Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern
Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Punkt 52 der 821. Sitzung des Bundesrates am 7. April 2006

Der Bundesrat möge anstelle der Empfehlung in Ziffer 1 der Drucksache 119/1/06 folgende Änderungen beschließen:

Zu Artikel 1 Nr. 1 (Inhaltsübersicht),


Nr. 2 (§ 2 Nr. 5 bis 16),
Nr. 3a (§ 13),
Nr. 3b (§ 13a - neu -, § 13b - neu -),
Nr. 7 (§ 26 Abs. 1 Nr. 17),
Nr. 8 (§ 27 Abs. 3,
Abs. 4 Satz 1, 2 - neu -)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

A. Allgemeines

Mit der Richtlinie 1999/74/EG des Rates vom 19. Juli 1999 zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen (ABl. L 203 S. 53) hat der Rat der Europäischen Union gemeinschaftsrechtliche Tierschutzregelungen zur Haltung von Legehennen erlassen. Diese Richtlinie soll mit dem Änderungsvorschlag zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.

Weiterhin werden im Rahmen des Vorschlags hinreichend bestimmte Vorgaben der Empfehlung in Bezug auf Haushühner der Art Gallus gallus berücksichtigt die der Ständige Ausschuss des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen am 28. November 1995 (BAnz. 2000 Beilage 89a) angenommen hat.

Durch den Vorschlag zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung soll insbesondere die Kleingruppenhaltung als gleichwertige Alternative zur Boden- und Freilandhaltung in Deutschland eingeführt werden. Die allgemeinen Anforderungen an die Haltung von Legehennen bleiben auch weiterhin bestehen und werden in § 13 zusammengefasst. Diese gelten sowohl für die Boden- und Freilandhaltung (§ 13a), als auch für die Kleingruppenhaltung (§ 13b). Für bestehende Betriebe wird eine zeitlich gestufte Übergangsfrist eingeräumt, damit die Tierhalter die Möglichkeit erhalten, auf andere Haltungsformen umzustellen, da sich dies nicht mehr bis zum 31. Dezember 2006 realisieren lässt. Die Boden- und Freilandhaltung bleibt grundsätzlich in der bisherigen Form bestehen, jedoch werden in der Freilandhaltung Kaltscharrräume für Haltungseinrichtungen Pflicht, die nach dem In-Kraft-Treten der Verordnung in Benutzung genommen wurden da sich diese in der Praxis bewährt haben.

Der Vorschlag zur Änderungsverordnung hat keine finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte.

Negative Auswirkungen auf die Umwelt sind nicht zu erwarten.

Für die betroffenen Legehennenhalter entstehen bei Umstellung auf Haltung der Legehennen in andere Haltungsformen finanzielle Aufwendungen.

Die entstehenden Kosten für eine Umstellung auf die Kleingruppenhaltung werden gegenwärtig zwischen 10 und 15 Euro pro Legehennenplatz beziffert.

Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau sind allerdings nicht genau zu quantifizieren.

B. Einzelvorschriften

Zu Buchstabe a

Die Inhaltsübersicht ist der Neugliederung des Verordnungstextes anzupassen.

Zu Buchstabe b (§ 2)

Durch die Aufnahme der Kleingruppenhaltung in den Verordnungstext ist es notwendig die Legaldefinitionen des § 2 zu ergänzen. Die Definitionen "Nest", "Gruppennest" und "nutzbare Fläche" entsprechen Artikel 2 Abs. 2 Buchstabe a, b und d der Richtlinie 1999/74/EG. Die Definition des Kaltscharrraumes beruht auf Erfahrungen aus der Praxis.

Zu Buchstabe c (Allgemein)

Diese Änderung vollzieht eine Neugliederung des Verordnungstextes in Bezug auf die Legehennenhaltung. § 13 enthält allgemeine Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Legehennen. Besondere Anforderungen an bestimmte Haltungssysteme werden gesondert in den §§ 13a und 13b geregelt.

Zu § 13 Abs. 2 Nr. 1

Die bisherige alleinige Festsetzung einer Mindesthöhe ist nicht geeignet, das artgemäße Bewegungsverhalten entsprechend den Anforderungen des Tierschutzgesetzes sicherzustellen. Die Zuordnung des Funktionsbereichs zur Fläche ist erforderlich.

Zu § 13a

In § 13a werden die Anforderungen, die an eine Bodenhaltung zu stellen sind, aufgeführt. Inhaltlich sind die Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung an die Bodenhaltung mit Ausnahme der Absätze 8 und 9 nicht geändert worden. In Absatz 8 Satz 3 wird auf eine Einzelfallentscheidung der zuständigen Behörde zugunsten des Bürokratieabbaues verzichtet. In Absatz 9 wird für Freilandhaltungen ein Kaltscharrraum grundsätzlich gefordert, da dieser nach praktischen Erfahrungen dazu beiträgt, die Gesundheitsvorsorge in den Freilandhaltungen erheblich zu verbessern. Es wird auch der Nutzung von Altgebäuden, die ggf. auf Grund ihrer Lage oder Bausubstanz den Anbau eines Kaltscharrraums nicht zulassen durch Absatz 8 Satz 2 ausreichend Rechnung getragen.

Zu § 13b

§ 13b dient der Umsetzung der EU-Richtlinie 1999/74/EG des Rates vom 19. Juli 1999 zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen (ABl. L 203 S. 53) und entspricht der Richtlinie in folgenden Absätzen:

Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Richtlinie 1999/74/EG
§ 13b Abs. 2 Kapitel III Artikel 6 Nr. 1 Buchstabe a)
§ 13b Abs. 5 Kapitel III Artikel 6 Nr. 1 Buchstabe d) und Nummer 2
§ 13b Abs. 6 Kapitel III Artikel 6 Nr. 4
§ 13b Abs. 7 Nr. 7 des Anhanges der RL 1999/47/EG

Auf der Basis der Richtlinie 1999/74/EG wurde in Deutschland der ausgestaltete Käfig weiter entwickelt, wobei insbesondere die Bedenken, die diesem System hinsichtlich der Erfüllung ethologischer Bedürfnisse der Legehennen entgegengebracht werden, aufgegriffen wurden. In § 13b wird insbesondere durch Konkretisierung der Funktionsbereiche wie Nest und Einstreubereich sowie der Mindestgröße einer Einrichtung über die einschlägigen Vorgaben der EU hinausgegangen. Die in § 13b enthaltenen Maße beruhen auf den in der Praxis gewonnenen Erkenntnissen. Insbesondere im Bereich der Gesundheitsvorsorge kann dieses Haltungssystem nach derzeitigem Wissensstand Vorteile gegenüber der Bodenhaltung aufweisen.

Auch kann auf ein Kürzen der Schnäbel zur Verhütung schwerwiegender Verletzungen durch Federpicken und Kannibalismus verzichtet werden. Neben den Mindestabmessungen für Nest, Einstreubereich und Sitzstangen gelten auch für die Kleingruppenhaltung die allgemeinen Vorgaben der §§ 13 und 14, so dass auch in diesem System - wenn auch in eingeschränkter Form im Vergleich zur Bodenhaltung - das angemessene Ausüben arteigener Verhaltensweisen ermöglicht werden muss. Durch die Einführung dieses Haltungssystems soll erreicht werden, dass sowohl kleinere Legehennen haltende Betriebe, die aus arbeitsorganisatorischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen oder auf Grund ihrer Betriebslage nicht auf eine Bodenhaltung umrüsten können, weiterhin Legehennen halten können.

Auch Großbetrieben muss - um ein Abwandern der Legehennenhaltung in Staaten mit geringeren Tierschutzstandards möglichst zu verhindern - die Chance eingeräumt werden, gegenüber der Legehennenhaltung in anderen EUMitgliedstaaten wettbewerbsfähig zu sein. Nach derzeitigem Wissensstand und Abwägung der Tierschutzanforderungen mit den berechtigten Interessen der Tierhalter bei Einhaltung der o. a. Vorgaben wird sowohl dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 6. Juli 1999 (Az.: 2 BvF 3/90), als auch der Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz ausreichend Rechnung getragen.

Der Bundesrat hatte sich im Beschluss vom 17. Dezember 2004 (BR-Drucksache 482/04 (PDF) - Beschluss) für eine lichte Höhe von 60 Zentimetern, gemessen unmittelbar hinter dem Futtertrog, ausgesprochen und dafür, dass die Höhe an keiner Stelle weniger als 50 Zentimeter beträgt. Diese Beschlusslage wird beibehalten.

Zu Buchstabe d (§ 26 Abs. 1 Nr. 17)

Die Ordnungswidrigkeitstatbestände sind der Neugliederung des Verordnungstextes anzupassen. Außerdem sind mit der Zulassung der Kleingruppenhaltung neue Tatbestände aufzunehmen, damit auch Verstöße gegen die §§ 13a und § 13b mit einer Geldbuße geahndet werden können.

Zu Buchstabe e (§ 27 Abs. 3 und 4)

In § 27 Abs. 3 ist die Übergangsfrist auf das Jahr 2020 zu verlängern, um die betriebswirtschaftlich vorgegebene Abschreibungsfrist der Projektanlagen einzuhalten.

Die Übergangsregelung in § 27 Abs. 4 ist anzupassen. In Deutschland werden derzeit in Beständen mit mehr als 3000 Legehennen ca. 38 Millionen Legehennen gehalten. Trotz intensiver Werbung und dem Angebot von Fördermaßnahmen sind noch ca. 78 % dieser Tiere in herkömmlichen Käfigen untergebracht wobei regionale Unterschiede zu beobachten sind. Viele der Betriebe begründen nachvollziehbar, dass eine Umstellung nicht vollzogen werden konnte, weil

Insofern steht zu befürchten, dass, neben der Aufgabe der Legehennenhaltung in kleineren Betrieben, größere Betriebe ihre Tierhaltung in andere Länder mit evtl. geringeren Tierschutzstandards verlegen. Ziel muss es jedoch sein, möglichst vielen Legehennenhaltern die Möglichkeit zu bieten, weiterhin Legehennen in gegenüber dem herkömmlichen Käfig deutlich verbesserten Haltungsbedingungen halten zu können. Daher ist die Übergangsregelung insoweit anzupassen. Die Anpassung bedingt aus rechtsförmlichen Gründen eine Neufassung des § 27 Abs. 4, da nur so die zusätzlichen Voraussetzungen für die Weiternutzung regelungstechnisch in die bestehende Vorschrift eingefügt werden können. Dabei entsprechen die Bestimmungen des neuen Satzes 1 Nr. 1 Buchstabe a bis f inhaltlich und vom Wortlaut den Nummern 1 bis 6 des bisherigen Absatzes 4.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Mit dem Ziel, eine tragbare Lösung für den Tierschutz einerseits und die Legehennenhaltung in Deutschland andererseits zu erreichen und dabei die Interessen einer Vielzahl von gesellschaftlichen Gruppen angemessen zu berücksichtigen ist es erforderlich geworden, die Empfehlung für das Plenum noch näher an den Beschluss aus dem Jahre 2004 anzupassen.

So wurde in § 13b Abs. 2 das Platzangebot sowie in Abs. 5 die Futtertrogbreite für Hennen über zwei Kilogramm erweitert. In § 13b Abs. 5 wurde eine Festlegung zur Anordnung der Sitzstangen getroffen.

Gestrichen wurde ferner die in § 13b Abs. 3 Satz 2 der Ausschussempfehlung vorgesehene Möglichkeit, eine geringere Höhe als 60 cm für die Kleinvoliere im Ausnahmefall zuzulassen.

Eine weitere Änderung betrifft die Übergangsfrist. So ist nunmehr vorgesehen, dass nur die Betriebe, die bis zum 15.12.2006 verbindlich erklären, dass sie auf zulässige Haltungsverfahren umstellen, auch über den 31.12.2006 hinaus bis zum 31.12.2008 und im begründeten Einzelfall noch um ein weiteres Jahr die Legehennen in den herkömmlichen Käfigen weiter halten können. Die Anpassung bedingt aus rechtsförmlichen Gründen eine Neufassung des § 27 Abs. 4, da nur so die zusätzlichen Voraussetzungen für die Weiternutzung regelungstechnisch in die bestehende Vorschrift eingefügt werden können.

Dabei entsprechen die Bestimmungen des neuen Satzes 1 Nr. 1 Buchstabe a bis f inhaltlich und vom Wortlaut den Nummern 1 bis 6 des bisherigen Absatzes 4.

Die Änderungen gegenüber der Ausschussempfehlung wurden zur leichteren Erkennbarkeit textlich hervorgehoben.