Empfehlungen der Ausschüsse - 823. Sitzung des Bundesrates am 16. Juni 2006
Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Tierzuchtrechts sowie zur Änderung des Tierseuchengesetzes und des Tierschutzgesetzes

A

Der federführende Agrarausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 (Tierzuchtgesetz)

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Das derzeit geltende Tierzuchtgesetz sowie der Entwurf des neuen Tierzuchtgesetzes ist maßgeblich vom Fördergedanken geprägt. Ausdrücklich wird in § 1 Abs. 2 TierZG ausgeführt, dass im züchterischen Bereich die Erzeugung der in Absatz 1 bezeichneten Tiere, auch unter Bereitstellung öffentlicher Mittel, zu fördern ist. Die sich derzeit abzeichnenden Bestrebungen der EU-Kommission lassen befürchten, dass durch die Änderung des Gemeinschaftsrahmens bzw. des Artikels 15 der Freistellungsverordnung die Grundlage für die Förderung im Tierhaltungssektor bzw. im Tierzuchtbereich vollständig entzogen wird. Massive negative Folgen für die Tierzucht und die Tierhaltung, insbesondere auf deren Wettbewerbsfähigkeit, sind zu befürchten.

Die Bundesregierung sollte deshalb mit Nachdruck versuchen, die Fördermöglichkeiten seitens der EU offen zu halten.

2. Zu Artikel 1 ( § 1 Abs. 2 TierZG)

In Artikel 1 sind in § 1 Abs. 2 nach den Wörtern "Bereitstellung öffentlicher Mittel" die Wörter "oder Einrichtungen" einzufügen.

Begründung

Neben der Möglichkeit der Förderung der Tierzucht durch öffentliche Mittel soll auch die Möglichkeit offen gehalten werden, durch staatliche Einrichtungen, wie z.B. Prüfstationen, die Tierzucht zu fördern. Derzeit gibt es in fast allen Ländern staatliche Prüfstationen, die z.B. im Bereich der Schafzucht aus wirtschaftlichen Gründen nicht zur Gänze privat getragen werden können.

3. Zu Artikel 1 (§ 2 Nr. 7 TierZG)

In Artikel 1 ist in § 2 Nr. 7 das Wort "züchterischen" zu streichen.

Begründung

Die Änderung dient der Klarstellung. Bei einem Tier können nur phänotypische Leistungen festgestellt werden, anhand derer dann der züchterische Wert (Zuchtwert) geschätzt wird.

4. Zu Artikel 1 (§ 2 Nr. 8 TierZG)

In § 2 Nr. 8 ist nach den Wörtern "ihrer Nachkommen" das Wort "gegebenenfalls" einzufügen.

Begründung

Die Wirtschaftlichkeit gehört nicht zur Definition des Zuchtwertes bei Einzelmerkmalen. Nur bei der Berechnung des Gesamtzuchtwertes erfolgt eine ökonomische Gewichtung.

5. Zu Artikel 1 (§ 2 Nr. 9 TierZG)

In Artikel 1 ist in § 2 Nr. 9 das Wort "hybriden" durch das Wort "registrierten" zu ersetzen.

Begründung

Männliche Zuchttiere eines Zuchtunternehmens müssen nicht zwangsläufig hybride Tiere sein. Durch die Änderung der Formulierung wird deutlich, dass es sich nur um Tiere eines Zuchtunternehmens in der Schweinezucht handeln kann.

6. Zu Artikel 1 (§ 2 Nr. 16 TierZG)

In Artikel 1 sind in § 2 Nr. 16 die Wörter "Übertragung oder" zu streichen.

Begründung

In Fortführung der derzeitigen Regelung im Tierzuchtgesetz soll die Übertragung nicht Aufgabe der Embryotransfereinrichtung werden.

7. Zu Artikel 1 ( § 5 Abs. 6 TierZG)

In Artikel 1 ist in § 5 Abs. 6 die Angabe "§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 6 und 7" durch die Angabe "§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 6, 7 und 8 Buchstabe a" zu ersetzen.

Begründung

Die Ergänzung um Nummer 8 Buchstabe a stellt klar, dass die Bestimmungen des Zuchtregisters durch eine anerkannte Zuchtorganisation ebenso wie durch eine Züchtervereinigung zu beachten sind.

8. Zu Artikel 1 ( § 7 Abs. 1 TierZG)

Nach dem Gesetzentwurf wäre die Anwendung von § 7 Abs. 1 zur Durchführung der Leistungsprüfungen und Zuchtwertschätzung für Equiden nicht möglich, da für Equiden bislang keine Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft erlassen wurden. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, wie dem abgeholfen werden kann.

9. Zu Artikel 1 (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 TierZG)

In Artikel 1 ist § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 zu streichen.

Begründung

Die vorgesehene Länderermächtigung steht der Zielsetzung des Tierzuchtgesetzes entgegen und erschwert insbesondere die länderübergreifende Tätigkeit von Zuchtorganisationen.

Zu Artikel 1 (Abschnitt 3, §§ 9, 10 und 11 TierZG)

10. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, neben der inhaltlichen Ausgestaltung auch die Finanzierung der Maßnahmen zur Erhaltung der genetischen Vielfalt eindeutig zu regeln. Dabei sollte insbesondere klargestellt werden, für welche Maßnahmen die Zuchtorganisationen einen Anspruch auf Kostenerstattung haben und welche Kosten ggf. von den Ländern zu tragen sind.

11. Der Bundesrat hält in der Gesamtfinanzierung eine Aufteilung der notwendigen Finanzmittel zwischen Bund und Ländern im Verhältnis von 80 : 20 für sachgerecht.

Begründung zu Ziffern 10 und 11 (nur gegenüber dem Plenum):

Nachdem sich der Bund im Rahmen von internationalen Vereinbarungen verpflichtet hat Maßnahmen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung tiergenetischer Ressourcen zu ergreifen, ergibt sich daraus auch eine Verpflichtung, die daraus erwachsenden finanziellen Belastungen weitgehend zu tragen. Eine Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern von 80 : 20 wird für gerechtfertigt angesehen.

12. Zu Artikel 1 (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 TierZG)

In Artikel 1 ist in § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 wie folgt zu fassen:

Begründung

Nach der Definition in § 2 Nr. 15 TierZG-E sind Samendepots Einrichtungen, in denen Samen gelagert und abgegeben werden darf. Durch die Formulierung im Gesetzentwurf entsteht der falsche Eindruck, dass in Samendepots Samen auch behandelt werden darf.

13. Zu Artikel 1 (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a TierZG)

In Artikel 1 ist in § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a nach den Wörtern "einer Leistungsprüfung" das Wort "oder" durch das Wort "und" zu ersetzen.

Begründung

Die aktuelle Fassung der Kommissionsentscheidung 86/130/EWG sowie die Richtlinien des Rates 90/118/EWG und 90/119/EWG schreiben vor, dass für Zuchttiere die Ergebnisse der Leistungsprüfungen und der Zuchtwertschätzung vorliegen müssen. Es kann somit dem Samenanbieter nicht überlassen werden, ob er Ergebnisse der Leistungsprüfungen oder der Zuchtwertschätzung vorlegt.

Die vorgeschlagene Formulierung entspricht der geltenden Tierzuchteinfuhrverordnung vom 1. Juni 1999.

14. Zu Artikel 1 (§ 13 Abs. 3 Satz 2 TierZG)

In Artikel 1 ist § 13 Abs. 3 Satz 2 wie folgt zu ändern:

Begründung

Klarstellung des Gewollten.

15. Zu Artikel 1 (§ 14 Abs. 2 Satz 4 TierZG)

In Artikel 1 sind in § 14 Abs. 2 Satz 4 nach den Wörtern "Die Feststellung der Gleichwertigkeit kann" die Wörter "durch die zuständige Behörde" einzufügen.

Begründung

Die Ergänzung ist erforderlich, weil ohne Zuweisung der Kompetenz die Feststellung der Gleichwertigkeit nicht anwendbar wäre.

16. Zu Artikel 1 (§ 16 Abs. 1 Satz 1 TierZG)

In Artikel 1 sind in § 16 Abs. 1 Satz 1 die Wörter "und nur im Auftrag einer Embryo-Entnahmeeinheit" zu streichen.

Begründung

Es sollen Zuchtorganisationen und Mitglieder von Zuchtorganisationen ohne Mitwirkung einer Embryo-Entnahmeeinheit selbst entscheiden können, welche nach § 16 qualifizierten Personen die Übertragung vornehmen.

17. Zu Artikel 1 (§ 16 Abs. 1 Satz 3 TierZG)

In Artikel 1 sind in § 16 Abs. 1 Satz 3 nach den Wörtern "Die Feststellung der Gleichwertigkeit kann" die Wörter "durch die zuständige Behörde" einzufügen.

Begründung

Die Ergänzung ist erforderlich, weil ohne Zuweisung der Kompetenz die Feststellung der Gleichwertigkeit nicht anwendbar wäre.

18. Zu Artikel 1 (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b, Satz 3 TierZG)

In Artikel 1 ist § 19 Abs. 1 wie folgt zu ändern:

Begründung

Wenn bei der Einfuhr aus einem Drittland nicht von den Möglichkeiten der Richtlinie 94/28/EG Gebrauch gemacht wird, ist eine "privilegierte" Einfuhr nicht zu vertreten. Das vorgesehene Verfahren könnte umgangen werden. Die aktuelle Fassung der Kommissionsentscheidung 86/130/EWG sowie die Richtlinien des Rates 90/118/EWG und 90/119/EWG schreiben vor, dass für Zuchttiere die Ergebnisse der Leistungsprüfungen und der Zuchtwertschätzung vorliegen müssen. Es kann somit dem Samenanbieter nicht überlassen werden, ob er Ergebnisse der Leistungsprüfungen oder der Zuchtwertschätzung vorlegt. Die vorgeschlagene Formulierung entspricht der geltenden Tierzuchteinfuhrverordnung vom 1. Juni 1999.

19. Zu Artikel 1 (§ 22, Überschrift TierZG)

In Artikel 1 ist in § 22 in der Überschrift nach dem Wort "Überwachung" das Wort ", Ausnahmen" anzufügen.

Begründung

Nur die Absätze 1 bis 5 betreffen die Überwachung, während Absatz 6 Ausnahmen regelt. Dies ist in der Überschrift zu berücksichtigen.

20. Zu Artikel 1 (§ 26 Abs. 1 Nr. 2a - neu - TierZG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob eine Sanktionsmöglichkeit für den Fall, dass eine ausländische Zuchtorganisation ohne die in § 5 Abs. 4 Satz 2 vorgeschriebene Unterrichtung der Behörde in Deutschland tätig wird, vorgesehen werden soll.

21. Zu Artikel 1 (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierZG)

In Artikel 1 ist in § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 nach den Wörtern "wenn nicht bis zum" die Angabe "31. Dezember 2011" einzufügen und der Klammerzusatz zu streichen.

Begründung

Es ist eine Übergangszeit von ca. fünf Jahren vorgesehen. Es sollte ein festes Datum vorgesehen werden.

22. Zu Artikel 1 (§ 28 Abs. 1 Satz 3 TierZG)

In Artikel 1 sind in § 28 Abs. 1 Satz 3 die Wörter "von der zuständigen Behörde" zu streichen.

Begründung

Nähere Ausführungen zur zuständigen Stelle sind bei dieser Ausnahmeregelung entbehrlich.

23. Zu Artikel 1 (§ 28 Abs. 1a - neu - TierZG)

In Artikel 1 ist in § 28 nach Absatz 1 folgender Absatz 1a einzufügen:

Begründung

In den Fällen, in denen von der Ermächtigung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Gebrauch gemacht wird, ist die Zuchtorganisation nicht für die Durchführung der Leistungsprüfungen und der Zuchtwertschätzung zuständig. Insofern ist die Vorlage einer geänderten Satzung entbehrlich und das Erlöschen der vorläufigen Anerkennung in diesem Fall nicht gerechtfertigt.

24. Zu Artikel 1 (§ 28 Abs. 5 - neu -TierZG)

In Artikel 1 ist dem § 28 folgender Absatz 5 anzufügen:

Begründung

Nach dem derzeit geltenden Tierzuchtgesetz ausgesprochene Erlaubnisse sollten ohne erneute Erlaubnis weiter gelten. Z. B. sollten Zuchtversuche ohne erneute Genehmigung zu Ende geführt werden können.

25. Zu Artikel 6 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)

Artikel 6 ist wie folgt zu fassen:

Artikel 6
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Begründung

Der Gesetzentwurf führt zu massiven Änderungen insbesondere im Bereich neuer Ermächtigungen, so dass erst im Zusammenwirken von Gesetz und Verordnungen ein funktionierendes Rechtsgefüge entsteht. Insofern ergeben sich rechtliche Widersprüche bzw. Lücken, wenn die Verordnungen erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes geändert bzw. erlassen werden. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, dass vor dem Inkrafttreten des Gesetzes auch die Verordnungen erarbeitet und dann zeitgleich mit dem Gesetz in Kraft gesetzt werden.

Zudem wird die in § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 vorgesehene Übergangsfrist von vollen fünf Jahren sicher gewährleistet.

26. Zu Anlage 3

In Anlage 3 sind a) in der Zeile "Schweine a) reinrassig" in Spalte 3 die Wörter "Anforderungen nach Artikel 2 der Richtlinie 90/118/EWG des Rates vom 5. März 1990 über die Zulassung reinrassiger Zuchttiere zur Zucht (ABl. EG (Nr. ) L 71 S. 34 bis 35)" und b) in der Zeile "Schweine b) hybrid" in Spalte 3 die Wörter "Anforderungen nach Artikel 1 der Richtlinie 90/119/EWG des Rates vom 5. März 1990 über die Zulassung hybrider Zuchttiere zur Zucht (ABl. EG (Nr. ) L 71 S. 36)" einzufügen.

Begründung

Gemäß § 13 Abs. 3 des Gesetzentwurfes muss der Samen von einem Zuchttier stammen. Laut Richtlinie 90/118/EWG ist die "künstliche Besamung eine wertvolle Technik für die Verbreitung der besten Zuchttiere und somit für die Verbesserung der Schweinezucht. Jedoch muss jegliche Verschlechterung der genetischen Eigenschaften vermieden werden, insbesondere bei den männlichen Zuchttieren; bei diesen muss der genetische Wert und das Fehlen erblicher Belastungen gewährleistet sein."

In der Richtlinie 90/118/EWG ist daher geregelt, dass ein Mitgliedstaat nur dann die Zulassung reinrassiger männlicher Zuchtschweine zur künstlichen Besamung nicht verbieten, beschränken oder behindern darf, wenn diese "auf Grund ihrer Leistungskontrolle und genetischen Bewertung zur künstlichen Besamung zugelassen worden sind."

Analoge Regelungen enthält die Richtlinie 90/119/EWG für hybride männliche Zuchtschweine zur künstlichen Besamung.

B

27. Der Ausschuss für Kulturfragen, der Rechtsausschuss und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfehlen dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.