A. Problem und Ziel
Die Richtlinie 2011/90/EU der Kommission vom 14. November 2011 zur Änderung von Anhang I Teil II der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates mit zusätzlichen Annahmen für die Berechnung des effektiven Jahreszinses (ABl. L 296 vom 15.11.2011, S. 35) verlangt, dass die Vorgaben für die Berechnung des effektiven Jahreszinses bei Verbraucherkreditverträgen geändert werden. Die Richtlinie ist bis zum 31. Dezember 2012 in deutsches Recht umzusetzen.
B. Lösung
Die Vorgaben für die Berechnung des effektiven Jahreszinses bei Verbraucherkreditverträgen aus Anhang I Teil II der Richtlinie 2008/48/EG sind in Teil II des Anhangs zu § 6 der Preisangabenverordnung (PAngV) für sämtliche Kredite verankert. Die Änderung der PAngV setzt die neuen Vorgaben aus der Richtlinie 2011/90/EU an gleicher Stelle in gleicher Weise um.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Da sich die neuen Vorgaben für die Berechnung des effektiven Jahreszinses bei Krediten nur geringfügig von den bisherigen unterscheiden, ergibt sich kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Da sich die neuen Vorgaben für die Berechnung des effektiven Jahreszinses bei Krediten nur geringfügig von den bisherigen unterscheiden, ergibt sich kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand für die Preisbehörden der Länder.
F. Weitere Kosten
Keine.
Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
Sechste Verordnung zur Änderung der Preisangabenverordnung
Der Chef des Bundeskanzleramtes
Berlin, den 24. Mai 2012
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Horst Seehofer
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu erlassende Sechste Verordnung zur Änderung der Preisangabenverordnung mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Ronald Pofalla
Sechste Verordnung zur Änderung der Preisangabenverordnung1)
Vom ...
Auf Grund des § 1 Satz 1 des Preisangabengesetzes vom 3. Dezember 1984 (BGBl. I S. 1429), der zuletzt durch Artikel 154 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie:
Artikel 1
Die Preisangabenverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4197), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 24. Juli 2010 (BGBl. I S. 977) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 1 Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt geändert:
- a) Nach dem Wort "anbietet" werden die Wörter "oder als Anbieter von Waren oder Leistungen zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt" eingefügt.
- b) Die Angabe " § 2 Abs. 2" wird durch die Angabe " § 2 Absatz 1" ersetzt.
2. Teil II der Anlage zu § 6 wird wie folgt gefasst:
"II. Es gelten die folgenden zusätzlichen Annahmen für die Berechnung des effektiven Jahreszinses:
- a) Kann der Kreditnehmer bestimmen, zu welchem Zeitpunkt er den Kredit in Anspruch nehmen will, gilt der gesamte Kredit als sofort in voller Höhe in Anspruch genommen.
- b) Ist dem Kreditnehmer nach dem Kreditvertrag generell freigestellt, wann er den Kredit in Anspruch nehmen will, sind jedoch je nach Art der Inanspruchnahme Beschränkungen in Bezug auf Kreditbetrag und Zeitraum vorgesehen, so gilt der gesamte Kredit als zu dem im Kreditvertrag vorgesehenen frühestmöglichen Zeitpunkt mit den entsprechenden Beschränkungen in Anspruch genommen.
- c) Sieht der Kreditvertrag verschiedene Arten der Inanspruchnahme mit unterschiedlichen Kosten oder Sollzinssätzen vor, so gilt der gesamte Kredit als zu den höchsten Kosten und zum höchsten Sollzinssatz in Anspruch genommen, wie sie für die Kategorie von Geschäften gelten, die bei dieser Kreditvertragsart am häufigsten vorkommt.
- d) Bei einer Überziehungsmöglichkeit gilt der gesamte Kreditbetrag als in voller Höhe und für die gesamte Laufzeit des Kreditvertrags in Anspruch genommen. Ist die Dauer der Überziehungsmöglichkeit nicht bekannt, so ist bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses von der Annahme auszugehen, dass die Laufzeit des Kreditvertrags drei Monate beträgt.
- e) Bei unbefristeten Kreditverträgen, die keine Überziehungsmöglichkeiten sind, ist anzunehmen, dass
- aa) der Kredit ab der ersten Inanspruchnahme für einen Zeitraum von einem Jahr gewährt wird und dass mit der letzten Zahlung des Kreditnehmers der Saldo, die Zinsen und etwaige sonstige Kosten ausgeglichen sind,
- bb) der Kreditbetrag in gleich hohen monatlichen Zahlungen, beginnend einen Monat nach dem Zeitpunkt der ersten Inanspruchnahme zurückgezahlt wird. Muss der Kreditbetrag jedoch vollständig, in Form einer einmaligen Zahlung, innerhalb jedes Zahlungszeitraums zurückgezahlt werden, so ist anzunehmen, dass spätere Inanspruchnahmen und Rückzahlungen des gesamten Kreditbetrags durch den Kreditnehmer innerhalb eines Jahres stattfinden; Zinsen und sonstige Kosten werden entsprechend diesen Inanspruchnahmen und Tilgungszahlungen und nach den Bestimmungen des Kreditvertrags festgelegt.
Als unbefristete Kreditverträge im Sinne von Buchstabe e gelten Kreditverträge ohne feste Laufzeit, einschließlich solcher Kredite, bei denen der Kreditbetrag innerhalb oder nach Ablauf eines Zeitraums vollständig zurückgezahlt werden muss, dann aber erneut in Anspruch genommen werden kann.
- f) Bei anderen Kreditverträgen, die weder Überziehungsmöglichkeiten noch unbefristete Kredite sind (siehe die Annahmen unter d und e), gilt Folgendes:
- aa) Lassen sich der Zeitpunkt oder die Höhe einer vom Kreditnehmer zu leistenden Tilgungszahlung nicht feststellen, so ist anzunehmen, dass die Rückzahlung zu dem im Kreditvertrag genannten frühestmöglichen Zeitpunkt und in der darin festgelegten geringsten Höhe erfolgt.
- bb) Ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrags nicht bekannt, so ist anzunehmen, dass der Kredit erstmals zu dem Zeitpunkt in Anspruch genommen wurde, der sich aus dem kürzesten zeitlichen Abstand zwischen diesem Zeitpunkt und der Fälligkeit der ersten vom Kreditnehmer zu leistenden Zahlung ergibt.
- g) Lassen sich der Zeitpunkt oder die Höhe einer vom Kreditnehmer zu leistenden Tilgungszahlung nicht anhand des Kreditvertrags oder der Annahmen nach den Buchstaben d, e oder f feststellen, so ist anzunehmen, dass die Zahlung in Übereinstimmung mit den vom Kreditgeber bestimmten Fristen und Bedingungen erfolgt, und dass, falls diese nicht bekannt sind,
- aa) die Zinszahlungen zusammen mit den Tilgungszahlungen erfolgen,
- bb) Zahlungen für Kosten, die keine Zinsen sind und die als Einmalbetrag ausgedrückt sind, bei Abschluss des Kreditvertrags erfolgen,
- cc) Zahlungen für Kosten, die keine Zinsen sind und die als Mehrfachzahlungen ausgedrückt sind, beginnend mit der ersten Tilgungszahlung in regelmäßigen Abständen erfolgen, und es sich, falls die Höhe dieser Zahlungen nicht bekannt ist, um jeweils gleich hohe Beträge handelt,
- dd) mit der letzten Zahlung der Saldo, die Zinsen und etwaige sonstige Kosten ausgeglichen sind.
- h) Ist keine Kreditobergrenze vereinbart, ist anzunehmen, dass der Betrag des gewährten Kredits 1 500 Euro beträgt.
- i) Werden für einen begrenzten Zeitraum oder Betrag verschiedene Sollzinssätze und Kosten angeboten, so sind während der gesamten Laufzeit des Kreditvertrags als Sollzinssatz der höchste Sollzinssatz und als Kosten die höchsten Kosten anzunehmen.
- j) Bei Kreditverträgen, bei denen die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und nach deren Ende ein neuer, veränderlicher Sollzinssatz vereinbart wird, der in regelmäßigen Abständen nach einem vereinbarten Index oder Referenzzinssatz angepasst wird, ist anzunehmen, dass der Sollzinssatz nach Ablauf der Sollzinsbindung dem Sollzinssatz entspricht, der sich aus dem Wert des vereinbarten Indexes oder Referenzzinssatzes zum Zeitpunkt der Berechnung des effektiven Jahreszinses ergibt."
Artikel 2
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2013 in Kraft. Der Bundesrat hat zugestimmt.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Im Interesse der Preistransparenz und Vergleichbarkeit von Kreditangeboten enthält die Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbraucherkreditverträge EU-weit einheitliche Vorgaben zur Berechnung des effektiven Jahreszinses, der die jährlichen Gesamtkosten von Krediten beziffert. Der deutsche Gesetzgeber hat diese zusätzlichen Annahmen für die Berechnung des effektiven Jahreszinses in einem Anhang zu § 6 der Preisangabenverordnung (PAngV) auch für Nicht-Verbraucherkreditverträge umgesetzt.
Die Richtlinie 2011/90/EU der Kommission vom 14. November 2011 zur Änderung von Anhang I Teil II der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates mit zusätzlichen Annahmen für die Berechnung des effektiven Jahreszinses (ABl. L 296 vom 15.11.2011, S. 35) ergänzt die Vorgaben für die Berechnung des effektiven Jahreszinses bei Verbraucherkreditverträgen insbesondere durch neue Annahmen für Kredite ohne feste Laufzeit, für den Zeitpunkt der ersten Inanspruchnahme und für die vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen. Die Änderung der PAngV setzt diese neuen Regeln für die Berechnung des effektiven Jahreszinses durch eine Änderung des Anhangs zu § 6 PAngV um.
Die Änderung der PAngV wird zum Anlass genommen, redaktionelle Versehen bei vergangenen Änderungen der PAngV zu korrigieren.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1:
Zu Nummer 1:
Zu Buchstabe a:
Dieser Einschub wurde ursprünglich als Satz 3 von § 1 Absatz 2 PAngV durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Preisangabenverordnung vom 18. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4195) eingefügt, allerdings bei der nachfolgenden Änderung der PAngV durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414, 1420) aufgrund eines redaktionellen Versehens wieder entfernt. Dieses Versehen wird nun durch die entsprechende Ergänzung von Satz 1 korrigiert.
Zu Buchstabe b:
§ 1 Absatz 2 PAngV wurde durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Preisangabenverordnung eingefügt und enthält die Pflicht zur Angabe von zusätzlichen Informationen für Fernabsatzverträge. Allerdings ist in § 1 Absatz 2 Satz 1 PAngV ein redaktionelles Versehen enthalten. Der Verweis auf § 2 Absatz 2 PAngV, der die Grundpreisangabe für lose Waren betrifft, die in Anwesenheit oder auf Veranlassung des Verbrauchers abgemessen werden, macht im Zusammenhang mit Fernabsatzverträgen keinen Sinn und widerspricht auch der Verordnungsbegründung zu § 1 Absatz 2 PAngV. Ziel ist die Pflicht, im Fernabsatz End- und Grundpreise anzugeben. Daher wird § 1 Absatz 2 PAngV entsprechend der Verordnungsbegründung zur Vierte Verordnung zur Änderung der Preisangabenverordnung durch den Verweis auf § 2 Absatz 1 PAngV korrigiert.
Zu Nummer 2:
Die Änderung des Teils II des Anhangs zu § 6 PAngV setzt die neuen Annahmen für die Berechnung des effektiven Jahreszinses aus der Richtlinie 2011/90/EU der Kommission vom 14. November 2011 zur Änderung von Anhang I Teil II der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates für sämtliche Kreditverträge in deutsches Recht um.
Zu Artikel 2:
Artikel 2 regelt das Inkrafttreten der Verordnung.
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz: NKR-Nr. 2139:
Sechste Verordnung zur Änderung der Preisangabenverordnung
Der Nationale Normenkontrollrat hat das oben genannte Regelungsvorhaben geprüft. Das Regelungsvorhaben hat keine Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand.
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
Dr. Ludewig Lechner
Vorsitzender Berichterstatter
- 1) Diese Verordnung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/90/EU der Kommission vom 14. November 2011 zur Änderung von Anhang I Teil II der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates mit zusätzlichen Annahmen für die Berechnung des effektiven Jahreszinses (ABl. L 296 vom 15.11.2011, S. 35).