Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 301203 - vom 30. Januar 2007. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 14. Dezember 2006 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis des von Martine Roure im Namen der PSE-Fraktion vorgelegten Vorschlag für eine Empfehlung zum Datenschutz im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (B6-0618/2006),
- - unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 27. September 2006 zu dem Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden1,
- - in Kenntnis der Stellungnahmen des Europäischen Datenschutzbeauftragten zu diesem Thema vom 19. Dezember 20052 und vom 29. November 20063,
- - in Kenntnis des Übereinkommens des Europarats Nr. 108 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten,
- - in Kenntnis des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen4,
- - gestützt auf Artikel 114 Absatz 3 und Artikel 94 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A6-0456/2006),
A. in der Erwägung, dass der Rat seine Zusage vom 27. September 2006 vor dem Europäischen Parlament eingehalten hat, die Erörterungen über den Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über den Datenschutz im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen zu beschleunigen, und dass er kurz vor einer Einigung über diesen Text stünde,
B. in der Erwägung, dass der vorerwähnte Standpunkt des Europäischen Parlaments, der einstimmig angenommen wurde, trotz der Zusage des Rates vom 27. September 2006 vor dem Europäischen Parlament offensichtlich in den laufenden Verhandlungen innerhalb des Rates nicht berücksichtigt wurde,
C. unter Hinweis auf die Tatsache, dass das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente nicht über den Stand der Verhandlungen innerhalb des Rates auf dem Laufenden gehalten wurden,
D. in Erwägung der von der Europäischen Konferenz der nationalen Datenschutzbehörden mit Vorbehalten abgegebenen Stellungnahme vom 24. Januar 2006 und ihrer Erklärung vom 2. November 2006 von London über hohe Datenschutzstandards im Rahmen des Dritten Pfeilers, in der sie einen kohärenten Rahmen für den Schutz von Daten forderten, unabhängig davon, ob sie innerhalb der Mitgliedstaaten, zwischen ihnen oder mit Drittländern ausgetauscht werden,
E. in der Erwägung, dass die Stellungnahmen der Konferenz der nationalen Datenschutzbehörden und des Europäischen Datenschutzbeauftragten offensichtlich in den Verhandlungen innerhalb des Rates nicht berücksichtigt wurden,
F. außerordentlich besorgt darüber, wie sich die Erörterungen im Rat entwickeln, und dass die Mitgliedstaaten offensichtlich eine Einigung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner im Bereich des Datenschutzes im Auge haben; in der Befürchtung, dass das Datenschutzniveau hinter demjenigen zurückbleibt, das durch die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr5 und das Übereinkommen des Europarats Nr. 108 gewährleistet wird, und dass die Umsetzung dieser möglichen Einigung im Gegenteil negative Auswirkungen auf den allgemeinen Grundsatz des Datenschutzes in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben würde, ohne aber ein ausreichendes Schutzniveau auf europäischer Ebene zu schaffen,
G. in der Erwägung, dass durch den derzeit im Rat erörterten Text für einen Rahmenbeschluss unterschiedliche Datenschutzregelungen eingeführt würden: diejenigen, die von den Staaten angewendet werden, die zum Schengen-Raum gehören, und diejenigen, die von den Staaten angewendet werden, die nicht dazu gehören; diese Unterschiede würden zu einer Inkohärenz bei den Datenschutzstandards sogar innerhalb der Europäischen Union führen,
H. in der Erwägung, dass dieser Vorschlag für einen Rahmenbeschluss mit der Aufstellung des Grundsatzes der Verfügbarkeit, einer Priorität des Haager Programms, eng in Verbindung steht,
I. unter erneutem Hinweis darauf, dass dieser Vorschlag für einen Rahmenbeschluss zu gegebener Zeit das vorstehend erwähnte Übereinkommen des Europarats Nr. 108 ersetzen muss, um der Europäischen Union ein eigenes Instrument für den Datenschutz im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit an die Hand zu geben,
- 1. empfiehlt dem Rat,
Allgemeine Grundsätze
- a) ein hohes Schutzniveau der Grundrechte der europäischen Bürger zu gewährleisten, indem er einen rechtlichen Rahmen zum Schutz der persönlichen Daten in den unter Titel VI des EU-Vertrags fallenden Bereichen schafft;
- b) zu einem besseren Funktionieren der europäischen Zusammenarbeit in den Bereichen Polizei und Justiz beizutragen und das gegenseitige Vertrauen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten untereinander durch die Sicherstellung eines harmonisierten Mindestniveaus des Datenschutzes zu stärken;
- c) dafür zu sorgen, dass der Rahmenbeschluss einen zusätzlichen europäischen Nutzen bringt, indem ein hohes Datenschutzniveau in allen Mitgliedstaaten gewährleistet wird;
- d) die allgemeinen Datenschutzgrundsätze für die dritte Säule durch Übernahme der Grundsätze der einschlägigen Gemeinschaftsrichtlinien festzulegen, wobei zusätzliche Datenschutzregeln aufzustellen und die Besonderheiten der Arbeit von Polizei und Justiz zu berücksichtigen sind;
- e) sicherzustellen, dass der Grundsatz der Zweckbindung und das Verhältnismäßigkeitsprinzip eingehalten werden, nach denen jeder Eingriff in die Privatsphäre von Bürgern notwendig und begründet sein muss, und dass bei der späteren Verarbeitung der Daten der ursprüngliche Verwendungszweck, für den sie erhoben wurden, gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte beachtet wird;
- f) dem Rahmenbeschluss einen breiten Anwendungsbereich zu geben, in den auch der Datenschutz im Rahmen der Verarbeitung im Inland fällt, denn mit ihm wird das gleiche Ziel wie mit der Richtlinie 95/46/EG verfolgt, nämlich den Bürgern ein hohes Schutzniveau in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu bieten, und die Ungleichheiten bei den Schutzniveaus bei persönlichen Rechten und bei den Sicherheitsniveaus bei Dateien und Datensystemen zu beseitigen, die die Übermittlung und den Austausch von Daten zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten behindern;
Mindestnormen des Datenschutzes im besonderen Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit
- g) nicht die bestehenden Datenschutznormen aufzuweichen und einen Text anzunehmen, der insbesondere nicht hinter der Richtlinie 95/46/EG und dem Übereinkommen des Europarats Nr. 108, das für die Mitgliedstaaten rechtsverbindlich ist, zurückbleibt, insbesondere
- - die Rechte der betroffenen Personen auf Information und Zugang zu den Daten sowie die Rechtsmittel gemäß Artikel 5 Buchstabe a und Artikel 8 des Übereinkommen Nr. 108108 beizubehalten;
- - ein hohes Niveau des Schutzes sensibler Daten gemäß den in der dritten Säule bestehenden Normen in einer Weise zu gewährleisten, dass der vorrangige Grundsatz gilt, dass die Benutzung besonderer Datenkategorien, die aufgrund beschränkter Ausnahmeregelungen erhoben werden, untersagt ist; wünscht darüber hinaus, dass ein sehr hohes Niveau, das noch darüber hinausgeht, beim Datenschutz gewährleistet wird, soweit biometrische Daten und Daten im Zusammenhang mit der DNA betroffen sind;
- - die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten von Daten (Daten über Opfer, Verdächtige, Zeugen usw.) beizubehalten, um eine unterschiedliche Verarbeitung und verschiedene und spezifische Garantien je nach Datenart vorzusehen, insbesondere, was nicht verdächtige Personen betrifft;
- h) die Tatsache zu berücksichtigen, dass zu große Unterschiede zwischen den Datenschutzniveaus in der ersten und in der dritten Säule nicht nur negative Auswirkungen auf die Datenschutzrechte der Bürger, sondern auch auf das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten sowie auf die Effizienz der polizeilichen Arbeit haben würden;
- i) die Qualität der Daten zu gewährleisten, denn nur Daten, die im Wesentlichen richtig sind, dürfen auf vorherigen und begründeten Antrag der zuständigen Behörde übermittelt werden;
- j) dafür zu sorgen, dass europäische Normen für die Vertraulichkeit von Daten geschaffen werden;
Spätere Verarbeitung und Weitergabe von Daten
- k) besondere Beschränkungen und Garantien festzulegen, was die spätere Verarbeitung und die Weitergabe von Daten an andere als die zuständigen Behörden betrifft, wobei aber der Grundsatz der Zweckbindung gewährleistet sein muss;
- l) darauf zu bestehen, dass der Datenaustausch mit den zuständigen Behörden von Drittländern in den Anwendungsbereich dieses Rahmenbeschlusses aufgenommen wird, um - erforderlichenfalls durch die Aushandlung von entsprechenden internationalen Übereinkommen - ein angemessenes Datenschutzniveau zu gewährleisten, und auch zu fordern, dass die Qualität der aus Drittländern eingegangenen Daten geprüft wird, einschließlich auf der Grundlage des Schutzes der Grundrechte;
- m) spezifische Garantien vorzusehen, was die Weitergabe und Benutzung von Daten betrifft, die von Privaten erhoben und im Rahmen der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben verarbeitet werden, und Sanktionen - auch strafrechtlicher Art - für jeden Missbrauch von in diesem Zusammenhang verarbeitenden Daten vorzusehen;
Spezifische Anmerkungen
- n) der Auffassung zu folgen, dass im Rahmen einer so sensiblen und ungleichen Beziehung, wie derjenigen, die zwischen dem Staat und dem Bürger besteht, die Zustimmung der Person allein nur in vorher bestimmten besonderen Ausnahmefällen, deren Grenzen durch das nationale Recht abgesteckt sind, als ausreichende Rechtsgrundlage für die Legitimierung der späteren Verarbeitung ihrer Daten zu Sicherheitszwecken angesehen werden kann; die Richtlinie 95/46/EG gilt weiterhin für jede spätere, unter die erste Säule fallende Verarbeitung;
- o) eine obligatorische Konsultation der nationalen Datenschutzbehörden (in Anwendung der Richtlinie 95/46/EG) und ihres europäischen institutionellen Netzes, der "Artikel-29-Arbeitsgruppe", im Rahmen der Ausarbeitung jeder Rechts- oder Verwaltungsvorschrift, die den Datenschutz betrifft, für erforderlich zu erachten;
- p) das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente in vollem Umfang an den laufenden Erörterungen im Rat zu beteiligen und die einstimmig angenommene Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu berücksichtigen;
- q) den Rahmenbeschluss über den Datenschutz unter gebührender Berücksichtigung des vorstehend erwähnten Standpunkts, der vom Parlament einstimmig angenommen wurde, so rasch wie möglich zu verabschieden und die Annahme eines angemessenen Rahmenbeschlusses über den Datenschutz in der dritten Säule vor Annahme des Vorschlags für einen Beschluss des Rates über den Zugang der für die innere Sicherheit zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum Visa-Informationssystem (VIS) für Datenabfragen zum Zwecke der Prävention, Aufdeckung und Untersuchung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten (KOM (2005) 0600) und des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (KOM (2005) 0835) als überaus wünschenswert zu betrachten;
- r) im Rahmenbeschluss detaillierte Regelungen der Datensicherheit beizubehalten, die denjenigen vergleichbar sind, die im Europol-Übereinkommen vorgesehen sind;
- s) den Rahmenbeschluss rasch anzunehmen, dabei aber zu bedenken, dass die Schnelligkeit der Entscheidungen nicht zu einer Angleichung des Datenschutzniveaus nach unten führen darf, und dass die problematischen Artikel nicht einfach gestrichen oder vereinfacht werden dürfen;
- 2. behält sich vor, seinen künftigen Standpunkt zu dem Vorschlag für einen Rahmenbeschlusses über den Datenschutz mit den nationalen Parlamenten zu erörtern, sobald der Rat sein Konzept in diesem Bereich festgelegt hat;
- 3. beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat und - zur Information - der Kommission sowie den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten und dem Europarat zu übermitteln.
- 1 Angenommene Texte, P6_TA(2006)0370.
- 2 ABl. C 47 vom 25.2.2006, S. 27.
- 3 Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.
- 4 ABl. C 239 vom 22.9.2000, S. 19.
- 5 ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.