 1: Potenzieller Personkreis für einen Unterhaltsrückgriff im Jahr 2004

Personen %
(1) Gesamtzahl der Grundsicherung beziehenden Personen 526.034
(2) davon Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen239.931
(3) Anteil der Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen, an allen Grundsicherung beziehenden Personen, (Zeile 1) 45,61
(4) Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt, ohne Unterhaltsrückgriff bezogen 229.811
(5) Anteil der Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt ohne Unterhaltsrückgriff bezogen (Zeile 4), an allen Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen (Zeile 2) 95,78
(6) Anteil der Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt ohne Unterhaltsrückgriff bezogen (Zeile 4), an allen Grundsicherung beziehenden Personen (Zeile 1) 43,69
(7) Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt mit Unterhaltsrückgriff bezogen 10.120
(8) Anteil der Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt mit Unterhaltsrückgriff bezogen (Zeile 7), an allen Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen (Zeile 2) 4,22
(9) Anteil der Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt mit Unterhaltsrückgriff bezogen, an allen Grundsicherung beziehenden Personen (Zeile 1) 1,92
(10) Potenziell für einen Unterhaltsrückgriff in Frage kommende Grundsicherung beziehende Personen: Gesamtzahl der Grundsicherung beziehenden Personen (Zeile 1), abzüglich der Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt ohne Unterhaltsrückgriff bezogen (Zeile 4) 296.223
(11) Anteil der potenziell für einen Unterhaltsrückgriff in Frage kommenden Grundsicherung beziehenden Personen (Zeile 10) an allen Grundsicherung beziehenden Personen (Zeile 1) 56,31

Für die Abgrenzung des für einen Unterhaltsrückgriff im engeren Sinne relevanten Personenkreises ergibt sich folglich:

Ausgangspunkt für die Abschätzung des für den Verzicht auf den Unterhaltsrückgriff anzusetzenden Einnahmeausfalls ist die Statistik der Hilfe zum Lebensunterhalt. Dabei wird unterstellt, dass bei Personen, die im Jahr 2004 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bezogen, in gleichem Maße wie bei Personen, die im Jahr 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen, ein Unterhaltsrückgriff möglich gewesen wäre. Damit wird die Höhe der Einnahmen aus dem Unterhaltsrückgriff in der Hilfe zum Lebensunterhalt auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung übertragen.

Der Unterhaltsrückgriff in der Hilfe zum Lebensunterhalt führte im Jahr 2004 zu Einnahmen der Sozialhilfeträger in Höhe von 1,31 % der Bruttoausgaben. Übertragen auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind danach den Kommunen durch den Verzicht auf den Unterhaltsrückgriff im Jahr 2004 Einnahmen in Höhe von 1,31 % der Bruttoausgaben in Höhe von 2,2 Mrd. Euro entgangen. Dies entspricht einem Betrag von rund 29 Mio. Euro.

Schlussfolgerungen:

Für einen Unterhaltsrückgriff kamen im Jahr 2004 maximal 296.223 Personen oder rund 56 % aller Personen, die Grundsicherung bezogen, potenziell in Frage. Gesichert ist ein Unterhaltsrückgriff nur bei 10.120 Personen oder 3,42 % aller in Frage kommenden 296.223 Personen, weil bei ihnen bereits im vorangegangenen Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt ein Unterhaltsrückgriff stattgefunden hatte. Bei den für den Verzicht auf den Unterhaltsrückgriff angesetzten Kosten in Höhe von 29 Mio. Euro ergibt sich daraus: Wenn bei allen 296.223 Grundsicherung beziehenden Personen ein Unterhaltsrückgriff möglich gewesen wäre, dann hätte sich aus einem Betrag von rund 29 Mio. Euro ein durchschnittlicher Unterhaltsrückgriff von rund 100 Euro im Jahr finanzieren lassen.

Statistische Daten über die Hilfe zum Lebensunterhalt belegen, dass Leistungsfälle, die zu einem Unterhaltsrückgriff führen, eher die Ausnahme als den Regelfall darstellen. Die Einnahmen aus dem Unterhaltsrückgriff sind in der Hilfe zum Lebensunterhalt im Jahr 2004 - wie auch in den Vorjahren - nur von geringer quantitativer Bedeutung gewesen. Dies zeigt der geringe An13 teil von 4,22 % (Zeile 8 von Tabelle 1) aller Grundsicherung beziehenden Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen, der mit einem Unterhaltsrückgriff verbunden war. Bestätigt wird dies auch durch die Höhe der durchschnittlichen Einnahmen aus dem Unterhaltsrückgriff je Person, die Hilfe zum Lebensunterhalt im Jahr 2004 bezog: Für alle Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen, ergab sich ein Durchschnittsbetrag in Höhe von etwa 45 Euro jährlich.

Dieser geringe Durchschnittsbetrag ist darauf zurückzuführen, dass ein Unterhaltsrückgriff in der Praxis aus folgenden Gründen nur in einer relativ geringen Zahl von Fällen und nur in einem der Höhe nach begrenzten Umfang durchgesetzt werden kann:

Ausgehend von der geringen quantitativen Bedeutung des Unterhaltsrückgriffs in der Hilfe zum Lebensunterhalt kann für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nicht unterstellt werden dass dort - unter gleichen Voraussetzungen - in höherem Umfang ein Unterhaltsrückgriff geltend gemacht und auch durchgesetzt worden wäre als in der Hilfe zum Lebensunterhalt.

In der Abschätzung wird der Einwand berücksichtigt, dass die Ergebnisse aus der Hilfe zum Lebensunterhalt nicht auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung übertragen werden können, weil die für einen Unterhaltsrückgriff in Frage kommenden 296.223 Personen (alle Grundsicherung beziehenden Personen, abzüglich Personen, die zuvor Hilfe zum Lebensunterhalt ohne Unterhaltsrückgriff bezogen hatten) häufiger über unterhaltsfähige Kinder oder Eltern verfügen als die Gesamtheit der Personen, die im Jahr 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen. Die geschätzten Kosten für den Verzicht auf den Unterhaltsrückgriff in Höhe von rund 29 Mio. Euro errechnen sich aus dem Anteil der Einnahmen aus dem Unterhaltsrückgriff an den Gesamtausgaben in der Hilfe zum Lebensunterhalt. Bei der Abschätzung für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung werden nur 56 % der Grundsicherung beziehenden Personen berücksichtigt, die geschätzten Kosten (rund 29 Mio. Euro) jedoch nicht anteilig vermindert.

Dies hat zur Folge, dass für den Unterhaltsrückgriff pro Grundsicherung beziehender Person mehr als das Doppelte des in der Hilfe zum Lebensunterhalt anzusetzenden Wertes angenommen wird (gerundet 100 Euro im Jahr in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, dies entspricht etwa 220 % des gerundeten Betrages von 45 Euro im Jahr in der Hilfe zum Lebensunterhalt).

2.2. Kosten der Nichtanwendung der Unterhaltsvermutung ( § 36 SGB XII)

Da in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Unterhaltsvermutung nicht anwendbar ist, haben auch im Haushalt von Kindern lebende ältere Menschen und bei ihren Eltern lebende voll erwerbsgeminderte Kinder, sofern sie volljährig sind, einen Grundsicherungsanspruch.

Kennzeichnend für diesen grundsicherungsberechtigten Personenkreis ist folglich, dass - da kein eigener Haushalt vorhanden ist - keine Unterkunftskosten anfallen. Unterkunftskosten sind die angemessenen Kosten für Miete und Heizung sowie angemessene Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum (Heizkosten und eventuell Verzinsung von Darlehen).

Einzubeziehen sind ferner Grundsicherung beziehende Personen, bei denen nur sehr geringe Unterkunftskosten anfallen. Dies ist dann der Fall, wenn nur anteilige Unterkunftskosten berücksichtigt werden weil die grundsicherungsberechtigte Person im Haushalt anderer Personen lebt und deshalb nur der auf eine Person entfallende Anteil an den Miet- und Heizungskosten für die Wohnung berücksichtigt wird.

Die Grundsicherungsstatistik 2004 liefert über den außerhalb von stationären Einrichtungen lebenden Personenkreis folgende Informationen:

Die durchschnittlichen Unterkunftskosten für die Personengruppe mit Unterkunftskosten von weniger als 75 Euro beliefen sich auf 45,29 Euro, die für die Personengruppe mit Unterkunftskosten von 75 bis unter 100 Euro auf 87,39 Euro, bei durchschnittlichen Unterkunftskosten von monatlich 242 Euro für alle Grundsicherung beziehenden Personen. Dies lässt darauf schließen, dass diese Personengruppe in der Mehrzahl über keinen eigenen Haushalt verfügte, bei der Leistungshöhe aber anteilige Kosten für Miete und Heizung berücksichtigt wurden. Aus Sicherheitsgründen werden bei der Abgrenzung des relevanten Personenkreises alle 27.008 Personen berücksichtigt, auch wenn unterstellt werden muss, dass sich darunter Personen mit einem eigenen Haushalt in selbst genutztem Wohneigentum befinden. Informationen über die Zahl der Grundsicherung beziehenden Personen mit Wohneigentum liegen jedoch nicht vor.

Daraus ergeben sich eine Minimum- und eine Maximumschätzung:

- Minimumschätzung:

Es werden nur die Leistungsberechtigten ohne Unterkunftskosten berücksichtigt, also 29.051 Personen. Dies ergibt unter Berücksichtigung einer Regelsatzleistung von 80 % (volljährige Personen ohne eigenen Haushalt) und der Pauschale in Höhe von 15 % des Eckregelsatzes einen Betrag von rund 97 Mio. Euro im Jahr 2004.

- Maximumschätzung:

Zusätzlich zu den Leistungsberechtigten ohne Unterkunftskosten werden auch die 27.008

Leistungsberechtigten mit geringen Unterkunftskosten berücksichtigt. Daraus ergeben sich 56.059 Leistungsberechtigte (29.051 zuzüglich 27.008). Bei den Kosten sind für die zusätzlich berücksichtigten 27.008 Personen neben der Regelsatzleistung und der Pauschale in Höhe von 15 % des Eckregelsatzes auch die Unterkunftskosten berücksichtigt. Daraus ergibt sich ein Betrag von rund 189 Mio. Euro im Jahr.

Die Minimalschätzung stellt die Untergrenze dar, bei der angenommen werden kann, dass nicht alle für den Verzicht auf die Unterhaltsvermutung in Frage kommenden Personen erfasst werden.

In der Maximalschätzung sind hingegen Personen mit umfasst, für die der Verzicht auf die Unterhaltsvermutung nicht relevant ist (insbesondere Leistungsberechtigte mit Wohneigentum).

Dies stellt einen erheblichen Sicherheitszuschlag dar. Realistischer ist deshalb ein aus beiden Ergebnissen errechneter Mittelwert (rechnerischer Durchschnitt) in Höhe von rund 143 Mio. Euro.

3. Ergebnis der Überprüfung zum 31. Dezember 2004

Als Ergebnis der Überprüfung der Höhe erstattungsfähiger grundsicherungsbedingter Mehrkosten - dies sind Kosten für den Unterhaltsrückgriff im engeren und weiteren Sinn sowie Gutachtenkosten - ergibt sich damit:

Tabelle 2: Ergebnis der Überprüfung zum 31. Dezember 2004

(1) Gutachtenkosten 7.925.121 Euro
(2) Kosten für den Unterhaltsrückgriff im engeren Sinn 29.066.509 Euro
(3) Kosten der Nichtanwendung der Unterhaltsvermutung (Mittelwert) 142.897.281 Euro
(4) Summe Kosten Unterhaltsrückgriff (Summe Zeile 2 und 3) 172.963.790 Euro
(5) Summe grundsicherungsbedingte Mehrkosten 179.888.911 Euro

III. Notwendigkeit einer Neuregelung der finanziellen Ausgleichsverpflichtungen des Bundes

1. Neufestsetzung der Höhe der Bundesmittel

Die sich aus der Überprüfung ergebende Höhe der ab 1. Januar 2005 erstattungsfähigen grundsicherungsbedingten Mehrkosten von 180 Mio. Euro im Jahr 2004 stellt eine Unterschreitung von mehr als 10 % des geltenden Erstattungsbetrages in Höhe von 409 Mio. Euro dar.

Daraus ergibt sich nach § 34 Abs. 2 Satz 3 WoGG die Notwendigkeit, den Erstattungsbetrag neu festzusetzen.

2. Verzicht auf Überprüfungen der Höhe des Erstattungsbetrages

Die nach § 34 Abs. 2 WoGG erstmals zum Datenstand 31. Dezember 2004 durchgeführte Überprüfung der Höhe des Erstattungsbetrages belegt, dass die Erhöhung der Nettoausgaben der Sozialhilfeträger wegen des Verzichts auf den Unterhaltsrückgriff im engeren und weiteren Sinn den Hauptbestandteil der Erstattung darstellt. Dieser Hauptbestandteil kann anhand von Schätzungen auf der Basis verfügbarer statistischer Daten überprüft werden. Dazu standen für die Überprüfung zum 31. Dezember 2004 die Daten aus dem Übergang von Leistungsberechtigten aus der Hilfe zum Lebensunterhalt in die neu eingeführte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zur Verfügung. Diese Daten liegen für die nächste Überprüfung zum Datenstand 31. Dezember 2006 allerdings nicht mehr in einer für die Überprüfung ausreichenden Qualität vor, was die Belastbarkeit der Ergebnisse in Frage stellen würde. Hinzu kommt, dass die Überprüfung zum 31. Dezember 2004 letztmalig nach dem Rechtsstand bei Einführung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Erstattungsregelung, also nach GSiG, BSHG und WoGG, durchgeführt werden konnte. Der ab 2005 geltende Rechtsstand weicht als Folge der Einführung des SGB XII und der Wohngeldreform erheblich vom Rechtsstand am Jahresende 2004 ab. Auch dies würde die Aussagekraft bzw. die Vergleichbarkeit künftiger Überprüfungsergebnisse in Frage stellen.

3. Änderung des Verteilerschlüssels für die Aufteilung der Bundesmittel auf die Länder

Durch die im Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) enthaltene Wohngeldreform (Art. 25: Änderung WoGG) ist der besondere Mietzuschuss für Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, seit Jahresanfang 2005 weggefallen. Die bedarfsorientierten Sozialleistungen wie Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung decken die Unterkunftskosten seither ohne einen Wohngeldanteil vollständig ab.

Damit steht für die Verteilung des Erstattungsbetrages auf die Länder nicht mehr die Verteilung der Kosten für den besonderen Mietzuschuss im Vorjahr zur Verfügung. Aus diesem Grund wurden die Länderanteile am Erstattungsbetrag durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt auf die Verteilung des besonderen Mietzuschusses im Jahr 2002 festgeschrieben. Die Aufteilung des Erstattungsbetrages auf die Länder hat sich deshalb seit der ersten Zahlung im Jahr 2003 nicht verändert. Es besteht kein Zusammenhang zwischen der Verteilung der Zahlungen für den besonderen Mietzuschuss im Jahr 2002 und der Ausgabenentwicklung bei den Sozialhilfeträgern in den Ländern.

4. Ersetzung des Regelungsstandorts im Wohngeldgesetz

Die Erstattung grundsicherungsbedingter Mehrkosten innerhalb des WoGG ist "wohngeldfremd", da kein sachlicher Zusammenhang zum Wohngeld besteht. Hinzu kommt, dass als Folge der am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Wohngeldreform sich die von Bund und Ländern jeweils hälftig zu tragenden Wohngeldkosten im Jahr 2005 auf etwa ein Viertel der Kosten des Jahres 2004 reduziert haben. Dies hat zur Folge, dass der hälftige Anteil einzelner Länder an den Wohngeldkosten bereits den auf sie entfallenden Anteil am Erstattungsbetrag unterschreitet.

IV. Konzeption und Zielsetzung einer Neuregelung der finanziellen Ausgleichsverpflichtungen des Bundes

1. Konzeption der Neuregelung

Die bisherige Erstattung eines Festbetrages nach § 34 Abs. 2 WoGG wird für die beiden verbliebenen grundsicherungsbedingten Mehrkosten, nämlich die erhöhten Nettoausgaben wegen des Verzichts auf den Unterhaltsrückgriff im engeren und weiteren Sinn sowie die Gutachtenkosten, in zwei unterschiedliche Finanzierungsverfahren aufgeteilt:

2. Einführung einer Bundesbeteiligung an den Nettoausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Einnahmenausfall der Träger der Sozialhilfe wegen des Verzichts auf den Unterhaltsrückgriff und der Nichtanwendbarkeit der Unterhaltsvermutung, der sich bei der Überprüfung der Höhe grundsicherungsbedingter Mehrkosten als wesentlicher Bestandteil der Bundesverpflichtungen erweist, durch eine Beteiligung des Bundes an den Nettoausgaben der Grundsicherung zu ersetzen. Die Höhe des danach jährlich vom Bund zu übernehmenden Anteils ergibt sich aus den Nettoausgaben und einem festen Anteil des Bundes an den Nettoausgaben (sogenannte Beteiligungsquote). Da die Nettoausgaben des Jahres, für das der Bundesanteil zu zahlen ist, zum Zeitpunkt der Festsetzung der Höhe der Bundesmittel noch nicht bekannt sind, werden die Nettoausgaben des Jahres herangezogen, für das die aktuellsten Ergebnisse der Grundsicherungsstatistik vorliegen. Dies ist das Vorvorjahr. Die Vorschrift wird in das SGB XII integriert. Hierdurch kann - im Unterschied zur bisherigen Erstattungsregelung - insbesondere auch der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Grund der Zahlungen des Bundes und der Zahlung selbst im Sozialhilferecht hergestellt werden.

Die Beteiligungsquote passt den Bundesanteil an die Ausgabenentwicklung an. Im Unterschied zu dem bisherigen nicht dynamisierten Festbetrag sind künftige Überprüfungen der Höhe des Betrages deshalb nicht mehr erforderlich. Es bleibt bei der Zahlung des Bundes an die Länder.

Der Anteil jedes Landes bemisst sich nach dessen Anteil an den bundesweiten Nettoausgaben der Grundsicherung. Da zwischen der Höhe der Nettoausgaben und dem Einnahmenausfall wegen des Verzichts auf den Unterhaltsrückgriff sowie der Nichtanwendbarkeit der Unterhaltsvermutung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wird eine Verteilung gewährleistet, die die tatsächliche finanzielle Belastung der Sozialhilfeträger in den Ländern berücksichtigt.

3. Einführung einer Erstattung des Bundes an die Träger der Rentenversicherung für Gutachtenkosten

Die Erstattung der Kosten und Auslagen der Träger der Rentenversicherung wegen der Feststellung einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung wird von den Trägern der Sozialhilfe auf den Bund verlagert. Durch eine Aufnahme dieser Erstattung in das Rentenrecht im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) werden diese Kosten unmittelbar vom Bund übernommen.

Der aufwändige Zahlungsweg in der bisherigen Erstattungsregelung nach § 34 Abs. 2 WoGG vom Bund über die Länder an die Kommunen und von dort an die Rentenversicherungsträger wird dadurch vereinfacht. Dies führt zu Verwaltungsvereinfachungen.

V. Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich für das Wohngeldrecht aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 18 des Grundgesetzes. Für das Fürsorgerecht (Sozialhilferecht) hat der Bund nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 7 des Grundgesetzes die Gesetzgebungskompetenz, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechtsund Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht (Artikel 72 Abs. 2 des Grundgesetzes). Ein Erfordernis für eine bundeseinheitliche Regelung liegt vor, da die Ersetzung der bisherigen bundeseinheitlichen Erstattungsregelung in § 34 Abs. 2 WoGG durch eine ebenfalls nur bundeseinheitlich anwendbare Beteiligung des Bundes an den Ausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als Ausgleich für den Verzicht auf den Unterhaltsrückgriff im engeren und weiteren Sinne möglich ist.

Die Zulässigkeit einer pauschalen Beteiligung des Bundes an den Ausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ergibt sich aus Artikel 104a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes.

Die Einführung einer Erstattung im SGB VI von Kosten und Auslagen, die den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung für die im Auftrag der Träger der Sozialhilfe zu erstellenden Gutachten zur Feststellung einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung entstehen, beruht ebenfalls auf Artikel 74 Abs. 1 Nr. 7 des Grundgesetzes.

VI. Preiswirkungsklausel

Der Gesetzentwurf führt zu keinen zusätzlichen Kosten für die Wirtschaft. Unmittelbare Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind ebenfalls nicht zu erwarten.

VII. Gleichstellungspolitische Relevanzprüfung

Die Auswirkungen des Gesetzgebungsvorhabens beschränken sich unmittelbar auf die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern und haben mittelbar Auswirkungen auf die Haushalte der Kommunen. Änderungen in den Leistungen oder den Leistungsvoraussetzungen sind mit den durch dieses Gesetzgebungsvorhaben vorgeschlagenen Änderungen nicht verbunden. Folglich ergeben sich keine Veränderungen beim Zugang zu Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder dem Sozialleistungssystem insgesamt. Auch für die Höhe der Leistungen von Frauen und Männern ergeben sich keine Veränderungen.

B. Besondere Begründung

Zu Artikel 1 (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch)

Zu Nummer 1 (Inhaltsverzeichnis)

Redaktionelle Folgeänderung zur Einführung einer Beteiligung des Bundes an den Nettoausgaben in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im neuen Dritten Abschnitt des Vierten Kapitels.

Zu Nummer 2 (§ 45)

Die im bisherigen § 45 Abs. 2 SGB XII enthaltene Erstattungspflicht der Träger der Sozialhilfe wird ersetzt durch den im Rentenrecht einzufügenden § 224b SGB VI. Dadurch wird eine Erstattung des Bundes von Kosten und Auslagen eingeführt, die den Trägern der Rentenversicherung für die auf Ersuchen der Träger der Sozialhilfe durchzuführenden Gutachten zur Feststellung einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung entstehen. § 45 Abs. 2 ist deshalb aufzuheben, der Inhalt der Vorschrift beschränkt sich damit auf den bisherigen Absatz 1.

Zu Nummer 3 (Dritter Unterabschnitt mit § 46a)

Mit der Ergänzung des Vierten Kapitels um einen Dritten Abschnitt mit § 46a wird eine Beteiligung des Bundes an den Nettoausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung eingeführt.

Zu § 46a Abs. 1 SGB XII

Nach § 46a Abs. 1 beteiligt sich der Bund an den Nettoausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Damit erhalten die Kommunen als Träger der Sozialhilfe über die Länder einen Ausgleich für erhöhte Nettoausgaben, da ihnen Einnahmen entgehen, weil nach § 43 Abs. 1 SGB XII die Unterhaltsvermutung des § 36 Satz 1 SGB XII nicht anwendbar ist und nach § 43 Abs. 2 kein Unterhaltsrückgriff möglich ist. Die Höhe der jährlichen Bundesbeteiligung (Beteiligungsquote) beläuft sich auf 7,1 % der Nettoausgaben.

Ermittlung der Beteiligungsquote

Die einzuführende Beteiligungsquote berechnet sich aus dem Ergebnis der nach § 34 Abs. 2 WoGG zum 31. Dezember 2004 durchgeführten Überprüfung der Höhe grundsicherungsbedingter Mehrkosten. Damit liegen der Beteiligungsquote Ergebnisse der Grundsicherungsstatistik 2004 und darauf beruhende Kostenschätzungen zugrunde. Diese Schätzungen beziehen sich auf Ausgabenerhöhungen der Träger der Sozialhilfe, die auf den Verzicht auf den Unterhaltsrückgriff sowie die Nichtanwendung der Unterhaltsvermutung entfallen. Dies ist ein Betrag von 172 Mio. Euro im Jahr 2004.

Da es für den Prozentsatz der Beteiligungsquote auf das Verhältnis der relevanten Ausgaben zu der effektiven Gesamtausgabenbelastung der Träger der Sozialhilfe ankommt, ist von den Nettoausgaben auszugehen. Dies sind die vom Statistischen Bundesamt ermittelten reinen Ausgaben für Leistungen, ohne die statistisch getrennt erfassten Gutachtenkosten, die den Trägern der Rentenversicherung künftig vom Bund unmittelbar erstattet werden. Dies ergibt für 2004 Nettoausgaben von 2,1 Mrd. Euro.

Diese Nettoausgaben können jedoch für die Ermittlung der Beteiligungsquote nicht mit den ermittelten Ausgaben (entgangenen Einnahmen) wegen des Verzichts auf den Unterhaltsrückgriff bzw. der Nichtanwendung der Unterhaltsvermutung ins Verhältnis gesetzt werden, da dies für die Jahre ab 2005 zu einer überhöhten Quote führen würde. Die Nettoausgaben des Jahres 2004 sind um die in diesem Jahr letztmals an Grundsicherungsberechtigte gezahlten und auf die Grundsicherungsleistung als Einkommen anspruchsmindernd angerechneten Wohngeldzahlungen vermindert. Durch den Wegfall des Wohngeldanspruchs für Grundsicherungsberechtigte ab 1. Januar 2005 durch die Wohngeldreform übernehmen die Sozialhilfeträger seit 2005 die gesamten Unterkunftskosten. Damit entfallen die in der Grundsicherungsstatistik 2004 bei 53 % aller Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehenden Personen als anrechenbares Einkommen erfassten und anspruchsmindernd wirkenden Wohngeldzahlungen ab dem Jahr 2005.

Da weder die Grundsicherungsstatistik 2004 noch die Wohngeldstatistik 2004 alle für eine Quantifizierung der Wohngeldzahlungen an Grundsicherungsberechtigte erforderlichen Daten liefern wurden diese auf Basis der Wohngeldstatistik 2004 und der Grundsicherungsstatistik 2004 geschätzt. Danach ergeben sich für 2004 nach einer zurückhaltenden Schätzung Wohngeldzahlungen für Grundsicherungsberechtigte in Höhe von rund 345 Mio. Euro. Um diesen Schätzbetrag werden sich, statusquo-Bedingungen unterstellt, die Ausgaben in der Grundsicherung im Jahr 2005 erhöhen. Es handelt sich um eine dauerhafte Erhöhung der Ausgaben.

Werden die Wohngeldzahlungen in den Nettoausgaben des Jahres 2004 nicht berücksichtigt, dann wird die Beteiligungsquote (172 Mio. Euro im Verhältnis zu 2.093 Mio. Euro) um die ermittelten 345 Mio. Euro zu hoch angesetzt. Auf dieser Basis würde der Bund die Mehrbelastung der Kommunen durch die Wohngeldreform 2005 für Leistungsberechtigte in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowohl über die neu einzuführende Bundesbeteiligung als auch über den hierfür geschaffenen Ausgleich im Rahmen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) übernehmen. In die Beteiligung des Bundes an den Unterkunftskosten nach § 46 Abs. 5 bis 10 SGB II sind u.a. auch die Unterkunftskosten für Leistungsberechtigte nach dem Vierten Kapitel des SGB XII mit eingerechnet. Dadurch würde es zu einer Doppelzahlung des Bundes kommen. Diese Doppelzahlung lässt sich nur vermeiden, wenn die in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unterstellten Wohngeldzahlungen in Höhe von 345 Mio. Euro den Nettoausgaben im Jahr 2004 hinzugezählt werden (bereinigte Nettoausgaben 2004). Damit weisen die bereinigten Nettoausgaben 2004 die gleiche Zusammensetzung wie die Nettoausgaben der Jahre ab 2005 auf.

Tabelle 3: Berechnung der Beteiligungsquote

Nettoausgaben (reine Ausgaben für Leistungen) im Jahr 2004 2.093.232.761 Euro
+ Wohngeldzahlungen als angerechnetes Einkommen bei Personen, die im Jahr 2004 Leistungen der Grundsicherung bezogen 345.000.000 Euro
= bereinigte Nettoausgaben 2004 2.438.232.761 Euro
Verzicht auf den Unterhaltsrückgriff im engeren Sinn ( § 43 Abs. 2 SGB XII) (Tabelle 2, Zeile 2) 29.066.509 Euro
+ Nichtanwendbarkeit Unterhaltsvermutung (Unterhaltsrückgriff im weiteren Sinn) nach § 43 Abs. 1 SGB XII (§ 36 Satz 1 SGB XII) (Tabelle 2, Zeile 3) 142.897.281 Euro
= Unterhaltsrückgriff im engeren und weiteren Sinn (Tabelle 2, Zeile 4) 171.963.790 Euro
Beteiligungsquote (Unterhaltsrückgriff als Prozentsatz der bereinigten Nettokosten) 7,1 %

Jährliche Höhe der Bundesbeteiligung

Die Höhe der Bundesbeteiligung errechnet sich aus den Nettoausgaben des Vorvorjahres und der Beteiligungsquote von 7,1 %. Durch das Abstellen auf das Vorvorjahr wird sichergestellt, dass die für die Berechnung der Bundesmittel erforderlichen Daten für die Nettogesamtkosten rechtzeitig vor dem Zahlungstermin am 1. Juli eines Jahres ( § 46a Abs. 3 SGB XII) zur Verfügung stehen. Dabei ist von den zum 1. April eines Jahres vorliegenden Daten auszugehen.

Später eingehende Änderungen der statistischen Ergebnisse können nicht berücksichtigt werden, ebenso sind weder nachträgliche Änderungen in der Höhe bereits ausgezahlter Bundesbeteiligung vorgesehen noch deren Anrechnung auf die Bundesbeteiligung im Folgejahr. Wegen der Verwendung von Daten der Grundsicherungsstatistik ist kein zusätzliches, neben der Grundsicherungsstatistik durchzuführendes Verwaltungsverfahren für die Ermittlung und Meldung von Ausgaben der Sozialhilfeträger über die Länder an den Bund erforderlich.

Bei der erstmaligen Anwendung der Vorschrift im Jahr 2008 sind folglich die Nettogesamtkosten des Jahres 2006 heranzuziehen.

Zu § 46a Abs. 2 SGB XII

Die Anteile der Länder an der Bundesbeteiligung entsprechen nach Absatz 2 den Länderanteilen an den bundesweiten Nettoausgaben im Vorvorjahr. Diese Anteile werden aus den von der Grundsicherungsstatistik ausgewiesenen Nettoausgaben auf Länderebene ermittelt, die den bundesweiten Nettoausgaben gegenübergestellt werden. Die Länderanteile sind nach der Rundungsregelung in Satz 2 auf zwei Dezimalstellen zu berechnen.

Zu § 46a Abs. 3 SGB XII

Die Zahlung des auf die Länder entfallenden Anteils regelt Absatz 3. Mit dem Zahlungstermin 1. Juli wird der bisherige Zahlungstermin für den Festbetrag nach § 34 Abs. 2 WoGG übernommen.

Zu Nummer 4 (§ 122)

Folgeänderung zur neu einzuführenden Erstattung von Kosten und Auslagen der Rentenversicherungsträger für die Erstellung von Gutachten, die der Feststellung einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung dienen, durch den Bund nach § 224b SGB VI. Eine gesonderte statistische Erfassung von Anzahl und Kosten der Gutachten im Rahmen der Sozialhilfestatistik, die bislang insbesondere der Überprüfung der Höhe grundsicherungsbedingter Mehrkosten diente, ist deshalb nicht mehr erforderlich.

Zu Artikel 2 (Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch)

Zu Nummer 1 (Inhaltsverzeichnis)

Redaktionelle Folgeänderung zur Einfügung eines § 224b SGB VI, durch den eine Erstattung in Angelegenheiten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung eingeführt wird.

Zu Nummer 2 (§ 109a)

Folgeänderung zur Einführung einer Erstattung des Bundes für Gutachtenkosten nach § 224b SGB VI. In § 109a Abs. 2 Satz 1 SGB VI ist der Verweis auf die Parallelvorschrift im Sozialhilferecht an die Aufhebung von § 45 Abs. 2 SGB XII anzupassen. Die Aufhebung von Satz 4 ist Folge der Einführung einer Erstattung des Bundes: Für die Vorgabe, dass die kommunalen Spitzenverbände und die Träger der Rentenversicherung über die Einzelheiten des Erstattungsverfahrens und die Höhe der zu erstattenden Kosten und Auslagen Vereinbarungen zu schließen haben, entfällt die Erforderlichkeit.

Zu Nummer 3 (§ 224b)

Die Kosten und Auslagen, die den Trägern der Rentenversicherung entstehen, weil sie auf Ersuchen der Träger der Sozialhilfe gutachterlich das Vorliegen einer medizinisch bedingten dauerhaften vollen Erwerbsminderung prüfen, werden der Deutschen Rentenversicherung Bund künftig unmittelbar vom Bund erstattet. Die bisherige Verpflichtung der Träger der Rentenversicherung zur Abrechnung mit den Trägern der Sozialhilfe sowie die sich daraus ergebende Erstattungspflicht der Träger der Sozialhilfe entfällt künftig (Artikel 1 Nr. 1: Aufhebung § 45 Abs. 2 SGB XII). Die bisherige Festbetragserstattung nach § 34 Abs. 2 WoGG, die diese Auslagen und Kosten mit umfasst, wird insoweit durch die Erstattungsregelung des neu einzufügenden § 224b SGB VI ersetzt.

Die Abrechnung erfolgt über das Bundesversicherungsamt. Für die Kosten je Feststellung sind aufwandsgerechte Pauschalbeiträge zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dem Bundesministerium für Finanzen und der Deutschen Rentenversicherung Bund zu vereinbaren.

Durch abgestufte Pauschalbeiträge kann dem Umstand Rechnung getragen werden, dass aufgrund verschiedener Begutachtungsverfahren unterschiedliche Kosten entstehen. Bislang liegen der Kostenerstattung der Träger der Sozialhilfe an die Träger der Rentenversicherung entsprechende Vereinbarungen zu Grunde, die die kommunalen Spitzenverbände mit der Deutschen Rentenversicherung Bund abgeschlossen haben.

Die Erstattung der für ein Kalenderjahr abgerechneten Kosten und Auslagen erfolgt zum 1. Mai des Folgejahres, erstmals zum 1. Mai 2009. Die Abrechnung der Erstattung des Bundes an die Deutsche Rentenversicherung Bund führt das Bundesversicherungsamt durch. Die Aufteilung auf die Träger der allgemeinen Rentenversicherung erfolgt entsprechend der allgemein gültigen Verfahrensweise für Bundeszahlungen nur buchhalterisch.

Zu Artikel 3 (Änderung des Wohngeldgesetzes)

Folgeänderung zu Artikel 1 und 2. Die bisherige Erstattungsregelung in § 34 Abs. 2 WoGG wird ersetzt durch die Einführung einer Beteiligung des Bundes an den Nettoausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ( § 46a SGB XII) und einer Erstattung der den Trägern der Rentenversicherung entstehenden Kosten und Auslagen für die auf Ersuchen der Träger der Sozialhilfe durchzuführenden Gutachten zur Feststellung einer medizinisch bedingten dauerhaften vollen Erwerbsminderung ( § 224b SGB VI). § 34 Abs. 2 WoGG ist deshalb aufzuheben.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

Die Neuregelung der Finanzierung grundsicherungsbedingter Mehrkosten durch den Bund soll erstmals für das Haushaltsjahr 2008 gelten. Dazu ist es erforderlich, dass die Neuregelung zum 1. Januar 2008 in Kraft tritt. Zum gleichen Zeitpunkt ist die Vorgängervorschrift, also § 34 Abs. 2 WoGG, aufzuheben.

C. Finanzieller Teil

Die Überprüfung der Höhe grundsicherungsbedingter Mehrkosten zum 31. Dezember 2004 ergibt für die Nichtanwendbarkeit der Unterhaltsvermutung sowie den Verzicht auf den Unterhaltsrückgriff (Unterhaltsrückgriff im engeren und weiteren Sinn) eine Summe von 172 Mio. Euro (Tabelle 2, Zeile 4) als für die Festsetzung der Bundesbeteiligung zu berücksichtigende Ausgaben (Tabelle 3). Bei den um die ab 2005 wegfallenden Wohngeldzahlungen bereinigten Nettoausgaben im Jahr 2004 in Höhe von 2,4 Mrd. Euro ergibt sich ein Prozentsatz (Beteiligungsquote) in Höhe von 7,1 % (Tabelle 3).

Da die statistischen Daten, die für eine Berechnung der Kosten bei einem vorgesehenen Inkrafttreten im Jahr 2008 erforderlich sind, für das maßgebliche Vorvorjahr, also das Jahr 2006, noch nicht vorliegen, können die Kosten für das Jahr 2008 nicht ermittelt werden. Bei einer Geltung der Neuregelung im Jahr 2007 hätte sich auf Basis der Nettoausgaben im Jahr 2005 nach der vorläufigen Grundsicherungsstatistik 2005 in Höhe von 2,8 Mrd. Euro eine Bundesbeteiligung von rund 199 Mio. Euro ergeben. Dies entspricht Minderausgaben für den Bund von 210 Mio. Euro im Vergleich zum Festbetrag nach § 34 Abs. 2 WoGG. Die Minderausgaben für das Jahr 2008 reduzieren sich entsprechend der Veränderung der Nettoausgaben im Jahr 2006 gegenüber dem Jahr 2005. Es ist von Minderausgaben in Höhe von schätzungsweise 185 bis 200 Mio. Euro auszugehen.

Für die Erstattung der den Rentenversicherungsträgern in einem Kalenderjahr entstehenden Kosten und Auslagen für Gutachten zur Feststellung einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung liegen ebenfalls nur statistische Angaben für das Jahr 2005 vor. Danach hätte der Bund bei Geltung der Neuregelung bereits im Jahr 2005 den Trägern der Rentenversicherung Kosten in Höhe von 5,9 Mio. Euro erstatten müssen. Für die Folgejahre wird ein Erstattungsbetrag von 5 Mio. Euro jährlich angenommen.

Insgesamt, also durch Einführung der Bundesbeteiligung nach § 46a SGB XII und der Erstattung von Gutachtenkosten durch den Bund nach § 224b SGB VI, ergeben sich gegenüber dem Festbetrag nach § 34 Abs. 2 WoGG Minderausgaben des Bundes in Höhe von schätzungsweise 180 bis 195 Mio. Euro.

Für die Länder und in der Folge die Kommunen ergeben sich auf Grund der bisherigen finanziellen Überkompensation Mindereinnahmen:

In den Folgejahren werden sich die Einnahmen der Länder und Kommunen entsprechend den Nettoausgaben und den Gutachtenkosten entwickeln. Mittel- bis langfristig werden sich mit steigenden Nettoausgaben die Mindereinnahmen gegenüber dem bisherigen Festbetrag sukzessive vermindern. Diese Entwicklung hätte jedoch, eine fortlaufende Überprüfung des geltenden Festbetrages unterstellt, auch für die geltende Erstattungsregelung in § 34 Abs. 2 WoGG nachvollzogen werden müssen.

Zusätzlich ergeben sich Auswirkungen auf Länder und Kommunen durch die Änderung des Verteilungsmaßstabes. Die seit Einführung der Erstattungsregelung nach § 34 Abs. 2 WoGG unveränderten Anteile der Länder weichen für die Mehrzahl der Länder deutlich von den Anteilen an den Nettoausgaben ab, wie sie sich auf Basis der Nettoausgaben in den Jahren 2004 und 2005 ergeben (nach Tabelle 4 für das Jahr 2005). Die Veränderung in den Länderanteilen stellt deshalb eine Korrektur der bisherigen, die tatsächlichen finanziellen Aufwendungen in den einzelnen Ländern nicht berücksichtigenden Verteilung dar.

Tabelle 4: Anteile der Länder am Festbetrag nach § 34 Abs. 2 WoGG und Anteile nach der Neuregelung auf der Basis der Nettoausgaben im Jahr 2005

Land Festbetragserstattung nach § 34 Abs. 2 WoGG, 2003 bis 2007 Neuregelung, Anwendung für 2007, Bundesbeteiligung nach Nettoausgaben 2005*
Anteile der Länder am Erstattungsbetrag in % auf die Länder entfallende Teilbeträge in Euro Nettoausgaben 2005 in Euro Anteile der Länder an Nettoausgaben in % auf die Länder entfallende Teilbeträge in Euro, Beteiligungsquote 7,1 %
Baden-Württemberg7,3129.897.900286.876.07510,2520.368.204
Bayern8,2033.538.000380.488.17913,5927.014.661
Berlin10,0941.268.100189.834.4636,7813.478.247
Brandenburg1,596.503.10053.905.1871,933.827.268
Bremen2,429.897.80038.382.9221,372.725.187
Hamburg5,4322.208.700120.641.0004,318.565.511
Hessen9,6139.304.900268.730.6789,6019.079.878
Mecklenburg-Vorpommern1,606.544.00047.650.1201,703.383.159
Niedersachsen10,8644.417.400334.984.07811,9723.783.870
Nordrhein-Westfalen26,87109.898.300630.072.05322,5144.735.116
Rheinland-Pfalz3,2313.210.700138.129.5334,939.807.197
Saarland1,496.094.10041.936.6641,502.977.503
Sachsen3,3013.497.00072.188.3102,585.125.370
Sachsen-Anhalt2,4510.020.50046.178.3811,653.278.665
Schleswig-Holstein4,5218.486.800114.112.5994,088.101.995
Thüringen1,034.212.70035.534.3221,272.522.937
Deutschland100409.000.0002.799.644.564100198.774.764
* Nettoausgaben 2005, Stand Juli 2007

D. Bürokratiekosten

Der vorliegende Gesetzentwurf zielt auf eine erhebliche Vereinfachung des Verfahrens für die jährliche Ermittlung von Zahlungsverpflichtungen des Bundes gegenüber den Ländern ab. Die Einführung einer Bundesbeteiligung an den Nettoausgaben ermöglicht für die Verwaltung ein einfaches Verfahren, durch das auf bisher erforderliche Abrechnungs- und Überprüfungsverfahren verzichtet werden kann. Damit entfallen Informationspflichten der Träger der Sozialhilfe im Rahmen der Grundsicherungsstatistik ( § 122 Abs. 4 SGB XII).

Die Einführung einer Erstattung ( § 224b SGB VI) von Kosten und Auslagen, die den Träger der Rentenversicherung durch die Erstellung von Gutachten auf Ersuchen der Träger der Sozialhilfe entstehen ersetzt das bisher für Abrechnungen und Erstattungszahlungen zwischen Trägern der Rentenversicherung und Trägern der Sozialhilfe ( § 45 Abs. 2 SGB XII und § 109a Abs. 2 Satz 4 SGB VI) erforderliche Verfahren durch ein bundeseinheitliches Verfahren zwischen der Deutschen Rentenversicherung Bund und dem Bund (Bundesversicherungsamt).

Für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen entstehen keine neuen Informationspflichten und entfallen keine bestehenden Informationspflichten.

Tabelle 5: Informationspflichten

lfd. Nr. Vorschrift Informationspflicht Bürger Wirtschaft Verwaltung
1 § 45 Abs. 2 SGB XII und § 109a Abs. 2 Satz 4 SGB VI Die Verpflichtung der DRV Bund zur Meldung von Fallzahlen und Kosten an die Träger der Sozialhilfe entfällt - - E
2 § 122 Abs. 4 SGB XII Die Verpflichtung der Träger der Sozialhilfe zur Übermittlung von statistischen Daten über Anzahl und Kosten von Gutachten entfällt. - - E
3 § 224b Abs. 2 Satz 2 SGB VI Einführung einer Verpflichtung der DRV Bund zur Übermittlung von Fallzahlen an das Bundesversicherungsamt - - N


N: Neue Informationspflicht
Ä: Änderung bestehender Erstattungspflicht
E: Aufhebung einer bestehenden Informationspflicht

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
Zweites Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem vorliegenden Entwurf werden keine Informationspflichten für Unternehmen und Bürger eingeführt, geändert oder aufgehoben. Für die Verwaltung werden zwei Informationspflichten abgeschafft und eine Informationspflicht neu eingeführt.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Prof. Färber
Vorsitzender Berichterstatterin