Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 23. Mai 2008
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 04.07.08

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen

Gesetzbuche Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494, 1997 I S. 1061), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ausgangslage, Ziel und Inhalt des Entwurfs

II. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes

Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 (Bürgerliches Recht) des Grundgesetzes. Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

III. Kosten und Preise

Eine Kostenbelastung entsteht durch das Gesetz weder für Bund, Länder und Kommunen noch für Wirtschaftsunternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Die Ausführung dieses Gesetzes wird sich weder auf Einzelpreise noch auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, auswirken.

IV. Bürokratiekosten

Es werden keine Informationspflichten für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.

V. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Das Gesetz hat keine Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche)

Zu Nummer 1 (Überschrift des Ersten Abschnitts)

Die Änderung dient der Klarstellung, dass der Erste Abschnitt allgemeine Grundsätze normiert die bei der Anwendung aller übrigen Vorschriften des Zweiten Kapitels des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (Internationales Privatrecht) zu beachten sind.

Zu Nummer 2 (Artikel 3, 3a)

Artikel 3 EGBGB zeigt in seiner Neufassung den Anwendungsbereich des im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche kodifizierten Internationalen Privatrechts im Verhältnis zu unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft und des Völkerrechts auf. Bislang ergab sich der Anwendungsbereich aus der teilweise als "versteckt" kritisierten Regelung in Artikel 3 Abs. 2 EGBGB (bisherige Fassung). Anlass für die Neustrukturierung ist die durch den Erlass der Rom-II-Verordnung begonnene zunehmende Vergemeinschaftung des Internationalen Privatrechts. Als Mitgliedstaat der Europäischen Union ist Deutschland insbesondere verpflichtet, die Beachtung der unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft zu fördern und ihnen zur Durchsetzung zu verhelfen. Der neue Artikel 3 EGBGB ist als eigenständige Norm, die an zentraler Stelle am Anfang des Zweiten Kapitels (Internationales Privatrecht) steht und mit einer eigenen Überschrift versehen ist, für den Rechtsanwender leichter auffindbar. Dies dient der Rechtsklarheit und -einfachheit und trägt dazu bei, Fehler bei der Rechtsanwendung zu vermeiden.

Der Aufbau der Vorschrift gibt die Reihenfolge der internationalprivatrechtlichen Prüfung wieder: Ausgangspunkt sind die unmittelbar anwendbaren Regelungen in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft. Sie haben bereits aus sich heraus Vorrang vor dem nationalen Recht. Die Rom-II-Verordnung wird in der Vorschrift namentlich genannt. Treten weitere zentrale gemeinschaftsrechtliche Regelungen in Kraft, können sie dieser Aufzählung angefügt werden ("insbesondere" - Liste). Ist der Anwendungsbereich der Gemeinschaftsrechtsakte nicht eröffnet, führt die Vorschrift zu denjenigen völkerrechtlichen Regelungen des Internationalen Privatrechts, die aufgrund eines Anwendungsbefehls des nationalen Gesetzgebers (Vertragsgesetz) unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind. Nur soweit auch solche Regelungen nicht anwendbar sind, führt die Vorschrift zur Anwendung des Internationalen Privatrechts des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche.

Die Legaldefinition für das Internationale Privatrecht aus Artikel 3 Abs. 1 Satz 1 EGBGB (bisherige Fassung) wird sprachlich vereinfacht übernommen, ohne ihren Inhalt zu ändern.

Im neuen Artikel 3a EGBGB werden der verbleibende Absatz 1 Satz 2 und der Absatz 3 des Artikels 3 EGBGB (bisherige Fassung) als Absätze 1 und 2 übernommen. Es handelt sich um eine inhaltsneutrale Folgeänderung im Zuge der Neustrukturierung des Artikels 3.

Die Überschrift von Artikel 3a EGBGB wird an den neuen inhaltlichen Zuschnitt der Vorschrift angepasst.

Nummern 3 und 4 (Artikel 44, 46)

Der bisherige Artikel 44 EGBGB regelt das anzuwendende Sachenrecht für Ansprüche aus Einwirkungen, die von einem Grundstück ausgehen (Grundstücksemissionen), seit der Verabschiedung des Gesetzes vom 21. Mai 1999 zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen (BGBl. I S. 1026) durch Verweisung auf die deliktsrechtliche Regelanknüpfung in Artikel 40 Abs. 1 EGBGB. Zweck der Verweisung ist es, die aus einer Grundstücksemmission hervorgegangenen delikts- und sachenrechtlichen Ansprüche weitgehend einem einheitlichen Recht zu unterstellen.

Künftig wird das auf deliktsrechtliche Ansprüche aus Grundstücksemissionen anzuwendende Recht prinzipiell durch die vorrangige Rom-II-Verordnung bestimmt und nicht mehr durch Artikel 40 Abs. 1 EGBGB. Um diese Entwicklung zu berücksichtigen, muss in Artikel 44 EGBGB auf die Vorschriften der Rom-II-Verordnung mit Ausnahme des Kapitels III verwiesen werden, dessen Regelungen gerade nicht für deliktsrechtliche Ansprüche bestimmt sind. Die umfassende Verweisung dient dem beabsichtigten vollkommenen Gleichlauf des anwendbaren Rechts bei deliktischen und sachenrechtlichen Ansprüchen. Für weitere Regelungen außerhalb der Rom-II-Verordnung bleibt kein Bedürfnis. Die Verweisung in Artikel 46 EGBGB auf Artikel 44 EGBGB kann daher gestrichen werden.

Die Bestimmungen zur Rechtswahl hinsichtlich der deliktischen Ansprüche aus Grundstücksemissionen gelten somit mittelbar auch hinsichtlich diesbezüglicher sachenrechtlicher Ansprüche (Artikel 14 der Rom-II-Verordnung). Mangels Rechtswahl bestimmt sich das anzuwendende Recht nach der Vorschrift für Umweltschädigungen, falls deren Voraussetzungen erfüllt werden (Artikel 7 der Rom-II-Verordnung), im Übrigen nach der allgemeinen deliktsrechtlichen Anknüpfung (Artikel 4 der Rom-II-Verordnung).

Die Anpassung von Artikel 44 EGBGB bietet Gelegenheit, die amtliche Überschrift zu präzisieren, ohne den Inhalt der Vorschrift zu ändern. Mit der Neufassung soll klargestellt werden dass die Vorschrift ihrem Wortlaut entsprechend auf Einwirkungen anzuwenden ist die von einem Grundstück ausgehen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass das Objekt der Einwirkungen ebenfalls ein Grundstück ist. Es kann sich dabei auch um eine bewegliche Sache handeln.

Nummer 5 (Siebter Abschnitt und Artikel 46a)

Die Änderung enthält eine Durchführungsbestimmung zum anwendbaren Recht bei Umweltschädigungen gemäß Artikel 7 der Rom-II-Verordnung. Artikel 7 der Rom-II-Verordnung sieht ein einseitiges Wahlrecht zugunsten der geschädigten Person vor. Sie kann sich anstelle der Regelanknüpfung an den Ort des Schadenseintritts für das Recht des Staates entscheiden, in dem das schadensbegründende Ereignis eingetreten ist. In Erwägungsgrund 25 der Verordnung stellt der Europäische Gesetzgeber klar, dass eine zeitliche Begrenzung für die Ausübung dieses Wahlrechts zulässig ist, und überlässt die Bestimmung der zeitlichen Grenze dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts.

Der neue Artikel 46a EGBGB orientiert sich für diese Fälle an der bewährten Regelung des Artikels 40 Abs. 1 Satz 3 EGBGB, der gleich gelagerte Fälle der Ausübung eines einseitigen Wahlrechts im nationalen Recht regelt, und beschränkt das Wahlrecht im gerichtlichen Verfahren auf den ersten Rechtszug, um eine Beschleunigung des Verfahrens zu erreichen. Während des gerichtlichen Verfahrens kann die geschädigte Person das Wahlrecht nur bis zum frühen ersten Termin ( § 275 Zivilprozessordnung) oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens (§ 276 Zivilprozessordnung) ausüben. Diese Regelung stellt einen gerechten Interessenausgleich der Parteien dar. Die geschädigte Person wird aus Gründen der Wiedergutmachung durch das Wahlrecht der Rom-II-Verordnung begünstigt.

Der Grundsatz der Waffengleichheit im gerichtlichen Verfahren bedingt jedoch, dass dem Verfahrensgegner zu einem angemessenen Zeitpunkt bekannt sein muss, auf der Grundlage welchen Rechts er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen kann (vgl. hierzu auch Ausführungen in der Begründung zu Artikel 40 Abs. 1 Satz 3 EGBGB in BT-Drucksache 14/343, S. 11).

Im Interesse der Übersichtlichkeit und Gesetzessystematik soll diese Durchführungsbestimmung in einen eigenständigen Siebten Abschnitt eingestellt werden, der Standort für die Durchführungsbestimmungen für Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts werden soll. Wie bei der Parallelregelung in Artikel 40 Abs. 1 Satz 3 EGBGB handelt es sich bei dem Wahlrecht nach Artikel 7 der Rom-II-Verordnung um ein Gestaltungsrecht, das neben seiner prozessrechtlichen Relevanz in erster Linie materiellrechtlichen Charakter hat. Dem würde eine Verortung in der Zivilprozessordnung nicht gerecht werden.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen zeitgleich mit der Verordnung (Artikel 32 der Rom-II-Verordnung) in Kraft treten.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 441:
Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-Verordnung)

Der Nationale Normenkontrollrat hat den o.g. Gesetzentwurf auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Gesetz werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft, die Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger eingeführt, geändert oder aufgehoben. Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages daher keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Catenhusen Bachmaier
Stellv. Vorsitzender Berichterstatter