Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006
(REACH-Anpassungsgesetz)

841. Sitzung des Bundesrates am 15. Februar 2008

A

Der federführende Ausschuss für Umwelt,

Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 5 ( § 10 Abs. 2 ChemG)

In Artikel 1 Nr. 5 sind in § 10 Abs. 2 nach dem Wort "Landesbehörden" die Wörter "über vorläufige Maßnahmen des Bundes, der Länder und der Mitgliedstaaten nach Artikel 129 Abs. 1 sowie über" einzufügen.

Begründung

Der wechselseitige Informationsfluss über vollzugsrelevante Umstände ist für die Durchführung der REACH-Verordnung von zentraler Bedeutung. Die für den Vollzug der REACH-Verordnung zuständigen Landesbehörden müssen zwingend von der Bundesstelle für Chemikalien über vorläufige Maßnahmen der Länder und der Mitgliedstaaten nach Artikel 129 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 informiert werden. Ansonsten stünden den Landesbehörden wichtige, zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Informationen nicht zur Verfügung.

Die nach § 22 Abs. 1 ChemG-E vorgesehene pauschale gegenseitige Informationspflicht der Bundesstelle für Chemikalien und der zuständigen Landesbehörden ist für diesen Zweck nicht ausreichend.

2. Zu Artikel 1 Nr. 6a - neu - (§ 15a Abs. 1 Satz 2 - neu - ChemG), Nr. 22 (§ 26 Abs. 1 Nr. 5a ChemG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Zu Buchstabe a:

Mit der Ausdehnung der Pflicht, beim Versandhandel mit gefährlichen Zubereitungen auf die sie betreffenden Gefährlichkeitsmerkmale nach § 3a Abs. 1 (wie z.B. explosionsgefährlich, giftig oder umweltgefährlich) deutlich hinweisen zu müssen, wenn der private Endverbraucher ohne vorherige Ansicht der Kennzeichnung (entweder auf dem Kennzeichnungsschild oder auf der Verpackung) eine solche erwerben kann, wird Artikel 13 der Richtlinie 1999/45/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 1999 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen (ABl. EG (Nr. ) L 200 S. 1), die bereits mit der Novellierung der Gefahrstoffverordnung im Jahre 2005 im Wesentlichen in nationales Recht umgesetzt wurde, auch in Bezug auf Gefahrenhinweise bei der Werbung für Zubereitungen in nationales Recht überführt.

Zu Buchstabe b:

Durch die Einfügung unter Nummer 22 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb wird die Möglichkeit einer bußgeldrechtlichen Ahndung eines Verstoßes gegen § 15a Abs. 1 Satz 2 - neu - ChemG in Bezug auf das neu eingeführte Verbot der Werbung für eine gefährliche Zubereitung ohne Gefahrenhinweis geschaffen.

3. Zu Artikel 1 Nr. 12a - neu - (§ 19b Abs. 2 Nr. 1 ChemG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 12 folgende Nummer 12a einzufügen:

Begründung

Der Änderungsvorschlag in § 19b Abs. 2 Nr. 1 stellt eine erforderliche Aktualisierung in Bezug auf eine dort zitierte Richtlinie dar und ist insoweit lediglich redaktioneller Natur.

4. Zu Artikel 1 Nr. 27 (§ 28 Abs. 8 Satz 2 - neu -, 3 - neu -, 4 - neu - und 5 - neu - ChemG)

Artikel 1 Nr. 27 ist wie folgt zu fassen:

"27. § 28 wird wie folgt geändert:

Begründung

Zu Nr. 27 Buchstabe a:

Inhaltliche Übernahme von Nummer 27 aus dem Gesetzentwurf.

Zu Nr. 27 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa:

Nach § 28 Abs. 8 Satz 1 sind so genannte "alte" Biozid-Produkte bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung über die Aufnahme oder Nicht-Aufnahme der in diesen Produkten enthaltenen "alten" Wirkstoffe in Anhang I oder IA der Richtlinie 98/8/EG im Amtsblatt der Europäischen Union, längstens jedoch bis zum 13. Mai 2010 von der Zulassungspflicht befreit.

Im Falle der Nicht-Aufnahme werden unmittelbar in den Mitgliedstaaten geltende Entscheidungen getroffen, die zudem das Ende der Vermarktungsfähigkeit der von dieser Entscheidung betroffenen Biozid-Produkte regeln. Die Aufnahme von Wirkstoffen in Anhang I oder Anhang IA wird durch EG-Richtlinien geregelt. Die erste dieser Richtlinien zur Aufnahme von Wirkstoffen in den Anhang I ist die Richtlinie 2006/140/EG vom 20. Dezember 2006 (ABl. EU L 414 S. 78), mit der der Wirkstoff Sulfurylfluorid in den Anhang I der Richtlinie 98/8/EG aufgenommen wird. Derartige Richtlinien enthalten jeweils eine an die Mitgliedstaaten gerichtete Frist für die Erfüllung von Artikel 16 Abs. 3 der Richtlinie 98/8/EG. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Biozid-Produkte, die den/die in den Anhang I oder IA aufgenommenen Wirkstoff(e) enthalten, bis zum Ablauf dieser Frist zugelassen oder ggf. registriert sind. Im Falle der Richtlinie 2006/140/EG läuft die Frist zum 31. Dezember 2010 ab. § 28 Abs. 8 ist daher entsprechend anzupassen.

Absatz 8 Satz 2 - neu - regelt, dass Biozid-Produkte, die lediglich einen in Anhang I oder IA aufgenommenen Wirkstoff enthalten, nach der Veröffentlichung der Aufnahmeentscheidung im Amtsblatt der EU zumindest für die Dauer des Zulassungsverfahrens, des Registrierungsverfahrens oder des Verfahrens nach § 12g Abs. 1 Satz 1 (Anerkennung ausländischer Zulassungen und Registrierungen), längstens jedoch bis zum Ablauf der Frist für die Erfüllung von Artikel 16 Abs. 3 der Richtlinie 98/8/EG in den Verkehr gebracht, d. h. vermarktet werden dürfen. Nach Satz 3 - neu - ist bei Biozid-Produkten, die mehrere Wirkstoffe enthalten, die Frist maßgebend, die in der Richtlinie zur Aufnahme des letzten, im jeweiligen Biozid-Produkt enthaltenen Wirkstoffes in den Anhang I oder IA der Richtlinie 98/8/EG festgelegt ist.

Die in den Sätzen 2 und 3 - neu - geregelte Vermarktungsfähigkeit gilt nach Satz 4 - neu - allerdings nur dann, wenn die Anträge auf Zulassung, Registrierung oder Aufnahme des Verfahrens nach § 12g Abs. 1 Satz 1 bis spätestens 24 Monate nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Aufnahmeentscheidung vollständig der Zulassungsstelle vorliegen. Ist dies nicht der Fall, hat der betreffende Hersteller das Biozid-Produkt sofort vom Markt zu nehmen. Damit wird zum einen einer Empfehlung der EU-Kommission für ein harmonisiertes Vorgehen in den Mitgliedstaaten gefolgt. Zum anderen wird verhindert, dass so genannte Trittbrettfahrer weiterhin Biozid-Produkte vermarkten können, ohne sich an den Kosten der Wirkstoffprüfung zu beteiligen.

Absatz 8 Satz 5 - neu - bestimmt, dass die Sätze 2 bis 4 - neu - ebenfalls für die Zulassung von Biozid-Produkten gelten, wenn auf eine Rahmenformulierung nach § 12b Abs. 4 Bezug genommen werden soll, sofern diese Zulassungsanträge zusammen mit dem Zulassungsantrag nach § 12a Satz 1 in Verbindung mit den §§ 12b und 12d gestellt werden.

Zu Nr. 27 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb:

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung an das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, durch die die bisher in Bezug genommenen Vorschriften des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes ersetzt werden.

Zu Nr. 27 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc:

Artikel 6 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1451/2007 der Kommission vom 4. Dezember 2007 über die zweite Phase des Zehn-Jahres-Arbeitsprogramms gemäß Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 98/8/EG (ABl. EU L 325 S. 3) erlaubt den Mitgliedstaaten zu regeln, dass Biozid-Produkte, die als Wirkstoffe ausschließlich Lebens- oder Futtermittel im Sinne des Artikels 6 Satz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1451/2007 enthalten, die nicht in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1451/2007 aufgeführt sind, ohne Zulassungsverfahren bis zum 14. Mai 2010 in den Verkehr gebracht und verwendet werden dürfen, sofern es sich bei diesen Produkten um Repellentien oder Lockmittel im Sinne der Produktart 19 der Richtlinie 98/8/EG handelt. Mit § 28 Abs. 8 Satz 7 des Chemikaliengesetzes wird von dieser EG-rechtlichen Regelungsoption Gebrauch gemacht und für die genannten Biozid-Produkte die Vermarktungsfähigkeit bis 2010 sichergestellt. Ein ansonsten für diese Biozid-Produkte erforderliches Zulassungsverfahren wäre unverhältnismäßig und somit nicht gerechtfertigt. Bei der anstehenden Revision der Richtlinie 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten sollen diese Produkte daher vom Anwendungsbereich dieser EG-Richtlinie ausgenommen werden (siehe Erwägungsgrund Nummer 10 der Verordnung (EG) Nr. 1451/2007). Bis dahin wird durch die nunmehr vorgenommene Regelung Rechtssicherheit gegeben. Die neue Regelung leistet zudem einen Beitrag zum Bürokratieabbau und steht im Einklang mit dem Anliegen, die Entwicklung von Produkten, von denen ein geringes Risiko ausgeht, zu fördern.

Zum Gesetzentwurf allgemein

8. Zu Artikel 1 allgemein (Änderung des Chemikaliengesetzes)

Die Gesetzessystematik sollte den veränderten europarechtlichen Rahmenbedingungen angepasst und nicht zuletzt im Sinne einer möglichen späteren Integration in ein Umweltgesetzbuch in Aufbau und Gliederung entsprechend überarbeitet werden.

9. Zu § 1 ChemG

Die Zweckbestimmung des Chemikaliengesetzes in § 1 sollte um den künftigen Hauptregelungszweck des Chemikaliengesetzes, die Durchführung und Sanktionierung unmittelbar anwendbarer EG-Regelungen (insbesondere der REACH-Verordnung) erweitert werden. Im Falle ihrer unveränderten Beibehaltung wäre die Zweckbestimmung irreführend, weil die dort genannten Zwecke vorrangig nicht durch das Chemikaliengesetz, sondern durch die REACH-Verordnung erreicht werden.

10. Zu Artikel 1 Nr. 3 ( § 3 ChemG)

Unterschiedliche oder parallele Begriffsbestimmungen im Chemikaliengesetz und in der REACH-Verordnung sind zu vermeiden. Dementsprechend sollte in § 3 auch für die Anwendung des nationalen Chemikalienrechts durchgängig auf die Begriffsbestimmungen der REACH-Verordnung Bezug genommen werden. Begriffsbestimmungen in § 3 sollten nur noch für Begriffe erfolgen, die in der REACH-Verordnung nicht definiert sind. Die Unberührtheitsklausel in dem neuen § 3 Satz 2 sollte ebenso wie die zahlreichen weiteren Klauseln, die nur den ohnehin bestehenden Vorrang von EG-Verordnungen wiederholen und die Lesbarkeit des Gesetzes beeinträchtigen, entfallen.

11. Zu Artikel 1 Nr. 5 (Neufassung des 2. Abschnittes, §§ 4 bis 10 ChemG)

Durch die Neufassung des 2. Abschnitts werden regelungstechnische Probleme im Hinblick auf die Übersichtlichkeit und den Umfang der Querverweise verursacht, die durch eine Aufteilung der Regelungen in dem neuen Zweiten Abschnitt auf die übrigen Abschnitte des Chemikaliengesetzes und Zusammenfassung mit den anderen Durchführungs- und Durchsetzungsregelungen des Chemikaliengesetzes vermeidbar wären. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelungstechnik führt zu Einbußen an der Übersichtlichkeit und zu zahlreichen Querverweisen, z.B. zwischen § 22 Abs. 1 Satz 2 und § 8 (Informationsaustausch), § 22 Abs. 1 Satz 2 und § 5 Abs. 2 Nr. 8 (Beratung der Bundesregierung bzw. der Länder) oder § 25a Abs. 1 Satz 2 und § 8 Abs. 1 Satz 2 (Beratungsgebühren), und sollte daher ebenfalls überarbeitet werden.

12. Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 ChemG)

Aus Sicht des Bundesrates würde es der Vereinfachung und Verständlichkeit dienen, wenn die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) beim Vollzug des Chemikaliengesetzes und der REACH-Verordnung mit Ausnahme der Aufgaben als "Bewertungsstelle Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten" durchgängig unter der Bezeichnung "Bundesstelle für Chemikalien" firmiert. Unter den neuen Rahmenbedingungen belastet die Beibehaltung dieser Differenzierung den Gesetzestext mit überflüssigen Regelungen und Verweisen.

13. Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 8 ), Nr. 21 ( § 25a Abs. 1 ChemG)

Unklare Formulierungen zur Kostenfreiheit von Amtshandlungen der BAuA in §§ 8 und 25a sollten mit dem Ziel der Klarstellung überarbeitet werden, dass die Schlussfolgerung, andere Aufgaben nach § 5 seien gebührenpflichtig, nicht mehr möglich ist.

14. Zu Artikel 1 Nr. 5 ( § 9 Abs. 1 ChemG)

Das außerordentlich umfangreiche Regelwerk wird von wiederum zahlreichen erläuternden Auslegungen und Implementationshilfen der EU begleitet, die für den Vollzug unentbehrlich sein werden. Durch eine entsprechende Ergänzung, z.B. von § 9 Abs. 1, ist sicherzustellen, dass Wirtschaftsbeteiligten und Landesbehörden durch die Bundesstelle für Chemikalien jeweils Fassungen in amtlicher deutscher Übersetzung zur Verfügung gestellt werden.

B