Der Bundesrat hat in seiner 969. Sitzung am 6. Juli 2018 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Gesetzentwurf allgemein
1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich den Ansatz der Bundesregierung, Elektro-Lkw von der Lkw-Maut zu befreien, um so den Markthochlauf für diese Fahrzeuge zu unterstützen.
Zu den einzelnen Vorschriften
2. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG)
a) In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a ist Doppelbuchstabe aa wie folgt zu fassen:
"aa) Nummer 6 wird wie folgt neu gefasst:
"land- oder fortwirtschaftliche Fahrzeuge im Güterkraftverkehr mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von maximal 40 km/h sowie land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 7 Güterkraftverkehrsgesetz," "
Begründung:
Mit der Änderung wird der bisherige Ausnahmetatbestand für lof-Fahrzeuge gemäß GüKG § 2 Absatz 1 Nummer 7 GüKG wiederhergestellt. Höchstrichterliche Entscheidungen hatten die bisherige gleichlautende Auslegung des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) verneint.
Als mit der in 2017 erfolgten Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes (BFStrMG) die Mautpflicht für Bundesstraßen ab dem 1. Juli 2018 beschlossen wurde, sollten nach Absicht des Gesetzgebers die Transporte der landwirtschaftlichen Betriebe unter anderem mit klassischen land- oder forstwirtschaftlichen (lof) Zugmaschinen (Ackerschlepper, Geräteträger) für eigene Zwecke weiterhin umfänglich von der Maut befreit sein. Zusätzlich wurde ein Befreiungstatbestand für den geschäftsmäßigen (entgeltlichen) Güterverkehr im landwirtschaftlichen Bereich bis zu einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h eingeführt (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG).
Die Regelung in § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG erfolgte als zusätzlicher Befreiungstatbestand. Für Transporte mit klassischen lof-Zugmaschinen Ackerschlepper und lof-Zugmaschinen Geräteträger war nach allgemeiner Rechtsauffassung ein gesetzlicher Befreiungstatbestand nicht nötig, da die nach § 2 Absatz 1 Nummer 7 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) erfassten Transporte kein "Güterkraftverkehr" im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 Variante 2 BFStrMG darstellen.
Nach mehreren jüngsten Gerichtsentscheidungen - unter anderem des OVG Münster (Beschluss vom 26. Oktober 2016, AZ: 9(B) 550/16 (PDF) ) - hat die Definition des Begriffs "Güterkraftverkehr" im Sinne des BFStrMG nicht mehr unter Berücksichtigung der Ausnahmen des § 2 GüKG zu erfolgen. Dieser Rechtsauffassung hat sich das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) Ende April dieses Jahres angeschlossen.
Dies hat zur Folge, dass ab dem 1. Juli 2018 auch die Transporte der landwirtschaftlichen Betriebe für eigene Zwecke oder im Rahmen der Nachbarschaftshilfe oder im Rahmen von Maschinenringen, sofern diese Fahrzeuge über eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von mehr als 40 km/h verfügen, der Mautpflicht unterliegen.
Ersichtlich war und ist diese Verfahrensweise hinsichtlich der landwirtschaftlichen Transporte vom Gesetzgeber nicht gewollt. Klassische lof-Zugmaschinen Ackerschlepper (Traktoren) und lof-Zugmaschinen Geräteträger mit einer höheren bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit als 40 km/h, die für Feldarbeiten konstruiert sind, sollten nach der gesetzgeberischen Intention zur Einführung der Maut auf Bundesstraßen auch künftig nicht der Mautpflicht unterfallen, soweit diese für die übliche Beförderung von land- und forstwirtschaftlichen Bedarfsgütern oder Erzeugnissen gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 7 GüKG verwendet werden.
Die Ergänzung um forstwirtschaftliche Fahrzeuge am Anfang des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG dient lediglich der redaktionellen Klarstellung, dass forstwirtschaftliche Fahrzeuge ebenfalls dieser Ausnahmeregelung unterfallen. Dies entspricht der bereits gelebten Auslegungspraxis und im Übrigen auch der gesetzlichen Gleichbehandlung von land- und forstwirtschaftlichen
Fahrzeugen im Deutschen Verkehrsrecht.
Der Wegfall des Wortes "geschäftsmäßig" inklusive der Änderung des Wortes "Güterverkehr" durch "Güterkraftverkehr" dient ebenfalls der Klarstellung hinsichtlich der aktuellen Auslegung des Begriffs "geschäftsmäßig" durch das Bundesamt für Güterverkehr (BAG), wonach "entgeltliche Transporte (gewerblicher Güterkraftverkehr) nicht vom Mautbefreiungstatbestand des § 1 Absatz 2 Nummer 6 BFStrMG nicht umfasst" seien. Der Grund für den Ausschluss entgeltlicher Transporte von der Mautbefreiung ist nicht ersichtlich. Vor allem ist dieser Ausschluss nicht mit dem Begriff des geschäftsmäßigen Güterverkehrs in Einklang zu bringen und würde im Ergebnis die Motive des Gesetzgebers zur Schaffung der Ausnahme des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG konterkarieren.
Der Begriff der Geschäftsmäßigkeit wird nach dem GüKG wie folgt definiert:
"Der Begriff der Geschäftsmäßigkeit setzt voraus, dass der Beförderer zumindest beabsichtigt, die wiederholte Beförderung zum Gegenstand seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Betätigung zu machen." Damit ist ersichtlich, dass auch entgeltliche Transporte geschäftsmäßig in diesem Sinne sind, denn auch hier beabsichtigt der Beförderer, die wiederholte Beförderung zum Gegenstand seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Betätigung zu machen. Insofern ist der Begriff "entgeltlich" Teil des Begriffs "geschäftsmäßig" bzw. der Begriff "geschäftsmäßig" ist der Überbegriff, in welchem der Begriff "entgeltlich" mit enthalten ist.
Würde nun die gegenteilige Auffassung des BAG zutreffend sein, so hätte dies weitreichende Folgen für die Praxis. Entgeltliche Transporte würden nicht der Ausnahme für landwirtschaftliche Fahrzeuge unterfallen. Die in § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BFStrMG geregelte Ausnahme würde zu einem großen Teil "leerlaufen". Für die Kontrolle wäre dies mit einem hohen Aufwand verbunden, weil schwer kontrollierbar.
b) Der Bundesrat fordert, für land- und fortwirtschaftliche Fahrzeuge im Gü-terkraftverkehr mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von maximal 40 km/h sowie land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 7 Güterkraftverkehrsgesetz eine Übergangsregelung hinsichtlich deren Mautbefreiung zu treffen, die den Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2018 (Inkrafttreten des Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes) und dem 1. Januar 2019 (Inkrafttreten des Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes) abdeckt. Die Übergangsregelung ist so auszugestalten, dass eine Ausrüstung der oben genannten Fahrzeuge mit Fahrzeuggeräten zur Mauterfassung (OBU) nicht erforderlich wird und Mautzahlungen nicht zu entrichten sind.
3. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 BFStrMG)
In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ist § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 wie folgt zu fassen:
"7. elektrisch betriebene Fahrzeuge im Sinne des § 2 Nummer 1 des Elektromobilitätsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, deren Reichweite unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 40 Kilometer beträgt."
Begründung:
Unter § 2 Nummer 1 EmoG fallen auch von außen aufladbare Hybridelektrofahrzeuge, wobei keine Mindestreichweite für den elektrischen Antrieb vorgegeben ist. Eine Befreiung von Plugin-Hybrid-Lkw mit einer sehr geringen elektrischen Reichweite ist aus umweltpolitischer Sicht nicht zweckdienlich. Signifikante positive Effekte auf THG-Emission, Luftbelastung und Lärmbelastung sind nur mit einer Mindestreichweite zu erwarten. Es bedarf somit der Einführung einer Mindestreichweite zur Mautbefreiung der von außen aufladbaren Hybridelektrofahrzeuge. Diese ist in § 3 Absatz 2 Nummer 2 derzeit mit 40 Kilometern festgesetzt.
4. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a (§ 1 Absatz 2 BFStrMG)
Die Bundesregierung wird gebeten zu prüfen, inwieweit Fahrzeuge, die im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge zur Sicherstellung der Abfallbeseitigung und -entsorgung genutzt werden, von der Maut befreit werden können.
Begründung:
Nach Ablauf der Übergangsregelungen nach § 13a des am 31. März 2017 in Kraft getretenen novellierten Bundesfernstraßenmautgesetzes (BFStrMG) wird die LKW-Maut mit Wirkung zum 1. Juli 2018 auf das gesamte Bundesfernstraßennetz ausgedehnt. Die Maut soll mit dem vorliegenden Gesetz angehoben werden. Das damit verbundene Ziel der Verlagerung des Gütertransports auf Schiene und Wasser ist nachvollziehbar und richtig. Im Falle des Transports von Haushalts- und Gewerbeabfällen zum Zweck der Sammlung, Sortierung und Verwertung ist eine Verlagerung jedoch häufig weder möglich noch sinnvoll.
Die geplante Erweiterung der Maut bedeutet damit nicht unerhebliche Mehrbelastungen für die gesamte kommunale und private, mittelständisch geprägte Abfallwirtschaft. Dies gilt insbesondere in ländlich geprägten Regionen, in denen Abfallsammelfahrzeuge Bundesstraßen nutzen. Eine Lenkungswirkung durch die Maut ist hier technisch ausgeschlossen; eine Verlagerung des Verkehrs auf Stadt- und Kreisstraßen führt zudem nur zu noch höheren Umweltbelastungen.
Darüber hinaus bestehen für viele Fahrzeuge - insbesondere der kommunalen Fuhrparks - derzeit keine bzw. kaum umweltschonende Alternativmodelle. Der Verweis darauf, dass die Nutzung umweltfreundlicher Fahrzeuge die Mautlast senken kann, setzt jedoch die Beschaffung entsprechender Lkw Modelle am Markt voraus. Da mangels gängiger und gut finanzierbarer Alternativen kaum Möglichkeiten bestehen, den kommunalen Fuhrpark zeitnah umzurüsten, kann die finanzielle Maut-Belastung jedenfalls - für kommunale Unternehmen in absehbarer Zeit nicht gesenkt werden.
Als Folge ist ein Anstieg der Preise und Gebühren für Abfallentsorgungsdienstleistungen zu erwarten, die auf die Verbraucher umgelegt werden.
Diese Fahrzeuge sollten daher im Allgemeinwohlinteresse von der Mautpflicht generell ausgenommen werden.
5. Zu Artikel 1 Nummer 8 (Anlage 1 (zu § 3 Absatz 3) Nummer 3 BFStrMG)
In Artikel 1 Nummer 8 ist Anlage 1 (zu § 3 Absatz 3) Nummer 3 wie folgt zu fassen:
"3. Mautteilsätze für die verursachten Lärmbelastungskosten je Kilometer nach § 3 Absatz 1 Nummer 3:
Tag (6:00 - 22:00 Uhr): 0,002 Euro
Nacht (22:00 - 6:00 Uhr): 0,003 Euro."
Begründung:
Der Gesetzentwurf wird dem Ziel einer nachhaltigen Verkehrspolitik durch eine schadstoff- und lärmabhängige Anrechnung der Kosten verkehrsbedingter Luftverschmutzung und Lärmbelastung nicht gerecht. Entgegen Artikel 7c Absatz 1 Satz 2 der Richtlinie über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (2011/76/EU) erfolgt keine Differenzierung der Kosten für die verkehrsbedingte Lärmbelastung.
Vor allem die nächtlichen verkehrsbedingten Lärmemissionen führen zu Gesundheitsschäden bei den Anwohnern an Fernstraßen. Daher sollte die in der EU-Richtlinie vorgesehene Differenzierung auf jeden Fall berücksichtigt werden.