Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat mit Schreiben vom 2. März 2005 zu der o.g. Entschließung des Bundesrates wie folgt Stellung genommen:
Der Bundesrat hat am 29. November 2002 eine Entschließung zur Schaffung von Arbeitsplätzen durch Abbau von wirtschaftsbelastenden Regelungen gefasst (Drucksache 809/02 - Beschluss). Die darin vorgeschlagenen Änderungen des Arbeitsrechts und des Sozialrechts sind inzwischen durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt und durch die Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt umgesetzt oder von der Bundesregierung im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zum Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt zurückgewiesen worden. Die Bundesregierung setzt Schritt für Schritt eine Modernisierungsstrategie um, die die sozialen Sicherungssysteme, die Besteuerung und wesentliche Regelungen auf dem Arbeitsmarkt beschäftigungsfreundlich macht.
Im Einzelnen darf ich zu den Vorschlägen Folgendes mitteilen:
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Zu 1. Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse
Die geringfügige Beschäftigung ist durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt neu geregelt worden. Das betrifft insbesondere die Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze von 325 Euro auf 400 Euro, den Wegfall der 15-Stunden-Grenze und die Bestimmung der Bundesknappschaft als alleinige Einzugsstelle. Die Neuregelung ist am 1. April 2003 in Kraft getreten und findet breite Zustimmung in der Wirtschaft.
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Zu 2. Zeitlich befristete Nichtanwendung des Kündigungsschutzgesetzes bei Existenzgründungen
Durch das am 1. Januar 2004 in Kraft getretene Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt ist u.a. die Anwendungsschwelle des Kündigungsschutzgesetzes erhöht worden. In Betrieben mit zehn oder weniger Arbeitnehmern gilt das Gesetz nicht für Arbeitnehmer, die ab Januar 2004 neu eingestellt worden sind. Diese Regelung schafft insbesondere für Existenzgründer mehr Spielraum für Einstellungen. Darüber hinaus hat das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt die Möglichkeit zur befristeten Beschäftigung von Arbeitnehmern in neu gegründeten Unternehmen erweitert. Innerhalb der ersten vier Jahre ab Tätigkeitsaufnahme können Existenzgründer befristete Arbeitsverträge ohne sachlichen Befristungsgrund bis zur Dauer von vier Jahren abschließen (§ 14 Abs. 2a Teilzeit- und Befristungsgesetz).
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Zu 3. Änderung des Kündigungsschutzgesetzes
Dem Anliegen, besonders Kleinunternehmen zu Neueinstellungen zu ermutigen, trägt die Anhebung der Anwendungsschwelle des Kündigungsschutzgesetzes Rechnung (vgl. Antwort zum vorstehenden Vorschlag). Darüber hinaus hat das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt mehr Rechtssicherheit bei Kündigungen geschaffen, insbesondere durch Vereinfachung der Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen und die Vereinheitlichung der Klagefrist. Durch die Abfindungsregelung des § 1a Kündigungsschutzgesetz haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Falle einer betriebsbedingten Kündigung zudem die Möglichkeit einer einfachen und kostengünstigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Das vom Bundesrat vorgeschlagene Optionsmodell, wonach Arbeitnehmer ab 50 Jahren beim Abschluss des Arbeitsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung für den Fall einer Kündigung auf eine Kündigungsschutzklage verzichten können sollen, lehnt die Bundesregierung ab. Wegen des strukturellen Ungleichgewichts zwischen den Vertragsparteien bei Vertragsabschluss hätte der Arbeitnehmer kein wirkliches Optionsrecht, sondern nur die Wahl, auf das Angebot des Arbeitgebers einzugehen oder auf den Arbeitsplatz zu verzichten. Im Falle einer späteren Kündigung würde er seinen Arbeitsplatz auch verlieren, wenn die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt wäre. Auch für den Arbeitgeber wäre eine solche Vereinbarung von Nachteil, weil er eine Abfindung auch dann zahlen müsste, wenn die Kündigung wirksam ist und der Arbeitnehmer nach geltendem Recht keinen Abfindungsanspruch hat.
Hinzuweisen ist auch auf die seit Januar 2003 geltende besondere Erleichterung der befristeten Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern, die die für diese Personengruppe besonders hohen
Einstellungshindernisse abbauen soll. Mit Arbeitnehmern, die das 52. Lebensjahr vollendet haben, können befristete Arbeitsverträge ohne sachlichen Befristungsgrund abgeschlossen werden, auch wenn es sich nicht - wie im Regelfall vorgeschrieben - um eine Neueinstellung handelt; außerdem sind die Höchstbefristungsdauer und die Zahl der Verlängerungen nicht begrenzt ( § 14 Abs. 3 TzBfG).
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Zu 4. Rechtsanspruch auf Teilzeit wieder aufheben
Die Bundesregierung lehnt die Einschränkung des Rechtsanspruchs auf Teilzeitarbeit ab.
Seit Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes im Jahre 2001 ist die Zahl der Teilzeitbeschäftigten um 700.000 auf ca. 7,2 Millionen gestiegen. Die Teilzeitquote ist damit um 2,6 Prozentpunkte auf 22,4 Prozent im Jahre 2003 angestiegen. Die Zahlen belegen, dass Teilzeitarbeit ein geeignetes beschäftigungspolitisches Mittel zur Sicherung und Förderung von Arbeitsplätzen darstellt und mit dem gesetzlichen Teilzeitanspruch der richtige Weg beschritten worden ist. Der Teilzeitanspruch ist für Unternehmen kein Einstellungshindernis.
Die gesetzliche Regelung überfordert die Arbeitgeber nicht. Teilzeitarbeit wird vereinbart, wenn der Arbeitnehmer eine Reduzierung der Arbeitszeit wünscht und der Wunsch im Unternehmen realisierbar ist. Kommt es zu keiner Einigung, kann der Arbeitgeber den Teilzeitantrag aus betrieblichen Gründen ablehnen. Das Gesetz ermöglicht damit einen ausreichenden Spielraum für eine angemessene Abwägung zwischen den Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Das bestätigen die zum Teilzeitanspruch ergangenen Urteile des Bundesarbeitsgerichts.
Der Teilzeitanspruch ist zu Recht nicht auf bestimmte soziale Tatbestände beschränkt. Ein Teilzeitanspruch nur für Beschäftigte mit besonderen Familienpflichten würde gerade für den betreffenden Personenkreis und damit vor allem für Frauen zum Einstellungshindernis.
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Zu 5. Befristete Arbeitsverträge
Die wiederholte Zulassung sachgrundloser Befristungen würde faktisch - mit kurzzeitigen Unterbrechungen - Kettenbefristungen ermöglichen. Damit könnten die Unternehmen das von ihnen zu tragende Risiko einer unsicheren und schwankenden Auftragslage auf die Arbeitnehmer und die Arbeitslosenversicherung abwälzen. Den Missbrauch aufeinanderfolgender Befristungen müssen die Mitgliedstaaten nach der Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner und
der darauf beruhenden EG-Richtlinie 1999/70 über befristete Arbeitsverträge vom 28. Juni 1999 verhindern.
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Zu 6. Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
Durch das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Erste Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurde die Höchstdauer der Arbeitsnehmerüberlassung vollständig aufgehoben. Leiharbeitnehmer können nunmehr ohne zeitliche Beschränkung in demselben Entleihbetrieb eingesetzt werden.
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Zu 7. Betriebsverfassungsgesetz
Die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2001 hat die dringend notwendig gewordenen Anpassungen des Betriebsverfassungsrechts an die Entwicklung in der Wirtschafts- und Arbeitswelt vorgenommen. Sie hat die Voraussetzungen für moderne Betriebsratsstrukturen und eine effiziente Betriebsratsarbeit geschaffen und die Betriebsverfassung von bürokratischen Hemmnissen befreit und flexibilisiert. Diese Erleichterungen sind gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen von besonderer Bedeutung: Das betrifft zum Beispiel die flexiblere Ausgestaltung der bisher starren organisationsrechtlichen Vorschriften zur Bildung eines Betriebsrats und die Entbürokratisierung der Betriebsratswahl insbesondere durch die Aufhebung der getrennten Abstimmung von Arbeitern und Angestellten und die Einführung eines vereinfachten Wahlverfahrens für Betriebe mit bis zu 100 Arbeitnehmern. Ohne staatliche Zustimmung können durch Vereinbarungslösungen nach § 3 Betriebsverfassungsgesetz schnell maßgeschneiderte, effiziente und kostengünstige Mitbestimmungsstrukturen geschaffen werden, die den Strukturen des Betriebs, Unternehmens oder Konzerns entsprechen. Von diesen flexiblen Gestaltungsmitteln haben die Unternehmen bis heute in mehr als 250 Organisationstarifverträgen Gebrauch gemacht.
Die bestehenden Möglichkeiten für betriebliche Bündnisse reichen aus. Zur flexiblen Anpassung der Tarifverträge an die Bedürfnisse der Betriebe und der Arbeitnehmer sind in den letzten Jahren verstärkt Öffnungsklauseln, Härtefallregelungen und andere Differenzierungsbestimmungen vereinbart worden. Danach können die Betriebspartner - zum Teil mit, zum Teil ohne Zustimmung der Tarifvertragsparteien - von Tarifregelungen abweichen und betriebsspezifische Regelungen treffen. Die Tarifvertragsparteien haben damit bewiesen, dass sie in der Lage sind, eigenverantwortlich flexible, branchenspezifische Regelungen zu treffen.
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Zu 8. Überprüfung der Schwellenwerte in der Arbeitsgesetzgebung
Die unterschiedlichen Schwellenwerte im Arbeitsrecht rechtfertigen sich aus den jeweils unterschiedlichen Zielsetzungen der gesetzlichen Regelungen. Sie dienen dem angemessenen und gerechten Ausgleich zwischen den unternehmerischen Interessen des Arbeitgebers und den sozialen Schutzbedürfnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Eine Vereinheitlichung ohne Rücksicht auf den jeweiligen Regelungszusammenhang würde diesen Interessenausgleich stören.
Soweit in den unterschiedlichen Schwellenwerten Einstellungshemmnisse gesehen werden, verweise ich auf die Ergebnisse verschiedener Studien, wonach ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen dem Einstellungsverhalten insbesondere von Klein- und Mittelunternehmen und den Schwellenwerten im Arbeits- und Sozialrecht nicht besteht (u.a. "Ökonomische Konsequenzen von Schwellenwerten im Arbeits- und Sozialrecht sowie Auswirkungen dieser Regelungen", Studie der ISG Sozialforschung und Gesellschaftspolitik, Band 20, Köln 1997; Projekt "Regulierung des Arbeitsmarktes" (REGAM) des WSI, Pfarr, Bothfeld u.a. "Personalpolitik und Arbeitsrecht - Differenzierung nach der Unternehmensgröße?", RdA 04 /2004., S. 193).
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Zu 9. Zusammenführung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe:
Verwirklichung des Grundsatzes "Fördern und Fordern"
Mit dem Vierten Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurden - wie auch in der Entschließung des Bundesrates gefordert - die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe für Erwerbsfähige am 1. Januar 2005 zu einer neuen Leistung - Grundsicherung für Arbeitsuchende - zusammengeführt. Damit hat der Gesetzgeber das ineffiziente, intransparente und wenig bürgerfreundliche Nebeneinander zweier staatlicher Fürsorgesysteme durch ein einheitliches und leistungsfähigeres steuerfinanziertes System, die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), ersetzt. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende geht davon aus, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige in erster Linie selbst für die Sicherung ihres Unterhalts und des Unterhalts der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen verantwortlich sind. Von ihnen wird erwartet, dass sie alle Möglichkeiten ausschöpfen, bevor sie die Hilfe der Allgemeinheit in Anspruch nehmen (Grundsatz des Forderns). Wenn die eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als staatliche Fürsorge umfassende Unterstützung mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit (Grundsatz des Förderns). Mit dem Kommunalen Optionsgesetz vom 30. Juli 2004 wurde durch
die Einfügung der sog. Revisionsklausel gleichzeitig sichergestellt, dass die insbesondere für die Kosten der Unterkunft verantwortlichen kommunalen Träger keine finanzielle Mehrbelastung tragen müssen, sondern vielmehr um insgesamt Euro 2,5 Mrd. entlastet werden.
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Zu 10. Senkung der Lohnnebenkosten
Die Bundesregierung setzt mit ihrer Politik Schritt für Schritt eine Modernisierungsstrategie um, die die sozialen Sicherungssysteme, die Besteuerung und wesentliche Regelungen auf dem Arbeitsmarkt beschäftigungsfreundlich macht. Die bereits auf den Weg gebrachten Reformen in den sozialen Sicherungssystemen - und die damit verbundene Begrenzung der Sozialabgaben sowie Lohnnebenkosten - und die Steuerreform mit historisch niedrigen Steuersätzen sind wesentliche Meilensteine auf diesem Weg. Damit werden Voraussetzungen geschaffen, dass die Steuer- und Abgabenlast insgesamt schrittweise zurückgeführt werden kann.
Mit Inkrafttreten der letzten Stufe der Steuerreform am 1. Januar 2005 wurde das größte Steuersenkungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland vollständig umgesetzt. Insbesondere die Absenkung des Spitzen- und Eingangssteuersatzes auf 42 bzw. 15 Prozent führt zu einer spürbaren Erhöhung der Nettolöhne. Bei Eintritt der vollen Wirksamkeit aller seit 1998 verabschiedeten steuerlichen Maßnahmen beträgt die Entlastungswirkung fast 60 Mrd. € jährlich. Davon profitieren nicht zuletzt Arbeitnehmerhaushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen sowie Familien mit Kindern. Weitergehende Entlastungen sind aus haushaltspolitischen Gründen derzeit nicht möglich.
In den sozialen Sicherungssystemen hat die Bundesregierung im Rahmen ihrer Reformagenda bereits neben längerfristigen Strukturreformen auch kurzfristige Maßnahmen ergriffen, um die Lohnnebenkosten zu senken und die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme abzusichern. Dabei ist es gelungen, in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld die Summe der Sozialversicherungsbeiträge auf unter 42 % des beitragspflichtigen Bruttoentgelts zu begrenzen. Mittelfristig strebt die Bundesregierung an, im Zuge der eingeleiteten und weiteren Reformmaßnahmen die Sozialversicherungsbeiträge auf unter 40 % des beitragspflichtigen Bruttoentgelts zu senken.
Vor dem Hintergrund der ökonomischen und demographischen Entwicklungen hat die Bundesregierung in den letzten Jahren weitere Reformschritte in der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Ziel auf den Weg gebracht, die langfristige Finanzierung nachhaltig zu gewährleisten und den Beitragssatz zur Rentenversicherung möglichst stabil zu halten. In den
Jahren 2004 und 2005 konnte der Beitragssatz trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen auf der Grundlage von Ende 2003 beschlossenen kurzfristig wirkenden Maßnahmen konstant bei 19,5 % gehalten werden. Mit dem im Jahr 2004 verabschiedeten Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) werden zudem die Weichen gestellt, um den demographisch bedingten Beitragssatzanstieg weiter zu begrenzen und den Beitragssatz langfristig zu stabilisieren. Durch die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors wird die Rentenanpassung stärker an die Einnahmeentwicklung und die demographische Entwicklung gekoppelt. Zur Senkung des Beitragssatzes in der Rentenversicherung trägt weiterhin die Öko-Steuer bei (1,7 Prozentpunkte in 2005).
Durch die Gesundheitsreform (Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung - GMG) werden die Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung gestärkt und zugleich die Lohnnebenkosten gesenkt. Insgesamt ergibt sich aus den vorgesehenen Regelungen für die gesetzlichen Krankenkassen ein geschätztes finanzielles Entlastungsvolumen, das von knapp 10 Mrd. € in 2004 auf 14 bis 15 Mrd. € in 2007 ansteigt. Dass die Senkung des durchschnittlichen Beitragssatzes in 2004 (auf 14,2 %) unter den Erwartungen blieb, liegt daran, dass die gesetzlichen Krankenkassen ihre Schulden deutlich schneller abgebaut haben als vom Gesetzgeber gefordert. Die weitere Umsetzung des GMG und andere Maßnahmen schaffen Spielraum für weitere Beitragssenkungen im Jahr 2005. Die Bundesregierung hat keinen Zweifel aufkommen lassen, dass in der nächsten Legislaturperiode neben der weiteren Umsetzung struktureller Maßnahmen des GMG weitere nachhaltige Reformen zur Verbesserung der Effizienz sowie der Finanzgrundlagen der GKV unter dem Blickwinkel der Begrenzung der Lohnnebenkosten erforderlich sind.
Auch in der sozialen Pflegeversicherung ist sich die Bundesregierung des grundsätzlichen Handlungsbedarfs bewusst. Hier steht angesichts der demographischen Entwicklung im Vordergrund, auch langfristig die Funktion der Pflegeversicherung als eine stabile Säule der sozialen Sicherung zu gewährleisten und zugleich eine angemessene Finanzierung zu sichern. Die Bundesregierung wird eine gesamtgesellschaftliche Diskussion in Gang setzen und zügig zu einem Ergebnis bringen, um ein Konzept zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung zu erhalten, das von einer möglichst breiten Akzeptanz getragen wird. Hier wird auch der Aspekt der Lohnnebenkosten zu berücksichtigen sein.
Die hohe Arbeitslosigkeit setzt derzeit noch Grenzen für eine kurzfristige Senkung des Beitragssatzes in der Arbeitslosenversicherung. Die Bundesregierung hat im Bereich des Arbeitsmarktes ein umfassendes Paket an strukturellen Reformen auf den Weg gebracht, das ab diesem Jahr seine volle Wirkung entfalten kann. Zusammen mit der sich nach drei Jahren andauernden wirtschaftlichen Stagnation beginnenden Erholung der deutschen Wirtschaft werden sich in den Folgejahren auch Spielräume auftun, die eine schrittweise Beitragssenkung ermöglichen werden.