A. Problem und Ziel
- Die Europäische Gemeinschaft hat am 11. Juli 2007 die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ("Rom-II-Verordnung") erlassen (ABl. EU L 199/40 ). Die Verordnung tritt am 11. Januar 2009 in Kraft. Sie ist in Deutschland unmittelbar anzuwenden und verdrängt deshalb innerhalb ihres Anwendungsbereichs die bislang geltenden Regelungen der Artikel 38 bis 42 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche. Die Rom-II-Verordnung markiert den Beginn der Vergemeinschaftung des Internationalen Privatrechts.
- Im Interesse der Rechtsklarheit und -einfachheit soll der europarechtlich bedingte Anwendungsvorrang gemeinschaftsrechtlicher Regelungen klarer herausgestellt werden. Zudem bedarf die Verordnung im Bereich der Umweltschädigungen einer Durchführungsbestimmung. Ferner soll der vom nationalen Gesetzgeber bereits bei Artikel 44 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche beabsichtigte Gleichlauf der Rechtsordnungen erhalten und verfestigt werden, die auf deliktische und sachenrechtliche Ansprüche aus Einwirkungen, die von einem Grundstück ausgehen, anzuwenden sind.
B. Lösung
- Der Gesetzentwurf stellt das Zusammenwirken von gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Regelungen im Bereich des Internationalen Privatrechts klar heraus.
- Darüber hinaus enthält er eine für die Durchführung der Rom-II-Verordnung erforderliche Bestimmung und verweist für die sachenrechtlichen Ansprüche aus Einwirkungen, die von einem Grundstück ausgehen, auf die Regelungen der Rom-II-Verordnung.
C. Alternativen
- Keine
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
- 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine
- 2. Vollzugsaufwand
Keiner
E. Sonstige Kosten
- Kosten bei Wirtschaftsunternehmen, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen, oder bei sozialen Sicherungssystemen entstehen nicht. Die Ausführung des Gesetzes wird keine Auswirkungen auf die Einzelpreise oder das allgemeine Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, haben.
F. Bürokratiekosten
- Es werden keine Informationspflichten für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 23. Mai 2008
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
- Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007
mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 04.07.08
Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen
Gesetzbuche Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494, 1997 I S. 1061), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
- 1. Die Überschrift des Ersten Abschnitts des Zweiten Kapitels des Ersten Teils wird wie folgt gefasst:
"Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften".
- 2. Artikel 3 wird durch folgende Artikel 3 und 3a ersetzt:
"Artikel 3
Anwendungsbereich; Verhältnis zu Regelungen der Europäischen Gemeinschaft und zu völkerrechtlichen Vereinbarungen- Soweit nicht
- 1. unmittelbar anwendbare Regelungen der Europäischen Gemeinschaft in ihrer jeweils geltenden Fassung, insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 ("Rom II") (ABl. EU L 199 S. 40) über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, oder
- 2. Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, maßgeblich sind, bestimmt sich das anzuwendende Recht bei Sachverhalten mit einer Verbindung zu einem ausländischen Staat nach den Vorschriften dieses Kapitels (Internationales Privatrecht).
Artikel 3a
Sachnormverweisung; Einzelstatut- (1) Verweisungen auf Sachvorschriften beziehen sich auf die Rechtsnormen der maßgebenden Rechtsordnung unter Ausschluss derjenigen des Internationalen Privatrechts.
- (2) Soweit Verweisungen im Dritten und Vierten Abschnitt das Vermögen einer Person dem Recht eines Staates unterstellen, beziehen sie sich nicht auf Gegenstände, die sich nicht in diesem Staat befinden und nach dem Recht des Staates, in dem sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen."
- Soweit nicht
- 3. Artikel 44 wird wie folgt geändert:
- a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
"Artikel 44
Von Grundstücken ausgehende Einwirkungen". - b) Im Wortlaut werden die Wörter "gilt Artikel 40 Abs. 1" durch die Wörter "gelten die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 mit Ausnahme des Kapitels III" ersetzt.
- a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
- 4. In Artikel 46 werden die Wörter "Artikeln 43 bis 45" durch die Wörter "Artikeln 43 und 45" ersetzt.
- 5. Nach Artikel 46 wird folgender Siebter Abschnitt eingefügt:
"Siebter Abschnitt
Besondere Vorschriften zur Durchführung von Regelungen der Europäischen Gemeinschaft nach Artikel 3 Nr. 1"Artikel 46a
Durchführung von Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007- Die geschädigte Person kann das ihr nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 zustehende Recht, ihren Anspruch auf das Recht des Staates zu stützen, in dem das schadensbegründende Ereignis eingetreten ist, nur im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens ausüben."
Artikel 2
Inkrafttreten
- Dieses Gesetz tritt am 11. Januar 2009 in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Ausgangslage, Ziel und Inhalt des Entwurfs
- 1. Die Mitgliedstaaten haben die Europäische Gemeinschaft durch den am 1. Mai 1999 in Kraft getretenen Amsterdamer Vertrag (BGBl. 1999 II S. 296) ermächtigt, die mitgliedstaatlichen Regelungen im Bereich des Internationalen Privatrechts zu vereinheitlichen (Artikel 61 Buchstabe c, Artikel 65 Buchstabe b des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG-Vertrag). Am 11. Juli 2007 hat die Europäische Gemeinschaft erstmals von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht und die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ("Rom-II-Verordnung") verabschiedet. Die Rom-II-Verordnung regelt welches Recht bei Sachverhalten mit Auslandsbezug auf Schuldverhältnisse aus Delikt, ungerechtfertigter Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag und Verschulden bei Vertragsverhandlungen anzuwenden ist.
- 2. Die Rom-II-Verordnung markiert den Beginn der Vergemeinschaftung des Internationalen Privatrechts. Sie ist die erste einer Reihe von zu erwartenden weiteren Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf diesem Gebiet: Das Verfahren zum Erlass der Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ("Rom I-Verordnung") steht kurz vor dem Abschluss. Sowohl der Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich ("Rom-III-Verordnung") als auch der Vorschlag für eine Verordnung über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten werden derzeit in Brüssel verhandelt.
Zu erwarten ist ferner ein umfassender Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Rechtsakt auch zum anwendbaren Recht in Erb- und Testamentsachen. Alle genannten Rechtsetzungsvorhaben sind Teil des am 5. November 2004 vom Europäischen Rat verabschiedeten Haager Programms (ABl. EU C 53/1), das einen Maßnahmenkatalog der Europäischen Gemeinschaft für den Ausbau der Justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen vorsieht.
- 3. Die Rom-II-Verordnung tritt am 11. Januar 2009 in Kraft und gilt in allen EUMitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, das aufgrund einer Sonderregelung in den Artikeln 1 und 2 des Protokolls über die Position Dänemarks im Anhang zum Amsterdamer Vertrag an der Justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen nach Titel IV des EG-Vertrages generell nicht teilnimmt. Die Verordnung ist gemäß Artikel 249 Abs. 2 Satz 2 des EG-Vertrages unmittelbar anzuwenden und verdrängt innerhalb ihres Anwendungsbereichs bestehendes nationales Recht.
In Deutschland ist das Internationale Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse in den Artikeln 38 bis 42 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) geregelt. Auch nach dem Inkrafttreten der Rom-II-Verordnung wird diesen Vorschriften ein Restanwendungsbereich erhalten bleiben. Denn sie erfassen Sachverhalte, die vom sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung ausdrücklich ausgenommen sind (siehe Artikel 1 Abs. 2 der Rom-II-Verordnung). Außerdem gelten sie weiter für sogenannte Altfälle, die nicht vom zeitlichen Anwendungsbereich der Verordnung erfasst sind. Der Rechtsanwender wird deshalb für außervertragliche Schuldverhältnisse in jedem Einzelfall prüfen müssen, ob das anzuwendende Recht nach der vorrangigen gemeinschaftlichen Rom-II-Verordnung oder - soweit keine völkerrechtlichen Vereinbarungen maßgeblich sind - nach den nachrangigen Vorschriften des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu bestimmen ist.
- 4. Aufgrund der sich abzeichnenden Vergemeinschaftung wird der Rechtsanwender im Internationalen Privatrecht in zunehmendem Maße vorrangig gemeinschaftsrechtliche Regelungen anzuwenden haben. Um diesen Paradigmenwechsel für jedermann deutlich sichtbar zu machen, soll an die Spitze der internationalprivatrechtlichen Vorschriften des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ein neu gefasster Artikel 3 eingefügt werden, der die Existenz und den Vorrang der gemeinschaftlichen Rechtsakte noch klarer herausstellen soll, als dies im geltenden Recht der Fall ist. Als eigenständige Vorschrift ist der neue Artikel 3 EGBGB im Unterschied zum bisherigen Artikel 3 Abs. 2 EGBGB für den Rechtsanwender leichter auffindbar. Ausgehend vom Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts gibt er die Prüfungsreihenfolge der möglichen Rechtsgrundlagen wieder und führt in diesem Zusammenhang die Rom-II-Verordnung namentlich auf. Dies dient der Rechtsklarheit und vermeidet Fehler bei der Anwendung der einschlägigen Rechtsakte.
Gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht auch insoweit, als die Rom-II-Verordnung den Erlass einer Durchführungsbestimmung voraussetzt. Die Verordnung gibt der geschädigten Person einer Umweltschädigung ein einseitiges Wahlrecht hinsichtlich des anzuwendenden Rechts und behält es den Mitgliedstaaten vor, die zeitliche Begrenzung für die Ausübung des Wahlrechts zu regeln. Der Gesetzentwurf enthält eine solche Durchführungsbestimmung.
Schließlich bietet das gesetzgeberische Tätigwerden Gelegenheit, für sachen- und deliktsrechtliche Ansprüche aus Einwirkungen, die von Grundstücken ausgehen, den im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche bereits angelegten Gleichlauf des anwendbaren Rechts zu erweitern und die Überschrift der einschlägigen Norm klarer zu fassen.
Eine Befristung des Gesetzes kommt nicht in Betracht, da die Regelungen im Zusammenhang mit der Rom-II-Verordnung ergehen, die ebenfalls unbefristet gilt.
II. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes
Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 (Bürgerliches Recht) des Grundgesetzes. Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.
III. Kosten und Preise
Eine Kostenbelastung entsteht durch das Gesetz weder für Bund, Länder und Kommunen noch für Wirtschaftsunternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Die Ausführung dieses Gesetzes wird sich weder auf Einzelpreise noch auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, auswirken.
IV. Bürokratiekosten
Es werden keine Informationspflichten für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
V. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung
Das Gesetz hat keine Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche)
Zu Nummer 1 (Überschrift des Ersten Abschnitts)
Die Änderung dient der Klarstellung, dass der Erste Abschnitt allgemeine Grundsätze normiert die bei der Anwendung aller übrigen Vorschriften des Zweiten Kapitels des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (Internationales Privatrecht) zu beachten sind.
Zu Nummer 2 (Artikel 3, 3a)
Artikel 3 EGBGB zeigt in seiner Neufassung den Anwendungsbereich des im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche kodifizierten Internationalen Privatrechts im Verhältnis zu unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft und des Völkerrechts auf. Bislang ergab sich der Anwendungsbereich aus der teilweise als "versteckt" kritisierten Regelung in Artikel 3 Abs. 2 EGBGB (bisherige Fassung). Anlass für die Neustrukturierung ist die durch den Erlass der Rom-II-Verordnung begonnene zunehmende Vergemeinschaftung des Internationalen Privatrechts. Als Mitgliedstaat der Europäischen Union ist Deutschland insbesondere verpflichtet, die Beachtung der unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft zu fördern und ihnen zur Durchsetzung zu verhelfen. Der neue Artikel 3 EGBGB ist als eigenständige Norm, die an zentraler Stelle am Anfang des Zweiten Kapitels (Internationales Privatrecht) steht und mit einer eigenen Überschrift versehen ist, für den Rechtsanwender leichter auffindbar. Dies dient der Rechtsklarheit und -einfachheit und trägt dazu bei, Fehler bei der Rechtsanwendung zu vermeiden.
Der Aufbau der Vorschrift gibt die Reihenfolge der internationalprivatrechtlichen Prüfung wieder: Ausgangspunkt sind die unmittelbar anwendbaren Regelungen in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft. Sie haben bereits aus sich heraus Vorrang vor dem nationalen Recht. Die Rom-II-Verordnung wird in der Vorschrift namentlich genannt. Treten weitere zentrale gemeinschaftsrechtliche Regelungen in Kraft, können sie dieser Aufzählung angefügt werden ("insbesondere" - Liste). Ist der Anwendungsbereich der Gemeinschaftsrechtsakte nicht eröffnet, führt die Vorschrift zu denjenigen völkerrechtlichen Regelungen des Internationalen Privatrechts, die aufgrund eines Anwendungsbefehls des nationalen Gesetzgebers (Vertragsgesetz) unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind. Nur soweit auch solche Regelungen nicht anwendbar sind, führt die Vorschrift zur Anwendung des Internationalen Privatrechts des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche.
Die Legaldefinition für das Internationale Privatrecht aus Artikel 3 Abs. 1 Satz 1 EGBGB (bisherige Fassung) wird sprachlich vereinfacht übernommen, ohne ihren Inhalt zu ändern.
Im neuen Artikel 3a EGBGB werden der verbleibende Absatz 1 Satz 2 und der Absatz 3 des Artikels 3 EGBGB (bisherige Fassung) als Absätze 1 und 2 übernommen. Es handelt sich um eine inhaltsneutrale Folgeänderung im Zuge der Neustrukturierung des Artikels 3.
Die Überschrift von Artikel 3a EGBGB wird an den neuen inhaltlichen Zuschnitt der Vorschrift angepasst.
Nummern 3 und 4 (Artikel 44, 46)
Der bisherige Artikel 44 EGBGB regelt das anzuwendende Sachenrecht für Ansprüche aus Einwirkungen, die von einem Grundstück ausgehen (Grundstücksemissionen), seit der Verabschiedung des Gesetzes vom 21. Mai 1999 zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen (BGBl. I S. 1026) durch Verweisung auf die deliktsrechtliche Regelanknüpfung in Artikel 40 Abs. 1 EGBGB. Zweck der Verweisung ist es, die aus einer Grundstücksemmission hervorgegangenen delikts- und sachenrechtlichen Ansprüche weitgehend einem einheitlichen Recht zu unterstellen.
Künftig wird das auf deliktsrechtliche Ansprüche aus Grundstücksemissionen anzuwendende Recht prinzipiell durch die vorrangige Rom-II-Verordnung bestimmt und nicht mehr durch Artikel 40 Abs. 1 EGBGB. Um diese Entwicklung zu berücksichtigen, muss in Artikel 44 EGBGB auf die Vorschriften der Rom-II-Verordnung mit Ausnahme des Kapitels III verwiesen werden, dessen Regelungen gerade nicht für deliktsrechtliche Ansprüche bestimmt sind. Die umfassende Verweisung dient dem beabsichtigten vollkommenen Gleichlauf des anwendbaren Rechts bei deliktischen und sachenrechtlichen Ansprüchen. Für weitere Regelungen außerhalb der Rom-II-Verordnung bleibt kein Bedürfnis. Die Verweisung in Artikel 46 EGBGB auf Artikel 44 EGBGB kann daher gestrichen werden.
Die Bestimmungen zur Rechtswahl hinsichtlich der deliktischen Ansprüche aus Grundstücksemissionen gelten somit mittelbar auch hinsichtlich diesbezüglicher sachenrechtlicher Ansprüche (Artikel 14 der Rom-II-Verordnung). Mangels Rechtswahl bestimmt sich das anzuwendende Recht nach der Vorschrift für Umweltschädigungen, falls deren Voraussetzungen erfüllt werden (Artikel 7 der Rom-II-Verordnung), im Übrigen nach der allgemeinen deliktsrechtlichen Anknüpfung (Artikel 4 der Rom-II-Verordnung).
Die Anpassung von Artikel 44 EGBGB bietet Gelegenheit, die amtliche Überschrift zu präzisieren, ohne den Inhalt der Vorschrift zu ändern. Mit der Neufassung soll klargestellt werden dass die Vorschrift ihrem Wortlaut entsprechend auf Einwirkungen anzuwenden ist die von einem Grundstück ausgehen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass das Objekt der Einwirkungen ebenfalls ein Grundstück ist. Es kann sich dabei auch um eine bewegliche Sache handeln.
Nummer 5 (Siebter Abschnitt und Artikel 46a)
Die Änderung enthält eine Durchführungsbestimmung zum anwendbaren Recht bei Umweltschädigungen gemäß Artikel 7 der Rom-II-Verordnung. Artikel 7 der Rom-II-Verordnung sieht ein einseitiges Wahlrecht zugunsten der geschädigten Person vor. Sie kann sich anstelle der Regelanknüpfung an den Ort des Schadenseintritts für das Recht des Staates entscheiden, in dem das schadensbegründende Ereignis eingetreten ist. In Erwägungsgrund 25 der Verordnung stellt der Europäische Gesetzgeber klar, dass eine zeitliche Begrenzung für die Ausübung dieses Wahlrechts zulässig ist, und überlässt die Bestimmung der zeitlichen Grenze dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts.
Der neue Artikel 46a EGBGB orientiert sich für diese Fälle an der bewährten Regelung des Artikels 40 Abs. 1 Satz 3 EGBGB, der gleich gelagerte Fälle der Ausübung eines einseitigen Wahlrechts im nationalen Recht regelt, und beschränkt das Wahlrecht im gerichtlichen Verfahren auf den ersten Rechtszug, um eine Beschleunigung des Verfahrens zu erreichen. Während des gerichtlichen Verfahrens kann die geschädigte Person das Wahlrecht nur bis zum frühen ersten Termin ( § 275 Zivilprozessordnung) oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens (§ 276 Zivilprozessordnung) ausüben. Diese Regelung stellt einen gerechten Interessenausgleich der Parteien dar. Die geschädigte Person wird aus Gründen der Wiedergutmachung durch das Wahlrecht der Rom-II-Verordnung begünstigt.
Der Grundsatz der Waffengleichheit im gerichtlichen Verfahren bedingt jedoch, dass dem Verfahrensgegner zu einem angemessenen Zeitpunkt bekannt sein muss, auf der Grundlage welchen Rechts er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen kann (vgl. hierzu auch Ausführungen in der Begründung zu Artikel 40 Abs. 1 Satz 3 EGBGB in BT-Drucksache 14/343, S. 11).
Im Interesse der Übersichtlichkeit und Gesetzessystematik soll diese Durchführungsbestimmung in einen eigenständigen Siebten Abschnitt eingestellt werden, der Standort für die Durchführungsbestimmungen für Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts werden soll. Wie bei der Parallelregelung in Artikel 40 Abs. 1 Satz 3 EGBGB handelt es sich bei dem Wahlrecht nach Artikel 7 der Rom-II-Verordnung um ein Gestaltungsrecht, das neben seiner prozessrechtlichen Relevanz in erster Linie materiellrechtlichen Charakter hat. Dem würde eine Verortung in der Zivilprozessordnung nicht gerecht werden.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen zeitgleich mit der Verordnung (Artikel 32 der Rom-II-Verordnung) in Kraft treten.
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 441:
Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-Verordnung)
Der Nationale Normenkontrollrat hat den o.g. Gesetzentwurf auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.
Mit dem Gesetz werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft, die Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger eingeführt, geändert oder aufgehoben. Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages daher keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
Catenhusen | Bachmaier |
Stellv. Vorsitzender | Berichterstatter |