Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Kriegsdienstverweigerungs-Neuregelungsgesetzes (KDVNeuRG)

Bundesministerium Berlin, den 16. Mai 2007
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Harald Ringstorff

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
hiermit übersende ich Ihnen den von der Bundesregierung am 16. Mai 2007 beschlossenen Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Kriegsdienstverweigerungs-Neuregelungsgesetzes (KDVNeuRG).


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ursula von der Leyen

Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Kriegsdienstverweigerungs-Neuregelungsgesetzes (KDVNeuRG)

1) Einführung

Mit dem Kriegsdienstverweigerungs-Neuregelungsgesetz vom 9. August 2003 (BGBl. I S. 1593) wurde ein neues Kriegsdienstverweigerungsgesetz (KDVG) geschaffen. Es ist am 1. November 2003 in Kraft getreten.

Mit der Neuregelung wurde insbesondere ein einheitliches Verfahren eingeführt, das für alle Antragstellerinnen und Antragsteller gilt und vom Bundesamt für den Zivildienst (Bundesamt) durchgeführt wird. Auf Ausschüsse und Kammern für Kriegsdienstverweigerung wurde verzichtet.

Polizeiliche Führungszeugnisse müssen von den Antragstellerinnen und Antragstellern nicht mehr vorgelegt werden. In der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 15/908 vom 5. Mai 2003) wird festgehalten:

Insgesamt ist festzuhalten:

Die Neuregelung hat sich bewährt. Die mit dem neuen KDVG beabsichtigte Vereinheitlichung des Verfahrens ist mit der Entscheidung, die KDV-Anträge aller Antragstellerinnen und Antragsteller einer Behörde zu übertragen, gelungen. Zugleich wird hiermit auch eine einheitliche Entscheidungspraxis erreicht.

Die im Gesetzesentwurf vorgesehenen Einsparungen im Personalbereich des Bundesministeriums der Verteidigung wurden erreicht. Der beim Bundesamt für den Zivildienst korrespondierende errechnete Mehrbedarf an Planstellen war ausreichend.

Schließlich ist durch die eingeräumte Möglichkeit eines Widerspruchsverfahrens vor dem Bundesamt die Justiz deutlich entlastet worden. Die Zahl der Klageverfahren hat stark abgenommen.

Ein Änderungsbedarf hinsichtlich einzelner Vorschriften des neuen KDVG besteht nicht. Das Verfahren hat sich bewährt.

2) Früheres Anerkennungsverfahren

a) Formale Voraussetzungen

Dem Antrag war eine ausführliche persönliche Darlegung der Beweggründe für die Gewissensentscheidung, ein ausführlicher Lebenslauf sowie ein Führungszeugnis nach § 28 des Bundeszentralregistergesetzes beizufügen (§ 2 Abs. 2 des KDVG - alt -). Soldaten, Soldatinnen, ungediente Wehrpflichtige, die zum Wehrdienst einberufen oder schriftlich benachrichtigt waren, dass sie als Ersatz für Ausfälle kurzfristig einberufen werden können, und gediente Wehrpflichtige konnten ihrem Antrag schriftliche Stellungnahmen und Beurteilungen Dritter zu ihrer Person und zu ihrem Verhalten beifügen ( § 2 Abs. 3 des KDVG - alt -). Außerdem konnten Personen benannt werden, die zu Auskünften über den Antragsteller bereit waren (§ 2 Abs. 3 KDVG - alt).

b) Verfahrensabläufe

Der weitere Verfahrensablauf war davon abhängig, welchen Status der Antragsteller oder die Antragstellerin hatte.

aa) Ausschüsse für Kriegsdienstverweigerung

Über Anträge von Soldaten, Soldatinnen oder ungedienten Wehrpflichtigen, die zum Wehrdienst einberufen oder schriftlich benachrichtigt waren, dass sie als Ersatz für Ausfälle kurzfristig einberufen werden konnten, sowie über Anträge von gedienten Wehrpflichtigen entschieden die Ausschüsse für Kriegsdienstverweigerung (§ 9 Abs. 1 des KDVG - alt -).

Die Ausschüsse wurden mit einem vom Bundesminister der Verteidigung bestimmten Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Beisitzern besetzt. Der Vorsitzende musste zum Richteramt befähigt sein, das 28. Lebensjahr vollendet haben und die Voraussetzungen der Berufung zum Amt eines Jugendschöffen erfüllen. Er sollte über die erforderliche Lebenserfahrung und Menschenkenntnis verfügen (§ 9 Abs. 2 KDVG - alt -).

Die Ausschüsse wurden für den Bereich eines oder mehrerer Kreiswehrersatzämter bei Kreiswehrersatzämtern gebildet (§ 9 Abs. 4 KDVG - alt -). Die Mitglieder der Ausschüsse waren an Weisungen nicht gebunden und hatten gleiches Stimmrecht (§ 9 Abs. 5 KDVG - alt -).

Viele Antragsteller mussten zu den Verhandlungen der Ausschüsse persönlich erscheinen.

Hierbei gab es z. T. eine von Ausschuss zu Ausschuss abweichende praktische Handhabung.

Entscheidungen der Ausschüsse im schriftlichen Verfahren nahmen in den letzten Jahren zu.

Gegen Entscheidungen der Ausschüsse konnte innerhalb von zwei Wochen Widerspruch eingelegt werden über den die Kammern für Kriegsdienstverweigerung entschieden, die bei Wehrbereichsverwaltungen gebildet wurden (§ 18 KDVG - alt -). Gegen deren Entscheidungen war der Weg zum Verwaltungsgericht eröffnet (§ 19 KDVG - alt -).

bb) Bundesamt

Über Anträge von Kriegsdienstverweigerern, über die nicht von Ausschüssen und Kammern zu entscheiden war, entschied das Bundesamt (§ 4 KDVG - alt -). Im Regelfall erfolgte die Anerkennung ohne persönliche Anhörung (§ 5 Abs. 1 KDVG - alt -). Bei Zweifeln an der Wahrheit der Angaben des Antragstellers über "äußere Tatsachen" wurde dem Antragsteller Gelegenheit gegeben sich ergänzend zu äußern und seine Äußerungen zu belegen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 KDVG - alt -). Eine darüber hinausgehende Tatsachenaufklärung fand durch das Bundesamt nicht statt (§ 5 Abs. 2 Satz 2 KDVG - alt -).

Wenn das Gesamtvorbringen und die dem Bundesamt bekannten äußeren Tatsachen Zweifel an der Wahrheit der Angaben eines Antragstellers begründeten, leitete das Bundesamt den Antrag dem zuständigen Ausschuss für Kriegsdienstverweigerung zur Entscheidung zu (§ 7 KDVG - alt -).

Gegen Entscheidungen des Bundesamtes war ein Widerspruch nicht zulässig (§ 17 KDVG - alt -). Es musste sogleich der Weg zum Verwaltungsgericht eingeschlagen werden.

3) Heutiges Anerkennungsverfahren

Mit der Neuregelung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung von 2003 wurde das Anerkennungsverfahren grundlegend verändert.

a) Formale Voraussetzungen

Der Antrag ist von der Antragstellerin oder vom Antragsteller schriftlich oder zur Niederschrift beim Kreiswehrersatzamt zu stellen. Ein vollständiger tabellarischer Lebenslauf und eine persönliche ausführliche Darlegung der Beweggründe für die Gewissensentscheidung sind dem Antrag beizufügen (vgl. § 2 Abs. 2 KDVG - neu). Ein polizeiliches Führungszeugnis muss nicht mehr vorgelegt werden. Schriftliche Stellungnahmen und Beurteilungen Dritter zur Person und zum Verhalten der Antragstellerin oder des Antragstellers können dem Antrag beigefügt oder beim Bundesamt eingereicht werden (vgl. § 2 Abs. 3 KDVG - neu -). Außerdem können Personen benannt werden, die zu Auskünften über die Antragstellerin oder den Antragsteller bereit sind.

b) Entscheidende Behörde

Über sämtliche Anträge entscheidet das Bundesamt (§ 2 Abs. 1 KDVG - neu -), gleichgültig welchen Status der Antragsteller oder die Antragstellerin hat. Bei Zweifeln hinsichtlich des Vorbringens im KDV-Antrag gibt das Bundesamt Gelegenheit zu einer ergänzenden schriftlichen Äußerung (schriftliche Anhörung, § 6 Abs. 1 Satz 1 KDVG - neu -). Bestehen danach weiterhin Zweifel, kann es die Antragstellerin oder den Antragsteller auch zu einer mündlichen Anhörung laden (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KDVG - neu -). Gegen ablehnende Entscheidungen kann Widerspruch eingelegt werden (§ 9 KDVG - neu -). Danach steht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen (§ 10 KDVG - neu -).

c) Geschlechtergerechte Formulierung

Das KDVG ist geschlechtergerecht formuliert und trägt damit dem Umstand Rechnung, dass auch Frauen - Berufssoldatinnen, Soldatinnen auf Zeit und Reservistinnen - einen Kriegsdienstverweigerungsantrag stellen können.

d) Bürokratieabbau

Die Neuregelung des Kriegsdienstverweigerungsrechts war ein Projekt der Bundesregierung im Rahmen der Initiative Bürokratieabbau - Strategie und Maßnahmen - aus dem Jahre 2003. Die Eckpunkte wurden im Kabinettsbeschluss vom 26. Februar 2003 festgelegt. Danach wurden nicht nur die Aufgaben der Initiative Bürokratieabbau bestimmt, sondern auch vermerkt, dass die Erfüllung dieser Aufgaben messbar sein musste.

Das am 1. November 2003 in Kraft getretene KDVG enthält deutlich weniger Vorschriften als das vorhergehende KDVG. Durch eine Reduzierung von 23 auf 13 Paragrafen wurden der Regelungsbestand optimiert und das Verfahren transparenter. Da für eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin oder Kriegsdienstverweigerer die Vorlage eines Führungszeugnisses entbehrlich ist, entfallen die Kontakte zum Bundeszentralregister sowie Gebühren. Das Verfahren wurde deutlich gestrafft und kann zügiger abgewickelt werden. Ein weiterer Vorteil ist die Vereinfachung des Verfahrens aufgrund der fast ausschließlich schriftlichen Abwicklung.

Im Bereich der Kommunen entfällt der Aufwand für die im Vier-Jahres-Turnus durchzuführende Wahl der ca. 5.000 Beisitzerinnen und Beisitzer sowie deren Vertreterinnen und Vertreter für die Ausschüsse und Kammern für Kriegsdienstverweigerung.

e) Folgen des neuen Verfahrens für die Bundeswehr

Die Ausschüsse und Kammern für Kriegsdienstverweigerung wurden aufgelöst. Durch die Auflösung der Ausschüsse bei den Kreiswehrersatzämtern und der Kammern für Kriegsdienstverweigerung konnten im Bereich der Kreiswehrersatzämter 72 Dienstposten zurückgezogen werden.

Bei den Wehrbereichsverwaltungen, bei denen die Tätigkeiten für die Kammern für Kriegsdienstverweigerung nur einen Teil der Aufgaben des Personals darstellten, führte die Neuregelung zu einem rechnerischen Wegfall von zwei Dienstposten.

Im Einzelplan des Bundesministeriums der Verteidigung sind die Ausgaben für die Auslagenerstattung der Antragstellerinnen und Antragsteller sowie für die Entschädigung der Beisitzerinnen und Beisitzer entfallen (geschätzter Betrag ca. 390.000 Euro jährlich).

f) Folgen des neuen Verfahrens für das Bundesamt

In der Begründung zum Entwurf des neuen KDVG wurde von einem personellen Mehrbedarf von sieben Planstellen zur Bewältigung des Aufgabenzuwachses für das Bundesamt ausgegangen.

Diese sollten durch Streichung bestehender kw-Vermerke zur Verfügung gestellt werden.

Die Zielsetzung wurde erreicht. Ein Vergleich der Stellensituation beim Bundesamt vor Inkrafttreten des neuen KDVG und drei Jahre später führte zu dem Ergebnis, dass aufgrund zwischenzeitlich erfolgter Umstrukturierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Bundesamt sowie der jährlich vorgesehenen Stelleneinsparungen insgesamt die veranschlagten Personalzahlen unterschritten werden. Das Bundesamt hat nach der KDV-Erstattungsverordnung vom 3. November 2003 (BGBl. I S. 2162) zum 31. Dezember 2006 Kosten in einer Gesamthöhe von 2.602,15 Euro erstattet. Sonstige Mehraufwendungen sind nicht zu verzeichnen. Auch diese Kosten bewegen sich weit unterhalb des Ansatzes im Gesetzgebungsverfahren (280.000 Euro).

4) Bewertung im Einzelnen

a) KDV-Antragstellung

Die geänderten formalen Antragsvoraussetzungen haben zu einer Konzentration des KDV-Anerkennungsverfahrens unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt der Gewissensentscheidung geführt. Im Vordergrund steht die ausführliche Darlegung der Gewissensgründe. Die Vorlage weiterer Unterlagen wurde auf das notwendige Maß beschränkt.

aa) Führungszeugnis

Das Entfallen des Führungszeugnisses hat zu einer wesentlichen Vereinfachung des Verfahrens geführt. Die Antragstellerinnen und Antragsteller können den KDV-Antrag wesentlich schneller stellen als früher, da sie nicht mehr auf die Zusendung des Führungszeugnisses durch das Bundeszentralregister angewiesen sind. Auch beim Bundesamt hat sich der Arbeitsaufwand im Zusammenhang mit dem Wegfall des Führungszeugnisses verringert. Denn manche Antragstellerinnen und Antragsteller haben nicht den Eingang des Führungszeugnisses abgewartet sondern bewusst einen unvollständigen Antrag eingereicht. Infolgedessen kam es häufig zu Nachforderungen des Bundesamtes, so dass insgesamt die Bearbeitungsdauer des einzelnen Antrages verlängert wurde.

Das Bundesamt macht sehr selten von seiner Befugnis Gebrauch, im Einzelfall ein Führungszeugnis anzufordern da es in nur ganz wenigen Fällen Hinweise auf relevante Eintragungen gibt.

bb) Schriftliches Verfahren

Das schriftliche Verfahren hat sich bewährt, da es den Arbeitsaufwand im Einzelfall auf das notwendige Maß beschränkt. Das Bundesamt kann um weitere Ausführungen bitten, falls die vorgetragenen Gewissensgründe nicht ausreichen.

Mündliche Anhörungen wurden nur in wenigen Fällen erforderlich. Insgesamt haben im Evaluierungszeitraum vom 1. November 2003 bis zum 31. Dezember 2006 sieben Anhörungen stattgefunden (2003 keine Anhörung, 2004 sechs Anhörungen, 2005 eine Anhörung und 2006 keine Anhörung). Somit hat sich das schriftliche Verfahren als geeignete Methode zur Darlegung der Gewissensgründe bewährt.

cc) Tabellarischer Lebenslauf

Schon während der Geltung des alten KDVG haben viele Antragsteller einen ausführlichen tabellarischen Lebenslauf eingereicht, da er Standard im Berufsleben ist. Es war daher konsequent, im neuen KDVG zu verdeutlichen, dass ein ausführlicher tabellarischer Lebenslauf genügt.

b) Musterungen und KDV-Anträge

aa) Entwicklung der Musterungszahlen

Die Bundeswehr hat die Anzahl der Musterungen im Zeitraum von 2001 bis 2006 auf annähernd gleichem Niveau gehalten (Tabelle 1).

JahrMusterungen
2001379.978
2002378.679
2003372.761
2004386.898
2005371.402
2006359.235

(Tabelle 1)

bb) Entwicklung der KDV-Antragszahlen insgesamt

Die Gesamtzahl der KDV-Anträge ist in dem vorgenannten Zeitraum zurückgegangen (Tabelle 2). Der Grund hierfür dürfte in den veränderten Tauglichkeitsbestimmungen und erweiterten Befreiungstatbeständen für die Wehrpflichtigen zu sehen sein, die den überwiegenden Anteil der KDV-Antragsteller ausmachen. Seit dem 1. Oktober 2004 werden u. a. nur noch Wehrpflichtige mit den Verwendungsgraden T 1 und T 2 herangezogen.

Jahr KDV-Anträge bei den Kreiswehrersatzämtern Antragseingänge beim Bundesamt
2001182.497167.467
2002189.644175.165
2003170.745161.425
2004154.163150.620
2005139.536108.761
2006140.756109.722

(Tabelle 2)

Die geringere Zahl der Antragseingänge beim Bundesamt ist darauf zurückzuführen, dass die Kreiswehrersatzämter nur die Anträge der abschließend tauglich gemusterten Wehrpflichtigen an das Bundesamt weiterleiten.

cc) Zahlenentwicklung bei den Wehrpflichtigen

Nähere Rückschlüsse auf die Antragsentwicklung bei den Wehrpflichtigen lassen die vorliegenden Musterungs- und KDV-Antragszahlen der Bundeswehr und des Bundesamtes nicht zu (Tabelle 2). Weder die Bundeswehr noch das Bundesamt schlüsseln ihre Antragsstatistik nach Wehrpflichtigen und Grundwehrdienstleistenden auf.

dd) Zahlenentwicklung bei den Soldatinnen, Soldaten, Reservisten, Reservistinnen und Grundwehrdienstleistenden

Eine signifikante Änderung des Antragsverhaltens dieser Gruppe ist nicht feststellbar. Es lag nahe mit dem Wegfall der mündlichen Anhörung eine Steigerung der Antragszahlen zu vermuten.

Allerdings zeigen die vorliegenden Zahlen, die die Bundeswehr erfasst hat, keine nennenswerte Steigerung.

Durchschnittlich wurden im Evaluierungszeitraum von den Soldatinnen und Soldaten pro Jahr 2.058 Anträge gestellt. Eine nähere Aufschlüsselung ergibt sich aus Tabelle 3. Das Bundesministerium der Verteidigung schlüsselt die Zahlen nicht nach männlichen und weiblichen Antragstellern auf.

Status200120022003200420052006
Ungediente179.028186.482168.294151.569137.405138.165
Soldatinnen/Soldaten2.4422.3221.7401.9361.6392.269
Reservistinnen/Reservisten1.027840711658492322
Gesamt182.497189.644170.745154.163139.536140.756

(Tabelle 3)

c) Zeitpunkt der Antragstellung

Der Zeitpunkt der KDV-Antragstellung hat sich deutlich verändert. Waren es im Jahr 2001 noch rund 25 % der Wehrpflichtigen, die vor der Musterung den Antrag gestellt haben, 55 % bei der Musterung und 20 % nach der Musterung, so ist im Jahr 2006 eine spätere Antragstellung feststellbar.

Dort haben rund 19 % vor der Musterung, 53 % bei der Musterung und 28 % aller Wehrpflichtigen nach der Musterung den KDV-Antrag gestellt (Tabelle 4).

Jahr vor der Musterung bei der Musterung nach der Musterung
200125,10%54,70%20,20%
200224,06%56,38%19,56%
200323,90%57,63%18,47%
200421,08%58,51%20,41%
200519,05%56,13%24,82%
200618,60%53,27%28,13%

(Tabelle 4)

Wie schon oben erwähnt, ist nicht das veränderte KDV-Verfahren Ursache hierfür, sondern die seit dem 1. Oktober 2004 geänderten Tauglichkeitsbestimmungen sowie erweiterten Befreiungstatbestände des Wehrpflicht- und des Zivildienstgesetzes. Die Veränderungen sind den Wehrpflichtigen bekannt, so dass sie sich seltener vor der Musterung entschließen, einen KDV-Antrag zu stellen. Im Übrigen wird den Wehrpflichtigen von verschiedenen Interessenvertretungen der Kriegsdienstverweigerer empfohlen, so spät wie möglich einen KDV-Antrag zu stellen.

d) Zusammenarbeit der Kreiswehrersatzämter mit dem Bundesamt

Die Zusammenarbeit wird durchweg von beiden Seiten als positiv bezeichnet. Schon vor dem Inkrafttreten des neuen KDVG haben die Kreiswehrersatzämter die Anträge der nicht einberufenen Wehrpflichtigen an das Bundesamt zur Entscheidung über den KDV-Antrag weitergeleitet, so dass sich hieraus keine grundsätzlich neuen Verfahrensabläufe ergeben.

Die militärischen Dienststellen sehen in der Neuregelung eine Erleichterung, da nun nicht mehr die Zuständigkeit der Entscheidungsorgane geprüft werden muss. Alle Anträge werden jetzt einheitlich dem Bundesamt zugeleitet.

e) Vorverfahren beim Bundesamt

Das Bundesamt hat in den Jahren von 2001 bis 2006 im Durchschnitt 16,87 % der KDV-Anträge abgelehnt. Von 2001 bis 2003 belief sich die Ablehnungsquote auf durchschnittlich 15,97 %, nach Inkrafttreten des neuen Kriegsdienstverweigerungsrechts ergibt sich im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2006 eine Ablehnungsquote von 17,78 %; im Jahr 2006 sind 14,58 % der KDV-Anträge abgelehnt worden. Dies beruht weitaus überwiegend auf nicht fristgerecht und/oder unvollständig vorgelegten Unterlagen (weitere Einzelheiten Tabellen 5 und 6).

Jahr Antragseingänge beim Bundesamt KDV-Entscheidungen Anerkennungen % Ablehnungen %
2001167.467171.480143.82083,8727.66016,13
2002175.165165.006140.94785,4224.05914,58
2003161.425164.105135.88682,8028.21917,20
2004150.620140.713114.57781,4326.13618,57
2005108.761121.92697.32179,8224.60520,18
2006109.722116.97599.91685,4217.05914,58

(Tabelle 5)

Eine Anerkennungsquote lässt sich nicht aus der Zahl der Antragseingänge errechnen, weil nicht alle Anträge, die in einem Jahr beim Bundesamt eingehen, im gleichen Jahr entschieden werden. Die Zahlen über Anerkennungen und Ablehnungen eines Jahres entsprechen daher auch nicht dem Antragseingang.

Ablehnungsgründe

Jahr Unschlüssigkeit Unvollständigkeit Abgaben an die Ausschüsse für Kriegsdienstverweigerung (bis 31.10.2003) Zweifel (ab 01.11.2003) UnzulässigkeitRückgaben an die Kreiswehrersatzämter wegen Unzuständigkeit
200121716.76377608.1151.789
200221513.60941008.0771.748
200337816.991240228.3702.218
200473714.88105407.5832.395
200555611.136033710.3392.237
20063588.25902936.1811.968

(Tabelle 6)

Vom 1. November 2003 bis zum 31. Dezember 2006 sind beim Bundesamt insgesamt 6.743 Widersprüche eingegangen. Das Bundesamt hat allerdings nicht erfasst, wie sich die Widersprüche in der Zeit seit dem 1. November 2003 aufgliedern.

Auf die Widersprüche hin erfolgte in 4.931 Fällen seit dem 1. November 2003 bis zum 31. Dezember 2006 - auch hier sind die einzelnen Jahre nicht statistisch erfasst - eine Abhilfe. Die Abhilfegründe werden in der Datenbank des Bundesamtes nicht erfasst. Viele Ablehnungen erfolgen jedoch wegen nicht fristgerecht vorgelegter Antragsunterlagen. Im Widerspruchsverfahren wird dies von den Antragstellerinnen und Antragstellern korrigiert.

f) Klageverfahren

Die Anzahl der Klageverfahren hat nach dem Inkrafttreten des neuen KDVG deutlich abgenommen (Tabelle 7). Die Möglichkeit, gegen die Ablehnungsbescheide ein Widerspruchsverfahren beim Bundesamt durchzuführen, hat sich bewährt. Wie zu e) dargelegt, beruht der überwiegende Anteil der Ablehnungen auf der nicht fristgerechten Vorlage von Unterlagen. Das Widerspruchsverfahren eröffnet eine Abhilfemöglichkeit, so dass die Antragstellerinnen und Antragsteller nicht mehr gezwungen sind, in das Klageverfahren zu gehen.

Jahr 1. Instanz 2. Instanz
2001 846 0
2002 681 0
2003 587 3
2004 39 2
2005 42 0
2006 58 0

(Tabelle 7)

g) Interessenwahrnehmung durch Bevollmächtigte sowie Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte

Die Hinzuziehung von Interessenvertreterinnen/Interessenvertretern hat seit dem Inkrafttreten des neuen KDVG eine abnehmende Tendenz, wie ein Vergleich der Zahlenentwicklung aus den Jahren 2001 bis 2006 zeigt (Tabelle 8). Das Bundesamt hat nicht alle Fälle statistisch erfasst.

Bekannt geworden sind folgende Interessenwahrnehmungen:

JahrAnzahl
2001145
2002171
2003184
2004160
2005101
2006110

(Tabelle 8)

Ursachen hierfür sind nicht erfasst. Die Einführung eines behördlichen Vorverfahrens und damit die Möglichkeit einer vorgerichtlichen Klärung könnte ein Grund für die abnehmende Zahl der Beauftragung von Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern sein.

h) Kostenerstattungen

Insgesamt werden seit dem Inkrafttreten des neuen KDVG recht wenige Anträge auf Kostenerstattung für Gebühren und Auslagen gestellt.

Nach § 6 Abs. 5 KDVG - neu - sind der Antragstellerin oder dem Antragsteller im Falle der Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung die notwendigen Auslagen zu erstatten (2003 keine Anhörung, 2004 sechs Anhörungen, 2005 eine Anhörung und 2006 keine Anhörung). Im Jahre 2004 erfolgte eine Erstattung in Höhe von 190,90 Euro. Für die Jahre 2003 sowie 2005 und 2006 erfolgte keine Auslagenerstattung.

Erstattungen von Kosten im Vorverfahren erfolgen gemäß § 80 VwVfG. Davon gab es im Jahr 2004 eine Erstattung und im Jahr 2005 vier Kostenerstattungen. Im Jahr 2006 wurde kein Antrag auf Kostenerstattung gestellt.

Die Gesamthöhe der Kostenerstattung beläuft sich auf 2.602,15 Euro. Im Jahr 2004 wurde ein Betrag in Höhe von 236,35 Euro und im Jahr 2005 Beträge in Höhe von insgesamt 2.365,80 Euro ausgezahlt.

i) Widerrufe der Anerkennungen und Aberkennungen

Auf Widerrufe der Anerkennungen und Aberkennungen hat das neue KDVG keinen Einfluss (Tabelle 9). Die Anzahl der Widerrufe und Aberkennungen bewegt sich ohnehin in einem recht niedrigen Bereich.

JahrAnzahl
20018
20024
20034
20045
20056
20066

(Tabelle 9)

5) Zusammenfassung

Die mit dem Kriegsdienstverweigerungs-Neuregelungsgesetz veränderten gesetzlichen Regelungen zur Kriegsdienstverweigerung haben die geplanten Zielsetzungen erreicht. Nunmehr sind ein einheitliches Verfahren und eine einheitliche Entscheidungspraxis gewährleistet.

Insgesamt ist das Kriegsdienstverweigerungsverfahren für die Antragstellerinnen und Antragsteller weniger belastend als zuvor. Eine daraus resultierende Zunahme der Anträge lässt sich aber nicht feststellen. Die Quoten der Anerkennungen und der Ablehnungen blieben im Wesentlichen unverändert.

Die Justiz wurde durch die Einführung eines Widerspruchsverfahrens spürbar entlastet, da die Zahl der Klageverfahren seit dem Inkrafttreten des neuen KDVG deutlich gesunken ist. Mehrkosten waren nicht zu verzeichnen. Die finanziellen Rahmenplanungen wurden eingehalten.

Es erscheint daher gegenwärtig nicht angezeigt, die vorgenommenen Änderungen des KDVG zu revidieren oder das KDVG oder einzelne seiner Vorschriften anderweitig zu ändern.