Der Bundesrat hat in seiner 899. Sitzung am 6. Juli 2012 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Die Kommission hatte bereits am 3. Oktober 2011 einen Richtlinienvorschlag in der Sache vorgelegt (vgl. KOM (2011) 593 endg., BR-Drucksache 639/11 (PDF) ). Der Bundesrat hat hierzu am 25. November 2011 umfassend Stellung genommen (BR-Drucksache 639/11(B) ). Der nun vorgelegte Richtlinienvorschlag weicht hiervon im Wesentlichen nicht ab, so dass der Bundesrat zu der erneuten Vorlage auf seine Stellungnahme vom 25. November 2011 (BR-Drucksache 639/11(B) ) verweist.
- 2. Daher lehnt der Bundesrat die Festlegung von Grenzwerten für die Radonkonzentration in Gebäuden ab. Freiwillige Maßnahmen auf der Grundlage von Information und Aufklärung sind in diesem Falle zielführender.
- 3. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die mit dem Richtlinienvorschlag entstehenden Kontrollpflichten und möglicherweise daraus erwachsende Anpassungspflichten von Gebäuden zu erheblichen Kosten für die Betroffenen führen. Neben Pflichten, Radonmessungen durchzuführen, können nach dem Richtlinienvorschlag gegebenenfalls Maßnahmen zur Reduzierung der Radonkonzentration erforderlich sein. Eine Kontrolle der Verpflichtungen ist jedoch kaum durchführbar, da die derzeit gängigen Messverfahren im Bereich der vorgesehenen Referenzwerte erhebliche Fehlergrößen aufweisen und durch die Betroffenen leicht manipulierbar sind. Andernfalls wären sie mit so hohem zeitlichen und technischen sowie finanziellen Aufwand verbunden, dass dieser gegenüber den Betroffenen nicht darstellbar erscheint. Der Bundesrat hält es daher für erforderlich, die in den Artikeln 2, 74, 100 und 103 sowie im Anhang XVI formulierten Regelungen zur Exposition durch Radon in Gebäuden zu streichen.
- 4. Der Bundesrat ist weiterhin der Auffassung, dass es keiner verpflichtenden Vorgaben zur Exposition durch Baumaterialien in Gebäuden bedarf.
- 5. Die im Richtlinienvorschlag enthaltenen Regelungen, nach denen u.a. auf der Basis bestimmter Kriterien für als bedenklich eingestufte Arten von Baumaterialien Aktivitätskonzentrationen genannter Nuklide bestimmt und die Baumaterialien danach klassifiziert werden sollen, in deren Folge Materialien zu registrieren und ggf. in ihrer Verwendung einzuschränken sind, führen zu einem erheblichen Aufwand für den Staat und betroffene Unternehmen. Dies ist hinsichtlich der erreichbaren Verbesserung des Vorsorgeniveaus unangemessen. So ist auch im Ergebnis von Messungen zu radioaktiven Stoffen in Baumaterialien, die das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) als gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Länder zur einheitlichen Erfüllung bautechnischer Aufgaben in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Strahlenschutz durchgeführt hat, der Handlungsbedarf gering. Mit der in der Bauproduktenverordnung (Verordnung (EU) Nr. 305/2011) verbindlich vorgegebenen Grundanforderung 3 (Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz) zur harmonisierten Bauproduktnormung würde eine nicht verfahrens- und sachgerechte Doppelregelung bei gleichzeitiger Anwendung des vorliegenden Richtlinienvorschlags bestehen. Der Bundesrat hält es aus diesen Gründen für erforderlich, die in den Artikeln 2, 74, 75, 100 in Verbindung mit Artikel 103 und den Anhängen VII und XI formulierten Regelungen zur Exposition durch Baumaterialien in Gebäuden zu streichen.
- 6. Der Bundesrat sieht weiterhin die Notwendigkeit, die Inkonsistenzen im Bereich der Regelungen zu den natürlichen Strahlenexpositionen zu beseitigen und die entsprechenden Regelungen auf ein realisierbares und vernünftiges Maß zu reduzieren.
Der Bundesrat weist erneut daraufhin, dass die erhebliche Ausweitung des Anwendungsbereichs der EU-Strahlenschutzgrundnormen zu einem zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwand führen wird, da sie weit über die derzeit in Deutschland bestehenden Regelungen hinausgehen.
- 7. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, zur Begrenzung der wirtschaftlichen und verwaltungstechnischen Auswirkungen im weiteren Verfahren mit Nachdruck auf Änderungen in diesem Sinne hinzuwirken.
- 8. Er bittet die Bundesregierung ferner, in den Ratsverhandlungen vor dem Hintergrund der bestehenden europäischen und deutschen Strahlenschutzvorschriften die notwendigen Vorschläge zur Nachbesserung der Regelungen des Entwurfes der Euratom-Richtlinie zu unterbreiten. Die Bundesregierung möge in diesem Rahmen das aktuelle Regelwerk in Deutschland, insbesondere die Abweichungen vom Vorschlag des Rates, und die bisherigen Erfahrungen der Länder zur Umsetzung der Strahlenschutzverordnung und der Röntgenverordnung berücksichtigen. Die Prüfung sollte auch vorsehen, welche personellen und ggf. finanziellen Aufwände auf die Behörden bei der Umsetzung der Regelungen aus dem Entwurf der Richtlinie zukommen.
- 9. Er bittet die Bundesregierung weiterhin, die Länder über die Ergebnisse der Verhandlungen zu informieren.