A
Der federführende Agrarausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat,
zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat hat sich bereits in seinem Beschluss vom 19. Oktober 2001 (BR-Ducksache 555/01(Beschluss) kritisch zu Werbeverboten für Tabakerzeugnisse geäußert. Er steht deshalb dem Entwurf der Bundesregierung für ein Erstes Gesetz zur Änderung des Vorläufigen Tabakgesetzes, mit dem die Richtlinie 2003/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zu Gunsten von Tabakerzeugnissen in nationales Recht umgesetzt werden soll, kritisch gegenüber und lehnt ihn daher ab.
- 2. Nach Auffassung des Bundesrates sollte das Gesetz erst dann in Kraft treten, wenn der Europäische Gerichtshof über die Klage entschieden hat, die die Bundesrepublik Deutschland am 9. September 2003 beim Europäischen Gerichtshof gegen das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union erhoben und in der sie beantragt hat, Artikel 3 (Tabakwerbeverbot in Druckerzeugnissen und Diensten der Informationsgesellschaft) und Artikel 4 (Tabakwerbeverbot im Rundfunk) der Tabakwerberichtlinie für nichtig zu erklären. Wenn das Gesetz schon in Kraft tritt, bevor der Europäische Gerichtshof entschieden hat, weckt das Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Klage der Bundesregierung und schmälert möglicherweise ihre Erfolgsaussichten in dem anstehenden Gerichtsverfahren. Das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof ist auch geeignet, eine Reihe von Zweifelsfragen zu klären, die in der Tabakwerberichtlinie enthalten sind und die die Bundesregierung in ihren Gesetzentwurf übernommen hat (z.B. ob unter dem Begriff "gedruckte Veröffentlichungen" auch Werbeprodukte der Individualkommunikation fallen).
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung ferner darauf hinzuwirken, dass der Europäische Gerichtshof gemäß Artikel 242 Satz 2 EWG-Vertrag die Umsetzung der Tabakwerberichtlinie während des laufenden Gerichtsverfahrens aussetzt.
- 4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, ihrer eigenen Argumentation in dem vor dem Europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahren folgend, darauf hinzuwirken, dass § 21a Abs. 2 (Tabakwerbeverbot im Hörfunk) und § 21a Abs. 3 (Tabakwerbeverbot für die Presse und andere gedruckte Veröffentlichungen) ihres Gesetzentwurfs nur gelten, soweit diese Medien grenzüberschreitend im Geltungsbereich der Europäischen Union vertrieben werden.
- 5. Nach Auffassung des Bundesrates bedarf schließlich § 21a Abs. 6 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (Sponsoring) einer grundlegenden Überarbeitung. So muss z.B. klargestellt werden, dass nicht das Sponsoring von Veranstaltungen, "an denen mehrere Mitgliedstaaten beteiligt sind", verboten ist, sondern nur von Veranstaltungen, an denen Unternehmen aus mehreren Staaten teilnehmen. Klargestellt werden muss hier auch, dass die Veranstaltung, "die in mehreren Mitgliedstaaten stattfindet" , auch innerlich nach einem Gesamtkonzept zusammengehören muss und auch die Ausrichtung auf ein Publikum aus mehreren Mitgliedstaaten vom veranstaltenden Unternehmen beabsichtigt sein muss.
- 6. Schließlich weist der Bundesrat darauf hin, dass sich - entgegen der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs - die durch den Entwurf der Bundesregierung bewirkten Umsatzrückgänge in den betroffenen Wirtschaftskreisen sehr wohl beziffern lassen. So veranschlagt die deutsche Werbewirtschaft diese Rückgänge auf über 100 Mio. €, mit allen negativen Auswirkungen auf die in diesen Branchen tätigen Unternehmen und Beschäftigten.
- 7. Der Bundesrat bittet, den betroffenen Wirtschaftskreisen im weiteren Gesetzgebungsverfahren ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.
B
- 8. Der Ausschuss für Frauen und Jugend, der Gesundheitsausschuss und der Ausschuss für Kulturfragen empfehlen dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.