Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Das Europäische Parlament, der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Ausschuss der Regionen und der Beschäftigungsausschuss werden an den Beratungen des Beschlussvorschlags des Rates beteiligt.
Hinweis: vgl.
Drucksache 113/10 (PDF) = AE-Nr. 100144
Europäische Kommission
Brüssel, den 27.4.2010
SEK(2010) 488 endgültig
Empfehlung für eine Empfehlung des Rates vom 27.4.2010 über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union
Teil I der integrierten Leitlinien zu Europa 2020 {KOM (2010) 193 endgültig}
Begründung
Am 26. März 2010 billigte der Europäische Rat den Vorschlag der Europäischen Kommission, eine auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken gestützte neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung, Europa 20201, anzustoßen, die sich auf die Kernbereiche konzentriert, in denen gehandelt werden muss, um Europas Potenzial für ein nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Zu diesem Zweck verständigte sich der Europäische Rat auf gemeinsame Kernziele, an denen sich das Handeln der Mitgliedstaaten und der Union ausrichten soll. Die Mitgliedstaaten setzen diese Ziele in nationale Ziele um. Auf EU-Ebene wird sich die Kommission im Rahmen der Umsetzung dieser Strategie insbesondere auf die sieben Leitinitiativen stützen, die in der Mitteilung zu Europa 2020 angekündigt worden sind.
Gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union betrachten die Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitik und die Beschäftigungsförderung als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse und koordinieren sie im Rat. In zwei Artikeln ist festgelegt dass der Rat Grundzüge der Wirtschaftspolitik (Artikel 121) und beschäftigungspolitische Leitlinien (Artikel 148) verabschiedet, und in letzterem wird präzisiert dass diese Leitlinien mit den Grundzügen im Einklang stehen müssen.
Entsprechend dieser Rechtsgrundlage werden die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen und die Grundzüge der Wirtschaftspolitik als zwei verschiedene - jedoch eng miteinander verbundene - Rechtsinstrumente dargestellt:
- - als Empfehlung des Rates über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union - Teil I der integrierten Leitlinien zu Europa 2020,
- - als Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten - Teil II der integrierten Leitlinien zu Europa 2020.
Diese durch die vorgenannten Rechtsinstrumente umgesetzten Leitlinien bilden zusammen die integrierten Leitlinien für die Umsetzung der Strategie Europa 2020.
In den integrierten Leitlinien zu Europa 2020 wird der Rahmen für die Strategie Europa 2020 sowie für Reformen auf der Ebene der Mitgliedstaaten abgesteckt. Im Interesse von Kohärenz und Klarheit sind die Leitlinien zahlenmäßig begrenzt und berücksichtigen die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates. Die Leitlinien verfolgen einen integrierten Ansatz, um sicherzustellen, dass die auf nationaler und EU-Ebene getroffenen Maßnahmen in vollem Umfang zur Erreichung der Ziele der Strategie Europa 2020 beitragen. Ein abgestimmtes Vorgehen bei der Umsetzung dieser Leitlinien wird den Mitgliedstaaten helfen, sich die positiven Spillover-Effekte koordinierter Strukturreformen insbesondere innerhalb der Eurozone zunutze zu machen.
Auf dieser Grundlage werden die Mitgliedstaaten nationale Reformprogramme erstellen, in denen sie detailliert darlegen, welche Maßnahmen sie zur Umsetzung der Strategie planen, und insbesondere erläutern, wie sie ihre nationalen Ziele erreichen und die Hemmnisse für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum auf nationaler Ebene beseitigen wollen. Aufbauend auf der Überwachungstätigkeit der Kommission und den Arbeiten des Rates wird der Europäische Rat einmal jährlich eine Gesamtbewertung der auf EU- und Länderebene erzielten Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie vornehmen. Dabei werden makroökonomische, strukturelle und wettbewerbliche Entwicklungen sowie die allgemeine Finanzstabilität gleichzeitig analysiert.
Die integrierten Leitlinien zu Europa 2020 lauten:
- Leitlinie 1: Gewährleistung der Qualität und langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen
- Leitlinie 2: Beseitigung makroökonomischer Ungleichgewichte
- Leitlinie 3: Abbau von Ungleichgewichten in der Eurozone
- Leitlinie 4: Optimierung der FuE- sowie der Innovationsförderung, Stärkung des Wissensdreiecks und Freisetzung des Potenzials der digitalen Wirtschaft
- Leitlinie 5: Verbesserung der Ressourceneffizienz und Abbau der Treibhausgasemissionen
- Leitlinie 6: Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen und Verbraucher und Modernisierung der industriellen Basis
- Leitlinie 7: Erhöhung der Beschäftigungsquote und Abbau der strukturellen Arbeitslosigkeit
- Leitlinie 8: Heranbildung von Arbeitskräften, deren Qualifikationen den Anforderungen des Arbeitsmarkts entsprechen, Förderung der Arbeitsplatzqualität und des lebenslangen Lernens
- Leitlinie 9: Steigerung der Leistungsfähigkeit der allgemeinen und beruflichen Bildungssysteme auf allen Ebenen und Verbesserung des Zugangs zur Hochschulbildung
- Leitlinie 10: Bekämpfung von gesellschaftlicher Ausgrenzung und Armut
Empfehlung für eine Empfehlung des Rates vom 27.4.2010 über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union
Teil I der integrierten Leitlinien zu Europa 2020
Der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2, auf Empfehlung der Europäischen Kommission, gestützt auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) Gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union betrachten die Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse und koordinieren sie im Rat. Im Einklang mit den Vertragsbestimmungen hat die Europäische Union Instrumente der politischen Koordinierung für die Fiskalpolitik (Stabilitäts- und Wachstumspakt) sowie die Makro-Strukturpolitik entwickelt.
- (2) Nach dem AEU-Vertrag verabschiedet der Rat beschäftigungspolitische Leitlinien und Grundzüge der Wirtschaftspolitik, an denen die Mitgliedstaaten ihre Politik ausrichten sollen.
- (3) Die im Jahr 2000 ins Leben gerufene Lissabon-Strategie entstand aus der Erkenntnis, dass die EU angesichts des weltweiten Wettbewerbs, des technologischen Wandels und der Bevölkerungsalterung ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit steigern und den sozialen Zusammenhang stärken muss. Die Lissabon-Strategie wurde 2005 nach einer Halbzeitprüfung neu aufgelegt, wobei Wachstum sowie Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen noch stärker in den Mittelpunkt gerückt wurden.
- (4) Die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung hat dazu beigetragen, einen Konsens über die grobe Ausrichtung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik der EUzu erzielen. Im Rahmen dieser Strategie hat der Rat 2005 Grundzüge der Wirtschaftspolitik und beschäftigungspolitische Leitlinien verabschiedet2 und diese 2008 überarbeitet3. Die 24 Leitlinien skizzierten die makro- und mikroökonomischen Prioritäten sowie die Prioritäten im Bereich der Arbeitsmarktreform für die EU insgesamt und legten somit die Grundlagen für die nationalen Reformprogramme. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass die Leitlinien keine hinreichend klar definierten Prioritäten setzten und nicht stark genug ineinander griffen. Dadurch hielten sich ihre Auswirkungen auf die nationalen politischen Entscheidungsprozesse in Grenzen.
- (5) Die Finanz- und Wirtschaftskrise, die 2008 begann, resultierte in beträchtlichen Arbeitsplatzverlusten und einem starken Rückgang des Produktionspotenzials, und führte zu einer dramatischen Verschlechterung der öffentlichen Finanzen. Gleichwohl hat das Europäische Konjunkturprogramm4 den Mitgliedstaaten zum Teil durch koordinierte fiskalpolitische Impulse im Umgang mit der Krise geholfen, wobei der Euro als Anker für die makroökonomische Stabilität fungierte. So hat die Krise gezeigt dass sich mit einer wirksamen und engen wirtschaftspolitischen Koordinierung in der EU greifbare Ergebnisse erzielen lassen. Außerdem machte sie deutlich wie eng die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten miteinander verflochten sind.
- (6) Die Kommission hat vorgeschlagen, eine neue Strategie für das nächste Jahrzehnt, die Strategie Europa 20205, zu konzipieren, damit die Union gestärkt aus dieser Krise hervorgehen und ihre Wirtschaft in ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum überführen kann. Es wurden fünf gemeinsame Kernziele festgelegt, die unter den jeweiligen Leitlinien aufgeführt sind und an denen sich das Handeln der Mitgliedstaaten und der Union ausrichten soll. Die Mitgliedstaaten sollten alles daransetzen die nationalen Ziele zu erreichen und Wachstumsengpässe zu beseitigen.
- (7) Im Rahmen umfassender Strategien für die Bewältigung der Wirtschaftskrise sollten die Mitgliedstaaten ehrgeizige Reformprogramme durchführen, um die makroökonomische Stabilität und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu sichern die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und die makroökonomischen Ungleichgewichte zu verringern. Als Reaktion auf die Krise eingeführte vorübergehende Maßnahmen sollten in abgestimmter Weise zurückgefahren werden, wenn der Wirtschaftsaufschwung sicher ist. Die Rücknahme der Konjunkturmaßnahmen sollte im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts erfolgen und koordiniert werden.
- (8) Im Rahmen der Strategie Europa 2020 sollten die Mitgliedstaaten Reformen durchführen die auf ein intelligentes, d.h. wissens- und innovationsgestütztes Wachstum abzielen. Die Reformen sollten darauf ausgerichtet sein, die Qualität des Bildungssystems zu verbessern, allen Menschen Zugang zur Bildung zu bieten sowie die Leistungsfähigkeit der Forschung und der Unternehmen zu steigern, um Innovation und Wissenstransfer innerhalb der EU zu fördern. Sie sollten die unternehmerische Tätigkeit fördern und dazu beitragen, innovative Ideen in innovative Produkte, Dienstleistungen und Prozesse umzusetzen, durch die Wachstum, hochwertige Arbeitsplätze sowie territorialer, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt entstehen können und die dazu beitragen, die europäischen und weltweiten gesellschaftlichen Herausforderungen wirksamer anzugehen. In diesem Zusammenhang ist eine optimale Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien von zentraler Bedeutung.
- (9) Außerdem sollten die Mitgliedstaaten mit ihren Reformprogrammen ein nachhaltiges Wachstum anstreben. Nachhaltiges Wachstum bedeutet, das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abzukoppeln, und unter Ausschöpfung der Führungsrolle Europas im Wettbewerb um die Entwicklung neuer Verfahren und Technologien, einschließlich umweltfreundlicher Technologien, eine ressourceneffiziente, nachhaltige und wettbewerbsfähige Wirtschaft mit einer gerechten Kosten-/Nutzenverteilung aufzubauen. Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Reformen durchführen, um die Treibhausgasemissionen zu verringern und Ressourcen effizient zu nutzen. Zudem sollten sie die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern die Schaffung umweltfreundlicher Arbeitsplätze fördern und ihre industrielle Basis modernisieren.
- (10) Die Reformprogramme der Mitgliedstaaten sollten darüber hinaus ein integratives Wachstum anstreben. Integratives Wachstum bedeutet, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen, in dessen Rahmen die Menschen befähigt werden, Veränderungen zu antizipieren und zu bewältigen und dergestalt aktiv am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen. Daher sollten die Reformen der Mitgliedstaaten darauf ausgerichtet sein, allen lebenslang Zugangsmöglichkeiten und Chancen zu bieten und somit Armut und soziale Ausgrenzung dadurch zu verringern, dass Hindernisse für die Erwerbsbeteiligung insbesondere von Frauen, älteren Arbeitnehmern, jungen Menschen, Behinderten und legalen Migranten abgebaut werden. Außerdem sollten sie sicherstellen, dass die Vorteile des Wirtschaftswachstums allen Bürgern und allen Regionen zugute kommen. Den Kern der Reformprogramme der Mitgliedstaaten sollte daher die Gewährleistung eines reibungslos funktionierenden Arbeitsmarkts bilden; dazu soll in erfolgreiche Übergänge, eine angemessene Qualifikationsentwicklung und die Verbesserung der Arbeitsplatzqualität investiert, die Arbeitsmarktsegmentierung, strukturelle Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit abgebaut sowie ein angemessener, nachhaltiger Sozialschutz und eine aktive Eingliederung sichergestellt werden.
- (11) Die Strukturreformen der EU und der Mitgliedstaaten können dann wirklich zu Wachstum und Beschäftigung beitragen, wenn sie die Wettbewerbsfähigkeit der EU in der Weltwirtschaft stärken, den Exporteuren in der EU neue Möglichkeiten eröffnen und wichtige Einfuhrerzeugnisse zu wettbewerbsfähigen Konditionen zugänglich machen. Deswegen sollten sie die möglichen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit nach außen berücksichtigen, um das Wachstum in Europa und die Teilhabe an weltweit offenen und fairen Märkten zu fördern.
- (12) Die Strategie Europa 2020 muss durch ein integriertes Maßnahmenbündel unterlegt werden das die Mitgliedstaaten in vollem Umfang und identischem Tempo umsetzen sollten damit die positiven Spillover-Effekte koordinierter Strukturreformen greifen.
- (13) Auch wenn sich diese Leitlinien an die Mitgliedstaaten richten, sollte die Strategie Europa 2020 in Partnerschaft mit allen nationalen, regionalen und kommunalen Behörden und in enger Zusammenarbeit mit den Parlamenten, den Sozialpartnern sowie den Vertretern der Zivilgesellschaft umgesetzt werden, die in die Erarbeitung der nationalen Reformprogramme, ihre Umsetzung und die umfassende Kommunikation über die Strategie einbezogen werden sollten.
- (14) Die Strategie Europa 2020 stützt sich auf ein kleineres Bündel von Leitlinien, das das bisherige Bündel von 24 Leitlinien ersetzt und beschäftigungspolitische Fragen und allgemeine wirtschaftspolitische Fragen auf kohärente Weise behandelt. Die dieser Empfehlung beigefügten Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union sind eng mit den beschäftigungspolitischen Leitlinien verbunden, die dem Beschluss des Rates [...] vom [...] beigefügt sind. Sie bilden zusammen die integrierten Leitlinien zu Europa 2020.
- (15) Diese neuen integrierten Leitlinien basieren auf den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates. Sie geben den Mitgliedstaaten eine präzise Richtschnur für die Festlegung ihrer nationalen Reformprogramme und Durchführung von Reformen vor, welche die enge Verflechtung der Mitgliedstaaten widerspiegeln und mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt im Einklang stehen. Die Leitlinien werden die Grundlage für alle länderspezifischen Empfehlungen bilden, die der Rat gegebenenfalls an die Mitgliedstaaten richtet, und - im Falle der Grundzüge der Wirtschaftspolitik - für Verwarnungen, die die Kommission bei unzureichender Befolgung der länderspezifischen Empfehlungen an die betreffenden Staaten richten kann.
- (16) Diese Leitlinien sollten bis 2014 weitgehend unverändert bleiben, damit das Hauptaugenmerk auf die Umsetzung gerichtet werden kann -
Hat die folgenden Empfehlungen Erlassen:
- (1) Die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die EU sollten bei der Ausgestaltung ihrer Wirtschaftspolitik den im Anhang beigefügten Grundzügen Rechnung tragen die Teil der integrierten Leitlinien zu Europa 2020 sind.
- (2) Die Mitgliedstaaten sollten nationale Reformprogramme konzipieren, die im Einklang stehen mit den in den integrierten Leitlinien zu Europa 2020 dargelegten Zielen.
Geschehen zu Brüssel am 27.4.2010
Im Namen des Rates
Der Präsident
Anhang:
Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union
Leitlinie 1: Gewährleistung der Qualität und langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen
Die Mitgliedstaaten sollten Strategien zur Konsolidierung ihrer Haushalte auf der Grundlage des Stabilitäts- und Wachstumspakts umsetzen und insbesondere die Empfehlungen befolgen, die gemäß dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit und/oder - im Falle von Zahlungsbilanzhilfen - gemäß den eingegangenen Vereinbarungen an sie gerichtet wurden.
Insbesondere sollten die Mitgliedstaaten eine strukturelle Konsolidierung weit über dem Bezugswert von 0,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr erreichen, bis die mittelfristigen Haushaltsziele erreicht sind. Mit der Konsolidierung der Haushalte sollte spätestens 2011 begonnen werden; in einigen Mitgliedstaaten, in denen die wirtschaftlichen Umstände dafür sprechen, sollte sie schon früher einsetzen, sofern die Prognosen der Kommission weiterhin erkennen lassen, dass der Wirtschaftsaufschwung so weit an Stärke gewinnt dass er sich selbst aufrechterhalten kann.
Bei der Konzeption und Umsetzung der Haushaltskonsolidierungsstrategien sollten sie steuerliche Maßnahmen begünstigen, die dem Wachstum und der Beschäftigung nicht abträglich sind, und wachstumsfördernden Ausgabenposten wie allgemeine und berufliche Bildung, Qualifizierung und Förderung von Beschäftigungsfähigkeit, Forschung und Entwicklung (F&E), Innovation sowie Investitionen in Netzinfrastrukturen, wie Hochgeschwindigkeitsverbindungen im Internet und die Verbindung von Energie- und Verkehrsnetzen, Vorrang einräumen. Gegebenenfalls erforderliche Steuererhöhungen sollten nach Möglichkeit mit Maßnahmen zur "wachstumsfreundlicheren" Gestaltung des Steuersystems verbunden werden, indem die Steuerlast vom Faktor Arbeit stärker beispielsweise auf umweltschädliche Tätigkeiten verlagert wird. Die Steuer- und Sozialleistungssysteme sollten Anreize bieten, damit sich Arbeit wieder lohnt.
Die Mitgliedstaaten sollten ferner ihren Haushaltsrahmen stärken, die Qualität der öffentlichen Ausgaben steigern und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen durch eine dreigleisige Strategie verbessern, die einen raschen Schuldenabbau, die Reform der altersbedingten öffentlichen Ausgaben, wie Gesundheitsausgaben, sowie Maßnahmen beinhaltet die zur Erhöhung des effektiven Renteneintrittsalters beitragen, um dergestalt sicherzustellen dass die altersbedingten öffentlichen Ausgaben finanziell tragfähig und zugleich sozial angemessen und zugänglich sind.
Leitlinie 2: Beseitigung makroökonomischer Ungleichgewichte
Die Mitgliedstaaten sollten nicht mehr tragbare makroökonomische Ungleichgewichte, die unter anderem aus Entwicklungen ihrer Leistungsbilanzen, der Aktienmärkte und der Bilanzen der privaten Haushalte und des Unternehmenssektors resultieren, vermeiden.
Mitgliedstaaten, die infolge einer auf Dauer mangelnden Wettbewerbsfähigkeit oder infolge ihrer Aufsichts- oder Steuerpolitik hohe Leistungsbilanzungleichgewichte zu verzeichnen haben sollten die tiefer liegenden Ursachen durch Maßnahmen in den betreffenden Bereichen beseitigen z.B. in der Fiskalpolitik, der Lohnentwicklung, oder durch Strukturreformen auf den Produkt- und Finanzdienstleistungsmärkten sowie auf den Arbeitsmärkten entsprechend den beschäftigungspolitischen Leitlinien. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten die richtigen Rahmenbedingungen für Tarifverhandlungssysteme und eine mit der Preisstabilität, der Produktivitätsentwicklung und der Notwendigkeit der Verringerung der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte in Einklang stehende Arbeitskostenentwicklung schaffen. Die Lohnentwicklungen sollten Unterschieden bei den Qualifikationsniveaus und den lokalen Arbeitsmarktbedingungen Rechnung tragen und auf große Unterschiede in der Wirtschaftsleistung der verschiedenen Regionen eines Landes reagieren.
Leitlinie 3: Abbau von Ungleichgewichten in der Eurozone
Die Länder der Eurozone sollten hohe und fortbestehende Unterschiede in den Leistungsbilanzpositionen und andere makroökonomische Ungleichgewichte als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse betrachten und erforderlichenfalls Maßnahmen zur Verringerung dieser Ungleichgewichte treffen. Die Länder der Eurozone, deren fortbestehende erheblichen Unterschiede in den Leistungsbilanzpositionen in einer auf Dauer mangelnden Wettbewerbsfähigkeit begründet sind, sollten eine spürbare jährliche strukturelle Verringerung erreichen. Diese Länder der Eurozone sollten ferner eine Senkung der realen Lohnstückkosten anstreben. Länder der Eurozone mit hohen Leistungsbilanzüberschüssen sollten Maßnahmen ergreifen, um strukturelle Hemmnisse für den privaten Verbrauch zu beseitigen. Ebenso sollten die Euro-Länder sonstige makroökonomische Ungleichgewichte wie eine übermäßige private Verschuldung und divergierende Inflationstrends angehen.
Deswegen sollte die Eurogruppe die makroökonomischen Ungleichgewichte regelmäßig beobachten und erforderlichenfalls Korrekturmaßnahmen vorschlagen.
Leitlinie 4: Optimierung der FuE- sowie der Innovationsförderung, Stärkung des Wissensdreiecks und Freisetzung des Potenzials der digitalen Wirtschaft
Die Mitgliedstaaten sollten die nationalen (und regionalen) F&E- und Innovationssysteme mit dem Ziel prüfen, angemessene, wirkungsvolle öffentliche Investitionen sicher zu stellen und sie auf mehr Wachstum und die Bewältigung der bedeutendsten gesellschaftlichen Herausforderungen (z.B. Energie, Ressourceneffizienz, Klimawandel, sozialer Zusammenhalt, Alterung der Bevölkerung, Gesundheit und Sicherheit) auszurichten. Die Reformen sollten der Förderung von Exzellenz, intelligenter Spezialisierung und wissenschaftlicher Integrität sowie der Stärkung der nationalen und internationalen Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Forschungsinstituten und sonstigen staatlichen und privaten Stellen und Einrichtungen des dritten Sektors dienen und die Entwicklung von Infrastrukturen und Netzen für die Wissensverbreitung gewährleisten. Die Leitungsstruktur der Forschungseinrichtungen sollte verbessert werden, damit die einzelstaatlichen Forschungssysteme wirksamer funktionieren. Deswegen sollten die Hochschulforschung modernisiert Weltklasseinfrastrukturen aufgebaut und attraktive Karrieren sowie die Mobilität der Forscher gefördert werden. Staatliche Finanzierungs- und Beschaffungsregeln sollten angepasst und vereinfacht werden, um die grenzübergreifende Zusammenarbeit, den Wissenstransfer und den Leistungswettbewerb zu erleichtern Die FuE- und die Innovationspolitik der Mitgliedstaaten sollte in einen europäischen Kontext gestellt werden, um die Möglichkeiten für die Bündelung öffentlicher und privater Mittel in Bereichen, in denen ein EU-Mehrwert erzielt werden kann, zu verbessern, Synergien mit EU-Mitteln zu nutzen und dergestalt eine ausreichende Größenordnung zu erreichen und eine Fragmentierung zu verhindern. Die Mitgliedstaaten sollten die Belange der Innovation in alle einschlägigen politischen Maßnahmen einbeziehen und die Innovation im weitesten Sinne fördern (auch nichttechnologische Innovationen). Um private Investitionen in Forschung und Innovation zu fördern, sollten die Mitgliedstaaten die Rahmenbedingungen - insbesondere in Bezug auf das Unternehmensumfeld sowie auf wettbewerbsfähige und offene Märkte - verbessern Steueranreize und andere Finanzinstrumente mit Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs zu privaten Finanzmitteln (einschließlich Risikokapital) kombinieren, die Nachfrage vor allem nach Öko-Innovationen (insbesondere durch öffentliche Auftragsvergabe und interoperabilitätsfreundliche Normierung) steigern, innovationsfreundliche Märkte und Regelungen fördern und einen echten, erschwinglichen und wirksamen Schutz des geistigen Eigentums gewährleisten. Im Einklang mit den Leitlinien 8 und 9 sollten die Mitgliedstaaten den Menschen breite Qualifikationsgrundlagen für Innovation in allen ihren Ausformungen vermitteln und für ein ausreichendes Angebot an Absolventen mathematischnaturwissenschaftlicher und technischer Studiengänge sorgen. Unterrichts-Curricula sollten auf die Förderung von Kreativität, Innovation und Unternehmensgeist ausgerichtet werden.
Die Mitgliedstaaten sollten den Ausbau und die Akzeptanz des Hochgeschwindigkeits-Internets als wesentliches Medium für den Zugang zu und die gemeinsame Heranbildung von Wissen fördern. Sie sollten angemessene Rahmenbedingungen für den schnellen Aufbau eines digitalen Binnenmarkts schaffen, der den allgemeinen Zugang zu Online-Inhalten und -
Dienstleistungen ermöglicht. Die öffentliche Finanzierung einschließlich einschlägiger EU-Instrumente wie Strukturfonds oder die Fonds für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sollten für Gebiete bereitgestellt werden, die nicht in vollem Umfang mit privaten Investitionen bedient werden. Die Maßnahmen sollten den Grundsatz der Technologieneutralität beachten. Die Mitgliedstaaten sollten versuchen, die Kosten des Netzausbaus durch eine Koordinierung der öffentlichen Arbeiten zu senken, die Einführung und Verwendung moderner Online-Dienste zum Beispiel durch eine Weiterentwicklung der elektronischen Behördendienste oder elektronischer Formen der Unterschriftsabgabe, der Personenidentifizierung und der Zahlungsabwicklung zu fördern, die aktive Teilhabe an der digitalen Gesellschaft sowie die Medien- und die digitale Kompetenz zu fördern und ein Klima von Sicherheit und Vertrauen zu schaffen.
Kernziel der EU, an dem die Mitgliedstaaten ihre nationalen Ziele ausrichten, ist, dass bis 2020 3 % des BIP der EU für F&E aufgewendet werden. Ein Indikator für die FuE- und Innovationsintensität wird derzeit entwickelt.
Leitlinie 5: Verbesserung der Ressourceneffizienz und Abbau der Treibhausgase
Die Mitgliedstaaten sollten das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abkoppeln, die umweltpolitischen Herausforderungen in Wachstumschancen verwandeln und ihre eigenen natürlichen Ressourcen effizient nutzen. Um unter den weltweit zunehmend schwierigeren Rahmenbedingungen im Hinblick auf Kohlendioxid-Emissionen und Energieressourcen erfolgreich zu sein, sollten sie die erforderlichen Strukturreformen in Angriff nehmen. Zur Verringerung der Emissionen sollten die Mitgliedstaaten marktwirtschaftliche Instrumente wie Steuern umfassend nutzen, um umweltgerechtes Wachstum und grüne Beschäftigung zu unterstützen, Anreize für die Nutzung erneuerbarer Energien und sauberer, klimagerechter Technologien zu setzen und die Einsparung von Energie sowie Öko-Innovationen zu fördern. Sie sollten umweltgefährdende Subventionen auslaufen lassen und eine faire Verteilung ihrer Kosten und Nutzen sicherstellen, wobei Ausnahmen auf sozial Bedürftige beschränkt bleiben müssten. Alle gesetzgeberischen, politischen und fiskalischen Instrumente wie Energienormen für Güter und Gebäude, Zuschüsse, Vorzugsdarlehen oder eine Vergabe öffentlicher Aufträge unter Berücksichtigung von Umweltbelangen sollten genutzt werden, um eine kosteneffiziente Anpassung der Produktions- und Verbrauchsmuster und das Recycling zu fördern, den Übergang zu einer ressourcenschonenden emissionsarmen Wirtschaft zu vollziehen, den Verbrauch von CO₂ im Verkehr und in der Energieproduktion zu senken und dazu beizutragen, dass sich die Maßnahmen auf europäischer Ebene optimal ergänzen. Die Mitgliedstaaten sollten in Einklang mit Leitlinie 4 intelligente, modernere und vollständig vernetzte Verkehrs- und Energieinfrastrukturen entwickeln und Informations- und Kommunikationstechnologien nutzen um Produktivitätszuwächse zu sichern, die koordinierte Durchführung von Infrastrukturprojekten sicherzustellen und die Entwicklung offener, wettbewerbsfähiger und integrierter Netzmärkte zu unterstützen. Zur Unterstützung dieser Ziele sollten die Mitgliedstaaten die verfügbaren EU-Mittel voll ausschöpfen.
Kernziel der EU, an dem die Mitgliedstaaten ihre nationalen Ziele ausrichten, ist die Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2020 gegenüber dem Stand von 1990 um mindestens 20 % oder gar um 30 %, falls die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind6, ferner die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Energieverbrauch auf 20 % und die Steigerung der Energieeffizienz um 20 %.
Leitlinie 6: Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen und Verbraucher und Modernisierung der industriellen Basis
Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass die Märkte den Bürgern und den Verbrauchern dienen. Sie sollten insbesondere durch die Förderung einer weitergehenden Binnenmarktintegration und die wirksame Umsetzung und Durchsetzung der Binnenmarkt- und Wettbewerbsregeln sowie die Entwicklung der erforderlichen physischen Infrastruktur berechenbare Rahmenbedingungen schaffen und gut funktionierende, offene und wettbewerbsfähige Waren- und Dienstleistungsmärkte garantieren. Die Rahmenbedingungen für Unternehmen sollten weiter verbessert werden: durch die Modernisierung der staatlichen Verwaltung und Bürokratieabbau einschließlich des Ausbaus kompatibler elektronischer Behördendienste, die Beseitigung steuerlicher Hemmnisse, die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen im Einklang mit der "Initiative für kleinere und mittlere Unternehmen in Europa" und dem Grundsatz, zuerst an die KMU-Dimension zu denken, die Gewährleistung stabiler und integrierter Finanzdienstleistungsmärkte, die Erleichterung des Zugangs zu Finanzmitteln, die bessere Durchsetzbarkeit von Rechten am geistigen Eigentum sowie die Unterstützung der Internationalisierung des Mittelstands und die Förderung des Unternehmertums. Das öffentliche Auftragswesen sollte insbesondere den KMU
Innovationsanreize bieten und dabei den Grundsätzen von offenen Märkten, Transparenz und wirksamem Wettbewerb Rechnung tragen.
Die Mitgliedstaaten sollten eine moderne, diversifizierte, wettbewerbsfähige sowie ressourcen- und energieeffiziente industrielle Basis unterstützen, indem sie u.a. etwaige erforderliche Umstrukturierungen in voller Übereinstimmung mit den Wettbewerbsregeln der EU- und sonstigen einschlägigen Vorschriften erleichtern. Hierzu sollten sie die verfügbaren EU-Mittel voll ausschöpfen. Die Mitgliedstaaten sollten schließlich eng mit der Industrie und mit allen Beteiligten zusammenarbeiten, um dazu beizutragen, dass Europa in der nachhaltigen Entwicklung weltweit eine Vorreiterrolle einnimmt und wettbewerbsfähig bleibt, indem sie die soziale Verantwortung der Unternehmen fördern, Engpässe ermitteln und den Wandel antizipieren und bewältigen.
- 1 KOM (2010) 2020 vom 3.3.2010.
- 2 KOM (2005) 141.
- 3 KOM (2007) 803.
- 4 KOM (2009) 615 vom 19.11.2009.
- 5 KOM (2010) 2020 vom 3.3.2010.
- 6 Der Europäische Rat vom 10./11. Dezember 2009 kam zu dem Ergebnis, dass die EU als Teil einer globalen und umfassenden Vereinbarung für die Zeit nach 2012 ihr bedingtes Angebot bestätigt, bis 2020 eine Reduktion um 30 % gegenüber dem Niveau von 1990 zu erreichen, sofern sich die anderen Industrieländer zu vergleichbaren Emissionsreduzierungen verpflichten und die Entwicklungsländer einen ihren Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten entsprechenden Beitrag leisten.
Europäische Kommission
Brüssel, den 27.4.2010
KOM (2010) 193 endgültig
2010/0115 (NLE)
Vorschlag für einen Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten
Teil II der integrierten Leitlinien zu Europa 2020 {SEK(2010) 488 endgültig}
Begründung
Am 26. März 2010 billigte der Europäische Rat den Vorschlag der Europäischen Kommission, eine auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken gestützte neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung, Europa 20201, anzustoßen, die sich auf die Kernbereiche konzentriert, in denen gehandelt werden muss, um Europas Potenzial für ein nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Zu diesem Zweck verständigte sich der Europäische Rat auf gemeinsame Kernziele, an denen sich das Handeln der Mitgliedstaaten und der Union ausrichten soll. Die Mitgliedstaaten setzen diese Ziele in nationale Ziele um. Auf EU-Ebene wird sich die Kommission im Rahmen der Umsetzung dieser Strategie insbesondere auf die sieben Leitinitiativen stützen, die in der Mitteilung zu Europa 2020 angekündigt worden sind.
Gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union betrachten die Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitik und die Beschäftigungsförderung als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse und koordinieren sie im Rat. In zwei Artikeln ist festgelegt dass der Rat Grundzüge der Wirtschaftspolitik (Artikel 121) und beschäftigungspolitische Leitlinien (Artikel 148) verabschiedet, und in letzterem wird präzisiert dass diese Leitlinien mit den Grundzügen im Einklang stehen müssen.
Entsprechend dieser Rechtsgrundlage werden die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen und die Grundzüge der Wirtschaftspolitik als zwei verschiedene - jedoch eng miteinander verbundene - Rechtsinstrumente dargestellt:
- - als Empfehlung des Rates über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union - Teil I der integrierten Leitlinien zu Europa 2020,
- - als Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten - Teil II der integrierten Leitlinien zu Europa 2020.
Diese durch die vorgenannten Rechtsinstrumente umgesetzten Leitlinien bilden zusammen die integrierten Leitlinien für die Umsetzung der Strategie Europa 2020.
In den integrierten Leitlinien zu Europa 2020 wird der Rahmen für die Strategie Europa 2020 sowie für Reformen auf der Ebene der Mitgliedstaaten abgesteckt. Im Interesse von Kohärenz und Klarheit sind die Leitlinien zahlenmäßig begrenzt und berücksichtigen die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates. Die Leitlinien verfolgen einen integrierten Ansatz, um sicherzustellen, dass die auf nationaler und EU-Ebene getroffenen Maßnahmen in vollem Umfang zur Erreichung der Ziele der Strategie Europa 2020 beitragen. Ein abgestimmtes Vorgehen bei der Umsetzung dieser Leitlinien wird den Mitgliedstaaten helfen, sich die positiven Spillover-Effekte koordinierter Strukturreformen insbesondere innerhalb der Eurozone zunutze zu machen.
Auf dieser Grundlage werden die Mitgliedstaaten nationale Reformprogramme erstellen, in denen sie detailliert darlegen, welche Maßnahmen sie zur Umsetzung der neuen Strategie planen und insbesondere erläutern, wie sie ihre nationalen Ziele erreichen wollen. Aufbauend auf der Überwachungstätigkeit der Kommission und den Arbeiten des Rates wird der Europäische Rat einmal jährlich eine Gesamtbewertung der auf EU- und Länderebene erzielten Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie vornehmen. Dabei werden makroökonomische strukturelle und wettbewerbliche Entwicklungen sowie die allgemeine Finanzstabilität gleichzeitig analysiert.
Die integrierten Leitlinien zu Europa 2020 lauten:
- Leitlinie 1: Gewährleistung der Qualität und langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen
- Leitlinie 2: Beseitigung makroökonomischer Ungleichgewichte
- Leitlinie 3: Abbau von Ungleichgewichten in der Eurozone
- Leitlinie 4: Optimierung der FuE- sowie der Innovationsförderung, Stärkung des Wissensdreiecks und Freisetzung des Potenzials der digitalen Wirtschaft
- Leitlinie 5: Verbesserung der Ressourceneffizienz und Abbau der Treibhausgasemissionen
- Leitlinie 6: Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen und Verbraucher und Modernisierung der industriellen Basis
- Leitlinie 7: Erhöhung der Beschäftigungsquote und Abbau der strukturellen Arbeitslosigkeit
- Leitlinie 8: Heranbildung von Arbeitskräften, deren Qualifikationen den Anforderungen des Arbeitsmarkts entsprechen, Förderung der Arbeitsplatzqualität und des lebenslangen Lernens
- Leitlinie 9: Steigerung der Leistungsfähigkeit der allgemeinen und beruflichen Bildungssysteme auf allen Ebenen und Verbesserung des Zugangs zur Hochschulbildung
- Leitlinie 10: Bekämpfung von gesellschaftlicher Ausgrenzung und Armut
Vorschlag für einen Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten
Teil II der integrierten Leitlinien zu Europa 2020
Der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 148 Absatz 2, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments2, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses3, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen4, nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses, in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) Nach Artikel 145 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union arbeiten die Mitgliedstaaten und die Union auf die Entwicklung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie der Fähigkeit der Arbeitsmärkte hin, auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels zu reagieren, um die Ziele des Artikels 3 des Vertrags über die Europäische Union zu erreichen. Die Mitgliedstaaten betrachten die Förderung der Beschäftigung als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse und stimmen ihre diesbezüglichen Tätigkeiten nach Maßgabe des Artikels 148 AEU-Vertrag im Rat aufeinander ab, wobei die einzelstaatlichen Gepflogenheiten in Bezug auf die Verantwortung der Sozialpartner berücksichtigt werden.
- (2) Nach Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) bekämpft die Union soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz; außerdem kann sie Initiativen zur Koordinierung der Sozialpolitik der Mitgliedstaaten ergreifen. Gemäß Artikel 9 AEU-Vertrag trägt die Union bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes und der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung Rechnung
- (3) Nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verabschiedet der Rat beschäftigungspolitische Leitlinien und Grundzüge der Wirtschaftspolitik, an denen die Mitgliedstaaten ihre Politik ausrichten sollen.
- (4) Die im Jahr 2000 ins Leben gerufene Lissabon-Strategie entstand aus der Erkenntnis, dass die EU angesichts des weltweiten Wettbewerbs, des technologischen Wandels und der Bevölkerungsalterung ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit steigern und den sozialen Zusammenhang stärken muss. Die Lissabon-Strategie wurde 2005 nach einer Halbzeitprüfung neu aufgelegt, wobei Wachstum sowie Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen noch stärker in den Mittelpunkt gerückt wurden.
- (5) Die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung hat dazu beigetragen, einen Konsens über die grobe Ausrichtung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik der EUzu erzielen. Im Rahmen dieser Strategie hat der Rat 2005 Grundzüge der Wirtschaftspolitik und beschäftigungspolitische Leitlinien verabschiedet5 und diese 2008 überarbeitet6. Die 24 Leitlinien skizzierten die makro- und mikroökonomischen Prioritäten sowie die Prioritäten im Bereich der Arbeitsmarktreform für die EU insgesamt und legten somit die Grundlagen für die nationalen Reformprogramme. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass die Leitlinien keine hinreichend klar definierten Prioritäten setzten und nicht stark genug ineinander griffen. Dadurch hielten sich ihre Auswirkungen auf die nationalen politischen Entscheidungsprozesse in Grenzen.
- (6) Die Finanz- und Wirtschaftskrise, die 2008 begann, resultierte in beträchtlichen Arbeitsplatzverlusten und einem starken Rückgang des Produktionspotenzials, und führte zu einer dramatischen Verschlechterung der öffentlichen Finanzen. Gleichwohl hat das Europäische Konjunkturprogramm7 den Mitgliedstaaten zum Teil durch koordinierte fiskalpolitische Impulse im Umgang mit der Krise geholfen, wobei der Euro als Anker für die makroökonomische Stabilität fungierte. So hat die Krise gezeigt dass sich mit einer wirksamen und engen Koordinierung der Unionspolitiken greifbare Ergebnisse erzielen lassen. Außerdem machte sie deutlich, wie eng die Volkswirtschaften und Arbeitsmärkte der Mitgliedstaaten miteinander verflochten sind.
- (7) Die Kommission hat vorgeschlagen, eine neue Strategie für das nächste Jahrzehnt, die Strategie Europa 20208, zu konzipieren, damit die EU gestärkt aus dieser Krise hervorgehen und ihre Wirtschaft in ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum überführen kann. Es wurden fünf gemeinsame Kernziele festgelegt, die unter den jeweiligen Leitlinien aufgeführt sind und an denen sich das Handeln der Mitgliedstaaten und der Union ausrichten soll. Die Mitgliedstaaten sollten alles daransetzen die nationalen Ziele zu erreichen und Wachstumsengpässe zu beseitigen.
- (8) Im Rahmen umfassender Strategien für die Bewältigung der Wirtschaftskrise sollten die Mitgliedstaaten ehrgeizige Reformen durchführen, um die makroökonomische Stabilität und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu sichern, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, die makroökonomischen Ungleichgewichte zu verringern und die Arbeitsmarktlage zu verbessern. Die Rücknahme der Konjunkturmaßnahmen sollte im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts erfolgen und koordiniert werden.
- (9) Im Rahmen der Strategie Europa 2020 sollten die Mitgliedstaaten Reformen durchführen die auf ein intelligentes, d.h. wissens- und innovationsgestütztes Wachstum abzielen. Die Reformen sollten darauf ausgerichtet sein, die Qualität des Bildungssystems zu verbessern, allen Menschen Zugang zur Bildung zu bieten sowie die Leistungsfähigkeit der Forschung und der Unternehmen zu steigern, um Innovation und Wissenstransfer innerhalb der EU zu fördern. Sie sollten die unternehmerische Tätigkeit fördern und dazu beitragen, innovative Ideen in innovative Produkte, Dienstleistungen und Prozesse umzusetzen, durch die Wachstum, hochwertige Arbeitsplätze sowie territorialer, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt entstehen können und die dazu beitragen, die europäischen und weltweiten gesellschaftlichen Herausforderungen wirksamer anzugehen. In diesem Zusammenhang ist eine optimale Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien von zentraler Bedeutung.
- (10) Außerdem sollten die Mitgliedstaaten mit ihren Reformprogrammen ein nachhaltiges Wachstum anstreben. Nachhaltiges Wachstum bedeutet, unter Ausschöpfung der Führungsrolle Europas im Wettbewerb um die Entwicklung neuer Verfahren und Technologien, einschließlich umweltfreundlicher Technologien, eine ressourceneffiziente nachhaltige und wettbewerbsfähige Wirtschaft mit einer gerechten Kosten-/Nutzenverteilung aufzubauen. Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Reformen durchführen, um die Treibhausgasemissionen zu verringern und Ressourcen effizient zu nutzen. Zudem sollten sie die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern, die Schaffung umweltfreundlicher Arbeitsplätze fördern und ihre industrielle Basis modernisieren.
- (11) Die Reformprogramme der Mitgliedstaaten sollten darüber hinaus ein integratives Wachstum anstreben. Integratives Wachstum bedeutet, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen, in dessen Rahmen die Menschen befähigt werden, Veränderungen zu antizipieren und zu bewältigen und dergestalt aktiv am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen. Daher sollten die Reformen der Mitgliedstaaten darauf ausgerichtet sein, allen lebenslang Zugangsmöglichkeiten und Chancen zu bieten und somit Armut und soziale Ausgrenzung dadurch zu verringern, dass Hindernisse für die Erwerbsbeteiligung insbesondere von Frauen, älteren Arbeitnehmern, jungen Menschen, Behinderten und legalen Migranten abgebaut werden. Außerdem sollten sie sicherstellen, dass die Vorteile des Wirtschaftswachstums allen Bürgern und allen Regionen zugute kommen. Den Kern der Reformprogramme der Mitgliedstaaten sollte daher die Gewährleistung eines reibungslos funktionierenden Arbeitsmarkts bilden; dazu soll in erfolgreiche Übergänge, eine angemessene Qualifikationsentwicklung und die Verbesserung der Arbeitsplatzqualität investiert, die Arbeitsmarktsegmentierung, strukturelle Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit abgebaut sowie ein angemessener, nachhaltiger Sozialschutz und eine aktive Eingliederung sichergestellt werden.
- (12) Die Strukturreformen der EU und der Mitgliedstaaten können dann wirklich zu Wachstum und Beschäftigung beitragen, wenn sie die Wettbewerbsfähigkeit der EU in der Weltwirtschaft stärken, den Exporteuren in der EU neue Möglichkeiten eröffnen und wichtige Einfuhrerzeugnisse zu wettbewerbsfähigen Konditionen zugänglich machen. Deswegen sollten sie die möglichen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit nach außen berücksichtigen, um das Wachstum in Europa und die Teilhabe an weltweit offenen und fairen Märkten zu fördern.
- (13) Die Strategie Europa 2020 muss durch ein integriertes Maßnahmenbündel unterlegt werden das die Mitgliedstaaten in vollem Umfang und identischem Tempo umsetzen sollten damit die positiven Spillover-Effekte koordinierter Strukturreformen greifen.
- (14) Auch wenn sich diese Leitlinien an die Mitgliedstaaten richten, sollte die Strategie Europa 2020 in Partnerschaft mit allen nationalen, regionalen und kommunalen Behörden und in enger Zusammenarbeit mit den Parlamenten, den Sozialpartnern sowie den Vertretern der Zivilgesellschaft umgesetzt werden, die in die Erarbeitung der nationalen Reformprogramme, ihre Umsetzung und die umfassende Kommunikation über die Strategie einbezogen werden sollten.
- (15) Die Strategie Europa 2020 stützt sich auf ein kleineres Bündel von Leitlinien, das das bisherige Bündel von 24 Leitlinien ersetzt und beschäftigungspolitische Fragen und allgemeine wirtschaftspolitische Fragen auf kohärente Weise behandelt. Die diesem Beschluss beigefügten Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten sind eng mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union verbunden, die der Empfehlung des Rates [...] vom [...] beigefügt sind. Sie bilden zusammen die integrierten Leitlinien zu Europa 2020.
- (16) Diese neuen integrierten Leitlinien basieren auf den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates. Sie geben den Mitgliedstaaten eine präzise Richtschnur für die Festlegung ihrer nationalen Reformprogramme und Durchführung von Reformen vor, welche die enge Verflechtung der Mitgliedstaaten widerspiegeln und mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt im Einklang stehen. Diese Leitlinien werden die Grundlage für alle länderspezifischen Empfehlungen bilden, die der Rat gegebenenfalls an die Mitgliedstaaten richtet. Desgleichen werden sie die Grundlage für die Abfassung des Gemeinsamen Beschäftigungsberichts bilden, den der Rat jährlich an die Kommission und den Europäischen Rat übermittelt.
- (17) Auch wenn diese Leitlinien jedes Jahr erstellt werden müssen, sollten sie bis 2014 weitgehend unverändert bleiben, damit das Hauptaugenmerk auf die Umsetzung gerichtet werden kann -
Hat folgenden Beschluss erlassen:
Artikel 1
- Die im Anhang beigefügten Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten werden hiermit angenommen. Diese Leitlinien sind Teil der integrierten Leitlinien zu Europa 2020.
Artikel 2
- Die Leitlinien im Anhang werden von den Mitgliedstaaten in ihren beschäftigungspolitischen Maßnahmen berücksichtigt, über die in nationalen Reformprogrammen Bericht erstattet wird.
- Die Mitgliedstaaten sollten Reformprogramme konzipieren, die im Einklang stehen mit den in den integrierten Leitlinien zu Europa 2020 dargelegten Zielen.
Artikel 3
- Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am ....
Im Namen des Rates
Der Präsident
Anhang:
Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten
Leitlinie 7: Erhöhung der Beschäftigungsquote und Abbau der strukturellen Arbeitslosigkeit
Die Mitgliedstaaten sollten die Flexicurity-Grundsätze, die vom Rat bestätigt wurden, in ihre Arbeitsmarktpolitik integrieren und anwenden; in diesem Zusammenhang sollten sie die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds in vollem Umfang dazu nutzen, die Beschäftigungsquote zu erhöhen sowie der Segmentierung des Arbeitsmarktes, der Nichterwerbstätigkeit und der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen entgegenzuwirken und die strukturelle Arbeitslosigkeit abbauen. Die Maßnahmen zur Erhöhung der Flexibilität und Sicherheit sollten ausgewogen sein und sich wechselseitig verstärken. Daher sollten die Mitgliedstaaten eine Kombination aus flexiblen und rechtssicheren Arbeitsverträgen, einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, effektivem lebenslangen Lernen, einer Politik zur Förderung der Arbeitskräftemobilität und angemessenen Systemen der sozialen Sicherung zur Absicherung beruflicher Übergänge einführen, ergänzt durch eine eindeutige Festlegung der Rechte der Arbeitslosen, aber auch ihrer Verpflichtung zur aktiven Arbeitssuche.
Die Mitgliedstaaten sollten den sozialen Dialog verstärken und gegen die Segmentierung des Arbeitsmarktes mit Maßnahmen zur Überwindung befristeter und prekärer Beschäftigungsverhältnisse, der Unterbeschäftigung und nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit vorgehen. Die berufliche Mobilität sollte belohnt werden. Um die Qualität der Arbeitsplätze und die Beschäftigungsbedingungen zu verbessern, sollte gegen Niedriglöhne vorgegangen und sichergestellt werden, dass auch Personen mit befristeten Arbeitsverträgen und Selbständige angemessenen Sozialversicherungsschutz genießen. Die Arbeitsvermittlungsdienste sollten ausgebaut werden und allen, auch jungen und von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen, zugänglich sein; so sollten den Personen, die auf dem Arbeitsmarkt am schwersten zu vermitteln sind, speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Dienstleistungen angeboten werden.
Zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Erhöhung der Erwerbsbeteiligung insbesondere der Geringqualifizierten sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit Leitlinie 2 der Grundzüge der Wirtschaftspolitik die Steuer- und Sozialleistungssysteme überprüfen und sich einen Überblick darüber verschaffen, inwieweit die öffentlichen Stellen in der Lage sind, die erforderliche Unterstützung zu leisten. Die Mitgliedstaaten sollten die Erwerbsbeteiligungsquote durch Maßnahmen zur Förderung des aktiven Alterns, der Gleichstellung der Geschlechter sowie gleicher Entlohnung und Arbeitsmarkteingliederung von jungen Menschen, Behinderten, legalen Migranten und anderen besonders schutzbedürftigen Personen erhöhen. Die mit der Schaffung von erschwinglichen Betreuungsmöglichkeiten und arbeitsorganisatorischer Innovation einhergehende Politik zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollte auf eine Erhöhung der Beschäftigungsquoten, insbesondere bei Jugendlichen, älteren Arbeitskräften und Frauen, ausgerichtet sein und speziell darauf abzielen, im wissenschaftlichen und technischen Bereich hochqualifizierte Frauen im Beruf zu halten. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten die Hindernisse beseitigen, die Berufsneulingen den Eintritt in den Arbeitsmarkt erschweren, in Bereichen, wie der grünen Beschäftigung und der Pflege, Existenzgründungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen unterstützen und soziale Innovationen fördern.
Kernziel der EU, an dem die Mitgliedstaaten ihre nationalen Ziele ausrichten, ist die Erhöhung der Beschäftigungsquote der 20- bis 64-jährigen Frauen und Männer auf 75 % bis zum Jahr 2020, indem insbesondere junge Menschen, ältere Arbeitnehmer und Behinderte intensiver am Erwerbsleben beteiligt und legale Migranten besser integriert werden.
Leitlinie 8: Heranbildung von Arbeitskräften, deren Qualifikationen den Anforderungen des Arbeitsmarkts entsprechen, Förderung der Arbeitsplatzqualität und des lebenslangen Lernens
Die Mitgliedstaaten sollten die Produktivität und Beschäftigungsfähigkeit durch ein angemessenes Bildungs- und Qualifikationsangebot fördern, damit der aktuellen und zukünftigen Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt entsprochen werden kann. Hochwertige Erstausbildungsangebote und eine attraktive berufliche Weiterbildung müssen durch wirksame Anreize zum lebenslangen Lernen, Bildungsangebote, die eine zweite Chance zum Schulabschluss bieten und gewährleisten, dass jeder Erwachsene Möglichkeiten zur Höherqualifizierung erhält, sowie durch eine gezielte Migrations- und Integrationspolitik ergänzt werden. Die Mitgliedstaaten sollten Systeme zur Anerkennung von erworbenen Kompetenzen entwickeln, Hemmnisse für die berufliche und geografische Mobilität von Arbeitnehmern beseitigen, den Erwerb bereichsübergreifender Kompetenzen sowie Kreativität fördern und ihre Anstrengungen vor allem darauf konzentrieren, Personen mit geringem Qualifikationsniveau zu unterstützen und die Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer zu erhöhen; gleichzeitig sollten sie Weiterbildung, Qualifizierung und Berufserfahrung hochqualifizierter Arbeitskräfte, einschließlich Forscher, fördern.
Zusammen mit Sozialpartnern und Unternehmen sollten die Mitgliedstaaten den Zugang zur Ausbildung verbessern und die Ausbildung und Berufsberatung durch systematische Bereitstellung von Informationen über neue Arbeitsplatzangebote und Beschäftigungsmöglichkeiten, Förderung der unternehmerischen Initiative und eine verbesserte Antizipation künftiger Qualifikationsanforderungen ausbauen. Investitionen in die Entwicklung der Humanressourcen, Höherqualifizierung und die Beteiligung an Systemen des lebenslangen Lernens sollten durch gemeinsame finanzielle Beiträge von Regierungen, Einzelnen und Arbeitgebern gefördert werden. Zur Unterstützung junger Menschen, und insbesondere derjenigen, die weder eine Arbeit haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren, sollten die Mitgliedstaaten gemeinsam mit den Sozialpartnern Programme auflegen, um jungen Menschen nach ihrem Schulabschluss bei der Suche nach einer ersten Anstellung oder Möglichkeiten zur allgemeinen und beruflichen Weiterbildung, einschließlich einer Lehre, behilflich zu sein, und rasch zu intervenieren, wenn junge Menschen arbeitslos werden. Eine regelmäßige Überwachung der Fortschritte, die im Bereich qualifizierender und antizipativer Maßnahmen erzielt werden, sollte zur Ermittlung der Bereiche, in denen Verbesserungsbedarf besteht, und zur verstärkten Ausrichtung des Ausbildungssystems auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes beitragen. Zur Unterstützung dieser Ziele sollten die Mitgliedstaaten die verfügbaren EU-Mittel voll ausschöpfen.
Leitlinie 9: Steigerung der Leistungsfähigkeit der allgemeinen und beruflichen Bildungssysteme auf allen Ebenen und Verbesserung des Zugangs zur Hochschulbildung
Um allen Zugang zu einer hochwertigen allgemeinen und beruflichen Bildung zu bieten und bessere Bildungsergebnisse zu erzielen, sollten die Mitgliedstaaten effizient in das allgemeine und berufliche Bildungswesen investieren, mit dem Ziel, insbesondere das Qualifikationsniveau der Erwerbsbevölkerung der EU anzuheben und sie so in die Lage zu versetzen auf die sich rasch wandelnden Erfordernisse moderner Arbeitsmärkte zu reagieren.
Die Maßnahmen sollten alle Bereiche (angefangen mit der frühkindlichen Erziehung über die schulische Bildung bis hin zu den Hochschulen, einschließlich der Berufs- und Erwachsenenbildung) abdecken und das Lernen im informellen und außerschulischen Kontext berücksichtigen. Die Reformen sollten darauf abzielen, insbesondere in Bezug auf Beschäftigungsfähigkeit, Weiterbildung oder IKT-Kenntnisse den Erwerb der Kernkompetenzen sicherzustellen, deren jeder bedarf, um in einer wissensgestützten Wirtschaft erfolgreich zu sein. Es sollten Maßnahmen getroffen werden, um zu gewährleisten, dass die Lernmobilität junger Menschen und Lehrer zur Regel wird. Die Mitgliedstaaten sollten die Offenheit und Relevanz der allgemeinen und beruflichen Bildungssysteme insbesondere durch Einführung nationaler Qualifikationsrahmen, die flexible Bildungswege ermöglichen und durch Entwicklung von Partnerschaften zwischen Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung und der Arbeitswelt verbessern. Der Lehrerberuf sollte attraktiver gemacht werden. Der Hochschulsektor sollte stärker für Lernende geöffnet werden, die nicht dem traditionellen Profil entsprechen, und die Zahl der Absolventen mit Hochschul- oder gleichwertigem Abschluss sollte erhöht werden. Damit sich die Zahl junger Menschen, die weder eine Arbeit haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren, verringert sollten die Mitgliedstaaten gezielte Maßnahmen treffen, um dem Schulabbruch vorzubeugen.
Kernziel der EU, an dem die Mitgliedstaaten ihre nationalen Ziele ausrichten, ist die Reduzierung der Schulabbruchquote auf 10 % bis zum Jahr 2020 und die gleichzeitige Erhöhung des Anteils der 30- bis 34-Jährigen mit Hochschulabschluss oder gleichwertigem Bildungsabschluss auf mindestens 40 %.
Leitlinie 10: Bekämpfung von gesellschaftlicher Ausgrenzung und Armut
Die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Verringerung der Armut sollten auf die Förderung einer uneingeschränkten Teilnahme am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben sowie die Ausweitung der Beschäftigungsmöglichkeiten abzielen. Dabei sollte der Europäische Sozialfonds umfassend genutzt werden. Außerdem sollten sich die Anstrengungen darauf konzentrieren dass Chancengleichheit unter anderem durch den Zugang zu erschwinglichen, nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Dienstleistungen und öffentlichen Dienstleistungen (einschließlich Onlinedienste im Einklang mit Leitlinie 4), und insbesondere eine angemessene Gesundheitsversorgung sichergestellt sind. Die Mitgliedstaaten sollten wirksame Antidiskriminierungsmaßnahmen einführen. Mit Blick darauf, die soziale Ausgrenzung zu bekämpfen und den Menschen eine aktivere Rolle in der Gesellschaft und im Erwerbsleben zu ermöglichen, sollten außerdem die Systeme der sozialen Sicherung verbessert und eine Politik des lebenslangen Lernens sowie eine aktive, integrationsorientierte Politik gefördert werden, um den Menschen in den verschiedenen Lebensphasen immer wieder neue Möglichkeiten zu eröffnen und sie vor der Gefahr der Ausgrenzung zu schützen.
Die Systeme der sozialen Sicherung und der Altersvorsorge müssen so ausgebaut werden, dass eine angemessene Einkommensstützung und der Zugang zur Gesundheitsversorgung - und somit der soziale Zusammenhalt - gewährleistet sind und die finanzielle Tragfähigkeit dieser Systeme erhalten bleibt. Die Sozialleistungssysteme sollten zuvorderst sicherstellen, dass in Situationen des beruflichen Übergangs Einkommenssicherheit gewährleistet ist, insbesondere für Gruppen, die am stärksten von der gesellschaftlichen Ausgrenzung bedroht sind wie Einelternfamilien, Minderheiten, Behinderte, Kinder und junge Menschen, ältere Frauen und Männer, legale Migranten und Obdachlose. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten die Sozialwirtschaft und soziale Innovationen zur Unterstützung der Schwächsten der Gesellschaft aktiv fördern.
Kernziel der EU, an dem die Mitgliedstaaten ihre nationalen Ziele ausrichten, ist die Verringerung der Zahl der unterhalb der nationalen Armutsgrenzen lebenden Europäer um 25 %, wodurch 20 Millionen Menschen aus der Armut herausgeführt würden.