A. Problem und Ziel
Nach den einschlägigen Regelungen der von Deutschland mit anderen Staaten bilateral abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (Abkommen) können die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten unter anderem Schwierigkeiten und Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen beseitigen (sog. Konsultationsvereinbarungen; § 2 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung). Allerdings können solche Vereinbarungen nach Auffassung der Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 2. September 2009 I R 90/08 und I R 111/08 ) Bindungswirkung nur für die Verwaltung, nicht aber für die Gerichte und die betroffenen Steuerpflichtigen entfalten, solange sie nicht zumindest in Form einer Rechtsverordnung im Sinn des Artikels 80 des Grundgesetzes in innerstaatlich verbindliches Gesetzesrecht umgesetzt worden sind. Dies trifft auch auf die Konsultationsvereinbarungen zu, die nach Artikel 12 Absatz 3 des deutschschweizerischen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlass- und Erbschaftsteuern vom 30. November 1978 (BGBl. 1980 II S. 594, 595) zwischen den zuständigen deutschen und schweizerischen Behörden geschlossen worden sind, sowie auf die Konsultationsvereinbarungen, die nach Artikel 26 Absatz 3 des deutschschweizerischen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl. 1972 II S. 1021, 1022) in der Fassung des Protokolls vom 30. November 1978 (BGBl. 1980 II S. 750, 751), des Protokolls vom 17. Oktober 1989 (BGBl. 1990 II S. 766, 767), des Protokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl. 1993 II S. 1886, 1888) und des Protokolls vom 12. März 2002 (BGBl. 2003 II S. 67, 68) zwischen den zuständigen deutschen und schweizerischen Behörden geschlossen worden sind. Ziel der Verordnung ist es, die umfassende rechtliche Bindungswirkung für die durch sie umgesetzten Konsultationsvereinbarungen mit der Schweiz sicherzustellen.
B. Lösung
Durch die Verordnung, zu deren Erlass das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund des durch Artikel 9 Nummer 2 des Jahressteuergesetzes 2010 geschaffenen § 2 Absatz 2 der Abgabenordnung ermächtigt wird, werden einige der bislang mit der Schweiz geschlossenen Konsultationsvereinbarungen in verbindliches nationales Recht umgesetzt.
C. Alternativen
Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Durch die Verordnung, die lediglich bestehenden, für die Verwaltung bereits ohnehin bindenden Vereinbarungen Bindungswirkung auch für andere rechtsanwendende Organe verleiht, treten keine finanziellen Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte ein.
2. Vollzugsaufwand
Es entsteht kein zusätzlicher Vollzugsaufwand.
E. Sonstige Kosten
Keine
F. Bürokratiekosten
Es werden Informationspflichten für
- a) Unternehmen geändert:
Anzahl: 4 Betroffene Unternehmen: je nach Regelung unterschiedlich (im Einzelnen siehe allgemeine Begründung)
Häufigkeit / Periodizität: je nach Regelung unterschiedlich (im Einzelnen siehe allgemeine Begründung)
Erwartete Netto-Mehrkosten: rd. 87 Tsd. Euro
- b) Bürgerinnen und Bürger geändert:
Anzahl: 2 Häufigkeit / Periodizität: je nach Regelung unterschiedlich (im Einzelnen siehe allgemeine Begründung)
- c) die Verwaltung weder eingeführt noch geändert oder abgeschafft.
Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen
Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung - KonsVerCHEV)
Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 4. November 2010
An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium der Finanzen zu erlassende Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung - KonsVerCHEV) mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen. Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Ronald Pofalla
Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung - KonsVerCHEV)
Vom ...
Auf Grund des § 2 Absatz 2 Satz 1 der Abgabenordnung, der durch Artikel 9 Nummer 2 Buchstabe b des Gesetzes vom (BGBl. I S. ... [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Seitenzahl der Verkündung des Jahressteuergesetzes 2010; BT-Drs. 17/2249]) angefügt worden ist, und des Artikels 97 § 1 Absatz 9 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung, der durch Artikel 16 Nummer 1 des Gesetzes vom (BGBl. I S. ... [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Seitenzahl der Verkündung des Jahressteuergesetzes 2010; BT-Drs. 17/2249]) angefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium der Finanzen:
Abschnitt 1
Allgemeines
§ 1 Abkommen
- (1) Als Abkommen im Sinn dieser Verordnung gilt das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl. 1972 II S. 1021, 1022), das zuletzt durch das Protokoll vom 12. März 2002 (BGBl. 2003 II S. 67, 68) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung.
- (2) Als Erbschaftsteuerabkommen im Sinn dieser Verordnung gilt das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlass- und Erbschaftsteuern vom 30. November 1978 (BGBl. 1980 II S. 594, 595) in der jeweils geltenden Fassung.
§ 2 Anwendungsbereich
- Die einheitliche Anwendung und Auslegung des Abkommens in Bezug auf die Umsetzung entsprechender Konsultationsvereinbarungen im Sinn des § 2 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung, die von den zuständigen Behörden im Sinn des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe i des Abkommens getroffen worden sind, richtet sich nach dieser Verordnung.
Abschnitt 2
Schenkungen
§ 3 Schenkungen von Geschäftsbetrieben
- Die für Erbschaftsfälle geltenden Regelungen des Erbschaftsteuerabkommens (§ 1 Absatz 2) sind auch für Schenkungen von Geschäftsbetrieben entsprechend anzuwenden.
Abschnitt 3
Grenzgängerbesteuerung (Artikel 15a des Abkommens)
§ 4 Ansässigkeit
- Sind in einem Ansässigkeitsstaat mehrere Wohnsitze oder mehrere Orte des gewöhnlichen Aufenthalts gegeben, bleibt die Grenzgängereigenschaft im Sinn des Artikels 15a des Abkommens erhalten, gleichgültig zu welchem Wohnsitz oder Ort des gewöhnlichen Aufenthalts die regelmäßige Rückkehr erfolgt.
§ 5 Ansässigkeitsbescheinigung
- (1) Der Antrag auf Erteilung einer Ansässigkeitsbescheinigung ist vom Grenzgänger persönlich zu unterschreiben.
- (2) Die Ansässigkeitsbescheinigung gilt jeweils für ein Kalenderjahr, bei Beschäftigungsaufnahme während des Jahres bis zum Ablauf des jeweiligen Kalenderjahrs. Die Bescheinigung für das jeweilige Folgejahr wird dem Grenzgänger ohne Antrag von der zuständigen Steuerbehörde erteilt. Bei Arbeitgeberwechsel ist eine neue Bescheinigung zu beantragen. Der Ansässigkeitsstaat kann die Erteilung der Ansässigkeitsbescheinigung nur dann verweigern, wenn die Person die Voraussetzungen des Artikels 15a des Abkommens nicht erfüllt.
§ 6 Arbeitsort
- Arbeitsort ist regelmäßig der Ort, an dem der Arbeitnehmer in den Betrieb seines Arbeitgebers eingegliedert ist. Übt der Arbeitnehmer nicht nur an diesem Ort seine Tätigkeit aus wie dies insbesondere bei Berufskraftfahrern und Außendienstmitarbeitern der Fall ist, sind die Tage der auswärtigen Tätigkeit als Geschäftsreisen im Rahmen der Ermittlung der Nichtrückkehrtage zu würdigen. Ist der Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag in mehr als einem Betrieb seines Arbeitgebers eingegliedert, so ist Arbeitsort der Ort, an dem er seine Arbeit überwiegend auszuüben hat.
§ 7 Geringfügige Arbeitsverhältnisse
- Eine regelmäßige Rückkehr im Sinn des Artikels 15a Absatz 2 des Abkommens liegt auch noch vor, wenn sich der Arbeitnehmer auf Grund eines Arbeitsvertrages oder mehrerer Arbeitsverträge mindestens an einem Tag pro Woche oder mindestens an fünf Tagen pro Monat von seinem Wohnsitz an seinen Arbeitsort und zurück begibt. Sind die genannten Voraussetzungen bei geringfügigen Arbeitsverhältnissen nicht erfüllt, wird eine regelmäßige Rückkehr nicht angenommen.
§ 8 Nichtrückkehrtage
- (1) Als Nichtrückkehrtage kommen nur Arbeitstage in Betracht, die im persönlichen Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers erfasst sind. Samstage, Sonn- und Feiertage können nur in Ausnahmefällen zu den maßgeblichen Arbeitstagen zählen, beispielsweise wenn der Arbeitgeber die Arbeit an diesen Tagen ausdrücklich anordnet und hieran anknüpfend in der Regel entweder Freizeitausgleich oder zusätzliche Bezahlung dafür gewährt. Trägt der Arbeitgeber die Reisekosten werden bei mehrtägigen Geschäftsreisen alle Wochenend- und Feiertage als Nichtrückkehrtage angesehen.
- (2) Eine Nichtrückkehr auf Grund der Arbeitsausübung liegt namentlich dann vor, wenn die Rückkehr an den Wohnsitz aus beruflichen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Ein Nichtrückkehrtag ist nicht schon deshalb anzunehmen, weil sich die Arbeitszeit des Einzelnen an seinem Arbeitsort entweder bedingt durch die Anfangszeiten oder durch die Dauer der Arbeitszeit über mehr als einen Kalendertag erstreckt. Schichtarbeiter, Personal mit Nachtdiensten und Krankenhauspersonal mit Bereitschaftsdienst sind nicht schon auf Grund ihrer spezifischen Arbeitszeiten von der Grenzgängerregelung ausgeschlossen.
- (3) Als Arbeitsausübung sind Zeiten anzusehen, für die auf Grund des Arbeitsverhältnisses eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Anwesenheit am Arbeitsort besteht. Kurzfristige Arbeitszeitunterbrechungen von weniger als vier Stunden beenden den Arbeitstag nicht. Bei einer Arbeitsunterbrechung von vier bis sechs Stunden ist eine Rückkehr an den Wohnsitz zumutbar, wenn die für die Wegstrecke von der Arbeitsstätte zur Wohnstätte benötigte Zeit und zurück mit den in der Regel benutzten Transportmitteln nicht mehr als 20 Prozent der Zeit der Arbeitsunterbrechung beträgt.
- (4) Krankheits- und unfallbedingte Abwesenheiten gelten nicht als Tage der Nichtrückkehr. Die Tage der Nichtrückkehr bestimmen sich nach der Anzahl der beruflich be dingten Übernachtungen oder der beruflich bedingten Nichtrückkehr bei Arbeitsunterbrechung von mindestens vier Stunden.
- (5) Eintägige Geschäftsreisen im Vertragsstaat des Arbeitsorts und im Ansässigkeitsstaat zählen nicht zu den Nichtrückkehrtagen. Eintägige Geschäftsreisen in Drittstaaten zählen stets zu den Nichtrückkehrtagen.
§ 9 Kürzung der 60-Tage-Grenze
- (1) Findet ein Arbeitgeberwechsel innerhalb eines Kalenderjahrs im Tätigkeitsstaat statt, erfolgt die Kürzung der 60-Tage-Grenze bezogen auf das jeweilige Arbeitsverhältnis.
- (2) Bei Teilzeitbeschäftigten, die nur tageweise im anderen Staat beschäftigt sind, ist die Anzahl von 60 unschädlichen Tagen durch proportionale Kürzung herabzusetzen. Bezugsgrößen sind hierbei die im jeweiligen Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitstage zu den bei Vollzeitbeschäftigung betriebsüblichen Arbeitstagen. Bei einer 5-Tage-Woche ist von 250 betriebsüblichen Arbeitstagen, bei einer 6-Tage-Woche von 300 betriebsüblichen Arbeitstagen auszugehen. Urlaubstage sind bei beiden Rechengrößen aus Vereinfachungsgründen nicht abzuziehen.
- (3) Die Berechnung der 60 Tage ist ebenso bei Arbeitnehmern, die im anderen Vertragsstaat bei mehreren Arbeitgebern angestellt sind, vorzunehmen. Die Voraussetzungen der Grenzgängereigenschaft sind für jedes Arbeitsverhältnis getrennt zu beurteilen. Nichtrückkehrtage sind dem jeweiligen Arbeitsverhältnis nach ihrer überwiegenden Veranlassung zuzuordnen. Eine mehrfache Berücksichtigung findet nicht statt.
§ 10 Bescheinigung über die Nichtrückkehrtage
- (1) Stellt der Arbeitgeber am Ende des Jahres oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Kalenderjahrs fest, dass die Grenzgängereigenschaft auf Grund der entsprechenden Nichtrückkehrtage entfällt, hat er die Nichtrückkehrtage nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu bescheinigen. Der Vordruck ist jeweils unaufgefordert der für den Einbehalt der Abzugsteuer zuständigen Steuerbehörde zuzuleiten, die diese Bescheinigung nach Überprüfung mit einem Sichtvermerk versehen an den Arbeitgeber zur Weiterleitung an den Grenzgänger zurückgibt. Eine Überprüfung der bescheinigten Nichtrückkehrtage ist zulässig. Es können entsprechende Nachweise verlangt werden.
- (2) Ist für den Arbeitgeber voraussehbar, dass der Grenzgänger bei ganzjähriger Beschäftigung an mehr als 60 Tagen pro Kalenderjahr, bei zeitweiser Beschäftigung während des Kalenderjahrs nach entsprechender Kürzung, aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz zurückkehren wird, ist der Tätigkeitsstaat vorläufig berechtigt, Quellensteuern zu erheben. Der Arbeitgeber hat dies dem Grenzgänger formlos zu bescheinigen mit dem Hinweis, dass die detaillierte Aufstellung der Tage der Nichtrückkehr nach Ablauf des Kalenderjahrs oder, wenn das Arbeitsverhältnis früher beendet wird, zum Ende des Arbeitsverhältnisses auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zur Vorlage bei der Steuerbehörde bescheinigt wird. Diesem Umstand ist im Ansässigkeitsstaat durch einen Aufschub der Besteuerung oder Anpassung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen Rechnung zu tragen.
§ 11 Bemessungsgrundlage und -zeitraum
- Bei Vorliegen der Ansässigkeitsbescheinigung oder der Verlängerung darf die Abzugsteuer 4,5 Prozent des Bruttobetrags der Vergütungen nicht überschreiten. Für die Berechnung ist der Lohnzahlungszeitraum maßgebend. Die Bemessungsgrundlage (Bruttobetrag der Vergütungen) bestimmt sich nach dem jeweiligen nationalen Steuerrecht. Die Qualifikation durch den Tätigkeitsstaat bindet den Ansässigkeitsstaat für Zwecke der Steueranrechnung. Soweit die Grenzgängereigenschaft vorliegt, erstreckt sich der Quellensteuerabzug auf alle Vergütungen, unabhängig davon, wo die Arbeit ausgeübt wird.
§ 12 Ansässigkeitsstaat Deutschland
- (1) Die Anrechnung von Abzugsteuer bei der Veranlagung erfolgt jedoch nur, wenn eine gesonderte Steuerbescheinigung oder ein Steuerausweis auf dem Lohnausweis über die einbehaltene Abzugsteuer vorgelegt wird. Dieser Nachweis ist auf Verlangen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber auszustellen. Ohne die Bescheinigung nach Satz 1 kann auch bei Schätzungsveranlagungen eine Abzugsteuer nicht berücksichtigt werden.
- (2) Behält der Arbeitgeber bei einem Grenzgänger Quellensteuer von mehr als4,5 Prozent der Bruttovergütungen ein, erfolgt nur eine Anrechnung der Abzugsteuer in Höhe von 4,5 Prozent der Bruttovergütungen. Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend. Eine Erstattung zu viel einbehaltener schweizerischer Steuer ist in Deutschland nicht möglich.
§ 13 Grundsätze der Steuerberechnung
- (1) Für schweizerische Arbeitnehmer, die die Grenzgängereigenschaft im Sinn des Artikels 15a Absatz 2 des Abkommens erfüllen, gilt ein von § 39d des Einkommensteuergesetzes abweichendes eigenständiges Lohnsteuerabzugsverfahren. Der abweichende Lohnsteuerabzug gilt auch dann, wenn der schweizerische Grenzgänger ausnahmsweise unbeschränkt oder erweitert unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, weil eine Doppelansässigkeit vorliegt und Artikel 4 Absatz 3 des Abkommens nicht anzuwenden ist oder unter den übrigen Voraussetzungen des § 1 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes der Arbeitslohn aus einer deutschen öffentlichen Kasse bezogen wird.
- (2) Für den Begriff des Arbeitslohns gilt § 2 der Lohnsteuer- Durchführungsverordnung. Persönliche Abzüge, wie Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, für die grundsätzlich eine Freibetragseintragung in Frage kommt (§§ 39a, 39d Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes), dürfen die Bemessungsgrundlage für die ermäßigte Lohnsteuer nicht kürzen.
- (3) Artikel 15a Absatz 1 Satz 3 gilt auch für die Fälle der pauschalen Lohnsteuer. Der nach dem Einkommensteuergesetz maßgebliche Pauschsteuersatz von 15 Prozent oder 25 Prozent wird entsprechend ermäßigt. Dies gilt unabhängig davon, ob eine pauschale Lohnsteuer, wie bei Aushilfs- oder Teilzeitkräften für den gesamten Arbeitslohn oder wie bei Zukunftssicherungsleistungen neben dem übrigen Arbeitslohn, in Frage kommt.
- (4) Wenn der Arbeitgeber während des gesamten Kalenderjahrs an mehr als 60 Tagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an den Wohnsitz zurückkehrt, ist die volle Steuer einzubehalten. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber erkennt, dass der Arbeitnehmer die 60 Tage voraussichtlich überschreiten wird.
§ 14 Nach amtlichen Vorgaben ermittelte Lohnsteuer ist niedriger als 4,5 Prozent
- (1) Der Steuersatz von 4,5 Prozent ist unbeachtlich, wenn der schweizerische Grenzgänger eine Ansässigkeitsbescheinigung oder eine Verlängerung vorgelegt hat und ein Abgleich zwischen der nach den amtlichen Vorgaben ermittelten Lohnsteuer und der ermäßigten Abzugsteuer ergibt, dass die tabellarische Lohnsteuer weniger als 4,5 Prozent des gesamten steuerpflichtigen Arbeitslohns des jeweiligen Lohnzahlungszeitraums beträgt. Der deutsche Arbeitgeber hat bei geringen Lohnbezügen eine Vergleichsberechnung durchzuführen.
- (2) Eine Vergleichsberechnung erübrigt sich, wenn der Arbeitgeber einen Steuerabzug nach der Steuerklasse VI vornehmen muss.
§ 15 Verpflichtung zur Änderung der Abzugsteuer
- Die Verpflichtung zur Lohnsteuer-Nacherhebung bleibt auch nach Ablauf des Kalenderjahrs erhalten. Abweichend von § 41c Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes ist bei schweizerischen Grenzgängern eine Änderung des Lohnsteuerabzugs für das vergangene Jahr über den Zeitpunkt der Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung hinaus bei der jeweils nächstfolgenden Lohnzahlung durchzuführen. Ergibt sich im umgekehrten Fall nachträglich, dass die Voraussetzungen der Grenzgängereigenschaft vorliegen, ist der Arbeitgeber nur bis zur Ausstellung der besonderen Lohnsteuerbescheinigung berechtigt, die zu viel einbehaltene Lohnsteuer zu korrigieren. Nach diesem Zeitpunkt kann der schweizerische Grenzgänger zu viel einbehaltene Lohnsteuer beim jeweiligen Betriebsstättenfinanzamt nur noch durch einen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch nach den Vorschriften der Abgabenordnung (§ 37 Absatz 2 der Abgabenordnung) geltend machen.
§ 16 Nachweis der Bruttovergütungen
- (1) Für einen deutschen Grenzgänger hat der Lohnausweis (Bruttobetrag der Vergütungen) nach amtlichem Vordruck der schweizerischen Steuerverwaltung zu erfolgen, wobei Spesenvergütungen durch den Arbeitgeber gesondert aufzuführen sind.
- (2) Für einen schweizerischen Grenzgänger hat der deutsche Arbeitgeber bei Beendigung eines Dienstverhältnisses, spätestens am Ende des Kalenderjahrs auf Antrag des Grenzgängers eine besondere Lohnsteuerbescheinigung nach amtlichem Vordruck zu erteilen. Dabei ist abweichend von § 41b des Einkommensteuergesetzes eine Lohnsteuerbescheinigung auch für den pauschal besteuerten Arbeitslohn auszustellen; der pauschal besteuerte Arbeitslohn kann entweder gesondert oder in einer Summe mit dem übrigen Arbeitslohn bescheinigt werden. Zulässig ist auch die Bescheinigung des pauschal besteuerten Arbeitslohns in einer angefügten Erklärung; Entsprechendes gilt für den Ausweis der Lohnsteuer, die auf diesen Arbeitslohn entfällt. Zusätzlich hat der Arbeitgeber steuerfreie Entlassungsentschädigungen nach § 3 Nummer 9 des Einkommensteuergesetzes sowie steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit nach § 3b des Einkommensteuergesetzes zu bescheinigen. Die Eintragungen sind im amtlichen Vordruck in einem freien Feld vorzunehmen und als solche kenntlich zu machen.
§ 17 Verschiedene Sonderfälle
- (1) Bei den unter Artikel 15 Absatz 3 des Abkommens fallenden Arbeitnehmern an Bord von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr ist Artikel 15a des Abkommens nicht anzuwenden.
- (2) Der Steuerabzug für Künstler, Musiker, Sportler und Artisten im Sinn des Artikels 17 des Abkommens ist nicht nach § 39d des Einkommensteuergesetzes, sondern nach § 50a des Einkommensteuergesetzes durchzuführen. Er ist für den genannten Personenkreis auf 4,5 Prozent der Bruttovergütungen beschränkt. § 50d des Einkommensteuergesetzes bleibt unberührt.
- (3) Für Ruhegehälter von Grenzgängern aus öffentlichen Kassen ist der Steuerabzug nach Artikel 15a Absatz 1 auf 4,5 Prozent beschränkt, wenn eine Ansässigkeitsbescheinigung vorliegt. Die vor Eintritt des Versorgungsfalls vorgelegte Ansässigkeitsbescheinigung gilt ohne zeitliche Beschränkung weiter, es sei denn, es findet ein Wohnungswechsel statt.
§ 18 Abwanderer in die Schweiz (Artikel 4 Absatz 4 des Abkommens)
- (1) Eine teilweise Freistellung von Abzugsteuern nach § 39b Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes bei Arbeitslöhnen kommt bei Abwanderern so lange nicht in Betracht, wie Artikel 4 Absatz 4 des Abkommens anzuwenden ist.
- (2) Die Regelung des Artikels 4 Absatz 4 des Abkommens ist nicht anzuwenden, wenn der Wegzug in die Schweiz wegen Heirat mit einer Person schweizerischer Staatsangehörigkeit erfolgt.
- (3) Für die Anrechnung schweizerischer Steuern im Lohnsteuerabzugsverfahren gilt:
In entsprechender Anwendung des § 39b Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes rechnet der Arbeitgeber auf Grund einer Anrechnungsbescheinigung des Betriebsstättenfinanzamts einen bestimmten Betrag als schweizerische Steuer vorläufig auf die4,5 Prozent des Bruttobetrages der Vergütungen übersteigende deutsche Lohnsteuer an.
Der Grenzgänger-Abwanderer hat die Anrechnungsbescheinigung beim Betriebsstättenfinanzamt zu beantragen. Dem Antrag hat er seinen letzten schweizerischen Steuer- oder Vorauszahlungsbescheid beizufügen. Nach Ablauf des Kalenderjahrs wird zur endgültigen Anrechnung der schweizerischen Steuer auf Antrag des Grenzgänger-Abwanderers eine Veranlagung durchgeführt. Der Antrag auf Durchführung der Veranlagung ist gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung der Anrechnungsbescheinigung zu stellen.
Abschnitt 4
Leitende Angestellte, Drittstaateneinkünfte
§ 19 Besteuerung leitender Angestellter
- (1) Erhält ein Gesellschafter einer Personengesellschaft Tätigkeitsvergütungen als Arbeitnehmer, richtet sich das Besteuerungsrecht nach Artikel 7 Absatz 7 des Abkommens ungeachtet des Artikels 7 Absatz 8 des Abkommens. Werden die Tätigkeitsvergütungen nach dem jeweiligen nationalen Steuerrecht dem Gewinn der Personengesellschaft nicht hinzugerechnet, ist Artikel 15a des Abkommens anwendbar.
- (2) Zu den in Artikel 15 Absatz 4 des Abkommens genannten Direktoren gehören auch stellvertretende Direktoren oder Vizedirektoren und Generaldirektoren. Artikel 15 Absatz 4 des Abkommens ist nur auf Personen anwendbar, deren vom Anwendungsbereich der Vorschrift umfasste Funktion oder Prokura im Handelsregister eingetragen ist.
- (3) Für Einkünfte leitender Angestellter von Kapitalgesellschaften, die keine Grenzgänger im Sinn des Artikels 15a des Abkommens sind, hat der Staat der Ansässigkeit des Arbeitgebers (Kapitalgesellschaft) nach Artikel 15 Absatz 4 des Abkommens auch insoweit ein Besteuerungsrecht, als die Einkünfte auf Tätigkeiten im Staat der Ansässigkeit des leitenden Angestellten und in Drittstaaten entfallen. Das Besteuerungsrecht des Staates der Ansässigkeit des leitenden Angestellten bleibt unberührt.
§ 20 Arbeitnehmer mit Einkünften aus Drittstaaten
- Arbeitseinkünfte eines Arbeitnehmers, der in der Bundesrepublik Deutschland wohnt und bei einem schweizerischen Arbeitgeber beschäftigt ist, können nach Artikel 15 Absatz 1 des Abkommens nur insoweit in der Schweiz besteuert werden, als die Arbeit dort tatsächlich ausgeübt wird. Der Ort der Arbeitsausübung ist dort anzunehmen, wo sich der Arbeitnehmer zur Ausführung seiner Tätigkeit persönlich (körperlich) aufhält.
Abschnitt 5
Sonstige Anwendungsfälle
§ 21 Unterhaltsleistungen an geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten
- (1) Nach Artikel 21 des Abkommens können Unterhaltszahlungen an einen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten, die aus einem Vertragsstaat stammen und an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person gezahlt werden, nur im anderen Staat besteuert werden.
- (2) Für solche Unterhaltszahlungen, die eine in Deutschland ansässige natürliche Person bewirkt, werden beim Zahlenden bei der Ermittlung seines zu versteuernden Einkommens dieselben steuerlichen Abzüge gewährt, die er erhielte, wenn der Empfänger in Deutschland ansässig wäre. Voraussetzung ist, dass der Empfänger in der Schweiz mit diesen Zahlungen der ordentlichen Besteuerung unterliegt und dies durch eine Bescheinigung der zuständigen kantonalen Steuerbehörde nachgewiesen wird.
§ 22 Betriebliche Veräußerungsrenten
- Im Falle von Renten, die auf Grund der Veräußerung eines Betriebs gezahlt werden (betriebliche Veräußerungsrenten), hat der Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Veräußerungsgewinnes. Wählt der Empfänger der Rente in diesem Fall die Versteuerung als nachträgliche Betriebseinnahmen, steht dem Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht so lange zu, wie die Rentenzahlungen den Rentenbarwert übersteigen. Das Besteuerungsrecht geht auf den Wohnsitzstaat des Rentenempfängers über, sobald die Rentenzahlungen den Veräußerungsgewinn übersteigen.
§ 23 Nachfolgeunternehmen der Regiebetriebe nach Artikel 19 Absatz 3 des Abkommens
- (1) Artikel 19 Absatz 3 des Abkommens ist auch anzuwenden auf Vergütungen an Beamte, die bisher bei der Deutschen Post oder Deutschen Bundesbahn beschäftigt waren und bei einem privatisierten Nachfolgeunternehmen, der Deutschen Post AG, Deutschen Telekom AG oder der Deutschen Bahn AG, unter Beibehaltung ihres Beamtenstatus weiterbeschäftigt sind.
- (2) Artikel 19 Absatz 3 des Abkommens findet ebenso Anwendung auf Vergütungen an Personen, die bei der Swisscom AG, den Schweizerischen Bundesbahnen AG oder der Schweizerischen Post PTT beschäftigt sind.
§ 24 Arbeitnehmer-Abfindungen
- (1) Ist einer Abfindung Versorgungscharakter beizumessen, steht das Besteuerungsrecht entsprechend Artikel 18 des Abkommens dem Wohnsitzstaat zu. Dagegen hat der (frühere) Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht, sofern es sich bei der Abfindung um Lohn- oder Gehaltsnachzahlungen oder Tantiemen aus dem früheren Arbeitsverhältnis handelt oder die Abfindung allgemein für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gewährt wird. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer in der Zeit vor dem Ausscheiden aus dem Dienst auch teils in dem Staat, in dem er ansässig ist, tätig war, ist die Abfindung zeitanteilig entsprechend der Besteuerungszuordnung der Vergütungen aufzuteilen.
- (2) Werden die Abfindungszahlungen aus Anlass der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, die eine in einem Vertragsstaat wohnende Person nach Wegzug aus dem Tätigkeitsstaat von ihrem ehemaligen, im anderen Vertragsstaat ansässigem Arbeitgeber erhält, nicht im ehemaligen Tätigkeitsstaat besteuert, können diese Abfindungszahlungen im Wohnsitzstaat der Person besteuert werden.
Abschnitt 6
Schlussbestimmungen
§ 25 Anwendungsregelung
- Diese Verordnung ist erstmals auf Besteuerungssachverhalte seit dem 1.Januar 2010 anzuwenden.
§ 26 Inkrafttreten
- Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- Der Bundesrat hat zugestimmt.
Begründung:
A. Allgemeiner Teil
Nach den einschlägigen Regelungen der von Deutschland mit anderen Staaten bilateral abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (Abkommen) können die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten unter anderem Schwierigkeiten und Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen beseitigen. Die hierzu von den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten getroffenen Vereinbarungen werden als Konsultationsvereinbarungen bezeichnet (§ 2 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung). Nach der von der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (vgl. BFH-Urteile vom 2. September 2009 - I R 90/08 und I R 111/08 -) handelt es sich bei solchen Konsultationsvereinbarungen lediglich um Verwaltungsabkommen und damit der Rechtsnatur nach um Verwaltungsvorschriften, die nur die beteiligten Verwaltungen, nicht aber andere rechtsanwendende Organe, insbesondere die Rechtsprechung, zu binden vermögen, solange sie nicht auf einer ihrerseits demokratisch legitimierten Rechtsverordnung im Sinn des Artikels 80 Absatz 1 des Grundgesetzes beruhen und auf diese Weise in verbindliches innerstaatliches Gesetzesrecht umgesetzt worden sind. Dies trifft auch auf die nach Artikel 12 Absatz 3 des deutschschweizerischen Abkommens vom 30. November 1978 (BGBl. 1980 II S. 594, 595) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlass- und Erbschaftsteuern, sowie auf die nach Artikel 26 Absatz 3 des deutschschweizerischen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl. 1972 II S. 1021, 1022) in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 30. November 1978 (BGBl. 1980 II S. 750, 751), des (Änderungs-)Protokolls vom 17. Oktober 1989 (BGBl. 1990 II S. 766, 767), des (Änderungs-)Protokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl. 1993 II S. 1886, 1888) und des Revisionsprotokolls vom 12. März 2002 (BGBl. 2003 II S. 67, 68) zwischen den zuständigen deutschen und schweizerischen Behörden geschlossenen Konsultationsvereinbarungen zu. Die Verordnung soll die innerstaatliche Bindungswirkung der durch sie umgesetzten Konsultationsvereinbarungen mit der Schweiz für die deutschen rechtsanwendenden Organe und damit die widerspruchsfreie Anwendung des Abkommens durch die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten sicherstellen. Sie beruht auf dem durch Artikel 9 Nummer 2 Buchstabe b des Jahressteuergesetzes 2010 vom (BGBl. I S. ... [einsetzen Ausfertigungsdatum und Seitenzahl der Verkündung des Jahressteuergesetzes 2010; BT-Drs. 17/2249]) eingefügten § 2 Absatz 2 der Abgabenordnung, der das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrats Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zu erlassen.
Gleichstellungspolitische Relevanzprüfung
Im Zuge der gemäß § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien vorzunehmenden Relevanzprüfung sind unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenssituation von Frauen und Männern keine Auswirkungen erkennbar, die gleichstellungspolitischen Zielen zuwiderlaufen.
Nachhaltigkeit
Das Vorhaben entspricht einer nachhaltigen Entwicklung, indem es das Steueraufkommen des Gesamtstaates sichert.
Bürokratiekosten
lfd. Nr. | Vorschrift | Informationspflicht | Bürokratiebe-/-entlastung für | Fallzahl | Periodizität | Herkunft in % | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Bürger in min je Fall (einschl. Periodizität) | Bürger (sonst. Kosten in EUR) je Fall (einschl. Periodizität) | Unternehmen in Tsd. EUR (insgesamt) | Verwaltung in Tsd. EUR (insgesamt) | A | B | C | |||||
1 | § 5 Absatz 3 Satz 3 | Grenzgängerbesteuerung: Arbeitnehmer muss bei Arbeitgeberwechsel neue Ansässigkeitsbescheinigung beantragen | 7 | . | 4.800 | 1,00 | 100 | 0 | 0 | ||
2 | § 10 Absatz 1 Satz 1 | Grenzgängerbesteuerung: Deutscher Arbeitgeber muss schweizerischen Grenzgänger Nichtrückkehrtage am Ende des Jahres bzw. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bescheinigen | 72 | 0 | 4.800 | 1,00 | 100 | 0 | |||
3 | § 10 Absatz 2 Satz 2 | Grenzgängerbesteuerung: Deutscher Arbeitgeber hat dem Grenzgänger bei Absehbarkeit der Überschreitung von 60 Nichtrückkehrtagen diese formlos und zum Jahresende eine detaillierte Aufstellung der Nichtrückkehrtage auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu bescheinigen | 2 | 960 | 1,00 | 100 | 0 | 0 | |||
4 | § 14 Absatz 1 Satz 2 | Grenzgängerbesteuerung: Deutscher Arbeitgeber hat zur Vermeidung von Benachteiligungen für Grenzgänger ggü. anderen beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer eine Vergleichsberechnung durchzuführen | 10 | 0 | 960 | 1,00 | 100 | 0 | |||
5 | § 16 Absatz 2 | Grenzgängerbesteuerung: Deutscher Arbeitgeber hat schweizerischem Grenzgänger bei Beendigung des Dienstverhältnisses, spätestens am Ende des Kalenderjahres auf Antrag des Grenzgängers eine besondere Lohnbescheinigung zu erteilen | 3 | 960 | 1,00 | 100 | 0 | 0 | |||
6 | § 21 Absatz 2 Satz 2 | Unterhaltsleistungen an geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten; in Deutschland ansässiger Unterhaltsverpflichter muss zur steuerlichen Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen mit einer Bescheinigung der kantonalen Steuerbehörde nachweisen, dass Empfänger der Zahlungen in der Schweiz mit diesen Zahlungen der ordentlichen Besteuerung unterliegt | 17 | . | 2.000 | 1,00 | 100 | 0 | 0 | ||
Summe ohne Einmalkosten in Tsd. EUR | 87 | 0 | |||||||||
Summe Einmalkosten in Tsd. EUR | 0 | 0 |
Hinweis: Die Darstellung mit einem Punkt bedeutet lediglich, das sind. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass die Informationspflichten nicht zu bürokratischen Be-/Entlastungen führen.
B. Besonderer Teil
Zu Abschnitt 1 (Allgemeines):
Zu § 1 (Abkommen):
- § 1 trifft für die Verordnung eine Definition der Begriffe "Abkommen" und "Erbschaftsteuerabkommen".
Zu § 2 (Anwendungsbereich):
- § 2 bestimmt den Anwendungsbereich der Verordnung Zu Abschnitt 2 (Schenkungen):
Zu § 3 (Schenkungen von Geschäftsbetrieben):
- § 3 setzt eine Konsultationsvereinbarung zum Erbschaftsteuerabkommen (BMF-Schreiben vom 7. April 1988, IV C 6- S 1301 Schz - 025/88 ) um.
Zu Abschnitt 3 (Grenzgängerbesteuerung):
Zu § 4 bis § 18:
Die §§ 4 bis 18 setzen eine Konsultationsvereinbarung zur Anwendung des Abkommens bei Grenzgängerbesteuerung (BMF-Schreiben vom 19. September 1994, BStBl 1994 I S. 683) in der geänderten Fassung (BMF-Schreiben vom 7. Juli 1997, BStBl 1997 I S. 723) um. Es wurden nur diejenigen Regelungen umgesetzt, die nicht bereits den Wortlaut des Abkommens wiederholen oder nicht lediglich erläuternden Charakter haben.
Das abweichende Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 13 der Rechtsverordnung beruht auf Artikel 3 des Zustimmungsgesetzes zu dem Protokoll vom 21. Dezember 1992 zu dem Abkommen vom 11. August 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 30. September 1993 (BGBl. 1993 II S. 1886).
Die Verpflichtung zur Änderung der Abzugsteuer und dem Nachweis der Bruttovergütung ergibt sich aus Artikel 3 des Zustimmungsgesetzes vom 30. September 1993.
Beispiel zu § 4
Eine Person hat den Familienwohnsitz in Hamburg, daneben besitzt sie einen weiteren Wohnsitz in Deutschland in der Nähe der Grenze, von dem sie regelmäßig zu ihrem Arbeitsort in der Schweiz pendelt. Lediglich an den Wochenenden kehrt sie an den Familienwohnsitz zurück.
Die Grenzgängereigenschaft ist gegeben.
Beispiel zu § 5
Absatz 2 Eine in Deutschland wohnende Person arbeitet in Frankreich für einen schweizerischen Arbeitgeber. Die Zahlung des Arbeitslohns erfolgt durch den Arbeitgeber.
Eine Ansässigkeitsbescheinigung ist nicht zu erteilen.
Beispiel zu § 6
Ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer ist nach seinem Arbeitsvertrag verpflichtet, seine Arbeit an drei Wochen pro Monat in der Schweiz und eine Woche pro Monat in Deutschland/in einem Drittstaat auszuüben.
Sein Arbeitsort ist in der Schweiz. Liegt eine regelmäßige Rückkehr im Sinn des § 7 vor, sind die Arbeitstage außerhalb der Schweiz als Geschäftsreisen im Rahmen der Nichtrückkehrtage zu würdigen.
Beispiele zu § 7
Beispiel 1:
Eine Arbeitnehmerin, die einmal pro Woche (auf Grund eines oder mehrerer Arbeitsverhältnisse) im anderen Vertragsstaat ihrer Arbeit nachgeht, ist Grenzgängerin.
Beispiel 2:
Ein Arbeitnehmer, der im Monat nur an drei Tagen seiner Arbeit im anderen Staat nachgeht, ist nicht Grenzgänger.
Beispiel zu § 8
Ein Grenzgänger unternimmt eine Geschäftsreise, die eine auswärtige Übernachtung im Tätigkeitsstaat oder Ansässigkeitsstaat bedingt.
Es liegt ein Tag der Nichtrückkehr vor.
Beispiel zu § 9 Absatz 1
B, wohnhaft in Deutschland, arbeitet bis zum 30.04.01 in der Schweiz. Im Februar/März wird er für seine Firma für sechs Wochen in der Innerschweiz tätig, wobei er jeweils am Montag anreist und am Samstag zurückfährt. In dieser Zeit (6 × 5 Tage) kehrt er aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz zurück.
Zum 01. 11. 01 beginnt er wieder in der Schweiz zu arbeiten. In der Zeit vom 01.11. - 31.12.01 kehrt er wegen einer Dienstreise im Tätigkeitsstaat (Anreise Montag/Rückreise Freitag) aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz zurück.
Lösung:
Bei seinem ersten Arbeitsverhältnis, das vier volle Monate dauerte, liegen 30 beruflich bedingte Übernachtungen (= 30 Tage der Nichtrückkehr) vor. Eine regelmäßige Rückkehr wird jedoch nur bei bis zu 20 Tagen Nichtrückkehr (4 Monate × 5 Tage) unterstellt. B ist also bezüglich dieses Arbeitsverhältnisses nicht als Grenzgänger anzusehen. Im zweiten Arbeitsverhältnis (Dauer zwei Monate) liegen lediglich vier beruflich bedingte Übernachtungen (= vier Tage der Nichtrückkehr) vor. In diesem Arbeitsverhältnis unterschreitet er die Grenze von zehn Tagen (2 Monate × 5 Tage) und ist deshalb als Grenzgänger anzusehen.
Beispiel zu § 9 Absatz 2
Eine Person, wohnhaft in Deutschland, arbeitet ganzjährig zwei Tage pro Woche in der Schweiz. An 23 Tagen kehrt sie aus beruflichen Gründen nicht an ihren Wohnsitz zurück.
- a) Im Betrieb ist eine 5-Tage-Woche üblich.
- b) Im Betrieb ist eine 6-Tage-Woche üblich.
Unschädlich sind bei a), ( )25060 2 52 25 xx bei b) ( )30060 2 52 21 xx Nichtrückkehrtage.
Die Person ist daher bei
- a) Grenzgänger, bei
- b) nicht mehr Grenzgänger.
Beispiel zu § 13
Der Arbeitslohn eines schweizerischen Grenzgängers setzt sich für den Lohnzahlungszeitraum Januar 1994 wie folgt zusammen:
- - Grundlohn 3500 - Mehrarbeitsvergütung 500
- - Steuerfreie Nachtarbeitszuschläge 300°
- - Vermögenswirksame Leistungen 78°
- - Sonstiger Bezug - Urlaubsentschädigung 1993 500° insgesamt 4878 .
Die Lohnsteuer für den Monat Januar berechnet sich mit 4,5 Prozent von 4578. Steuerfreier Arbeitslohn bleibt außer Ansatz.
Beispiel zu § 14
Eine in Basel wohnhafte Halbtagskraft ist in Lörrach beschäftigt. Der monatliche Bruttoarbeitslohn beträgt 1000 zuzüglich einer monatlichen Zukunftssicherungsleistung von 100, für die die Voraussetzungen der Lohnsteuer-Pauschalierung nach den Regeln der Direktversicherung erfüllt sind. Der Firma liegt sowohl eine Ansässigkeitsbescheinigung als auch eine besondere Bescheinigung des Betriebsstättenfinanzamts nach § 39d Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes vor, aus der sich für die Arbeitnehmerin die Steuerklasse I sowie ein monatlicher Freibetrag für persönliche Abzüge in Höhe von 100 ergibt.
Lösung:
Der Arbeitgeber hat folgende Vergleichsberechnung durchzuführen:
- - Ermäßigte Abzugsteuer 1100 (1000 100) × 4,5 Prozent =°49,50 (Maßgebliche Berechnungsgrundlage ist der gesamte steuerpflichtige Arbeitslohn einschließlich pauschalbesteuerungsfähiger Bezüge ohne Kürzung um persönliche Abzüge.)
- - Lohnsteuer nach allgemeinen Grundsätzen Allgemeine maschinelle Lohnsteuer 900 (1000 abzüglich bescheinigtem Monatsfreibetrag) =°17,08 pauschale Lohnsteuer von 100 × 15 Prozent =°15,00 insgesamt 32,08 Die Lohnsteuerberechnung nach allgemeinen Grundsätzen führt zu einer geringeren Steuer als die höchstens zulässige Abzugsteuer von 4,5 Prozent. Die Firma hat deshalb nur 32,08 an Steuern für die schweizerische Teilzeitkraft einzubehalten.
Zu Abschnitt 4 (Leitende Angestellte, Drittstaateneinkünfte):
Zu § 19 bis § 20:
- Die §§ 19 bis 20 setzen zwei Konsultationsvereinbarungen zur Anwendung des Abkommens auf die Besteuerung leitender Angestellter, sowie die Besteuerung von Arbeitnehmern mit Drittstaateneinkünften (BMF-Schreiben vom 7. Juli 1997, BStBl 1997 I S. 723; BMF-Schreiben vom 30. September 2008, BStBl 2008 I S. 935) um.
Zu § 20:
Beispiel zu § 20
Ist zum Beispiel ein Arbeitnehmer mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland für seinen schweizerischen Arbeitgeber 70 Tage in der Schweiz (Grenzgängereigenschaft fehlt), 120 Tage in Großbritannien und 30 Tage in Saudi-Arabien tätig, dann sind seine Einkünfte für die Tätigkeit in Großbritannien und in Saudi-Arabien in der Bundesrepublik Deutschland zu versteuern.
Zu Abschnitt 5 (Sonstige Anwendungsfälle):
Zu § 21 (Unterhaltsleistungen an geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten):
- § 21 setzt eine Konsultationsvereinbarung zur Besteuerung von Unterhaltsleistungen an geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten (BMF-Schreiben vom 5. November 1998, BStBl 1998 I S. 1392) um.
Zu § 22 (Betriebliche Veräußerungsrenten):
§ 22 setzt eine Konsultationsvereinbarung zur Zuordnung des Besteuerungsrechts bei betrieblichen Veräußerungsrenten (BMF-Schreiben vom 4. Oktober 1999, BStBl 1999 I S. 845) um.
Veräußerungsgewinn im Sinn des § 22 ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Rentenbarwert und dem Kapitalkonto.
Zu § 23 (Nachfolgeunternehmen der Regiebetriebe nach Artikel 19 Absatz 3 des Abkommens):
- § 23 setzt eine Konsultationsvereinbarung vom 30. Juli 2001 zur Zuweisung des Besteuerungsrechtes nach Artikel 19 Absatz 3 des Abkommens bei Nachfolgeunternehmen der Regiebetriebe um.
Zu § 24 (Arbeitnehmer-Abfindungen):
- § 24 setzt eine Konsultationsvereinbarung vom 17. März 2010 zur Zuweisung des Besteuerungsrechts bei Arbeitnehmer-Abfindungen (BMF-Schreiben vom 25. März 2010, BStBl I 2010, 268) um.
Zu Abschnitt 6 (Schlussbestimmungen):
Zu § 25 (Anwendungsregelung):
§ 25 bestimmt, dass die Verordnung auf alle ab dem 1. Januar 2010 verwirklichten Besteuerungssachverhalte anzuwenden ist. Er macht damit von der durch Artikel 16 Nummer 1 des Jahressteuergesetzes 2010 vom (BGBl. I S. ... [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Seitenzahl der Verkündung des Jahressteuergesetzes 2010; BT-Drs. 17/2249]) eingefügten Ermächtigungsgrundlage des Artikels 97 § 1 Absatz 9 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung Gebrauch.
Durch die Vorschrift wird die Wirkung und Anwendung der Konsultationsvereinbarungen als solche in der von der Rechtsprechung anerkannten Art und Weise vor diesem Zeitpunkt nicht berührt.
Zu § 26 (Inkrafttreten):
§ 26 bestimmt, dass die Verordnung am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft tritt.
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 1499:
Entwurf für eine Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o.a. Verordnung auf Bürokratiekosten geprüft, die durch Informationspflichten begründet werden.
Mit dem vorliegenden Entwurf werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben. Es entstehen keine Bürokratiekosten für Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger sowie für die Verwaltung.
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
Dr. Ludewig Prof. Dr. Färber
Vorsitzender Berichterstatterin