Der Bundesrat hat in seiner 837. Sitzung am 12. Oktober 2007 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen inländischer Pensionsfonds nicht eine stärkere Flexibilisierung der Bedeckungsvorschriften für Pensionsfonds unter Ausnutzung der durch die so genannte EU-Pensionsfondsrichtlinie (Richtlinie 2003/41/EG vom 3. Juni 2003) insoweit eröffneten Spielräume angezeigt ist.
Begründung
Mit dem Siebten Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (BR-Drucksache 446/05 (PDF) ) wurden die Rechnungslegungsgrundsätze für deutsche Pensionsfonds an internationale Maßstäbe angepasst mit dem Ziel, deren internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.
Als weiterhin nachteilig für inländische Pensionsfonds erweisen sich jedoch die Bedeckungsvorschriften, die gegenüber denjenigen in anderen Ländern üblichen restriktiver gefasst sind. Die in § 115 VAG vorgesehene Verpflichtung des Arbeitgebers zum unverzüglichen Ausgleich bei einer vorübergehenden Unterdeckung eines Pensionsfonds von über fünf Prozent durch Bankbürgschaft oder Garantie führt zum einen zu einer zusätzlichen Belastung der Liquidität. Zum andern wird die Attraktivität ausländischer Pensionsfonds begünstigt, die in ihren Herkunftsländern keinem vergleichbaren Reglement unterliegen. Dies wirkt sich im Ergebnis nachteilig für den Finanzstandort Deutschland aus.
Um den Wettbewerbsnachteilen inländischer Pensionsfonds abzuhelfen, sollten daher die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen flexibler gefasst werden. Als eine Möglichkeit käme die Einführung des Instruments des Sanierungsplanes entsprechend Artikel 16 der EU-Pensionsfondsrichtlinie oder eine Verbreiterung des Korridors der vorübergehenden Unterdeckung in § 115 Abs. 2 Satz 3 VAG in Betracht.
2. Zu Artikel 1 Nr. 7 (§ 14 Abs. 7 VAG)
In Artikel 1 Nr. 7 ist in § 14 Abs. 7 nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:
- "Sind ausschließlich Aufsichtsbehörden der Länder beteiligt, genügt die Veröffentlichung in dem von den Ländern bestimmten Veröffentlichungsblatt."
Begründung
Dies entspricht wörtlich der bis November 2006 gültigen Vorschrift (§ 14 Abs. 3 Satz 2 VAG), die durch Artikel 11 Nr. 1 des Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) mit der Begründung gestrichen wurde, dass eine Differenzierung je nach der Beteiligung von Ländern "heute nicht mehr zeitgemäß" sei.
Es reicht völlig aus, wenn Bestandsübertragungen von regional tätigen Versicherungsunternehmen - in der Regel kleinere Versicherungsvereine mit örtlich eng begrenztem Wirkungskreis -, die in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der Länder fallen, dem Geschäftsgebiet entsprechend auch nur regional bekannt gemacht werden. Darüber hinaus ist auch aus Kostengründen eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger für diese kleinen Versicherer unter Landesaufsicht nicht vertretbar.
3. Zu Artikel 1 Nr. 7 (§ 14 Abs. 8 - neu - VAG)
In Artikel 1 Nr. 7 ist dem § 14 folgender Absatz anzufügen:
- "(8) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Genehmigung haben keine aufschiebende Wirkung."
Begründung
Bestandsübertragungen sind regelmäßig aufwendige wirtschaftliche Transaktionen, die für die beteiligten Unternehmen mit hohem administrativem und finanziellem Aufwand verbunden sind. Die Blockade einer solchen Transaktion, die schon durch den Widerspruch auch nur eines einzigen Versicherungsnehmers oder Vereinsmitglieds gegen die Genehmigung ausgelöst werden kann, hat regelmäßig verheerende finanzielle Folgen für die beteiligten Unternehmen und können die gesamte Transaktion wirtschaftlich sinnlos machen, selbst wenn die Rechtmäßigkeit der Genehmigung später (nach meist mehrjähriger Verfahrensdauer) gerichtlich festgestellt wird. Eine solche Blockade auf Grund einer Anfechtungsklage eines einzelnen Versicherungsnehmers wäre für die betroffenen Unternehmen unverhältnismäßig, da die Belange des Versicherungsnehmers bereits in ausreichendem Maße durch die Prüfung der Solvabilität und die Prüfung nach § 14 Abs. 4 VAG-E sowie bei VVaG nach Absatz 3 sichergestellt sind.
Hinzu kommt im Hinblick auf Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, dass es widersprechenden Versicherungsnehmern tatsächlich regelmäßig nicht um die Verhinderung der Umstrukturierungsmaßnahme als solcher geht, sondern darum, eine günstigere finanzielle Regelung für sich selbst zu erhalten. Mit der Verweisung solcher Streitigkeiten vor die Zivilgerichte wird diesem Anliegen indes in rechtsstaatlich ausreichender Weise Rechnung getragen. Genehmigung der Bestandsübertragung und verbindliche Festsetzung der Entschädigungshöhe können so sinnvoll entkoppelt werden. Damit ist letztlich allen Beteiligten gedient.
Die Rechtmäßigkeit der Genehmigung bleibt in vollem Umfang justiziabel.
4. Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 44a Abs. 1 Satz 1 VAG)
In Artikel 1 Nr. 10 ist in § 44a Abs. 1 Satz 1 das Wort "Barabfindung" durch das Wort "Abfindung" zu ersetzen.
Begründung
Der Gesetzentwurf sieht zwingend eine Abfindung vor. § 44a Abs. 3 VAG-E stellt hinsichtlich der Bemessung der Gegenleistung auf Regelungen ab, die aus § 181 UmwG entnommen sind. Nach dieser Regelung kommen aber neben der Abfindung auch versicherungstechnische Abfindungen in Form von zeitweiliger Prämienfreiheit, Erhöhung der Versicherungssumme oder der Gewinnanteile in Betracht (vgl. Lutter, UmwG, § 181 Rn. 7). Um den VVaG auch im Rahmen der Bestandsübertragung größeren Gestaltungsspielraum zu eröffnen, sollte von dem zwingenden Gebot einer Abfindung in bar abgesehen werden. Dies gilt umso mehr, als die Begründung anführt, der Gesetzentwurf wolle schwer erklärbare Unterschiede bei den Rechtsfolgen einer Bestandsübertragung und einer Umwandlung beseitigen.
5. Zu Artikel 1 Nr. 11a - neu - (§ 56a Satz 6 - neu - VAG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 11 folgende Nummer einzufügen:
"11a. Dem § 56a wird folgender Satz 6 angefügt:
"Lebensversicherungsunternehmen sind darüber hinaus berechtigt, in Ausnahmefällen mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde die Rückstellung für Beitragsrückerstattung, soweit sie nicht auf bereits festgelegte Überschussanteile entfällt, heranzuziehen, um
- 1. unvorhersehbare Verluste aus den überschussberechtigten Versicherungsverträgen auszugleichen, die auf allgemeine Änderungen der Verhältnisse zurückzuführen sind,
- 2. die Deckungsrückstellung zu erhöhen, wenn die Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse angepasst werden müssen.""
Begründung
Lebensversicherungsunternehmen sollte ermöglicht werden, im Notfall zur Stärkung der Deckungsrückstellung RfB-Mittel einzusetzen. Diese Erweiterung wäre sinnvoll und auch erforderlich, da entsprechende Notfallsituationen durchaus realistisch sind, etwa wenn auf Grund einer deutlich gestiegenen Lebenserwartung die vorhandenen Deckungsrückstellungen für die Rentenversicherung nicht mehr ausreichen sollten.
Da nach dem neuen VVG die kalkulatorischen und bilanziellen Sicherheitsmargen der Lebensversicherungsunternehmen reduziert werden, ist die Möglichkeit, RfB-Mittel zur Stärkung der Deckungsrückstellung einzusetzen, umso dringlicher, damit es bei einer unvorhersehbaren Entwicklung der Rechnungsgrundlagen zu keiner Schieflage kommt.
6. Zu Artikel 1 Nr. 12 (§ 64a Abs. 6 Satz 2 VAG)
In Artikel 1 Nr. 12 ist in § 64a Abs. 6 Satz 2 das Wort "endet" durch das Wort "beginnt" zu ersetzen.
Begründung
Bei der Implementierung des Risikomanagements gemäß § 64a VAG-E werden lediglich Übergangsfristen für kleinere Unternehmen gemäß Absatz 5 gewährt, obwohl in der Gesetzesbegründung zu § 64a Abs. 5 VAG-E ausdrücklich anerkannt wird, dass es zur Einführung eines angemessenen Risikomanagements in der Praxis erfahrungsgemäß eines Zeitraums von mehr als einem Jahr bedarf. Es sollten daher allen Unternehmen Übergangsfristen von mindestens einem Jahr eingeräumt werden. Für Unternehmen, deren Geschäftsjahr 2007/2008 z.B. bereits im Juni 2008 beginnt, wäre dies nicht der Fall.
7. Zu Artikel 1 Nr. 14 (§ 77 Abs. 2 Satz 2 VAG)
Artikel 1 Nr. 14 ist zu streichen.
Begründung
Die Ergänzung läuft auf ein Aufrechnungsverbot für Rückversicherungsunternehmen gegen Forderungen des Erstversicherungsunternehmens hinaus. Durch die Einführung einer solchen Bestimmung würden Rückversicherungsunternehmen unangemessen benachteiligt. Die Gesetzesbegründung, wonach bei einer entsprechenden Aufrechnungsmöglichkeit für Rückversicherungsunternehmen eine Gefährdung der Versicherten eintreten könnte, da eine solche Aufrechnung das Sicherungsvermögen schmälern würde, verkennt die Realität. Ein Aufrechnungsverbot für Rückversicherungsunternehmen ist aus der Natur des Vertragsgegenstandes heraus (Transfer des Risikos aus den Erstversicherungsverträgen) verfehlt. Die Leistung des Rückversicherers ist unmittelbar auf die Risiken des Erstversicherungsbestandes bezogen. Der Übernahme von Risiko steht die Zahlung von Rückversicherungsprämie durch den Erstversicherer gegenüber. Die intendierte Änderung von § 77 Abs. 2 VAG hätte zur Folge, dass für Forderungen des Rückversicherers zumindest gegenüber deutschen Kunden ein komplettes Aufrechnungsverbot greifen würde und damit die Gleichwertigkeit von Forderung und Gegenforderung einseitig gestört würde. Die jetzige Regelung würde dazu führen, dass für ein Rückversicherungsunternehmen keine Möglichkeit mehr besteht, seine Forderungen gegen einen Erstversicherer durchzusetzen, wenn ein zahlungsfähiger Erstversicherer seiner Leistungsverpflichtung ohne erkennbaren Grund nicht nachkommt.
Die beabsichtigte Regelung ist schließlich mit der international etablierten und praktizierten Abrechnungspraxis zwischen Rückversicherer und Erstversicherer nicht vereinbar:
Zwischen Erst- und Rückversicherer ist es gängige Praxis, dass unterjährig eine Verrechnung im Rahmen eines Kontokorrents der jeweils sich gegenüberstehenden fälligen Forderungen aus einem oder mehreren Rückversicherungsverträgen erfolgt. Der Abrechnungssaldo stellt dann am Ende des Geschäftsjahres gemäß § 16 RechVersV einen eigenen Bilanzposten beim Erstversicherer auf der Aktivseite dar (beim Rückversicherer umgekehrt auf der Passivseite eine Abrechnungsverbindlichkeit). Die geplante Bestimmung führt dazu, dass eine Saldierung der jeweiligen Ansprüche aus den Rückversicherungsverhältnissen in Zukunft nicht mehr möglich wäre. Die neue Regelung würde damit zu völlig unpraktikablen Ergebnissen führen. Ein Aufrechnungsverbot würde dazu führen, dass eine Verrechnung in Zukunft nicht mehr möglich ist (vgl. hierzu Beck´scher Versicherungsbilanz-Kommentar § 16 RechVersV Rdnr. 4: " Abrechnungsforderungen und -verbindlichkeiten gegenüber demselben Unternehmen können miteinander verrechnet werden, soweit sie i. S. v. § 387 BGB aufrechenbar ... sind.").