Der Bundesrat hat in seiner 964. Sitzung am 2. Februar 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat hält die grundsätzliche Zielstellung der Kommission, nach der der Verkehrssektor einen stärkeren Beitrag zu den CO₂-Minderungszielen erbringen soll, für richtig. Er unterstützt die Kommission in ihren diesbezüglichen Bemühungen. Gerade in Ballungsräumen und Großstädten können zum Beispiel Elektromobilität und die Elektrifizierung des ÖPNV zur Luftreinhaltung beitragen.
- 2. Er stellt fest, dass die Kommission mit ihrem Vorschlag für eine Änderung der Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge CO₂-Zielvorgaben für jeden Mitgliedstaat vorlegt. Für Deutschland wird im Rahmen des Anwendungsbereiches der Richtlinie bis 2025 eine verpflichtende Quote von 35 Prozent für saubere bzw. energieeffiziente leichte Nutzfahrzeuge festgelegt, für LKW eine Quote von 10 Prozent und für Busse von 50 Prozent. Bei Bussen legt die Kommission zudem eine Steigerung bis 2030 auf 75 Prozent fest, die dann den Kriterien der Richtlinie entsprechen sollen. Wie die Quote innerstaatlich umzusetzen sein wird, bleibt den Mitgliedstaaten vorbehalten.
- 3. Der Bundesrat stellt aber in diesem Zusammenhang fest, dass bei der Umsetzung der Richtlinie finanzielle Mehrbelastungen für die öffentlichen Haushalte - insbesondere für die kommunalen Haushalte - sowie die Bürgerinnen und Bürger zu befürchten sind.
- 4. Er bittet sicherzustellen, dass die Richtlinie in ihren einzelnen Vorgaben mit den anderen EU-Regelungen kohärent ist, insbesondere mit Blick auf die Verordnungen zur Typgenehmigung und zur CO₂-Regulierung sowie deren Folgeverordnungen. Auch sollten die CO₂- und Luftschadstoffemissionsgrenzen nicht derart niedrig angesetzt werden, dass Plugin-Hybrid-Technologien von vornherein ausgeschlossen sind. Plugin-Hybrid-Modelle sollten durch die Aufnahme eines Kriteriums der elektrischen Mindestreichweite Berücksichtigung finden.
- 5. Der Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) wäre mit Mindestquoten für alternative Kraftstoffe bei neu beschafften Fahrzeugen von 50 Prozent im Jahr 2025 und 75 Prozent im Jahr 2030 überproportional belastet. Im Vergleich dazu liegen die Quoten für leichte Nutzfahrzeuge nur bei 35 Prozent und für LKWs bei 10 bis 15 Prozent. Es ist daher zu prüfen, ob mit technologieoffeneren Vorgaben (unter anderem Einbeziehung von EURO-VI-Dieselbussen) die Zielsetzungen der Luftreinhaltung mit geringerem Kostenaufwand zu erreichen sind. Nach bisherigen Erkenntnissen würden im Richtlinienentwurf vorgesehene Regelungen sprunghafte Kostensteigerungen zur Folge haben, die den ÖPNV für die Nutzerinnen und Nutzer verteuern oder zu Angebotseinschränkungen führen.
- 6. Der Bundesrat hält es allerdings für erforderlich, die in Artikel 5 des Richtlinienvorschlags in Verbindung mit den Tabellen 4 und 5 des Anhangs definierten Mindestziele dergestalt zu modifizieren, dass sie von allen öffentlichen Auftraggebern erfüllt werden können. Kleinere Städte und Gemeinden besitzen, abgesehen von den fakultativ von der Richtlinie ausgenommenen Feuerwehrfahrzeugen, nur wenige leichte und schwere Nutzfahrzeuge. Deren Zahl liegt häufig im niedrigen einstelligen Bereich. Die Erfüllung einer Quote von zum Beispiel 10 Prozent bei schweren Nutzfahrzeugen, wie in Tabelle 4 des Anhangs vorgesehen, wäre in solchen Fällen praktisch nicht umsetzbar.
- 7. Der Bundesrat bittet, Artikel 2 der Richtlinie anzupassen, wonach die Mitgliedstaaten ermächtigt werden, den Kauf von in Artikel 2 Absatz 3 der Richtlinie 2007/46/EG genannten Fahrzeugen, die nicht der Typengenehmigung oder der Einzelgenehmigung in ihrem Hoheitsgebiet unterliegen, von den Anforderungen der Richtlinie 2009/33/EG zu befreien. Diese Ermächtigung wird von den Ländern insbesondere für Fahrzeuge benötigt, die für den Einsatz in der Feuerwehr, dem Katastrophenschutz und der Polizei konstruiert und gebaut worden sind. Da der Anwendungsbereich der Richtlinie nach Artikel 3 des Richtlinienvorschlags auch auf Verträge über das Leasing, die Anmietung und den Mietkauf von Straßenfahrzeugen erweitert werden soll, ist sicherzustellen, dass die in Artikel 2 der Richtlinie enthaltene Ermächtigung der Mitgliedstaaten in gleicher Weise erweitert wird. Derzeit ist eine Änderung des Artikels 2 im Richtlinienvorschlag nicht vorgesehen.
- 8. Der Bundesrat stellt fest, dass den Aufgabenträgern auch weiterhin die Möglichkeit gegeben werden muss, Fahrzeuge für die Feuerwehr, den Katastrophenschutz und die Polizei von der Anwendung der Richtlinie 2009/33/EG auszunehmen, soweit dies zur Sicherstellung der Einsatzfähigkeit erforderlich ist. Dazu muss bei Bedarf eine Anpassung des § 68 Absatz 4 der Vergabeverordnung vorgenommen werden, der zur nationalen Umsetzung der Ausnahmeermächtigung nach Artikel 2 der Richtlinie dient.
- 9. Er stellt weiter fest, dass die bisherige Richtlinie in Deutschland ein wichtiges Instrument zur Berücksichtigung von Umweltkriterien bei der Beschaffung von Fahrzeugen der öffentlichen Hand war und ist. Die geringe Zahl der in den Jahren 2009 bis 2015 beschafften Elektrofahrzeuge ist aus Sicht des Bundesrates kein Zeichen für einen Mangel der Richtlinie, sondern das Resultat des immer noch unzureichenden Angebotes an Fahrzeugen, das weiterhin nicht den Anforderungen der öffentlichen Stellen entspricht.
- 10. Der Bundesrat wendet sich gegen die Berichtspflichten in Artikel 1 Absatz 9 des Richtlinienvorschlags. Bereits im Rahmen der bestehenden Berichtspflichten gemäß Artikel 83 der Richtlinie 2014/24/EU vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe kann die Kommission die Mitgliedstaaten alle drei Jahre auffordern, Informationen über die praktische Umsetzung ihrer nationalen strategischen Beschaffungspolitik vorzulegen. Insbesondere die Zahl und die Klassen der von öffentlichen Auftraggebern beschafften Fahrzeuge sind bei den Ländern und Kommunen derzeit nicht mit einem zumutbaren Aufwand zu ermitteln. Die Bundesregierung wird daher gebeten, sich in den Verhandlungen zur vorgeschlagenen Richtlinie für eine Reduzierung der Berichtspflichten einzusetzen. Sofern die Berichtspflichten zu den beschafften Fahrzeugen bestehen bleiben, sollte die Bundesregierung durch Anpassung des nationalen Fahrzeugzulassungsrechtes rechtzeitig Vorsorge treffen, dass die erforderlichen Daten im Fahrzeugregister bei der Zulassung der Fahrzeuge registriert werden, gezielt abrufbar sind und von den berichtspflichtigen Stellen abgerufen werden dürfen.
- 11. Der Bundesrat hält es außerdem für sinnvoll, dass zur Umsetzung der Richtlinie das Programm "Fazilität für umweltfreundlichen Verkehr" der Europäischen Investitionsbank auf Verkehrsdienstleistungen bei der Abfallentsorgung sowie bei Post- und Paketdienstleistungen ausgeweitet wird, und bittet die Bundesregierung, sich hierfür einzusetzen.
- 12. In diesem Zusammenhang sieht er bei der künftig anstehenden Umsetzung der Richtlinie in das nationale Recht die von den Ländern geforderte "Nationale nachhaltige Mobilitätsoffensive" als geeignet an, die Zielstellungen des Richtlinienvorschlags wirksam zu flankieren.