Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes über das Verbot der Einfuhr, der Verarbeitung und des Inverkehrbringens von Robbenerzeugnissen
(Robbenerzeugnisse-Verbotsgesetz - RobErzVerbG)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

2. Vollzugsaufwand

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes über das Verbot der Einfuhr, der Verarbeitung und des Inverkehrbringens von Robbenerzeugnissen (Robbenerzeugnisse-Verbotsgesetz - RobErzVerbG)

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 3. April 2009
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

Entwurf eines Gesetzes über das Verbot der Einfuhr, der Verarbeitung und des Inverkehrbringens von Robbenerzeugnissen (Robbenerzeugnisse-Verbotsgesetz - RobErzVerbG)


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes über das Verbot der Einfuhr, der Verarbeitung und des Inverkehrbringens von Robbenerzeugnissen (Robbenerzeugnisse-Verbotsgesetz - RobErzVerbG)1

Vom ...

Der Bundestag hat mit der Mehrheit seiner Mitglieder und mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1
Begriffsbestimmungen

§ 2
Verbote

§ 3
Mitwirkung von Zolldienststellen

§ 4
Überwachung

§ 5
Bußgeldvorschriften

§ 6
Gebühren und Auslagen

§ 7
Verkündung von Rechtsverordnungen

§ 8
Übergangsvorschriften

§ 9
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

1. Allgemeines

Im deutschen Recht gibt es bislang keine Regelung, die die Einfuhr, die Be- oder Verarbeitung sowie die Vermarktung von Robbenprodukten generell verbietet.

Seit den 1980er Jahren stößt die in verschiedenen Drittstaaten insbesondere in kommerziellem Umfang durchgeführte Robbenjagd wegen ihrer Grausamkeit in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit auf große Kritik. Diese richtet sich vor allem gegen einige der angewandten Tötungsmethoden, da diese zu längeren und erheblichen Schmerzen oder Leiden der Tiere führen können. Insbesondere in Kanada werden die Robben oft mit Bootshaken, Knüppeln und Hakapiks getötet oder zu töten versucht. Danach wird den Robben - häufig noch bei lebendigem Leib - das Fell abgezogen. Zwar wird inzwischen die überwiegende Mehrzahl der in einer Jagdsaison erlegten Robben (ca. 90 %) durch gezielte Schüsse aus Jagdgewehren getötet, jedoch machen auch 10% bei ca. 300 000 jährlich getöteten Robben eine erhebliche Anzahl, nämlich 30 000 aus.

Untersuchungen von unabhängigen Tierärzten auf Initiative des International Fund for Animal Welfare (IFAW) aus dem Jahr 2001 ergaben zudem, dass wahrscheinlich mehr als 42 % der Tiere, die im Rahmen dieser Studie untersucht wurden, lediglich betäubt und dann lebendig abgehäutet wurden, da die Schädel der untersuchten toten Jungrobben überhaupt keine sichtbaren oder nur kleinste Brüche wie Haarrisse oder nicht verrückte Bruchstellen aufwiesen (Report of an International Veterinary Panel March 2001: "Observation of the Canadian Commercial Seal Hunt Prince Edward Island, Canada"). Hingegen kam ein Bericht, der im Jahr 2002 im Canadian Veterinary Journal veröffentlicht wurde zu dem Ergebnis, dass 98 % aller Robben auf eine akzeptable tierschutzgerechte Weise getötet wurden. ("Animal Welfare and the Harp Seal Hunt in Atlantic Canada", Daoust et al., Canadian Veterinary Journal 43:687-694,2002).

In Norwegen dürfen Heuler mit Robbenknüppeln getötet werden. An Namibias Küsten bei Cape Cross erfolgt die Tötung auch mit Knüppeln. Diese massiv tierschutzwidrigen Tötungsmethoden werden von vielen Verbrauchern missbilligt und stellen einen erheblichen Grund zur Besorgnis dar, denn sie wollen keine Erzeugnisse von Tieren kaufen, die auf diese Weise getötet wurden. Vor diesem Hintergrund stößt bereits der Import von Robbenfellen auf Ablehnung. Die mit diesem Gesetz vorgeschriebenen Verbote sind deshalb aus Tierschutzgründen erforderlich und tragen der massiven Ablehnung weiter Teile der Bevölkerung gegenüber Robbenjagd Rechnung. Eine von der britischen Opinion Research Business im Februar 2007 in Deutschland durchgeführte Meinungsumfrage zeigt, dass 88 % der Befragten für ein Verbot der Robbenjagd sind. 81% der Befragten verlangen zudem ein striktes Einfuhrverbot für sämtliche Robbenerzeugnisse.

Eine am 19. Dezember 2007 von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bekanntgegebene Studie bestätigt, es gebe deutliche Hinweise darauf, dass nicht alle Robbentötungen tierschutzgerecht ("human") erfolgten.

Die Studie hält fest, dass Robben in einigen Fällen nicht ordnungsgemäß, "inhuman", getötet werden.

Inzwischen hat auch die Kommission am 23.07.2008 einen Vorschlag für eine EG-Verordnung betreffend das Verbot des Handels mit Robbenerzeugnissen beschlossen. Der Vorschlag befindet sich im Beratungsverfahren des Europäischen Parlamentes und des Rates.

Fraglich ist, wie lange dieser Abstimmungsprozess noch andauern wird.

Auf der Ebene der Europäischen Union wurde bereits im Jahr 1983 durch die Richtlinie 83/129/EWG vom 28. März 1983 betreffend die Einfuhr in die Mitgliedstaaten von Fellen bestimmter Jungrobben und Waren daraus (ABl. EG (Nr. ) L 91 S. 30) auf entsprechende Kritik reagiert, indem die Einfuhr und die Vermarktung von Fellen und Produkten von Fellen der Jungtiere von Sattel- und Klappmützenrobben in die Europäische Union mit dem Ziel des Schutzes der Population der beiden Robbenarten untersagt wurden. Dieses Verbot umfasst jedoch nur Robbenfelle von Jungtieren bestimmter Robbenarten und darüber hinaus nur einen Teil der Robbenerzeugnisse. Um einen wirksamen Schutz von Robben gegenüber den grausamen Tötungsmethoden zu erzielen, ist ein weitergehendes Einfuhr- und Vermarktungsverbot erforderlich.

Robbenfelle

Mit Robbenfellen ist dank starker Nachfrage aus China, Osteuropa und Russland derzeit ein großer Gewinn zu erzielen. Bekamen die Jäger im Jahr 2000 für ein Fell umgerechnet 8,42 Euro, waren es im Jahr 2006 68 Euro. Nur Zobel war 2006 noch teurer.

Andere Robbenerzeugnisse

Bei den sich auf dem Markt befindlichen anderweitigen Robbenerzeugnissen handelt es sich insbesondere um:

Außerdem gibt es Vermarktungsversuche der Canadian Sealers Association im Internet für Autositzbezüge, Ballonmützen und Slipper aus Robbenleder.

Deutsche Einfuhr von Robbenfellen und Erzeugnissen Es liegt eine Statistik des Statistischen Bundesamtes zur Einfuhr von Robbenfellen und -erzeugnissen nach Deutschland vor. Daraus lässt sich entnehmen, dass im Jahr 2005 insgesamt 459,8 t Bekleidung bzw. Bekleidungszubehör aus Pelzfellen von Robben nach Deutschland eingeführt worden sind. Der Anteil der aus der EU eingeführten Waren lässt sich mit 63,5 t beziffern.

Bei Fellen von Hund- und Ohrenrobben (KN 4302 19 49) handelt es sich um eine eingeführte Menge von insgesamt 2 928 Stück. 1 930 Stück kommen dabei aus der EU-25 (hauptsächlich aus dem Vereinigten Königreich) und 998 Stück aus Drittländern.

Auch konnten im Jahr 2005 Importe von Fellen von Jungtieren der Sattel- und Mützenrobbe festgestellt werden. Dabei handelt es sich um eine Einfuhr von 547 Stück, die alle aus dem Vereinigten Königreich stammen.

Nach Angaben von Eurostat wurden im Jahr 2001 rohe Felle von Hunds- und Ohrenrobben (KN 43017090) aus Kanada im Wert von 29 768 Euro (400 kg), aus Grönland im Wert von 12 764 Euro (200 kg), aus Namibia im Wert von 64.193 Euro (158 kg) sowie im Jahr 2002 rohe Felle von Hunds- und Ohrenrobben (KN 43017090) aus Uruguay nach Deutschland im Wert von 1992 Euro eingeführt.

In Deutschland wären von der geplanten Regelung insbesondere Veredelungsbetriebe und Kommissionäre betroffen. Die Veredelungsbetriebe beschäftigen ab Juni bis zum Ende des jeweiligen Jahres Arbeitspersonal für die Veredelung von Robbenfellen. Ein Importverbot würde nach Angaben des Deutschen Pelzverbandes e.V. voraussichtlich zwischen 60 und 70 Arbeitsplätze kosten. Der Verband hält eine Existenzgefährdung einzelner Robbenfell verarbeitender Betriebe bei einem absoluten Importverbot nicht für ausgeschlossen. Auch aus diesem Grund enthält das Gesetz eine Härtefallklausel.

2. Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht

a. Vereinbarkeit mit Artikel 133 EG-Vertrag

Inzwischen hat auch die Kommission am 23.07.2008 einen Vorschlag für eine EG-Verordnung betreffend das Verbot des Handels mit Robbenerzeugnissen beschlossen. Der Vorschlag befindet sich im Beratungsverfahren des Europäischen Parlamentes und des Rates.

Fraglich ist, wie lange dieser Abstimmungsprozess noch andauern wird.

Wie bereits oben dargelegt, liegen die Motive für dieses Gesetz hauptsächlich im Bereich Tierschutz, d.h. das tierschutzwidrige Abschlachten von Robben zur Herstellung von Robbenerzeugnissen soll soweit wie möglich beschränkt werden. Neben der ausschließlichen Kompetenz der Gemeinschaft im Bereich Handelspolitik ist auf die Kompetenz zur Regelung von Tierschutzbelangen im Bereich der Gemeinschaft abzustellen.

Der Gemeinschaft steht keine ausschließliche Kompetenz im Bereich Tierschutz zu. Das Ziel dieses Gesetzes, nämlich Verminderung des grausamen Abschlachtens von Robben, kann auch durch eine mitgliedstaatliche Regelung erreicht werden.

Soweit die ausschließliche Kompetenz der Gemeinschaft im Bereich der Handelspolitik betroffen ist, kann nach der Rechtsprechung des EuGH ein Mitgliedstaat im Bereich der ausschließlichen Kompetenz (handelspolitische Maßnahmen) tätig werden, wenn eine Regelungslücke besteht, deren Ausfüllung durch die Gemeinschaft durch Sekundärrecht nicht rechtzeitig zustande kommt. In diesem Fall müssen alle verfügbaren rechtlichen Gesichtspunkte, seien sie auch fragmentarischer Natur, bestimmt werden, und es müssen dabei ferner die Strukturprinzipien, die der Gemeinschaft zugrunde liegen, berücksichtigt werden. Diese Prinzipien verlangen, dass die Gemeinschaft unter allen Umständen imstande bleibt, ihren Verantwortlichkeiten unter Beachtung der vom Vertrag geforderten wesentlichen Gleichgewichtsverhältnisse nachzukommen (vgl. EuGH, Rs. 804/79 , Seefischerei-Erhaltungsmaßnahme, Slg. 1981, 1045, RN 23).

Im Bereich des Handels mit Robbenerzeugnissen hat die Gemeinschaft 1983 die Jungrobbenrichtlinie (Richtlinie 83/129/EWG des Rates vom 28. März 1983 betreffend die Einfuhr in die Mitgliedstaaten von Fellen bestimmter Jungrobben und Waren daraus) erlassen. Danach gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Felle von Jungtieren der Sattelrobbe und der Mützenrobbe bzw. daraus hergestellte Waren nicht gewerblich in ihr Gebiet eingeführt werden (Artikel 1 der o.g. RL). Ein weitergehendes Einfuhr- und Handelsverbot gibt es bislang nicht.

Gerade dieser Bereich wird durch das Gesetz geregelt.

Die Strukturprinzipien der Gemeinschaft sind gewahrt. Sobald die Kommission selbst eine unmittelbar geltende Regelung vorlegen wird, wird dieses Gesetz gegenstandslos.

Ferner muss sich der Mitgliedstaat vor dem Ergreifen derartiger Maßnahmen bemühen, die Billigung der Kommission zu erhalten, die in allen Phasen des Verfahrens zu konsultieren ist (vgl. EuGH, Rs. 804/79 , Seefischerei-Erhaltungsmaßnahme, Slg. 1981, 1045, RN 27). Dies ist bei diesem Gesetzentwurf im Rahmen des Notifizierungsverfahrens nach der Richtlinie 98/34/EG der Kommission erfolgt.

b. Vereinbarkeit mit Artikel 28 EG-Vertrag

Nach Artikel 28 EG-Vertrag sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Das Gesetz enthält mit dem Importverbot und den Vermarktungs- sowie Inverkehrbringensverboten eine derartige Beschränkung. Sowohl das Importverbot für Robbenerzeugnisse als auch die Vermarktungs- und Inverkehrbringensverbote sind nach Artikel 30 EG-Vertrag gerechtfertigt.

Artikel 30 Satz 1 EG-Vertrag enthält Rechtfertigungsgründe, unter die sowohl die öffentliche Sittlichkeit als auch der Tierschutz fallen. Unter öffentlicher Sittlichkeit ist der Inbegriff der Moralvorstellungen einer bestimmten Gesellschaft zu verstehen. Wie bereits oben dargelegt, lehnt ein Großteil der Bevölkerung Robbenprodukte vor dem Hintergrund des Ablaufs der Tötung ab.

Die Regelung ist auch durch die Belange des Tierschutzes gerechtfertigt, denn die Tötungsmethoden sind, wie oben dargestellt, z.T. äußerst brutal.

Die Regelung ist verhältnismäßig, da es kein gleich wirksames milderes Mittel gibt, das in gleicher Weise wirksam ist. Zum einen enthält das Gesetz kein vollständiges Einfuhrverbot, sondern sieht Ausnahmen vor. Zum anderen würde eine Kennzeichnung nicht im gleichen Maße sicherstellen, dass möglichst wenig Robben in tierschutzwidriger Weise getötet werden.

c. Notifizierungen anderer Mitgliedstaaten

Ein vergleichbares Robbenerzeugnisse-Verbotsgesetz Belgiens wurde von der Kommission im Rahmen des Notifizierungsverfahrens nach der Richtline 98/34/EG ebenfalls als nicht mit dem freien Warenverkehr unvereinbar angesehen (2004/286/B). Gleiches gilt für die Regelung der Niederlande (2006/87/NL), die ein Handelsverbot für Waren aus Sattelrobben und Klappmützen vorgesehen haben.

Auch vor diesem Hintergrund besteht eine Notwendigkeit für diese nationale Regelung. Da in anderen Mitglied- /Drittstaaten vergleichbare Regelungen bereits bestehen, geht es auch darum, zusätzliche wegen bereits bestehender Einfuhr- und Vermarktungsverbote in anderen Mitglied- /Drittstaaten nicht mehr durchführbare Einfuhren nach Deutschland zu unterbinden.

3. Gesetzgebungskompetenz

a) Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Das vorgeschlagene Gesetz soll den Import und die Vermarktung sowie die Be- und Verarbeitung von Robbenerzeugnissen verbieten.

Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Artikel 73 Abs. 1 Nr. 5 GG (Warenverkehr mit dem Ausland) sowie aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft).

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die erforderlichen Bußgeldbestimmungen hat ihre Grundlage in Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.

b) Erfordernis einer bundesgesetzlichen Regelung

Nach Artikel 72 Abs. 2 des Grundgesetzes hat der Bund im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

Eine bundesgesetzliche Regelung des Handels mit Robbenerzeugnissen und der Be- und Verarbeitung von Robbenerzeugnissen, die von im Ausland tierschutzwidrig getöteten Tieren stammen können, ist zur Wahrung insbesondere der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich.

Das Erfordernis einer bundesgesetzlichen Regelung ergibt sich daraus, dass das Ziel eines gleichmäßig hohen Schutzniveaus über Ländergrenzen hinweg im Hinblick auf Robbenerzeugnisse anders nicht gewährleistet werden kann. So findet die Einfuhr an allen Außengrenzen und Flughäfen Deutschlands statt, so dass nahezu alle Bundesländer vom Einfuhrverbot betroffen sind. Müsste hier jedes Bundesland eine Regelung treffen, käme das voraussichtlich einer Zersplitterung der Rechtseinheit gleich. In einem Bundesland dürften ggf. Robbenerzeugnisse überhaupt nicht, im nächsten nur mit Einschränkungen und im dritten alle Robbenerzeugnisse eingeführt werden. Dies hätte zur Folge, dass -sobald nur ein Land kein Einfuhrverbot erlassen würde - über dieses Land Robbenerzeugnisse in die gesamte Bundesrepublik eingeführt werden könnten, also ein wirksames Einfuhrverbot unterlaufen wäre. Bei einer derartigen Rechtslage wäre ein Inverkehrbringens- und Vermarktungsverbot weder sinnvoll noch durchsetzbar.

Ohne eine Bundesregelung auch des Be- und Verarbeitens und des Inverkehrbringens von Robbenerzeugnissen besteht die Gefahr, dass das Einfuhrverbot ausgehöhlt wird, weil Robbenerzeugnisse in den Binnenmarkt gelangen, von dort nach Deutschland verbracht und anschließend vermarktet werden. Ferner besteht die Gefahr, dass die Bundesländer das Be- und Verarbeiten und das Inverkehrbringen von Robbenerzeugnissen unterschiedlich oder gar nicht regeln und damit wesentliche Unterschiede beim Umgang mit den betroffenen Erzeugnissen in Deutschland entstehen. Dies würde zu einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen führen, die im Interesse der Ziele dieses Bundesgesetzes nicht akzeptabel wären.

4. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte werden durch das Gesetz nicht erwartet.

Zur Durchführung des Gesetzes wird kein zusätzliches Personal bei Bund, Ländern und Gemeinden benötigt.

5. Sonstige Kosten

Der mittelständischen Wirtschaft, vor allem im Bereich der verarbeitenden Pelzbetriebe können wirtschaftliche Einbußen durch den Wegfall der Produkte entstehen, die aus Robbenerzeugnissen hergestellt werden. Im Jahr 2005 wurde Bekleidung aus Robbenfellen im Umfang von 460 t, was einem Warenwert von ca. 68 181 000 € entspricht, nach Deutschland eingeführt.

Andere Kosten für die Wirtschaft sind nicht zu erwarten. Vor dem Hintergrund, dass in bestimmten Fällen Ausnahmegenehmigungen oder Befreiungen erteilt werden können, ist jedoch der tatsächliche Umfang der wirtschaftlichen Einbußen nicht exakt zu ermitteln. Andere Kosten für die Wirtschaft sind nicht zu erwarten.

Auswirkungen auf Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau und insbesondere Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten.

6. Bürokratiekosten

Informationspflichten für Bürger werden nicht eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Es werden folgende Informationspflichten für die Wirtschaftsunternehmen eingeführt, die entgegen des Verbots Robbenerzeugnisse einführen, be- oder verarbeiten oder in den Verkehr bringen möchten:

Konkrete Angaben zu den dadurch entstehenden Bürokratiekosten lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht treffen, da diese Informationspflichten neu sind und noch nicht abgeschätzt werden kann, wie viele Anträge insbesondere mit welchen Stückzahlen oder Mengen gestellt werden. Ferner ist die Höhe der zu erwartenden Bürokratiekosten abhängig von der konkreten Ausgestaltung der noch zu erlassenden Verordnung nach § 2 Abs. 6. Eine endgültige Kostenberechnung wird mit Entwurf der Rechtsverordnungen erfolgen.

Ferner enthält § 4 Abs. 3 Auskunftspflichten und Abs. 4 Duldungspflichten. Auch hier lassen sich aus den o.g. Gründen noch keine konkreten Angaben machen.

Eine Möglichkeit zur Information der Verwaltung folgt aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 (Mitteilung des Verdachts von Verstößen gegen Vorschriften dieses Gesetzes, der sich bei der Abfertigung ergibt, der Zollverwaltung an die zuständigen Behörden).

7. Vollzugskosten

Durch die Einführung eines Einfuhr- sowie Be- und Verarbeitungs- und Inverkehrbringensverbotes von Robbenerzeugnissen entstehen dem Bund und den Ländern Verwaltungsaufwendungen.

Dieser Verwaltungsaufwand dürfte jedoch gering sein.

8. Gleichstellungspolitische Gesetzesfolgen

Die vorgesehenen Maßnahmen wirken sich gleichmäßig auf Frauen und Männer aus.

B. Besonderer Teil

§ 1 (Begriffsbestimmungen)

Das Gesetz soll die Einfuhr nach sowie die Be- und Verarbeitung und die Vermarktung in Deutschland untersagen. Es ist für die Lesbarkeit und das Verständnis der vorgesehenen Bestimmungen sinnvoll, Legaldefinitionen bestimmter Begriffe aufzunehmen.

Dem Zweck des Gesetzes entsprechend, alle aus Robben hergestellten Erzeugnisse einzubeziehen, umfasst der Begriff "Robbenerzeugnisse" alle Erzeugnisse aus Tieren der Familie der Robben (Pinnipedia). Ausgenommen hiervon sind Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG des Rates vom 28. März 1983 (sog. Jungrobbenrichtlinie), da für diese Waren bereits in § 42 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Bundesnaturschutzgesetzes Besitz- und Vermarktungsverbote geregelt sind. Diese wirken an der Grenze zu Drittstaaten wie Einfuhrverbote.

§ 2 (Verbote)

§ 2 führt ein Einfuhrverbot sowie ein Be- und Verarbeitungs- und ein Inverkehrbringensverbot für die in § 1 definierten Robbenerzeugnisse zu Erwerbszwecken ein. Erlaubt bleibt also das Mitbringen von Robbenerzeugnissen zum persönlichen Gebrauch. Ein Verbot auch der Be- und Verarbeitung sowie der Vermarktung ist erforderlich, um Einfuhren über andere EUMitgliedstaaten, die Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation und der Türkei nach Deutschland, die das Ziel der gesetzlichen Regelung unterlaufen würden, zu vermeiden.

Denn das Einfuhrverbot wirkt nur gegenüber bestimmten Drittstaaten.

Absatz 2 enthält eine Ausnahme vom Verbot für bestimmte, auch in der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. EG (Nr. ) L 273 S. 1) aufgezählte Verwendungsmöglichkeiten von Robbenerzeugnissen.

So soll entgegen Absatz 1 die Verwendung von Robbenerzeugnissen zu Diagnose-, Lehr- und Forschungszwecken oder zum Zwecke der Präparation möglich sein.

Absatz 3 bestimmt als zuständige Einfuhrgenehmigungsbehörde die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, weil diese besser geeignet erscheint als Länderbehörden zu beurteilen, ob die Robbenprodukte von Robben stammen, die auf traditionelle Art der Inuits gejagt und erlegt worden sind.

Absatz 4 Satz 1 nennt die Fälle, in denen die Einfuhr mit Genehmigung zugelassen werden darf. Nummer 1 enthält die Ausnahme für Robbenerzeugnisse, die von Robben stammen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes getötet worden sind. Die Ausnahme in Nummer 2 stellt darauf ab, dass die Robben auf traditionelle Art der Inuits gejagt und erlegt worden sind und dient damit dem Minderheitenschutz. Satz 2 dient der Verwaltungserleichterung im Einfuhrgenehmigungsverfahren.

Bei Herkunftsländern, die das Vorliegen der Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 allgemein bestätigen, ist ein entsprechender Nachweis im Einzelfall nicht erforderlich.

Hierfür ist allerdings Voraussetzung, dass sich diese Staaten bereit erklären, die Praxis der Robbenjagd in ihren Ländern durch von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung beauftragte Experten stichprobenweise überprüfen zu lassen. In Satz 3 ist vorgesehen, dass das Bundesministerium die Herkunftsländer, die die in Satz 2 genannten Anforderungen erfüllen, im Bundesanzeiger bekannt macht.

Absatz 5 regelt die Ausnahmen von den Be- und Verarbeitungsverboten sowie Inverkehrbringensverboten.

Satz 1 enthält eine Legalausnahme. Danach dürfen nach dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes legal eingeführte Robbenerzeugnisse ohne Genehmigung einer Landesbehörde im Inland be- oder verarbeitet oder vermarktet werden. In Satz 2 werden die Voraussetzungen genannt, unter denen die zuständigen Landesbehörden eine Ausnahme von den Be- und Verarbeitungsverboten sowie den Vermarktungsverboten genehmigen darf. Demnach kann eine Genehmigung auch für Robbenerzeugnisse erteilt werden, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes aus anderen EU-Mitgliedstaaten, den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation oder der Türkei in die Bundesrepublik gelangt sind, wenn wie auch im Falle der Einfuhrregelung vorgesehen, die Erzeugnisse von Robben stammen, die in der traditionellen Art der Inuits gejagt und erlegt worden sind.

Nach Absatz 6 können die Einzelheiten des Genehmigungsverfahrens (z.B. die Bekanntmachung der Vordrucke für die Einfuhrgenehmigung) sowie die näheren Anforderungen an die vorzulegenden Nachweise in einer Rechtsverordnung geregelt werden.

Da die Einfuhr- sowie Be- und Verarbeitungsverbote zu Einschränkungen der Berufsfreiheit gemäß Artikel 12 Abs. 1 GG führen und im Einzelfall auch unbillige Härten hervorrufen können, enthält Absatz 7 für eine Übergangszeit eine Härtefallregelung. Die Übergangszeit schafft für die betroffenen Unternehmen die Möglichkeit, sich auf die veränderte gesetzliche Lage einzustellen und ggf. die Produktion umzustellen. Die Härtefallregelung gilt für alle Unternehmen, auch in anderen EU-, EFTA-, EWR- und Drittstaaten. Ein Fall unbilliger Härte ist insbesondere gegeben, wenn es ohne die Befreiung zu einer Gefährdung oder Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz Betroffener kommen kann. Dabei ist der Gleichheitsgrundsatz zu beachten.

Zu §§ 3 und 4

Die Vorschriften enthalten die erforderlichen Regelungen zur Durchführung des Gesetzes.

§ 3 (Mitwirkung Zollbehörden):

Die Überwachung von Importen gehört zum Aufgabenbereich der Zollverwaltung als Teil der Bundesverwaltung. Sie soll deshalb bei der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes mitwirken. Dabei werden die Finanzbehörden regelmäßig nur an den Drittlandgrenzen tätig. Die in § 3 Abs. 1 Satz 2 genannten Befugnisse haben die Behörden nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Nummer 2 gibt den Zollstellen die Möglichkeit, auch dann eine Mitteilung an die zuständige Behörde zu richten, wenn sich ein Verdacht von Verstößen nicht nur bei der Abfertigung, sondern auch bei Wahrnehmung anderer Aufgaben (z.B. bei der Kontrolle durch die zuständigen mobilen Kontrolleinheiten, bei Schmuggelaufgriffen durch den Zollfahndungsdienst oder bei nachträglichen Prüfungen durch die Außenprüfung) ergibt. Die Verordnungsermächtigung in § 3 Abs. 2 dient im Wesentlichen dazu, die Überwachung im Hinblick auf gegen die Vorschriften dieses Gesetzes verstoßende Einfuhren zu erleichtern.

§ 4 (Überwachung):

Zweck dieser Vorschrift ist es, die Einhaltung der gesetzlichen und behördlichen Vorschriften durch staatliche Überwachung zu gewährleisten. Dabei führen die Bundesländer das Gesetz als eigene Angelegenheit aus.

Die erforderlichen Maßnahmen nach Absatz 2 ordnet die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen an. Der Begriff des Ortes der Herkunft meint den Ort, an dem das Erzeugnis hergestellt oder zum letzten Mal gelagert oder sonst länger aufbewahrt wurde. Die Vorschrift enthält weiterhin die für eine wirksame Überwachung erforderlichen Auskunfts-, Duldungs- und Mitwirkungspflichten. Die Ermächtigung in § 4 Abs. 7 soll unter anderem dazu dienen, flexibel auf wissenschaftliche Entwicklungen reagieren zu können.

Absatz 8 ist eine im Hinblick auf die §§ 3 und 4 Bundesdatenschutzgesetz notwendige Norm.

§ 5 (Bußgeldvorschrift)

Die Bußgeldvorschrift trägt den neu eingeführten Verbotstatbeständen Rechnung.

§ 6 (Gebühren und Auslagen)

Absatz 1 bestimmt die Gebühren- und Auslagenpflichtigkeit nach diesem Gesetz.

Absatz 2 Satz 1 ermächtigt das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz für den Bereich der Bundesverwaltung zum Erlass einer entsprechenden Kostenrechtsverordnung. Sie bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Satz 2 ordnet die Geltung des Kostendeckungsprinzips an. Es gilt nach § 3 Abs. 2 des Verwaltungskostengesetzes das Verbot der Kostenüberdeckung, wonach Gebühren so bemessen sein müssen, dass das geschätzte Gebührenaufkommen den auf die Amtshandlung entfallenden durchschnittlichen Personal- und Sachaufwand für den betreffenden Verwaltungszweig nicht übersteigt. Die Erhebung von Verwaltungsgebühren zur Erzielung von Überschüssen ist damit nicht gestattet.

Bei der Kalkulation der Kosten kann der gesamte auf die einzelne gebührenpflichtige Leistung entfallende Verwaltungsaufwand berücksichtigt werden. Nach Satz 3 ist das Mitwirken der Zollstellen bei den Gebührensätzen zu berücksichtigen. Satz 4 eröffnet dem Verordnungsgeber die Möglichkeit, die Auslagen abweichend vom Verwaltungskostengesetz zu regeln.

§ 7 (Verkündung von Rechtsverordnungen)

§ 7 sieht die Möglichkeit der elektronischen Verkündung von Rechtsverordnungen vor.

§ 8 (Übergangsvorschriften)

Nummer 1 regelt den Fall, dass sich die Robbenerzeugnisse bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes in Deutschland oder in anderen EU-Mitgliedstaaten befunden haben. Nach Nummer 2 ist eine weitere Ausnahme vom Regelungsbereich dieses Gesetzes für den Fall vorgesehen, dass sich die Erzeugnisse beim Inkrafttreten des Änderungsgesetzes zwar außerhalb der EU befunden haben, aber von Robben stammen, die vor diesem Stichtag getötet worden sind.

Diese Regelung umfasst auch die Erzeugnisse, die sich bereits auf dem Seeweg befinden.

§ 9 (Inkrafttreten)

§ 9 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
Entwurf eines Gesetzes über das Verbot der Einfuhr, der Verarbeitung und des Inverkehrbringens von Robbenerzeugnissen

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf eines Gesetzes über das Verbot der Einfuhr, der Verarbeitung und des Inverkehrbringens von Robbenerzeugnissen auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Gesetzentwurf wird in Abweichung zur bisherigen Rechtslage die Einfuhr, die Verarbeitung und das Inverkehrbringen von Robbenerzeugnissen grundsätzlich verboten.

Informationspflichten für Bürger werden nicht eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Für die Zollverwaltung wird eine Mitteilungspflicht im Rahmen der Verbotsüberwachung neu eingeführt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2).

Des Weiteren werden mit dem Gesetzentwurf vier Informationspflichten der Wirtschaft neu eingeführt. Dabei handelt es sich um eine Einfuhrgenehmigung für Erzeugnisse, die von Robben stammen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes oder von Inuits getötet worden sind (§ 2 Abs. 3) und eine Ausnahmegenehmigung für Härtefälle (§ 2 Abs. 3).

Zudem wird im Rahmen der Verbotsüberwachung eine Auskunftspflicht (§ 4 Abs. 3) und eine Duldungspflicht (§ 4 Abs. 4) der Wirtschaft eingeführt.

Die anfallenden Bürokratiekosten lassen sich erst nach Vorlage der entsprechenden Verfahrensbestimmungen quantifizieren. Diese Bestimmungen sollen im Verordnungs wege ergehen. Entsprechende Ermächtigungsgrundlagen sind in dem Gesetzentwurf enthalten.

Der Nationale Normenkontrollrat begrüßt ausdrücklich, dass das Bundesministerium im Gesetzentwurf darauf hingewiesen hat, dass eine abschließende Kostenermittlung mit Vorlage der entsprechenden Rechtsverordnungen erfolgen wird und erwartet diesbezüglich frühzeitige Beteiligung.

Der Nationale Normenkontrollrat hat daher im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Catenhusen
Vorsitzender Berichterstatter