Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Situation der Flüchtlinge in Malta

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 306793 - vom 11. Mai 2006. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 6. April 2006 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Situation der Flüchtlinge in Malta

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass Besuche von Delegationen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres in Gewahrsamseinrichtungen in der Europäischen Union, zuletzt in Malta, gezeigt haben, dass Asylbewerber unter Bedingungen festgehalten werden, die weit unter international anerkannten Normen liegen, und dass auch ihre körperliche Verfassung sowie unzureichender oder nicht vorhandener Zugang zu grundlegenden Leistungen wie medizinische Versorgung, Sozialhilfe und rechtlicher Beistand besonderen Anlass zur Sorge geben,

B. in der Erwägung, dass eine Delegation des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres am 24. März 2006 nach Malta gereist ist, um die Einrichtungen für Verwaltungsgewahrsam zu besichtigen, und zwar Hal Safi, Hal Far und Lyster Barracks, und mit maltesischen Behörden und nichtstaatlichen Organisationen zusammenzutreffen, um über Einwanderungsfragen zu beraten,

C. in Erwägung der von den Mitgliedern der Delegation vor Ort getroffenen Feststellungen,

D. unter Hinweis darauf, dass in Malta Asylsuchende in Einrichtungen für Verwaltungsgewahrsam festgehalten werden,

E. in der Erwägung, dass die an den südlichen Grenzen der Europäischen Union gelegene Insel Malta als kleine Insel mit einer Größe von 316 km2 und 400 000 Einwohnern bei einer Bevölkerungsdichte von 1 200 Einwohnern pro km2 ganz offensichtlich nur über sehr begrenzte Kapazitäten für die Aufnahme und Unterbringung von Migranten und Asylbewerbern verfügt, die regelmäßig in großer Zahl an Maltas Küsten landen,

F. in der Erwägung, dass die im Jahresdurchschnitt in Malta ankommenden Personen 45 % der maltesischen Geburtenrate entsprechen und dass in Malta eine ankommende Person im Verhältnis zur Bevölkerung 140 ankommenden Personen in Italien, 150 in Frankreich und 205 in Deutschland entspricht, dass im Übrigen 2005 1 800 Personen in Malta angekommen sind, was mit 252 000 ankommenden Personen in Italien, 270 000 in Frankreich und 369 000 in Deutschland vergleichbar wäre,

G. unter Hinweis darauf, dass Malta 1 % seines Staatshaushalts zur Bewältigung der aktuellen Situation aufwendet, die sich in den kommenden Monaten und Jahren nur noch verschlimmern kann, und dass es einen erheblichen Teil seiner Armee und seiner Polizeikräfte, d.h. über 10 % seines Personals, zur Bewältigung der humanitären Notsituation und zur Verwaltung der Gewahrsams- und Aufnahmeeinrichtungen einsetzt,

H. unter Hinweis darauf, dass Malta nicht das Endbestimmungsland der auf der Insel ankommenden Personen ist, die erklären, dass sie in andere Mitgliedstaaten einreisen wollen,

I. in der Erwägung, dass der maltesische Staat nicht über genügend Personal verfügt, um die Asylanträge innerhalb einer vertretbaren Frist zu bearbeiten,

J. unter Hinweis darauf, dass ein Teil der in Malta ankommenden Personen aus Ländern kommt, in denen Krieg herrscht, vor allem aus Ländern am Horn von Afrika und aus Darfour, und dass es schwierig ist, sie in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken,

K. in der Erwägung, dass die Unterbringung in "offenen Einrichtungen" dem Aufenthalt in echten Haftanstalten immer noch vorzuziehen ist, wie es die Erfahrung in den Städten Ceuta und Melilla gezeigt hat,

L. in der Erwägung, dass die maltesische Verwaltungspraxis die Höchstdauer des Gewahrsams auf achtzehn Monate bei Migranten und auf zwölf Monate bei Asylbewerbern, die auf die Entscheidung über ihren Antrag warten, beschränkt,

M. in der Erwägung, dass die maltesische Bevölkerung von der Europäischen Union ein Zeichen der Solidarität und der Unterstützung erwartet, das bisher jedoch noch ausgeblieben ist,

N. in der Erwägung, dass die Europäische Union dringend mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln einschreiten müsste, um Malta bei seinen Bemühungen um die Bewältigung des Migrantenzustroms zu bewältigen, wie es auch vom maltesischen Staat gewünscht wird,

O. unter Hinweis darauf, dass die Union alle möglichen Anstrengungen unternehmen sollte, um Malta und den anderen EU-Grenzstaaten, die ähnliche Schwierigkeiten haben, zu helfen,

P. in der Erwägung, dass der Beitritt zur Europäischen Union für Malta und andere kleine Länder Probleme mit sich gebracht hat, was die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 angeht,


1 ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1.
2 ABl. L 31 vom 6.2.2003, S. 18.
3 ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12.
4 ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1.
5 ABl. L 326 vom 13.12.2005, S. 13.