Punkt 98 der 825. Sitzung des Bundesrates am 22. September 2006
Der Bundesrat möge an Stelle der Ziffern 1 bis 10 der Ausschussempfehlungen in BR-Drucksache 510/1/06 folgende Ziffern beschließen:
Der Bundesrat begrüßt im Grundsatz die Vorlage eines Vorschlags für eine "Richtlinie über Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik", die als Tochterrichtlinie der EG-Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG zu implementieren ist:
- 1. Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass auch für punktuelle industriellgewerbliche Einleitungen prioritärer Stoffe, die nicht der IVU-Richtlinie unterliegen, die Anwendung der besten verfügbaren Techniken (BAT) europaweit festgelegt wird. Durch die Verwirklichung dieses "kombinierten Ansatzes" sind in Deutschland bereits sehr große Fortschritte bei der Minderung von Stoffeinträgen in die Gewässer erreicht worden
- 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei der Beratung im Rat dafür Sorge zu tragen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft durch erlaubte Einleitungen von Oberliegern in anderen Mitgliedstaaten nicht eingeschränkt wird.
- 3. Er bittet die Bundesregierung weiterhin, die Kommission aufzufordern, ihrem Anspruch an kohärente EU-Politiken nachzukommen und für die einzelnen Stoffe konkret darzustellen, welche europaweiten Regeln für die entsprechenden Stoffe in anderen Politikbereichen gelten und wie noch bestehende Regelungslücken gefüllt werden sollen.
- 4. Bei verschiedenen Stoffen sind für die Umweltqualitätsnormen andere Werte festgelegt worden, als diese im bisherigen fachlichwissenschaftlichen Verfahren (Technical Guidance Dokument) abgeleitet worden sind. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, von der Kommission entsprechende Erläuterungen für die Abweichung von den zunächst fachlich abgeleiteten Werten einzufordern und sich für eine Festlegung der Qualitätsnormen nach einem für alle prioritären Stoffe einheitlichen Konzept einzusetzen.
- 5. Der Bundesrat lehnt die Einführung einer verbindlichen und vollzugsrelevanten Messpflicht und die Festlegung von Umweltqualitätsnormen für Biota und Sedimente, die in Artikel 2 Abs. 2 und 3 gefordert werden, ab - zumindest für den Bereich der Binnengewässer. Dies erfolgt unter Verweis auf den damit verbundenen, von den Ländern zu tragenden Messaufwand sowie die bestehenden sehr großen fachlichen Unsicherheiten bezüglich der Bewertung solcher Daten und der Konsequenzen von Normüberschreitungen. Diese Ablehnung erfolgt auch vor dem Hintergrund, dass gemäß dem Technical Guidance Dokument immissionsseitige Umweltqualitätsnormen bereits unter Berücksichtigung von Bioakkumulationseffekten abgeleitet worden sind.
- 6. Der Bundesrat lehnt die formalen Festlegungen zur Eingrenzung von Übergangszonen der Überschreitungen ab. Die Einhaltung von Umweltqualitätsnormen wird konform zur EG-Wasserrahmenrichtlinie und zum Richtlinienvorschlag, Anhang I Teil C, an repräsentativen Messstellen überwacht. Die Festlegung von Übergangszonen erübrigt sich damit. Das in Artikel 3 Abs. 2 beschriebene Verfahren würde zu enormem Vollzugs- und Berichtsaufwand führen, der seitens der Länder keinesfalls geleistet werden kann. Daher bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich für eine Streichung von Artikel 3 Abs. 2 einzusetzen.
- 7. Weiterhin ist es aus Sicht des Bundesrates erforderlich, dass genehmigte Einleitungen aus Punktquellen nach wie vor auf Dauer möglich und bei Einhaltung der besten verfügbaren Technik Einleitungen auch weiterhin problemlos genehmigungsfähig sein müssen,
- 8. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die in Artikel 4 geforderte Bestandsaufnahme der Emissionen, Einleitungen und Verluste entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip und mit Blick auf den schonenden Umgang mit vorhandenen Ressourcen nur in aggregierter Form auf der Grundlage vorhandener Daten erfolgen kann. Darüber hinaus ist der Zeitplan für die Erstellung der Bestandsaufnahme auf den Zeitplan der Wasserrahmenrichtlinie abzustimmen.
- 9. Zuletzt weist der Bundesrat darauf hin, dass der Richtlinienvorschlag noch handwerkliche Fehler enthält, insbesondere sind für als Stoffgruppen festgelegte prioritäre Stoffe im Anhang I Leitparameter festzulegen, wobei die für einen Teil dieser Stoffe bereits im Anhang II getroffenen Regelungen zu übernehmen sind. Außerdem ist in einigen Punkten eine Konkretisierung, ggf. durch Technische Dokumente, erforderlich (Hintergrundkonzentrationen, Umgang mit Konzentrationen kleiner Bestimmungsgrenze etc.).
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die Empfehlung in BR-Drucksache 510/1/06 wird mit diesem Plenarantrag bis auf die Ziffer 2 und Satz 3 der Ziffer 3 übernommen. Die neu hinzugefügten Anträge in Ziffern 2 (neu) und 7 (neu) beinhalten weitergehende Forderungen. Insbesondere soweit Industrieanlagen von Maßnahmen betroffen sind, die auf die Einhaltung der Qualitätsnormen gerichtet sind, muss sichergestellt sein, dass diese Maßnahmen nicht mehr fordern können als den Einsatz der besten verfügbaren Emissionsminderungstechniken. Alle darüber hinausgehenden Maßnahmen würden zu Produktionsunterbrechungen oder Stilllegungen führen.