Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen

A. Problem und Ziel

Korruption im Gesundheitswesen beeinträchtigt den Wettbewerb, verteuert medizinische Leistungen und untergräbt das Vertrauen von Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen. Wegen der erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Gesundheitswesens ist korruptiven Praktiken in diesem Bereich auch mit den Mitteln des Strafrechts entgegenzutreten. Dies ist nach gegenwärtiger Rechtslage nur unzureichend möglich.

Nach einer Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofs handeln niedergelassene, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassene Ärzte bei Wahrnehmung der ihnen in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben weder als Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c des Strafgesetzbuches - StGB) noch als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen ( § 299 StGB), sodass die Korruptionstatbestäns Strafgesetzbuches für niedergelassene Vertragsärzte grundsätzlich nicht anwendbar sind (Beschluss vom 29. März 2012 - GSSt 2/11). Auch die auf den Vermögensschutz ausgerichteten Straftatbestänr Untreue ( § 266 StGB) und des Betrugs ( § 263 StGB) können das Geben und Nehmen von Bestechungsgeldern nur eingeschränkt erfassen und decken den Unrechtsgehalt von Korruption nicht hinreichend ab.

Damit bestehen bei der strafrechtlichen Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen Lücken, die durch den vorliegenden Gesetzentwurf geschlossen werden sollen.

B. Lösung

Der Gesetzentwurf schlägt die Einführung neuer Straftatbestänr Bestechlichkeit im Gesundheitswesen und der Bestechung im Gesundheitswesen vor. Er bezieht alle Heilberufe ein, die für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordern, und gilt für Sachverhalte sowohl innerhalb als auch außerhalb des Bereichs der gesetzlichen Krankenversicherung. Die vorgeschlagenen Straftatbestände sollen als neuer § 299a StGB (Bestechlichkeit im Gesundheitswesen) und § 299b StGB (Bestechung im Gesundheitswesen) in den Sechsundzwanzigsten Abschnitt des Strafgesetzbuches (Straftaten gegen den Wettbewerb) eingefügt und der Struktur des § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr) nachgebildet werden. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf eine Ausweitung der Regelung des § 300 StGB, der für den Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) eine Strafrahmenverschiebung für besonders schwere Fälle enthält, auch auf die einzuführenden Straftatbestände vor. Zudem enthält der Gesetzentwurf eine relative Antragspflicht als Voraussetzung für die Strafverfolgung (§ 301 StGB). Die bisherige Regelung zur Vermögensstrafe und zum erweiterten Verfall in § 302 StGB wird durch die Streichung der Bezugnahme auf die Vermögensstrafe der aktuellen Rechtslage angepasst und ebenfalls auf die neue Vorschrift der §§ 299a, 299b StGB erstreckt. Der Gesetzentwurf enthält darüber hinaus Regelungsvorschläge zur Änderung des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V), durch die insbesondere ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen unter Einbeziehung der Staatsanwaltschaften etabliert werden soll.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten:

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Für Bund, Länder und Gemeinden entsteht kein Erfüllungsaufwand.

Den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und dem GKV-Spitzenverband entsteht ein einmaliger und ein wiederkehrender Erfüllungsaufwand durch die Organisation eines regelmäßigen Erfahrungsaustausches mit den Stellen zur Fehlverhaltensbekämpfung, durch den Erlass von Bestimmungen über die Organisation und die Tätigkeit dieser Stellen sowie durch die Zusammenführung und Abgleichung der Berichte ihrer Mitglieder über Fehlverhaltensbekämpfung. Den Kranken- und Pflegekassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen kann bei der Erstellung ihrer Berichte zur Fehlverhaltensbekämpfung je nach Ausgestaltung der Vorgaben hierfür ein Erfüllungsaufwand entstehen. Da die Ausgestaltung dieser Tätigkeiten der Selbstverwaltung übertragen ist, ist die Höhe des Erfüllungsaufwands nicht sicher quantifizierbar. Bei der Bemessung des Aufwands dürfte ins Gewicht fallen, dass der nunmehr gesetzlich geregelte jährliche Erfahrungsaustausch bereits auf freiwilliger Basis in einem eineinhalb bis zweijährigen Turnus stattgefunden hat. Zusätzlicher Mehraufwand dürfte sich insbesondere durch die Erweiterung des Kreises der Beteiligten und den dadurch bedingten höhren Organisiationsaufwand sowie die Erweiterung der Berichtspflichten ergeben.

F. Weitere Kosten

Für den Bund entstehen allenfalls in geringem Umfang Mehrausgaben. Etwaiger Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln kann innerhalb der vorhandenen Kapazitäten und der verfügbaren Mittel aufgefangen werden und soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan 07 (Einzelplan des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz) ausgeglichen werden.

Durch die Einführung der neuen Straftatbestände können den Länderhaushalten Verfahrens- und Vollzugskosten entstehen, deren Höhe vom tatsächlichen Fallaufkommen abhängen wird. Laut dem Bundeslagebild Korruption des Bundeskriminalamts von 2011 wurden im damaligen Berichtszeitraum insgesamt 3 432 Tatverdächtige auf "Nehmerseite" registriert. Auf das Gesundheitswesen entfallen dabei 8,3 Prozent; im Jahr 2012 betrug der Anteil 6,2 Prozent bei insgesamt 1 422 Tatverdächtigen. Nachdem der Große Senat des Bundesgerichtshofs 2012 entschieden hat, dass die geltenden Korruptionstatbestäns Strafgesetzbuches auf Vertragsärzte nicht anwendbar sind, wird das Gesundheitswesen seit 2013 im Bundeslagebild Korruption nicht mehr gesondert ausgewiesen. Ausgehend von den für das Jahr 2011 vorliegenden Zahlen ist von einer Zunahme des Vollzugsaufwands für die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte der Länder und von einer Mehrbelastung für die Länderhaushalte auszugehen. Die bundesweite Fallzahl wird sich voraussichtlich im niedrigen dreistelligen Bereich bewegen. Die Strafverfolgungsstatistik des Statistischen Bundesamts wird die Straftatbestänr §§ 299a, 299b StGB nach deren Inkrafttreten gesondert ausweisen. Darüber hinaus entstehen Mehrausgaben durch die Ergänzungen des SGB V, durch die insbesondere ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen unter Einbeziehung der Staatsanwaltschaften etabliert werden soll. Bei der Bemessung des daraus entstehenden Aufwands ist zu berücksichtigen, dass einige Staatsanwaltschaften bereits an den auf freiwilliger Basis veranstalteten Erfahrungsaustausch beteiligt waren, so dass die daraus entstehenden Mehrausgaben jedenfalls nicht erheblich ins Gewicht fallen dürften. Hinzukommt, dass die Durchführung und Organisation des Erfahrungsaustausches den kassenärztlichen Bundesvereinigungen bzw. dem GKV-Spitzenverband obliegt und eine Beteiligung der Staatsanwaltschaften hieran nicht vorgesehen ist.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 14. August 2015
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Fristablauf: 25.09.15

Die Stellungnahme der Bundesregierung zur Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates ist als Anlage 2 beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

2. Die §§ 300 bis 302 werden durch die folgenden §§ 299a bis 302 ersetzt:

" § 299a Bestechlichkeit im Gesundheitswesen

§ 299b Bestechung im Gesundheitswesen

§ 300 Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr und im Gesundheitswesen

In besonders schweren Fällen wird die Tat nach § 299, 299a oder § 299b mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

§ 301 Strafantrag

§ 302 Erweiterter Verfall

In den Fällen der §§ 299, 299a und 299b ist § 73d anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat."

Artikel 2
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

In § 74c Absatz 1 Satz 1 Nummer 5a des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird das Wort "sowie" durch ein Komma ersetzt und werden nach den Wörtern "geschäftlichen Verkehr" die Wörter "sowie der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen und der Bestechung im Gesundheitswesen" eingefügt.

Artikel 3
Änderung des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch

Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherungen - (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 81a wird wie folgt geändert:

2. § 197a wird wie folgt geändert:

3. In § 307 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c wird nach der Angabe "202" die Angabe "Absatz 1" eingefügt.

Artikel 4
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Korruption im Gesundheitswesen beeinträchtigt den Wettbewerb, verursacht erhebliche Kostensteigerungen und untergräbt das Vertrauen der Patienten in eine von unlauteren Zuwendungen unbeeinflusste Gesundheitsversorgung. Wegen der großen wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung des Gesundheitswesens ist korruptiven Praktiken in diesem Bereich auch mit den Mitteln des Strafrechts entgegenzutreten. Es soll damit der besonderen Verantwortung der im Gesundheitswesen tätigen Heilberufsgruppen Rechnung getragen und gewährleistet werden, dass heilberufliche Entscheidungen frei von unzulässiger Einflussnahme getroffen werden.

Einzelne Fälle korruptiver Praktiken im Gesundheitswesen sind immer wieder Gegenstand von sozialgerichtlicher, wettbewerbs- und berufsgerichtlicher sowie strafgerichtlicher Rechtsprechung.

Zu nennen sind beispielsweise Prämienzahlungen von Pharmaunternehmen an Ärzte, mit denen das Verschreibungsverhalten zugunsten eines bestimmten Präparats beeinflusst werden soll. Ein solcher Sachverhalt lag der Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29. März 2012 (GSSt 2/11) zugrunde, in der die Anwendbarkeit der geltenden strafrechtlichen Korruptionstatbestände für niedergelassene, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassene Ärzte verneint wurde. Darüber hinaus sind auch Fälle bekannt geworden, in denen Zuwendungen für die Zuführung von Patienten oder von Untersuchungsmaterial, beispielsweise an eine Klinik, an ein Sanitätshaus oder an ein Labor geleistet wurden (vgl. Schneider/Gottschaldt, wistra 2009, 133 ff.; Kölbel, wistra 2009, 129; Kölbel, NStZ 2011, 195, 197 f.). Auch Fälle, in denen unter Umgehung der geltenden Preisvorgaben auf Bezugs- und Abgabeentscheidungen von Apothekern eingewirkt wird, um unlautere Wettbewerbsvorteile zu erlangen, sind aus der Praxis bekannt (vgl. Schneider-Danwitz, jurisPK-SGB V, 2012, § 197a Rn. 24.; zur Zulässigkeit von Marketing gegenüber Apotheken s. KG Berlin, Urteil vom 11. September 2012, 5 U 57/11).

Bereits korruptive Verhaltensweisen Einzelner können dazu führen, dass ein ganzer Berufsstand zu Unrecht unter Verdacht gestellt wird und das Vertrauen der Patienten in das Gesundheitswesen nachhaltig Schaden nimmt.

Korruptionsrisiken im Gesundheitswesen gehen insbesondere auf die bei bestimmten Heilberufsgruppen konzentrierten Entscheidungsbefugnisse zurück, die ganz erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen für andere Marktteilnehmer haben und Anreize für eine unzulässige Einflussnahme auf ärztliche und pharmazeutische Entscheidungen schaffen (Geiger, Zeitschrift Neue Kriminalpolitik 2013, S. 136, 144: Arzt als "gatekeeper"; Scholz, in Spickhoff, Medizinrecht, § 32 MBO Rn. 1). Die Schlüsselstellung von Ärzten und Apothekern im Gesundheitswesen beruht vor allem auf der Verschreibungs- und Apothekenpflicht für Arzneimittel (§§ 43, 48 des Arzneimittelgesetzes - AMG) sowie auf der Berechtigung zur Verschreibung von Arzneimitteln ( § 48 AMG, § 2 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln). Insbesondere die pharmazeutische Industrie ist damit für den Absatz ihrer Produkte wesentlich auf ärztliche und pharmazeutische Verordnungs- und Abgabeentscheidungen angewiesen. Auch nichtärztliche Heilberufsgruppen sowie Hersteller von Medizinprodukten sind regelmäßig davon abhängig, dass Ärzte die von ihnen angebotenen Leistungen verordnen und sie an der Behandlung von Patienten beteiligen. Dies gilt umso mehr als die Erstattungsfähigkeit nichtärztlicher Leistungen regelmäßig eine ärztliche Verordnung voraussetzt.

Damit liegt insbesondere bei der Ärzteschaft eine Lenkungsfunktion von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung. Die Gesamtausgaben im Gesundheitswesen beliefen sich im Jahr 2012 auf über 300 Milliarden Euro, wovon allein die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen einen Anteil von 57,4 Prozent ausmachten (Statistisches Bundesamt, Fachserie 12 Reihe 7.1.1.).

Das geltende Strafrecht erfasst nicht alle strafwürdigen Formen unzulässiger Einflussnahme im Gesundheitswesen. Die Korruptionsstraftatbestänr §§ 331 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) sind Amtsträgerdelikte und nur einschlägig, wenn auf Nehmerseite ein Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2 StGB) involviert ist. Insbesondere niedergelassene, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassene Ärzte sind nach der Entscheidung des Großen Senats des BGH vom 29. März 2012 (GSSt 2/ 11, S. 5) jedoch keine Amtsträger; ein Vertragsarzt ist gerade nicht Angestellter oder bloßer Funktionsträger einer öffentlichen Behörde. Das Verhältnis des Versicherten zum Vertragsarzt wird vielmehr wesentlich bestimmt von Elementen persönlichen Vertrauens und einer der Bestimmung durch die Krankenkassen entzogenen Gestaltungsfreiheit (GSSt 2/ 11, S. 9 f.). Selbst wenn ein Arzt beispielsweise im Rahmen seiner Tätigkeit für ein Krankenhaus in öffentlichrechtlicher Trägerschaft als Amtsträger zu qualifizieren ist, können unzulässige Zuwendungen für therapeutische Entscheidungen (wie beispielsweise die Auswahl eines Arzneimittels) straflos bleiben, da therapeutische Entscheidungen nicht zur öffentlichen Verwaltung und damit nicht zur Dienstausübung im Sinne der §§ 331 ff. StGB gehören (Schuhr, NStZ 2012, 11, 12).

Nach der Entscheidung des Großen Senats des BGH vom 29. März 2012 handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben auch nicht als Beauftragter der gesetzlichen Krankenversicherung (GSSt 2/ 11, S. 1). Der Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) ist damit weder auf niedergelassene Ärzte noch auf Apotheker oder auf sonstige entsprechend selbstständig tätige Angehörige von Heilberufen anwendbar. Soweit es sich bei einem beispielsweise für ein Krankenhaus tätigen Arzt um einen Angestellten oder Beauftragten handelt, kommt eine Strafbarkeit nach § 299 StGB in Betracht, wenn der Arzt hinsichtlich einer Entscheidung über den Bezug von Waren oder Dienstleistungen durch das Krankenhaus Vorteile entgegennimmt. Erfolgt der Bezug dagegen durch den Patienten (etwa bei der Verschreibung eines durch den Patienten in einer Apotheke selbst zu beziehenden Medikamentes), scheidet eine Strafbarkeit nach § 299 StGB ebenfalls aus, da es an einem Bezug durch einen geschäftlichen Betrieb fehlt (vgl. Schuhr, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, § 299 StGB, Rn. 42).

Auch die auf Vermögensschutz ausgerichteten Straftatbestänr Untreue (§ 266 StGB) und des Betrugs (§ 263 StGB) greifen bei korruptiven Verhaltensweisen nicht immer ein. So kann zwar beispielsweise die ärztliche Verordnung von Arzneimitteln oder Hilfsmitteln, deren Preise um die Kosten für unzulässige Rückvergütungen überhöht sind, zu einer Strafbarkeit wegen Betrugs oder Untreue führen (Schuhr, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, § 266, Rn. 32). Andere strafwürdige Formen von Korruption im Gesundheitswesen werden aber von den Tatbeständen nicht erfasst. So verletzt der Arzt durch die Annahme von Zuführungsprämien grundsätzlich keine Vermögensbetreuungspflichten gegenüber Krankenkassen (Schuhr, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, § 266, Rn. 33). Unabhängig davon, ob diese Straftatbestände unzulässige Einflussnahmen im Einzelfall erfassen, decken sie jedenfalls den Unrechtsgehalt von Korruption nicht ab, der über die Verletzung von Vermögensinteressen hinausgeht und in der Störung des Wettbewerbs sowie der Beeinträchtigung des Vertrauens in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen zu sehen ist.

Korruption im Gesundheitswesen stört den Wettbewerb und benachteiligt lauter agierende Marktteilnehmer. Sie kann auch zulasten der Qualität in der medizinischen Versorgung gehen, weil Wettbewerbsvorteile nicht mehr durch Preis und Qualität, sondern mit Hilfe unlauterer Bevorzugung erzielt werden (vgl. Schneider, StV 2010, S. 365, 368). Folge sind außerdem eine Verteuerung medizinischer Leistungen und steigende Kosten im Gesundheitswesen. Korruption im Gesundheitswesen hat aber nicht nur wirtschaftliche Konsequenzen. Ebenso schwer wiegt der durch sie verursachte Verlust an Vertrauen in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen. Im Gesundheitswesen betrifft der Vertrauensverlust insbesondere die an der gesundheitlichen Versorgung beteiligten Berufsgruppen. Dabei können schon einzelne Korruptionsfälle dazu führen, dass der ganze Berufsstand unter Generalverdacht gestellt wird und dass das Vertrauen in das Gesundheitssystem insgesamt Schaden nimmt. Bereits die Möglichkeit, dass bei einer Behandlung von Patienten unzulässige wirtschaftliche Erwägungen über das Wohl der Patienten gestellt werden, kann dazu führen, dass medizinisch notwendige Behandlungen nicht wahrgenommen werden.

Auch der Große Senat des BGH hat in seiner Entscheidung vom 29. März 2012 auf die schädlichen Konsequenzen von Korruption im Gesundheitswesen hingewiesen und dazu ausgeführt:

"Vor dem Hintergrund der seit längerem im strafrechtlichen Schrifttum geführten Diskussion sowie im Hinblick auf gesetzgeberische Initiativen (vgl. dazu etwa Bundestagsdrucksache 17/3685) zur Bekämpfung korruptiven Verhaltens im Gesundheitswesen verkennt der Große Senat für Strafsachen nicht die grundsätzliche Berechtigung des Anliegens, Missständen, die - allem Anschein nach - gravierende finanzielle Belastungen des Gesundheitssystems zur Folge haben, mit Mitteln des Strafrechts effektiv entgegenzutreten." (GSSt 2/ 11, S. 21).

Die Straftatbestände verfolgen einen doppelten Rechtsgüterschutz. Er dient der Sicherung eines fairen Wettbewerbs im Gesundheitswesen und kommt damit der ganz großen Mehrheit der ehrlich arbeitenden und Korruptionsrisiken vermeidenden Ärzte, Apotheker und sonstigen Heilberufsausübenden zugute. Er dient ferner dem Schutz des Vertrauens der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen. Mittelbar wird der Straftatbestand auch die Vermögensinteressen der Wettbewerber im Gesundheitswesen sowie der Patienten und der gesetzlichen Krankenversicherung schützen.

Das sich aus dem bestehenden Korruptionsrisiko und der hohen sozialen Bedeutung des Gesundheitswesens ergebende Erfordernis einer strafrechtlichen Regelung entfällt auch nicht mit Blick auf die bestehenden berufs- und sozialrechtlichen Zuwendungsverbote und Sanktionsmöglichkeiten.

Nach § 32 Absatz 1 ihrer (Muster-)Berufsordnung (MBO) ist es in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Ärzten nicht gestattet, "von Patienten oder Anderen Geschenke oder andere Vorteile zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird." Nach § 31 Absatz 1 MBO ist es nicht gestattet, "für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arzneioder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren."

Diese Verbote wurden in die Berufsordnungen der Landesärztekammern übernommen und sind somit für alle Ärzte verbindlich. Die Überwachung der Einhaltung der Berufsordnungen erfolgt durch die Landesärztekammern.

Auch die Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer verbietet Vorteile für die Verordnung, die Empfehlung und den Bezug von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten und für die Zuweisung und Vermittlung von Patienten (§ 2 Absatz 7 und Absatz 8 MBO der Bundeszahnärztekammer); darüber hinaus verbieten die Berufsordnungen der Landesapothekerkammern Absprachen, die darauf abzielen, die Auswahl der abzugebenden Arzneimittel zugunsten bestimmter Hersteller oder Händler zu beschränken, soweit hierdurch die Unabhängigkeit heilberuflicher Entscheidungen beeinträchtigt wird (vgl. etwa § 13 Absatz 1 der Berufsordnung der Bayerischen Landesapothekerkammer). Für den Bereich der gesetzlichen Krankenkassen normiert § 73 Absatz 7 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) zudem das Verbot, sich für die Zuweisung von Patienten Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile versprechen zu lassen.

§ 128 SGB V enthält Zuwendungsverbote und beschreibt Formen unzulässiger Zusammenarbeit zwischen Vertragsärzten und anderen Leistungserbringern mit Blick auf die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln. Mit seiner Zulassung ist der Vertragsarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet; damit sind für ihn auch die genannten Vorschriften verbindlich.

Auch die betroffenen Branchen und Berufsgruppen haben in den letzten Jahren anerkennenswerte Initiativen zur Selbstregulierung ergriffen, die lauteres Verhalten im Gesundheitsmarkt fördern und korruptive Praktiken abwehren sollen. Dazu gehört auch das Bestreben, unzulässiger Einflussnahme durch die Schaffung von mehr Transparenz entgegenzuwirken.

Berufs- und sozialrechtliche Zuwendungsverbote und Sanktionen sowie brancheninterne Initiativen zur Prävention und Bekämpfung korruptiven Verhaltens machen eine strafrechtliche Regelung allerdings nicht entbehrlich.

Sozial- und berufsrechtliche Regelungen tragen dem Unwert von korruptivem Verhalten im Gesundheitswesen nicht ausreichend Rechnung. Die darin vorgesehenen Sanktionen bleiben mit ihrem Unwerturteil hinter strafrechtlichen Verurteilungen zurück und vermögen nicht in gleicher Weise wie eine Kriminalstrafe die sozialethische Verwerflichkeit von Korruption zu erfassen und zu kompensieren (Braun, MedR 2013, S. 277, 280 ff.). Dies gilt erst recht für die Sanktionierung von Verstößen gegen Verhaltenskodizes der betroffenen Branchen.

Berufsrechtliche Sanktionen gelten zudem immer nur für die jeweiligen Berufsträger. Die Berufskammern können korruptives Verhalten, das von anderen ausgeht, nicht verfolgen und müssen daher insbesondere das Anbieten, Versprechen und Gewähren von unzulässigen Vorteilen durch Nicht-Berufsträger ungeahndet lassen.

Sozialrechtliche Regelungen sind ihrerseits nur im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung anwendbar und können damit keine lückenlose Korruptionsbekämpfung gewährleisten. Ein partieller Ansatz nur für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ist unzulänglich, da der Schutz der Rechtsgüter des lauteren Wettbewerbs und des Vertrauens in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen nicht von der Mitgliedschaft des Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung abhängig gemacht werden kann.

Schließlich mangelt es im Berufs- und Sozialrecht auch an den für eine wirksame Rechtsdurchsetzung erforderlichen Eingriffsbefugnissen. Drittschädigende Absprachen werden in der Regel gezielt verschleiert und lassen sich durch Ermittlungsmaßnahmen wie die Anhörung des Betroffenen und die Einholung von Sachverständigengutachten, auf die beispielsweise im berufsrechtlichen Verfahren zurückgegriffen werden kann, nicht aufklären. Auch den gesetzlichen Krankenkassen fehlt es an ausreichenden Ermittlungs- und Prüfzuständigkeiten. Mit außerstrafrechtlichen Regelungen kann korruptiven Praktiken im Gesundheitswesen damit nicht mit der nötigen Wirksamkeit begegnet werden.

II. Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs

Der Gesetzentwurf sieht die Einführung neuer Straftatbestänr Bestechlichkeit im Gesundheitswesen und der Bestechung im Gesundheitswesen (§§ 299a, 299b StGB) vor. Darüber hinaus wird die Anwendbarkeit des § 300 StGB, der eine Strafrahmenverschiebung für besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr enthält, auch auf die Tatbestänr Bestechlichkeit im Gesundheitswesen und der Bestechung im Gesundheitswesen erstreckt. Zudem ist eine relative Antragspflicht, die für § 299 StGB bereits gilt, auch für die Verfolgung von Taten nach den §§ 299a und 299b StGB vorgesehen. Antragsberechtigt sollen für sämtliche Tatbestände die Verletzten der Tat sein. Die weiteren Antragsberechtigten für § 299 StGB sind in der neu eingefügten Nummer 1 geregelt. Die weiteren Antragsberechtigten für die §§ 299a und 299b StGB finden sich in der neu eingefügten Nummer 2. Die bisherige Regelung zur Vermögensstrafe und zum erweiterten Verfall in § 302 StGB wird durch die Streichung der Bezugnahme auf die Vermögensstrafe der aktuellen Rechtslage angepasst und ebenfalls auf die neuen Vorschriften der §§ 299a und 299b StGB erstreckt. Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf Änderungen für das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch und damit für das Recht der gesetzlichen Krankenkassen. Die Zusammenarbeit der nach § 81a SGB V und § 197a SGB V bei den Kassenärztlichen Vereinigungen, Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie bei den Krankenkassen und beim Spitzenverband Bund der Krankenkassen einzurichtenden Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen soll insbesondere durch die Institutionalisierung eines Erfahrungsaustausches sowie durch die Einführung von Berichtspflichten verstärkt werden. In § 307 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c SGB V wird zudem eine rechtstechnisch notwendige Verweisung auf § 202 SGB V vorgenommen.

III. Alternativen

Keine.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 (Strafrecht) und Nummer 12 (Sozialversicherung) des Grundgesetzes.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.

VI. Gesetzesfolgen

1. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Er dient der Verbesserung der Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen und damit der Bekämpfung von Kriminalität (Nachhaltigkeitsindikator 15). Darüber hinaus dient er auch dem Ziel einer qualitativ hochwertigen und gleichermaßen kostengünstigen Versorgung (vgl. Bundesregierung, Perspektiven für Deutschland - Unsere Strategie für eine nachhaltige Entwicklung, S. 25). Wegen der erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Gesundheitswesens ist korruptiven Praktiken in diesem Bereich auch mit den Mitteln des Strafrechts entgegenzutreten.

2. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand sind nicht zu erwarten.

3. Erfüllungsaufwand

a) Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

b) Wirtschaft

Für die Wirtschaft entstehen durch dieses Gesetz bei normgerechtem Verhalten keine Kosten. Das Gesetz zielt auf eine effektive Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen ab und kann dazu beitragen, dass Schäden und damit auch Kosten für die Wirtschaft vermieden werden.

c) Verwaltung
aa) Erfüllungsaufwand für Bund und Länder

Für Bund und Länder entsteht kein Erfüllungsaufwand.

bb) Erfüllungsaufwand für die Kranken- und Pflegekassen

Den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und dem GKV-Spitzenverband entsteht ein einmaliger und ein wiederkehrender Erfüllungsaufwand durch die Organisation eines regelmäßigen Erfahrungsaustausches mit den Stellen zur Fehlverhaltensbekämpfung, durch den Erlass von Bestimmungen über die Organisation und die Tätigkeit dieser Stellen sowie durch die Zusammenführung und Abgleichung der Berichte ihrer Mitglieder über Fehlverhaltensbekämpfung. Den Kranken- und Pflegekassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen kann bei der Erstellung ihrer Berichte zur Fehlverhaltensbekämpfung je nach Ausgestaltung der Vorgaben hierfür ein Erfüllungsaufwand entstehen. Da die Ausgestaltung dieser Tätigkeiten der Selbstverwaltung übertragen ist, ist die Höhe des Erfüllungsaufwands nicht sicher quantifizierbar. Bei der Bemessung des Aufwands dürfte ins Gewicht fallen, dass der nunmehr gesetzlich geregelte jährliche Erfahrungsaustausch bereits auf freiwilliger Basis in einem eineinhalb bis zweijährigen Turnus stattgefunden hat. Zusätzlicher Mehraufwand dürfte sich insbesondere durch die Erweiterung des Kreises der Beteiligten und den dadurch bedingten höhren Organisiationsaufwand sowie die Erweiterung der Berichtspflichten ergeben.

4. Weitere Kosten

Für den Bund entstehen allenfalls in geringem Umfang Mehrausgaben. Etwaiger Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln kann innerhalb der vorhandenen Kapazitäten und der verfügbaren Mittel aufgefangen werden und soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan 07 (Einzelplan des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz) ausgeglichen werden.

Durch die Einführung der neuen Straftatbestände können den Länderhaushalten Verfahrens- und Vollzugskosten entstehen, deren Höhe vom tatsächlichen Fallaufkommen abhängen wird. Laut dem Bundeslagebild Korruption des Bundeskriminalamts von 2011 wurden im damaligen Berichtszeitraum insgesamt 3 432 Tatverdächtige auf "Nehmerseite" registriert. Auf das Gesundheitswesen entfallen dabei 8,3 Prozent; im Jahr 2012 betrug der Anteil 6,2 Prozent bei insgesamt 1 422 Tatverdächtigen. Nachdem der Große Senat des Bundesgerichtshofs 2012 entschieden hat, dass die geltenden Korruptionstatbestäns Strafgesetzbuches auf Vertragsärzte nicht anwendbar sind, wird das Gesundheitswesen seit 2013 im Bundeslagebild Korruption nicht mehr gesondert ausgewiesen. Ausgehend von den für das Jahr 2011 vorliegenden Zahlen ist von einer Zunahme des Vollzugsaufwands für die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte der Länder und von einer Mehrbelastung für die Länderhaushalte auszugehen. Die bundesweite Fallzahl wird sich voraussichtlich im niedrigen dreistelligen Bereich bewegen. Die Strafverfolgungsstatistik des Statistischen Bundesamts wird die Straftatbestänr §§ 299a, 299b StGB nach deren Inkrafttreten gesondert ausweisen. Darüber hinaus entstehen Mehrausgaben durch die Ergänzungen des SGB V, durch die insbesondere ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen unter Einbeziehung der Staatsanwaltschaften etabliert werden soll. Bei der Bemessung des daraus entstehenden Aufwands ist zu berücksichtigen, dass einige Staatsanwaltschaften bereits an den auf freiwilliger Basis veranstalteten Erfahrungsaustausch beteiligt waren, so dass die daraus entstehenden Mehrausgaben jedenfalls nicht erheblich ins Gewicht fallen dürften. Hinzukommt, dass die Durchführung und Organisation des Erfahrungsaustausches den kassenärztlichen Bundesvereinigungen bzw. dem GKVSpitzenverband obliegt und eine Beteiligung der Staatsanwaltschaften hieran nicht vorgesehen ist.

5. Weitere Gesetzesfolgen

Der Gesetzentwurf hat keine erkennbaren gleichstellungspolitischen Auswirkungen. Weibliche und männliche Personen sind von den Vorschriften des Entwurfs in gleicher Weise betroffen.

Ebenso sind keine verbraucherpolitischen und demografischen Auswirkungen ersichtlich.

VII. Befristung; Evaluierung

Eine Befristung der neuen Regelungen erfolgt nicht; eine Evaluierung ist derzeit nicht vorgesehen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen zur Einfügung von § 299a und § 299b StGB sowie zu den Änderungen der §§ 300, 301 und 302 StGB.

Zu Nummer 2 (Einfügung der §§ 299a und 299b und Änderung der §§ 300 bis 302 StGB)

Zu § 299a StGB (Bestechlichkeit im Gesundheitswesen)

Die Vorschrift führt den Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen ein. Er bezieht alle Heilberufsgruppen ein, die für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordern, und gilt für Sachverhalte sowohl innerhalb als auch außerhalb des Bereichs der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Gesetzentwurf lehnt sich an den der Diskontinuität anheimgefallenen Gesetzentwurf des Bundesrates eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen aus der 17. Legislaturperiode an (Bundestagsdrucksache 17/14575).

Der vorgeschlagene Straftatbestand zieht die Konsequenz aus der erhöhten Korruptionsanfälligkeit des Gesundheitswesens und der besonderen Schutzwürdigkeit des Wettbewerbs im Gesundheitswesen und des Vertrauens in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen. Das geltende Korruptionsstrafrecht kann strafwürdige korruptive Praktiken im Gesundheitswesen nur punktuell erfassen. Diese Regelungslücke wird mit der Vorschrift geschlossen.

Der neue Straftatbestand soll im Sechsundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches (Straftaten gegen den Wettbewerb) verortet werden. Die in diesem Abschnitt enthaltenen Straftatbestände schützen primär den wettbewerbsrechtlich strukturierten Ordnungsmechanismus. Diesen Schutzzweck verfolgen insbesondere auch die Tatbestandsvarianten des Absatzes 1 Nummer 1, die Zuwendungen als Gegenleistung für eine Bevorzugung in unlauterer Weise im inländischen oder ausländischen Wettbewerb unter Strafe stellen. Für die Einordnung in diesen Abschnitt spricht zudem, dass der vorgeschlagene Straftatbestand der Vorschrift des § 299 StGB nachgebildet ist. Dass die Neuregelung mit dem Schutz des Vertrauens der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen auch noch andere Rechtsgüter sichern soll, steht einer Verortung im Abschnitt über die Straftaten gegen den Wettbewerb nicht entgegen. Eine Verortung im Dreißigsten Abschnitt des Strafgesetzbuches (Straftaten im Amt) kommt nicht in Betracht, da es sich bei den Mitgliedern der erfassten Berufsgruppen in der Regel nicht um Amtsträger handelt.

Soweit eine als Gegenleistung für den Vorteil vorgenommene pflichtwidrige Handlung weitere Straftatbestände erfüllt, wie beispielsweise Untreue, Betrug oder Körperverletzung, können zur Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses zwischen dem Tatbestand des neuen § 299a StGB und den mitverwirklichten anderen Straftatbeständen die zu den §§ 299, 331 ff. StGB entwickelten Grundsätze herangezogen werden.

Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den Korruptionsstraftatbeständen der §§ 331 ff. StGB und dem neuen § 299a StGB kann auf die von der Rechtsprechung zu § 299 StGB und die zu den §§ 331 ff. StGB entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 1994, 1 StR 792/93). Erfüllt der Täter sowohl den Tatbestand des § 299 StGB als auch den Tatbestand des neuen § 299a StGB, ist wegen der teilweise unterschiedlichen Schutzrichtung der beiden Normen regelmäßig Tateinheit anzunehmen.

Zu Absatz 1

Der Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen soll gewährleisten, dass heilberufliche Verordnungs-, Abgabe- und Zuführungsentscheidungen frei von unzulässiger Einflussnahme getroffen werden. Die in § 299a StGB geregelte Strafbarkeit der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen soll daher nicht nur für Ärzte gelten, sondern für sämtliche Angehörige von Heilberufen, die für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordern. Die Abgrenzung des Kreises möglicher Täter folgt der in § 203 Absatz 1 Nummer 1 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) vorgesehenen Regelung. Normadressaten sind sowohl die akademischen Heilberufe, deren Ausübung eine durch Gesetz und Approbations(ver-)ordnung geregelte Ausbildung voraussetzt (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und Apotheker), als auch die sogenannten Gesundheitsfachberufe wie z.B. Gesundheits- und Krankenpfleger, Ergotherapeuten, Logopäden und Physiotherapeuten, deren Ausbildung ebenfalls gesetzlich geregelt ist.

Eine Begrenzung des Täterkreises auf akademische Heilberufsgruppen soll nicht erfolgen. Zwar sind nichtakademische Heilberufsgruppen nicht in demselben Maß wie Ärzte und Apotheker in die Ausgabenverteilung im Gesundheitswesen eingebunden. Sie haben insbesondere für andere Leistungserbringer nicht dieselbe wirtschaftliche Bedeutung wie diese. Das generelle Risiko unlauterer Einflussnahme auf Entscheidungen nichtakademischer Heilberufsgruppen dürfte daher etwas weniger schwer wiegen. Hieraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass korruptive Einflussnahmen auf Angehörige nichtakademischer Heilberufsgruppen und korruptiv beeinflusste Verhaltensweisen im Bereich der nichtärztlichen Gesundheitsversorgung weniger strafwürdig sind.

Vielmehr sind die von nichtakademischen Heilberufsgruppen zu treffenden Entscheidungen und zu erbringenden Leistungen für die Patienten und damit für die Gesundheitsversorgung insgesamt in gleicher Weise wichtig und notwendig. Bei Gesundheitsfachberufen kann es insbesondere zu korruptiven Absprachen kommen, die die Weiterverweisung von Patienten an andere Leistungserbringer zum Gegenstand haben, mit der Folge, dass andere Leistungserbringer, die sich nicht auf solche Praktiken einlassen, im Wettbewerb benachteiligt werden und sich Patienten nicht mehr darauf verlassen können, dass die Entscheidung ausschließlich medizinischen Erwägungen folgt und dem Patientenwohl dient. Es ist daher auch für diese Leistungen mit den Mitteln des Strafrechts sicherzustellen, dass sie wettbewerbskonform und frei von unzulässiger Einflussnahme erbracht werden. Dies gilt umso mehr, als jedenfalls im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung eine Übertragung ärztlicher Aufgaben auf nichtärztliche Heilberufsgruppen zu beobachten ist (vgl. § 63 Absatz 3c SGB V) und mit einer Ausklammerung dieser Heilsberufsgruppen Schutzlücken entstehen würden.

Der Tatbestand der Bestechlichkeit nach Absatz 1 erfasst das Fordern, SichVersprechen-Lassen oder Annehmen eines Vorteils und entspricht den Tatbestandsvarianten des § 299 Absatz 1 StGB. Auf die hierzu entwickelten Auslegungsgrundsätze kann zurückgegriffen werden. Danach verlangen das Sich-Versprechen-Lassen und das Annehmen eine Übereinkunft von Geber und Nehmer, während im Fall des Forderns eine von nur einer Seite intendierte Vereinbarung ausreicht (Fischer, StGB, 62. Auflage, § 299 Rn. 17). Der Tatbestand des Forderns ist auch dann erfüllt, wenn das damit verbundene Ansinnen erfolglos bleiben sollte.

Unter den Tatbestand fallen sämtliche Vorteile, unabhängig davon, ob es sich um materielle oder immaterielle Zuwendungen handelt und ob es sich um einen Vorteil für den Täter oder einen Dritten handelt. Zur Auslegung des Vorteilsbegriffs kann auf die zu § 299 StGB und §§ 331 ff. StGB entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Danach deckt der Vorteilsbegriff jede Zuwendung ab, auf die der Täter keinen Rechtsanspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Lage objektiv verbessert (BGH, Urteil vom 11. April 2001, 3 StR 503/00).

Das Tatbestandsmerkmal entspricht damit weitgehend dem Vorteilsbegriff der §§ 31, 32 MBO, der ebenfalls jede Leistung des Zuwendenden erfasst, auf die der Empfänger keinen durch eine Gegenleistung gedeckten Anspruch hat und die ihn materiell oder auch immateriell in seiner wirtschaftlichen Lage objektiv besser stellt (Scholz, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, § 31 MBO, Rn. 5, § 32 MBO Rn. 2). Der Straftatbestand des neuen § 299a StGB geht darüber nur insoweit hinaus als auch immaterielle Vorteile, beispielsweise Ehrungen und Ehrenämter (vgl. Fischer, StGB, 62. Auflage, § 331 Rn. 11 e), einbezogen werden; hinsichtlich der materiellen Vorteile sind die Vorteilsbegriffe identisch.

Eine Geringwertigkeits- oder Bagatellgrenze soll ebenso wenig wie bei § 299 StGB und den §§ 331 ff. StGB vorgesehen werden. Wo es aber, wie bei geringfügigen und allgemein üblichen Werbegeschenken oder bei kleineren Präsenten von Patienten, an einer objektiven Eignung fehlt, konkrete heilberufliche Entscheidungen zu beeinflussen, ist ebenso wie bei § 299 StGB von einer sozialadäquaten Zuwendung auszugehen, die den Tatbestand der Vorschrift nicht erfüllt (vgl. Krick, in Münchner Kommentar, 2. Auflage, § 299 StGB, Rn. 29). Nicht sozialadäquat sind Vorteile, deren Annahme den Eindruck erweckt, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird, und die damit bereits berufsrechtlich unzulässig sind (§ 32 MBO). Bei Geschenken von Patienten als Dank für eine erfolgreiche Behandlung handelt es sich um nachträgliche Zuwendungen, die ohnehin nicht vom Tatbestand erfasst sind.

Zu den Vorteilen können grundsätzlich - ebenso wie bei § 31 MBO - auch Einladungen zu Kongressen, die Übernahme der Kosten von Fortbildungsveranstaltungen (siehe hierzu beispielsweise. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2002, 1 StR 541/01) oder die Einräumung von Vermögens- oder Gewinnbeteiligungen (Scholz, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, § 31 MBO, Rn. 6) zählen. Ein Vorteil kann zudem grundsätzlich auch im Abschluss eines Vertrages liegen, der Leistungen an den Täter zur Folge hat, und zwar selbst dann, wenn diese nur das angemessene Entgelt für die von ihm selbst aufgrund des Vertrags geschuldeten Leistungen sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983, 4 StR 375/82). Demnach kann auch in der Verschaffung von Verdienstmöglichkeiten, die beispielsweise in der Teilnahme an einer vergüteten Anwendungsbeobachtung und im Abschluss eines Behandlungsvertrags zu sehen sind, ein Vorteil liegen.

Das bloße Annehmen eines Vorteils ist zur Tatbestandsverwirklichung allerdings nicht ausreichend. Der Täter muss den Vorteil vielmehr als Gegenleistung für eine zumindest intendierte unlautere Bevorzugung im Wettbewerb oder für einen ebenfalls zumindest intendierten Verstoß gegen seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung seiner heilberuflichen Unabhängigkeit fordern, sich versprechen lassen oder annehmen. Die damit vorausgesetzte inhaltliche Verknüpfung von Vorteil und Gegenleistung, die gemeinhin als Unrechtsvereinbarung bezeichnet wird, ist sämtlichen Korruptionstatbeständen des Strafgesetzbuches immanent und begründet die besondere Strafwürdigkeit von Korruption.

An die nach § 299a StGB vorausgesetzte Unrechtsvereinbarung werden damit besondere Anforderungen gestellt. Nicht ausreichend ist es, dass mit der Zuwendung nur das allgemeine "Wohlwollen" des Nehmers erkauft werden soll oder sie als Belohnung für eine bereits erfolgte Handlung gedacht ist. Die in den Amtsträgerdelikten der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung (§§ 331, 333 StGB) vorgesehene Lockerung der Unrechtsvereinbarung findet damit in dem neuen Straftatbestand keine Entsprechung. Heranzuziehen sind vielmehr die zur Unrechtsvereinbarung bei der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) entwickelten Grundsätze (vgl. Krick, in Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 299 StGB Rn. 24 f.; Rönnau, in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Auflage, S. 307 f.).

Die Gewährung von Vorteilen, die ihren Grund ausschließlich in der Behandlung von Patienten oder anderen heilberuflichen Leistungen finden, kann den Tatbestand nicht erfüllen. Davon zu unterscheiden ist allerdings der Fall, dass eine Verdienstmöglichkeit, etwa durch Zuweisung eines Patienten, verschafft wird, und darin eine verabredete Gegenleistung für eine vorausgegangene Zuweisung seitens des Vorteilsnehmers liegt. Darin ist ein Verstoß gegen das berufsrechtliche Verbot der Zuweisung gegen Entgelt zu sehen, das durch eine berufsrechtliche Zusammenarbeit gerade nicht umgangen werden darf (§ 18 MBO).

Soweit Verdienstmöglichkeiten im Rahmen der beruflichen Zusammenarbeit eingeräumt werden, ist zu berücksichtigen, dass die berufliche Zusammenarbeit gesundheitspolitisch grundsätzlich gewollt ist und auch im Interesse des Patienten liegt (vgl. Halbe, Moderne Versorgungsstrukturen: Kooperation oder Korruption?, MedR 2015, 168), so etwa Kooperationsvereinbarungen über die Durchführung von vor- und nachstationären Behandlungen (§ 115a SGB V), über die Durchführung ambulanter Behandlungen (§ 115b SGB V) und über die Durchführung ambulanter spezialfachärztlicher Versorgung (§ 116b SGB V) sowie die in den §§ 140a SGB V ff. geregelte sektorenübergreifende Versorgungsform (integrierte Versorgung), bei der Leistungserbringer aus verschiedenen Versorgungsbereichen (beispielsweise Arzt und Krankenhaus) bei der Behandlung von Patienten miteinander kooperieren. Die Gewährung angemessener Entgelte für die in diesem Rahmen erbrachten heilberuflichen Leistungen und dementsprechend die Verschaffung entsprechender Verdienstmöglichkeiten sind zulässig; dies gilt beispielsweise bei einem angemessenen Entgelt für eine ambulante Operation in einem Krankenhaus durch einen niedergelassenen Vertragsarzt nach § 115b Absatz 1 Satz 4 SGB V, der den Patienten dem Krankenhaus zuvor zugewiesen hat (zur Vereinbarkeit mit dem sozialrechtlichen Verbot von Zuweisungsprämien, Nebendahl, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage 2014, § 73 SGB V, Rn. 20). Ohne Hinzutreten weiterer Umstände kann die Honorierung heilberuflicher Leistungen im Rahmen zulässiger beruflicher Zusammenarbeit grundsätzlich nicht den Verdacht begründen, dass die Einräumung der zugrundeliegenden Verdienstmöglichkeit als Gegenleistung für die Zuweisung des Patienten erfolgen soll und eine Unrechtsvereinbarung vorliegt. Etwas anderes gilt, wenn festgestellt wird, dass das Entgelt nicht entsprechend dem Wert der erbrachten heilberuflichen Leistung in wirtschaftlich angemessener Höhe nachvollziehbar festgelegt worden ist und es eine verdeckte "Zuweiserprämie" enthält (vgl. Nebendahl, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage 2014, § 73 SGB V, Rn. 20).

Ebenso wenig kann ohne das Hinzutreten weiterer Umstände aus dem Vorliegen von auch wechselseitigen Zuweisungen auf ein konkludent verabredetes Gegenleistungsverhältnis zwischen den Zuweisungen und damit auf eine Unrechtsvereinbarung geschlossen werden.

Auch die bloße Teilnahme an einer vergüteten Anwendungsbeobachtung kann den Straftatbestand des § 299a StGB nicht erfüllen. Anwendungsbeobachtungen sind Untersuchungen, die dazu bestimmt sind, Erkenntnisse bei der Anwendung verkehrsfähiger Arzneimittel zu sammeln ( § 67 Absatz 6 AMG; Wigge/Wille in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auflage, § 19 Rn. 72). Sie sind forschungs- und gesundheitspolitisch wünschenswert, sofern sie nicht dem reinen Marketing dienen und ihre Ergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden. Ärzte dürfen sich ihren zusätzlichen Aufwand für die Teilnahme an der Anwendungsbeobachtung ersetzen lassen. Solche Entschädigungen sind nach ihrer Art und Höhe so zu bemessen, dass kein Anreiz für eine bevorzugte Verschreibung oder Empfehlung bestimmter Arzneimittel entsteht (§ 67 Absatz 6 Satz 3 AMG). Straflosigkeit besteht freilich nicht, wenn die Anwendungsbeobachtung Bestandteil einer Unrechtsvereinbarung ist und die vorgesehene Vergütung den teilnehmenden Arzt nicht für seinen zusätzlichen Aufwand entschädigt, sondern ihm tatsächlich als Bestechungsgeld für die bevorzugte Verordnung bestimmter Präparate und damit für eine unlautere Bevorzugung des Vorteilsgebers gewährt wird. Anhaltspunkte für eine strafbare Unrechtsvereinbarung können sich insbesondere daraus ergeben, dass der Entschädigung keine erkennbare ärztliche Gegenleistung gegenübersteht oder die Entschädigung den geleisteten Aufwand deutlich übersteigt. In der Vergangenheit haben sich gerade vertragliche Vereinbarungen über die Durchführung von Anwendungsbeobachtungen als Möglichkeit für eine korruptive Einflussnahme auf das Verschreibungsverhalten von Ärzten erwiesen.

Die Beteiligung an einem Unternehmen im Gesundheitswesen kann ebenfalls zu Zuwendungen von Vorteilen im Sinne von § 299a StGB führen. Eine unzulässige und strafbare Verknüpfung zwischen Unternehmensbeteiligung und medizinischen Entscheidungen kann vorliegen, wenn ein Arzt einem Unternehmen, an dem er selbst beteiligt ist, einen Patienten zuführt und er für die Zuführung des Patienten wirtschaftliche Vorteile, etwa eine Gewinnbeteiligung, erhält (vgl. Scholz, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage 2014, § 31 MBO, Rn. 6). Solche Abreden benachteiligen Unternehmen, die keine Beteiligungen anbieten. Auch Patienten können sich in solchen Fällen nicht darauf verlassen, dass die ärztliche Empfehlung alleine aufgrund medizinischer Erwägungen getroffen wurde. Die vom BGH in seiner wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011, I ZR 111/08) hierzu aufgestellten Grundsätze können auch bei Anwendung von § 299a StGB herangezogen werden. Vereinbarungen, nach denen die Gewinnbeteiligung oder sonstige Vorteile des Arztes unmittelbar von der Zahl seiner Verweisungen oder dem damit erzielten Umsatz abhängen, sind danach stets unzulässig. Ist der Arzt nur mittelbar, insbesondere über allgemeine Gewinnausschüttungen am Erfolg eines Unternehmens beteiligt, kommt es für die Zulässigkeit der Beteiligung darauf an, ob er bei objektiver Betrachtung durch seine Patientenzuführung einen spürbaren Einfluss auf den Ertrag aus seiner Beteiligung nehmen kann.

Dieselben Gesichtspunkte sind bei der Zuweisung von Untersuchungsmaterial zur Durchführung von Laboruntersuchungen zu beachten. Ärzte und Zahnärzte sind aus dem Berufsrecht gehalten, die Entscheidung darüber, an wen sie einen Patienten verweisen oder wem sie Untersuchungsmaterial zur Laboruntersuchung überlassen, allein nach ärztlichen Gesichtspunkten mit Blick auf das Patienteninteresse zu treffen (BGH, Urteil vom 21 April 2005, I ZR 201/02 und BGH, Urteil vom 23. Februar 2012, I ZR 231/10). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 11 MBO der Bundeszahnärztekammer, der es Zahnärzten ausdrücklich erlaubt, ein eigenes Labor zu betreiben oder sich mit anderen zu Laborgemeinschaften zusammenzuschließen (BGH, Urteil vom 23. Februar 2012, I ZR 231/10). Es ist daher berufsrechtswidrig, einen Arzt oder einen Zahnarzt durch die Gewährung oder das Inaussichtstellen eines Vorteils zu veranlassen, diese Interessenwahrungspflicht zu verletzen. Vereinbarungen, nach denen Vorteile, beispielsweise in Form einer Gewinnbeteiligung, dafür gewährt werden, dass sich ein Arzt oder Zahnarzt zur Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial an ein bestimmtes Labor verpflichtet, sind daher berufsrechtlich unzulässig und können künftig auch strafbar sein.

Etwas anderes gilt für Fälle, in denen Ärzte eigene Labore betreiben und Laborleistungen selbst erbringen. Ob in solchen Fällen überhaupt eine tatbestandlich vorausgesetzte Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial vorliegt, ist im Einzelfall zu prüfen. Jedenfalls kann ein Angebot zur Durchführung solcher Laborleistungen zu besonders günstigen Konditionen nur dann zu einer unlauteren Bevorzugung führen, wenn das Angebot rechtlich oder faktisch an eine andere Zuführungsentscheidung gekoppelt ist (BGH, Urteil vom 21. April 2005, I ZR 201/02).

Bonuszahlungen auf sozialrechtlicher Grundlage (vgl. beispielsweise § 84 Absatz 4 SGB V) stellen ebenfalls einen Vorteil dar. Entsprechende Vereinbarungen, die den Vertragsarzt gemäß den gesetzlichen Vorgaben zu einem wirtschaftlichen Verordnungsverhalten in dem Sinne veranlassen sollen, dass unter mehreren Arzneimittel, die im Einzelfall für den Patienten in ähnlicher Weise geeignet sind, nach Möglichkeit das preisgünstigste Präparat verordnet wird (vgl. Bundesärztekammer, Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit - Umgang mit der Ökonomisierung des Gesundheitswesens - Hinweise und Erläuterungen, Deutsches Ärzteblatt 2007, S. 1607, 1608), dienen sowohl dem wirtschaftlichen Wettbewerb als auch den Interessen des Patienten bzw. der gesetzlichen Krankenversicherung und erfüllen den Tatbestand nicht. Sie sind berufsrechtlich zulässig, wenn dem Arzt die Möglichkeit erhalten bleibt, aus medizinischen Gründen eine andere als die mit finanziellen Anreizen verbundene Entscheidung zu treffen (§ 32 Absatz 1 Satz 2 MBO), und werden nicht für eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb oder eine Verletzung der Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit gewährt, sondern für eine wirtschaftliche Verordnungsweise und eine sinnvolle Mittelallokation (Scholz, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, § 32 MBO, Rn. 7; zur Vereinbarkeit mit dem sozialrechtlichen Verbot von Zuweisungsprämien siehe Bundestagsdrucksache 17/6906, S. 56). Es fehlt damit an einer tatbestandlich vorausgesetzten inhaltlichen Verknüpfung zwischen Vorteil und Verordnungsentscheidung.

Zuwendungen für eine in der Vergangenheit liegende Bevorzugung erfüllen den Tatbestand nicht, es sei denn, der Zuwendung liegt eine vorausgegangene Unrechtsvereinbarung zugrunde und der Täter hat sich den Vorteil bereits vorab versprechen lassen (vgl. Fischer, StGB, 62. Auflage, § 299 Rn. 13).

Die Bevorzugung muss bei der Abgabe oder der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial erfolgen. Die Begrifflichkeiten stammen überwiegend aus den Berufsordnungen der betroffenen Berufsgruppen (vgl. beispielsweise § 31 MBO) sowie dem Sozial- und Medizinrecht. So sind Arzneimittel im Arzneimittelgesetz und Medizinprodukte im Medizinproduktegesetz (MPG) definiert ( § 2 AMG, § 3 MPG). Die Begriffe "Heil- und Hilfsmittel" sind den §§ 32 und 33 SGB V entnommen. Auch insoweit gilt, dass auf die in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Begriffsbestimmungen zurückgegriffen werden kann. Der Begriff des Heilmittels soll danach ärztlich verordnete Dienstleistungen erfassen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildetem Personal erbracht werden dürfen. Hierunter fallen insbesondere Maßnahmen der physikalischen Therapie, der podologischen Therapie, der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie sowie Maßnahmen der Ergotherapie (vgl. Wabnitz, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, § 32 SGB V, Rn. 4). Hilfsmittel sind sächliche Mittel, die durch ersetzende, unterstützende oder entlastende Wirkung den Erfolg der Krankenbehandlung sichern, eine Behinderung ausgleichen oder ihr vorbeugen (Wabnitz, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, § 33 SGB V, Rn. 2). Mit den Tatbestandsmerkmalen des Bezugs, der Abgabe und der Verordnung von Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln und Medizinprodukten sollen sämtliche Verhaltensweisen erfasst werden, durch die sich die in Absatz 1 genannten Berufsgruppen diese Mittel verschaffen oder durch die diese Mittel Patienten zugänglich gemacht werden.

Der Begriff der Verordnung meint die Verschreibung von Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln und Medizinprodukten zugunsten von Patienten, unabhängig davon, ob für das verschriebene Mittel oder Produkt eine Verschreibungspflicht besteht. Ebenfalls erfasst sind Tätigkeiten, die mit dem Verordnen in einem engen inneren Zusammenhang stehen, wie beispielsweise die Übersendung der Verordnung an einen anderen Leistungserbringer.

Die Abgabe soll jede Form der Übergabe an Patienten, einschließlich der Verabreichung, erfassen.

Der Begriff der Zuführung entspricht inhaltlich dem sozial- und berufsrechtlichen Zuweisungsbegriff (§ 73 Absatz 7 SGB V, § 31 MBO).

Zu verstehen ist darunter jede Einwirkung auf den Patienten mit der Absicht, dessen Auswahl eines Arztes oder eines anderen Leistungserbringers zu beeinflussen. Erfasst werden danach Zuweisungen und Überweisungen sowie Verweisungen und Empfehlungen (Scholz, in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, § 31 MBO, Rn. 3; BGH, Urteil vom 13. Januar 2011, I ZR 111/08). Mit der Verwendung des Begriffes "Zuführung" anstelle von "Zuweisung" soll deutlich gemacht werden, dass es auf die Form der Einwirkung auf den Patienten nicht ankommt. Auch mündliche und unverbindliche Empfehlungen sind erfasst. Unter den Begriff fallen auch Patientenzuführungen im Rahmen vertraglicher Kooperationen wie beispielsweise Berufsausübungsgemeinschaften. Mit der Zuführung von Untersuchungsmaterial ist insbesondere die Weiterleitung von Proben zur Durchführung von Laboruntersuchungen gemeint.

Vom Tatbestand werden nur solche heilberuflichen Handlungen erfasst, die "im Zusammenhang mit der Ausübung dieses Berufs" erfolgen. Private Handlungen, die außerhalb der beruflichen Tätigkeit erbracht werden, bleiben von der Strafbarkeit ausgenommen.

Der Vorteilsnehmer muss anders als bei dem Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) nicht in einem Angestellten- oder Beauftragtenverhältnis stehen. Regelmäßig wird die von der Unrechtsvereinbarung erfasste unlautere Bevorzugung bei der Abgabe, der Verordnung oder der Zuführung aber im Rahmen eines vertraglichen Verhältnisses zum Patienten erfolgen.

Durch Absatz 1 Nummer 1 werden Zuwendungen erfasst, die für eine unlautere Bevorzugung im in- oder ausländischen Wettbewerb erfolgen. Ebenso wie bei § 299 StGB handelt es sich bei dem neuen Tatbestand um ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Nicht erforderlich ist daher, dass die Bevorzugung tatsächlich erfolgt. Vielmehr reicht es aus, dass sie Gegenstand der (zumindest angestrebten) Unrechtsvereinbarung ist (vgl. Rönnau, in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Auflage, S. 312).

Das Tatbestandsmerkmal der unlauteren Bevorzugung entspricht der Regelung des § 299 Absatz 1 und 3 StGB, sodass auf die dazu entwickelten Auslegungsgrundsätze zurückgegriffen werden kann. Danach bedeutet Bevorzugung die sachfremde Entscheidung zwischen mindestens zwei Bewerbern, setzt also Wettbewerb und Benachteiligung eines Konkurrenten voraus (BGH, Urteil vom 18. Juni 2003, 5 StR 489/02). An einer Wettbewerbslage kann es fehlen, wenn ein Unternehmen eine Monopolstellung inne hat (Schönke/Schröder/Heine/Eisele, StGB, 29. Auflage, § 299 Rn. 23).

Eine Bevorzugung ist unlauter, wenn sie geeignet ist, Mitbewerber durch die Umgehung der Regelungen des Wettbewerbs und durch Ausschaltung der Konkurrenz zu schädigen (vgl. Fischer, StGB, 62. Auflage, § 299, Rn. 16). Auf die zu § 299 StGB entwickelten Auslegungsgrundsätze kann zurückgegriffen werden. An der Unlauterkeit fehlt es insbesondere dann, wenn die Bevorzugung berufsrechtlich zulässig ist, sofern in diesen Fällen nicht ohnehin bereits der erforderliche Zusammenhang zwischen Vorteil und heilberuflicher Handlung zu verneinen ist und der Zuwendung damit keine Unrechtsvereinbarung zugrunde liegt.

Die Tatbestandsvariante des § 299a Absatz 1 Nummer 2 StGB erfasst Vorteile, die dafür erfolgen, dass ein Heilberufsangehöriger seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletzt. Die Vorschrift soll zur Anwendung kommen, wenn es wegen eines Monopols an einer Wettbewerbslage fehlt und soweit etwa bei Bestechungszahlungen für medizinisch nicht indizierte Verordnungen nicht von einer Bevorzugung im Sinne einer Entscheidung zwischen mehreren Wettbewerbern, sondern von einem außerhalb des Wettbewerbs liegenden rechtswidrigen Handeln auszugehen sein sollte (vgl. Schönke/Schröder/Heine/Eisele, StGB, 29. Auflage, § 299 Rn. 6).

Ebenso wie Absatz 1 Nummer 1 ist die Tatbestandsvariante auf Vorteile beschränkt, die in Hinblick auf eine Verordnung oder Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder in Hinblick auf eine Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial zugewendet werden. Der Vorteil muss darüber hinaus Gegenleistung dafür sein, dass der Vorteilsnehmer seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletzt.

Berufsrechtliche Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit ergeben sich insbesondere aus den verbindlichen Berufsordnungen der Heilberufskammern.

Ärzte sind berufsrechtlich verpflichtet, heilberufliche Verordnungs-, Abgabe- und Zuführungsentscheidungen allein im Interesse des Patienten zu treffen und sich bei diesen nicht davon leiten zu lassen, ob ihnen bei der Verschreibung eines bestimmten Präparates oder bei der Zuführung von Patienten ein persönlicher Vorteil zufließt. Diese Pflicht ist ausdrücklich in § 31 Absatz 1 MBO geregelt, der es Ärzten verbietet, für Abgabe-, Verordnungs- und Zuweisungsentscheidungen Vorteile zu fordern, anzunehmen oder sich versprechen zu lassen. Eine Verletzung des § 31 Absatz 1 MBO liegt beispielsweise dann vor, wenn sich ein Arzt gegenüber einem Vorteilsgeber vertraglich oder in sonstiger Weise zur Verordnung bestimmter Arzneimittel oder zur Zuweisung von Patienten verpflichtet. Die ärztliche Gegenleistung besteht in diesen Fällen in einer unzulässigen Einschränkung der ärztlichen Entscheidungsfreiheit; auf die zivilrechtliche Wirksamkeit entsprechender Vereinbarungen kommt es nicht an (vgl. BGH MedR 2012, 388, 392). Unerheblich ist auch, ob es tatsächlich zu einer konkreten Benachteiligung von Patienteninteressen gekommen ist und ob die Vereinbarung gegenüber dem Patienten transparent gemacht wurde (Scholz, in Spickhoff, 2. Auflage, § 31 MBO, Rn. 1).

Vergleichbare Regelungen finden sich für Zahnärzte in § 2 Absatz 7 und 8 der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer.

Auch Apotheker sind bei der Abgabe von Arzneimitteln und der Zuführung von Patienten, unabhängig vom Bestehen einer Wettbewerbslage, berufsrechtlich gegenüber Patienten zur heilberuflichen Unabhängigkeit verpflichtet. Eine solche Verpflichtung kommt beispielsweise in dem in allen Berufsordnungen enthaltenen Gebot zur herstellerunabhängigen Beratung (vgl. beispielsweise § 7 Absatz 1 der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Berlin und § 7 Absatz 2 der Berufsordnung der Bayerischen Landesapothekerkammer) zum Ausdruck. Eine Verletzung dieser Pflicht kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass der Apotheker für die Abgabe bestimmter Arzneimittel Vorteile erhält und danach seine Beratung und Abgabe ausrichtet.

Da die heilberufliche Unabhängigkeit dem Schutz des Patienten dient (vgl. Scholz in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, § 30 MBO, Rn. 1), sind Vorteilszuwendungen nicht vom Tatbestand umfasst, mit denen ein Patient eine heilberufliche Entscheidung zu beeinflussen sucht, etwa um eine ärztlich nicht mehr vertretbare Behandlung im Bereich der "wunscherfüllenden Medizin" oder eine berufsrechtlich unzulässige ärztliche Hilfe zur Selbsttötung zu erlangen.

Darüber hinaus führen auch bloße Verstöße gegen berufsrechtliche Verbote der Annahme von Vorteilen wie beispielsweise § 32 Absatz 1 MBO nicht zur Strafbarkeit nach § 299a StGB. Der Vorteil muss vielmehr im Rahmen der auch in den Fällen der Nummer 2 erforderlichen Unrechtsvereinbarung eine im Interesse des Vorteilsgebers liegende Gegenleistung für die Verletzung von Pflichten sein. An dem erforderlichen Gegenleistungsverhältnis zwischen Vorteil und Pflichtverletzung fehlt es, wenn sich die Pflichtverletzung des Nehmers in der Annahme des Vorteils erschöpft. Ein Vorteil, dessen Annahme eine Pflichtverletzung begründet, ist nicht zugleich Gegenleistung für diese Pflichtverletzung. Daher ist beispielsweise die Annahme eines für die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltung gewährten Vorteils, der über die notwendigen Reisekosten und Tagungsgebühren hinausgeht, zwar ein Verstoß gegen berufsrechtliche Pflichten (§ 32 Absatz 2 MBO), jedoch nur dann strafbar, wenn der Vorteil als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung oder eine sonstige im Interesse des Vorteilsgebers liegende Verletzung der Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit entgegengenommen wird.

Zuwendungen für eine in der Vergangenheit liegende Pflichtverletzung erfüllen ebenso wenig wie bei der Nummer 1 den Tatbestand, es sei denn, der Zuwendung liegt eine vorausgegangene Unrechtsvereinbarung zugrunde und der Täter hat sich den Vorteil bereits vorab versprechen lassen (vgl. Fischer, StGB, 62. Auflage, § 299 Rn. 13). Die tatsächliche Verletzung von Pflichten nach Nummer 2 ist ebenso wie die Vornahme der unlauteren Bevorzugung nach Nummer 1 zur Verwirklichung des Tatbestands nicht erforderlich.

Zu Absatz 2

§ 299a Absatz 2 StGB regelt die Strafbarkeit der Bestechlichkeit bei heilberuflichen Bezugsentscheidungen. Unter Bezug ist jegliche Form des Sich-Verschaffens zu verstehen, sei es auf eigene oder fremde Rechnung. Die Erfassung des Bezugs ist grundsätzlich geboten, da eine durch Vorteile beeinflusste Bezugsentscheidung bei der späteren Entscheidung insbesondere über die Abgabe des Mittels fortwirken kann.

Der Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die nicht zur Weitergabe an den Patienten bestimmt sind, ist vom Tatbestand nicht erfasst. Beim Bezug, beispielsweise beim Erwerb eines Behandlungsstuhls oder von sonstigen Medizinprodukten (vgl. § 3 MPG) zur Ausstattung der Behandlungsräume, handelt es sich um Entscheidungen, bei denen der Betroffene seine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgen darf (zur Annahme von Vorteilen für den Geschäftsinhaber bei § 299 StGB vgl. Rönnau, in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Auflage, S. 302 f.; Fischer, StGB, 62. Auflage, § 299 Rn. 11a). Patienteninteressen sind dadurch grundsätzlich auch dann nicht betroffen, wenn bei dem Bezug von Gegenständen für den eigenen Bedarf ausnahmsweise eine unlautere Bevorzugung erfolgen sollte.

Beim Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln und von Medizinprodukten, die zur Weitergabe an den Patienten bestimmt sind, setzt die Strafbarkeit voraus, dass der Vorteil als Gegenleistung dafür entgegengenommen wird, dass der Vorteilsnehmer eine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletzt. Die Strafbarkeit soll anders als bei den in Nummer 1 genannten Handlungen nicht an eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb anknüpfen, da sich bei Bezugsentscheidungen die Unlauterkeit einer Bevorzugung auch aus Verstößen gegen Preis- und Rabattvorschriften ergeben kann, bei denen es an einem korruptionsspezifischen Unrechtsgehalt sowie an einer Beeinträchtigung des Vertrauens in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen fehlt.

Die Strafbarkeit setzt voraus, dass bei der Bezugsentscheidung eine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit besteht. Dies ist bei Ärzten der Fall, da es ihnen nach § 31 Absatz 1 MBO nicht gestattet ist, sich für den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten Vorteile zuwenden zu lassen. Vergleichbare Regelungen finden sich für Zahnärzte in § 2 Absatz 7 und 8 der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer. Ein entsprechender Pflichtverstoß ist insbesondere gegeben, wenn die Bezugsentscheidung von der Vorteilszuwendung abhängig gemacht wird und die Interessen des Vorteilsgebers über das Wohl des Patienten gestellt werden.

Für eine Strafbarkeit nach § 299a Absatz 1 Satz 2 StGB gelten im Übrigen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 299a Absatz 1 Satz 1 StGB entsprechend. Erfasst sind demnach auch Vorteile für Dritte. Da die Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit dem Schutz des Patienten dient (vgl. Spickhoff/Scholz, § 30 MBO, Rn. 1), können Vorteile, die dem Patienten zugutekommen, wie etwa an den Patienten weiterzureichende Preisnachlässe, nicht den Tatbestand erfüllen. Preisnachlässe, die gezielt in verdeckter Form gewährt werden, um sie dem Patienten vorzuenthalten, sind demgegenüber vom Tatbestand erfasst, wenn sie als Gegenleistung für einen Verstoß zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit gewährt werden.

Bei branchenüblichen und allgemein gewährten Rabatten und Skonti kann es bereits an der Unrechtsvereinbarung fehlen, da diese nicht als Gegenleistung für eine konkrete Bezugsentscheidung gewährt, sondern allgemein gegenüber jedermann angeboten werden (vgl. Scholz, in Spickhoff, Medizinrecht, § 33 MBO, Rn. 7; Rönnau, in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Auflage, S. 317).

Zu § 299b StGB (Bestechung im Gesundheitswesen)

§ 299b StGB stellt spiegelbildlich zu § 299a StGB die aktive Bestechung unter Strafe. Der Täterkreis der Geberseite ist nicht auf Angehörige der in § 299a Absatz 1 StGB genannten Heilberufe beschränkt und erfasst jede Person, die mit tatbestandlicher Zielrichtung einem der dort Genannten einen Vorteil zuwendet.

Im Übrigen gelten die Ausführungen zu den Tatbestandsmerkmalen des § 299a StGB entsprechend.

Zu § 300 StGB (Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr und im Gesundheitswesen)

Die in § 300 StGB geregelte Strafrahmenverschiebung für besonders schwere Fälle soll auch für die Tatbestänr Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen gelten. Auf die zu den §§ 299, 300 StGB entwickelten Auslegungsgrundsätze kann zurückgegriffen werden. Unbenannte besonders schwere Fälle nach Satz 1 dürften insbesondere bei Schädigung oder erheblicher Gefährdung der Gesundheit von Patienten angenommen werden können, die infolge korruptiv bedingter Falschbehandlung eingetreten sind.

Zu § 301 StGB (Strafantrag)

Der Gesetzentwurf enthält zudem eine Erweiterung der in § 301 StGB für den Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr geregelten Antragspflicht auf die Straftatbestänr Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen. Danach wird die Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Antragsberechtigt sind jeweils die von korruptiven Absprachen Verletzten (§ 77 StGB). Dies sind in den Fällen des § 299a Absatz 1 Nummer 1 und § 299b Absatz 1 Nummer 1 StGB die Mitbewerber (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1983, 1 StR 490/82; Fischer, StGB, 62. Auflage, § 301, Rn. 4).

Darüber hinaus werden durch korruptive Absprachen nicht nur wettbewerbsrechtliche Pflichten verletzt. Auch das Recht der Patienten auf eine von unlauteren Zuwendungen unbeeinflusste und am Patientenwohl orientierte Behandlung ist verletzt, wenn bei der Behandlung von Patienten heilberufliche Entscheidungen von unlauteren Zuwendungen beeinflusst worden sind. In diesen Fällen sind auch Patienten zur Strafantragsstellung berechtigt.

Weiter sind nach der vorgeschlagenen Regelung auch rechtsfähige Berufsverbände von Mitbewerbern sowie die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen sowie private Kranken- und Pflegeversicherungsunternehmen des Patienten antragsberechtigt.

Zu den rechtsfähigen Berufsverbänden zählen insbesondere privatrechtlich organisierte Berufsverbände, die mit der Vertretung und Förderung der Belange bestimmter Berufsstände befasst sind. Hierzu zählen auch die Berufskammern, in denen der benachteiligte Wettbewerber Mitglied ist. Auch die berufsständischen Kammern, bei denen der Täter Mitglied ist, sollen antragsberechtigt sein. Die vorgesehene Unterteilung der Antragsberechtigten für den Tatbestand des § 299 StGB (Nummer 1) und der neuen §§ 299a und 299b StGB (Nummer 2) dient der Übersichtlichkeit.

Bei der Prüfung, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, sind auch die möglichen Auswirkungen der Tat zu Lasten der Solidargemeinschaft der Versicherten zu berücksichtigen.

Der Gesetzentwurf verzichtet hingegen auf die Ausgestaltung der neuen Straftatbestände als Privatklagedelikt (§ 374 der Strafprozessordnung). Im Fall eines Strafantrags sind die Strafverfolgungsbehörden damit zur Aufnahme von Ermittlungen verpflichtet, ohne dass es einer gesonderten Prüfung eines öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung bedarf.

Zu § 302 StGB (Erweiterter Verfall)

Die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Streichung der Bezugnahme auf § 43a StGB trägt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. März 2002 (BVerfGE 105, 135) Rechnung, in der die Vorschrift für verfassungswidrig erklärt wurde. Nachdem eine Differenzierung nicht mehr notwendig ist, enthält der Gesetzentwurf daher eine Zusammenlegung der beiden Absätze. Zugleich soll der Anwendungsbereich des § 302 StGB auf die neuen §§ 299a und 299b StGB erweitert werden, wodurch der erweiterte Verfall (§ 73d StGB) anzuwenden ist, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

Zu Artikel 2 (Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes)

§ 74c Absatz 1 Satz 1 Nummer 5a des Gerichtsverfassungsgesetzes wird um die Tatbestänr Bestechlichkeit und der Bestechung im Gesundheitswesen ergänzt. Damit ist, wie in Fällen der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB, auch für diese neuen Tatbestände die Wirtschaftsstrafkammer bei den Landgerichten zuständig. Die neuen §§ 299a und 299b StGB werden ebenso wie § 299 StGB regelmäßig Sachverhalte erfassen, für deren Beurteilung besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind.

Zu Artikel 3 (Änderung des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch)

Zu Nummer 1

Zu Buchstabe a (Änderung des § 81a Absatz 3 SGB V)

Der gesetzliche Auftrag dient der Verstärkung der übergreifenden Zusammenarbeit der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen.

Zu diesem Zweck haben die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen einen organisatorischen Rahmen geschaffen, innerhalb dessen die Vertreter der genannten Stellen ihre Erfahrungen bei regelmäßigen Tagungen austauschen können. Solche Treffen, die im Bereich der Krankenkassen bisher schon in freiwilliger Initiative einzelner Krankenkassen und Verbände organisiert worden sind, ermöglichen den direkten fachlichen Austausch der verantwortlichen Personen und die gemeinsame Abstimmung über das Vorgehen bei streitigen oder unklaren Fragestellungen. Der gesetzliche Auftrag verstetigt diesen Austauschprozess, um die Tätigkeit der genannten Stellen zu intensivieren und zu vereinheitlichen.

Die Einzelheiten der Zusammenarbeit regeln die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen für ihre jeweiligen Mitglieder nach Absatz 6. Damit auch die Erfahrungen aus der disziplinar-, berufs- und strafrechtlichen Verfolgung und Ahndung des Fehlverhaltens eingebracht werden können, sind neben Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigungen oder Kassenärztlichen Bundesvereinigungen auch Vertreter der berufsständischen Kammern (der Ärzte, der Zahnärzte, der Psychotherapeuten oder der Apotheker, ggfs. auch Organisationen der Pflegeberufe) sowie der Staatsanwaltschaft zu beteiligen. Den Aufsichtsbehörden der Länder und des Bundes sind die Tagungsergebnisse zu übermitteln.

Da die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei den Krankenkassen und ihren Verbänden nach § 197a Absatz 3 SGB V den gleichen gesetzlichen Auftrag haben und eine gegenseitige Beteiligung vorgeschrieben ist, kann der Erfahrungsaustausch auch gemeinsam organisiert werden.

Zu Buchstabe b (Änderung des § 81a Absatz 5 SGB V)

Mit der bereits bestehenden Berichtspflicht der Vorstänr Kassenärztlichen Vereinigungen über die Tätigkeit der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen sollen sich die Vertreter der Selbstverwaltung eine konkrete Vorstellung über das tatsächliche Ausmaß des Fehlverhaltens machen können. Dafür sind in den Berichten auch die im Berichtszeitraum aufgetretene Zahl der bekannt gewordenen Fälle, deren Art, Schwere und Ahndung zu dokumentieren sowie der jeweilige Gesamtschaden für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zu beziffern, der durch Prüfungen vermieden werden konnte und der nicht vermieden werden konnte. Dadurch soll auch das tatsächlich weitgehend unklare Ausmaß des Fehlverhaltens im Gesundheitswesen erhellt werden. Die Aufnahme von versichertenbezogenen Daten ist zur Erreichung des Informationszwecks nicht erforderlich. Von einer Aufnahme versichertenbezogener Daten ist daher abzusehen. Die Fallbeschreibung wiederholt ermittelten Fehlverhaltens kann darüber hinaus helfen, vereinzelte Strukturen der Leistungserbringung und Versorgung aufzudecken, die Fehlverhalten begünstigen können, und organisatorische Maßnahmen zu dessen Vermeidung zu entwickeln.

Zu den sonstigen geeigneten Fällen zählen auch Einzelfälle pflichtwidrigen Verhaltens, die Anlass für das Ergreifen organisatorischer Maßnahmen geben können. Hierzu zählen insbesondere Pflichtverletzungen, die sich wegen ihrer Art der Begehungsweise oder wegen der Höhe des eingetretenen Schadens als besonders schwerwiegend erwiesen haben oder bei denen die Art der Begehungsweise den Verdacht der Wiederholung begründet.

Der Bericht ist neben der zuständigen Aufsichtsbehörde auch der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Bundesvereinigung vorzulegen, damit diese ihre Berichtspflicht nach Absatz 6 erfüllen kann. Die näheren inhaltlichen Anforderungen der Berichterstattung ergeben sich aus den Bestimmungen, die die Kassenärztliche Bundesvereinigungen auf der Grundlage des Absatzes 6 erlassen.

Zu Buchstabe c (§ 81a Absatz 6 SGB V)

Nach den geltenden gesetzlichen Regelungen ist nicht auszuschließen, dass sich die einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen der Fehlverhaltensbekämpfung in sehr unterschiedlicher Intensität widmen. Angesichts der hohen Bedeutung der Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen ist es jedoch erforderlich, dass alle Kassenärztlichen Vereinigungen einen ihrer Größe und Finanzkraft entsprechenden Anteil an der Fehlverhaltensbekämpfung tragen. Andernfalls würden die Kassenärztlichen Vereinigungen, die nur in geringem Umfang persönliche und sächliche Verwaltungsmittel für diese Aufgabe einsetzen, von der Tätigkeit diesbezüglich sehr engagierter Kassenärztlicher Vereinigungen profitieren. Um eine Tätigkeit der Stellen zur Fehlverhaltensbekämpfung nach vergleichbaren Maßstäben zu gewährleisten, werden die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen beauftragt, das Nähere für die Tätigkeit der genannten Stellen verbindlich für ihre jeweiligen Mitglieder zu regeln.

Darüber hinaus haben sie die Berichte ihrer Mitglieder nach Absatz 5 regelmäßig in einem eigenen Bericht zusammenzuführen und durch dessen Veröffentlichung Transparenz über die Arbeit und die Ergebnisse der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen herzustellen.

Zu Nummer 2 (Änderung des § 197a SGB V)

Die Änderungen in den Absätzen 3, 5 und 6 betreffen die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei den Krankenkassen und ihren Verbänden und entsprechen den Änderungen in § 81a Absatz 3, 5 und 6 SGB V für die genannten Stellen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen. Die Ausführungen in der Begründung zu § 81a SGB V gelten daher für die Krankenkassen und ihre Verbände entsprechend.

Zu Nummer 3 (Änderung des § 307 SGB V)

Es handelt sich um eine rechtstechnische Anpassung des Absatzes 2 Nummer 1 Buchstabe c. Dadurch soll der Verweis auf den § 202 SGB V an dessen aktuelle Normstruktur angepasst werden: Aufgrund der Einfügung der Absätze 2 und 3 in § 202 SGB V durch das Gesetz vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3024) ist auf § 202 Absatz 1 SGB V Bezug zu nehmen.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKRG: NKR-Nr. 3206:
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens geprüft.

1. Zusammenfassung

Bürgerinnen und BürgerKeine Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand.
WirtschaftNach Auffassung des Ressorts entsteht für die Wirtschaft kein Erfüllungsaufwand. Aus der Sicht des NKR trifft das nicht zu, weil die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht der Verwaltung, sondern der Wirtschaft zuzuordnen sind.
Verwaltung
Davon Länder
- Jährlicher Erfüllungsaufwand (Gerichte, Staatsanwaltschaften):Bei den Gerichten und Ermittlungsbehörden der Länder entsteht Mehraufwand durch bundesweit jährlich etwa 300 zusätzliche Tatverdächtige auf der Nehmerseite (als Bestochene). Bei den Staatsanwaltschaften entsteht zudem ein geringer Mehraufwand durch die Teilnahme am regelmäßigen Erfahrungsaustausch.
- Einmaliger und jährlicher Erfüllungsaufwand (bei berufsständischen Kammern, GKV, Kassenärztliche und Kassenzahnärztliche (Bundes- )Vereinigungen):Den berufsständischen Kammern, dem Spitzenverband der Krankenkassen und den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen entsteht geringer Erfüllungsaufwand durch die erstmalige Organisation und regelmäßige Durchführung eines Erfahrungsaustauschs sowie durch zusätzliche Berichtspflichten. Diesen qualifiziert das Ressort zur Gänze als Erfüllungsaufwand der Verwaltung, was der NKR bei den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen anders bewertet.
Der NKR erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags Einwände gegen die Darstellungen der Gesetzesfolgen im vorliegenden Regelungsvorhaben: Der Aufwand, der sich aus dem Vollzug des Gesetzes für die Ermittlungsbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte ergibt, stellt nach Auffassung des NKR Erfüllungsaufwand dar. Die Zuordnung dieser Aufwände zum Erfüllungsaufwand war seit der Ausweitung auf den Erfüllungsaufwand durch das Gesetz vom 16. März 2011 (BGBl. I S. 420) einvernehmliche Praxis. Das Ressort hat diese einvernehmliche Praxis im März 2015 einseitig geändert. Die Darstellung als "Weitere Kosten" ist nach Ansicht des NKR deshalb nicht zutreffend. Der Aufwand, der für die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigungen und ihre Untergliederungen entsteht, stellt nach Auffassung des NKR Aufwand der Wirtschaft dar. Der NKR hält deshalb die Zuordnung dieses Aufwands zur Verwaltung für nicht zutreffend.

2. Im Einzelnen

2.1. Inhalt des Regelungsvorhabens

Der Gesetzentwurf führt zwei neue Straftatbestände zur Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen ein (§§ 299 a, 299 b StGB) und setzt damit den Koalitionsvertrag um.

Die Straftatbestände beziehen alle Heilberufe ein, die für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordern. Sie gelten für Sachverhalte sowohl innerhalb als auch außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit dem Gesetzentwurf soll eine Strafbarkeitslücke geschlossen werden, die sich aus der Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29. März 20121 ergeben hat, in der die Anwendbarkeit der geltenden Korruptionsstraftatbestände für niedergelassene, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassene Ärzte verneint wurde.

Für die neuen Straftatbestände soll auch die Regelung der besonders schweren Fälle nach § 300 StGB gelten. Die neuen Delikte werden als relative Antragsdelikte ausgestaltet, das heißt, sie werden nur verfolgt, wenn entweder ein Strafantrag des Verletzten vorliegt oder von der Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse bejaht wird.

Über die Strafbewehrung hinaus soll Korruption im Gesundheitswesen auch dadurch bekämpft werden, dass die Zusammenarbeit der Stellen, die Fehlverhalten im Gesundheitswesen vermeiden und ihm nachgehen sollen, systematisiert wird. Es soll ein organisatorischer Rahmen für einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch zwischen den Krankenkassen, ihren Verbänden, den Kassen- und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigungen und den Staatsanwaltschaften geschaffen werden. Bislang fand ein solcher Austausch auf freiwilliger Basis statt. Über die Ergebnisse sind die Aufsichtsbehörden zu informieren.

Erfüllungsaufwand

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht durch das Regelungsvorhaben kein Erfüllungsaufwand.

Erfüllungsaufwand der Wirtschaft
a. Zur Zuordnung des Aufwands der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen

Das Ressort geht davon aus, dass der Wirtschaft kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand entsteht. Das trifft nach Auffassung des NKR nicht zu:

An dem neuen Erfahrungsaustausch mit dem Ziel der Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen sollen teilnehmen: Die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigungen, der Spitzenverband der Krankenkassen, die jeweils von diesen nach §§ 81a Abs. 1 S. 1, 197 a Abs. 1 S. 1 SGB V eingerichteten Einheiten zur Aufklärung von rechtswidrigen Sachverhalten, die berufsständischen Kammern sowie die Staatsanwaltschaften.

Jedenfalls ist der Aufwand, der bei den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigungen und ihren Untergliederungen durch Organisation und Teilnahme an dem Erfahrungsaustausch entsteht, als Aufwand der Wirtschaft zu qualifizieren. Denn die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigungen und deren Untergliederungen nehmen im Gesamtgefüge der Beteiligten die Interessen der ambulant tätigen Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten wahr. Das entspricht auch deren Selbstverständnis, sie sind im vorliegenden Zusammenhand unter methodischen Aspekten deshalb der Wirtschaft zuzuordnen2. Das zuständige Bundesministerium für Gesundheit hat die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen (Bundes-) Vereinigungen in zahlreichen Fällen in der Vergangenheit selbst der Wirtschaft zugeordnet, wie z.B. zuletzt im Entwurf eines Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung.

"ist ihre Aufgabe vor allem die politische Interessenvertretung der rund 165.000 in Praxen ambulant tätigen Ärzte und Psychotherapeuten:", Zitat von der Homepage des KZBV:

"...vertritt die Interessen der rund 53.000 Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte ("Kassenzahnärzte") Deutschlands."

b. Zum Aufwand im Einzelnen

Den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigungen entsteht einmaliger und jährlicher Erfüllungsaufwand, der insgesamt als gering zu bewerten ist:

Allerdings praktizieren die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, worauf das Ressort zu Recht hinweist, bereits einen Erfahrungsaustausch auf freiwilliger Basis, so dass vorhandene Informationsstränge lediglich erweitert werden. Es ist zudem davon auszugehen, dass der Erfahrungsaustausch im Zuge ohnehin stattfindender Treffen der Beteiligten abgehalten wird. Da die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen dem Grundsatz der Selbstverwaltung unterliegen, hängt der tatsächliche Umfang des Mehraufwands zudem stark von der Umsetzung im Einzelfall ab. Vor dem Hintergrund, dass die Betroffenen sowohl beim Erfahrungsaustausch als auch bei den Berichtspflichten auf bereits bestehende Strukturen zurückgreifen können, geht das Ressort deshalb nachvollziehbar davon aus, dass für die Beteiligten nur ein im Ergebnis geringer Mehraufwand entstehen wird.

Die Verbände setzen sich in ihren Stellungnahmen zwar nicht explizit mit den Ausführungen zum Erfüllungsaufwand auseinander. Die Stellungnahmen enthalten jedoch keine Anhaltspunkte, die Zweifel an den Ausführungen des Ressorts begründen. Die Ausführungen des Ressorts sind deshalb aus Sicht des NKR nachvollziehbar und plausibel.

Erfüllungsaufwand für die Verwaltung
a. Erfüllungsaufwand für den GKV-Spitzenverband

Für den GKV-Spitzenverband entstehen Aufwände, wie unter Wirtschaft für die Kassenärztliche und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung dargestellt. Das Ressort rechnet wiederum mit einem Mehraufwand der nicht zuverlässig näher zu quantifizieren ist. Die Stellungnahmen der Verbände setzen sich zwar nicht explizit mit dem Erfüllungsaufwand auseinander. Sie enthalten jedoch im Ergebnis keine Anhaltspunkte, die Zweifel an den Ausführungen des Ressorts begründen. Die Ausführungen des Ressorts sind deshalb aus Sicht des NKR nachvollziehbar und plausibel.

b. Erfüllungsaufwand für die Staatsanwaltschaften und Gerichte der Länder

Das Ressort sieht in den zusätzlichen Aufwänden durch die neuen Straftatbestände sowie den obligatorischen regelmäßigen Erfahrungsaustausch keinen Erfüllungsaufwand im Sinne des NKR-Gesetzes, sondern darin "Weitere Kosten". Diese Auffassung teilt der NKR nicht.

Seit der Ausweitung der Messungen auf die Erfüllungsaufwände durch das Gesetz vom 16. März 2011 (BGBl. I S. 420) wurr Aufwand von Gerichten und Staatsanwaltschaften in einvernehmlicher Praxis als Erfüllungsaufwand der Verwaltung dargestellt. Seit März 2015 weicht das Ressort einseitig von dieser einvernehmlichen Praxis ab.

Das Ressort geht davon aus, dass durch die Verpflichtung der Staatsanwaltschaften zur Teilnahme am systematisierten Erfahrungsaustausch im Ergebnis voraussichtlich nur ein geringer Mehraufwand entsteht, weil ein solcher Erfahrungsaustausch vielfach bereits auf freiwilliger Basis praktiziert wird, was nachvollziehbar ist.

Das Ressort erwartet bei den Ermittlungsbehörden, und Gerichten der Länder durch die Einführung der neuen Straftatbestände jährliche Mehraufwände in Abhängigkeit vom tatsächlichen Fallaufkommen. Es geht davon aus, dass sich die bundesweite Fallzahl im niedrigen dreistelligen Bereich bewegen wird.

Die Ausführungen des Ressorts beruhen auf folgenden Annahmen: Bis zur Entscheidung des BGH vom 29. März 2012 leiteten die Staatsanwaltschaften bei Vorliegen eines entsprechenden Anfangsverdachts ein Ermittlungsverfahren ein. Das jährliche Bundeslagebild des Bundeskriminalamts gibt für das Jahr 2011 die Gesamtanzahl von 3432 tatverdächtigen "Vorteilsnehmern" bei allen Korruptionsdelikten an. Bis zum Jahr 2012 wurde auch der Anteil der Tatverdächtigen aus dem Gesundheitswesen erfasst. Dieser belief sich im Jahr 2011 auf 8,3%, was eine jährliche bundesweite Fallzahl von insgesamt rund 280 nehmerseitigen Tatverdächtigen bedeutet. Seit der Entscheidung des BGH fällt das Gesundheitswesen unter "sonstige Branchen", so dass die Zahlen aus 2011 die letzte tragfähige Grundlage darstellen.

Auf dieser Grundlage ließen sich aus der Sicht des NKR die vom Entwurf verursachten Mehrbelastungen für Ermittlungsbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte durchaus abschätzen und quantifizieren: Für

Schwerpunktstaatsanwaltschaften im Bereich der Korruptionsdelikte dürfte mit einem jährlichen Anstieg der Verfahren um etwa 15% zu rechnen sein. weil im Allgemeinen den Verfahren gegen Tatverdächtige auf der Nehmerseite auch entsprechende Verfahren auf der Geberseite gegenüber stehen. Für Bundesländer, die keine Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Korruptionsdelikte eingerichtet haben, erscheint eine Prognose der zusätzlichen Fallzahlen und damit der zusätzlichen Verfahren möglich: Die durchschnittliche zusätzliche Belastung pro Bundesland wird sich unter Zugrundelegung der oben genannten Überlegungen voraussichtlich auf etwa 25 zusätzliche Tatverdächtige jährlich belaufen.

Die Stellungnahmen der Länder zum Erfüllungsaufwand ergeben kein einheitliches Bild. Sie sind insgesamt vage und machen keine quantitativen Angaben zum Erfüllungsaufwand. Im Ergebnis ergeben sich daraus keine Anhaltspunkte für Zweifel an den Darstellungen des Ressorts. Die Einschätzung des Ressorts ist nach Auffassung des NKR hinreichend plausibel und nachvollziehbar.

2.2. Weitere Kosten

Das Ressort legt dar, dass es sich bei dem Aufwand, der bei der Justiz entsteht, um "Weitere Kosten" handelt. Der NKR hält diese Auffassung wie oben ausgeführt nicht für zutreffend.

2.3. Abschließende Stellungnahme des NKR

Der NKR erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags Einwände gegen die Darstellungen der Gesetzesfolgen im vorliegenden Regelungsvorhaben:

Der Aufwand, der sich aus dem Vollzug des Gesetzes für die Ermittlungsbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte ergibt, stellt nach Auffassung des NKR Erfüllungsaufwand dar. Die Zuordnung des Aufwands von Gerichten und Staatsanwaltschaften zum Erfüllungsaufwand war seit der Ausweitung auf den Erfüllungsaufwand im Jahr 2011 einvernehmliche Praxis. Das Ressort hat diese gemeinsame Praxis seit März 2015 einseitig geändert. Die Darstellung als "Weitere Kosten" ist nach Ansicht des NKR deshalb nicht zutreffend.

Der Aufwand, der für die kassenärztlichen und kassenzahnärztlichen Bundesvereinigungen und ihren Untergliederungen entsteht, stellt nach Auffassung des NKR Aufwand der Wirtschaft dar. Der NKR hält deshalb die Zuordnung dieses Aufwands zur Verwaltung für nicht zutreffend.

Dr. Ludewig Hahlen
Vorsitzender Berichterstatter

Anlage 2
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen (NKR-Nr. 3206)

Die Bundesregierung nimmt zu der Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates wie folgt Stellung:

Die Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwands erfolgt nach dem von der Bundesregierung und Nationalem Normenkontrollrat gemeinsam beschlossenen Leitfaden zur Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwands in Regelungsvorhaben der Bundesregierung, Stand Oktober 2012 (Leitfaden Erfüllungsaufwand). Der Leitfaden basiert auf § 2 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates (NKRG) in der Fassung vom 16. März 2011.

Der Aufwand, der sich aus dem Vollzug des Gesetzes für die Justiz ergibt, stellt nach Auffassung des Nationalen Normenkontrollrates Erfüllungsaufwand der Verwaltung dar. Der Nationale Normenkontrollrat beanstandet deshalb die Zuordnung des Aufwandes der Justiz zu den "Weiteren Kosten". Die Bundesregierung teilt diese Einordnung nicht.

Mehraufwand der Justiz, etwa durch erhöhtes Klageaufkommen oder durch vermehrte oder aufwändigere Strafverfahren, zählt nach der derzeitigen Methodik nicht zum Erfüllungsaufwand der Verwaltung. Dies gilt im Bereich des Strafrechts auch für die Staatsanwaltschaften und den Strafvollzug. Denn von der üblichen Definition der öffentlichen Verwaltung als vollziehende Gewalt, die weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung ist, wird die Judikative nicht erfasst. Entgegen der Auffassung des Nationalen Normenkontrollrates bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber beim NKRG den Begriff der "Öffentlichen Verwaltung" ausnahmsweise (und einmalig) anders verwenden wollte, als in allen anderen Fällen. Auch international wird der Aufwand für justizielle Verfahren ausdrücklich nicht dem Erfüllungsaufwand zugerechnet (vgl. OECD Regulatory Compliance Cost Assessment Guidance 2014, S. 38).

Allerdings ist es geboten, auch für den Bereich der Judikative Transparenz bezüglich der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen herzustellen. Die erwartete Mehrbelastung wird daher im Vorblatt und im Gesetzentwurf unter "Weitere Kosten" dargestellt.

Ferner ordnet der Nationale Normenkontrollrat den Erfüllungsaufwand der Kassenärztlichen Vereinigungen als Kosten der Wirtschaft zu. Dieser Einordnung folgt die Bundesregierung im konkreten Vorhaben nicht.

Es gibt bei der Zuordnung von Erfüllungsaufwand zu den drei Normadressatengruppen (Bürger, Wirtschaft, Verwaltung) in einzelnen Fällen schwierige Abgrenzungsfragen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung, ebenso die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und erfüllen als (mittelbare) Staatsverwaltung unter anderem auch Behördenaufgaben im verwaltungsrechtlichen Sinn. Allein auf die Rechtsform wird bei der Zuordnung allerdings nicht abgestellt. Entscheidend ist immer auch die Zielrichtung der jeweiligen Tätigkeit. Da die Kassenärztliche Bundesvereinigung (bzw. die Kassenärztlichen Vereinigungen) neben deren Gemeinwohlverpflichtung bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch als Vertreterin der wirtschaftlichen Interessen der Kassenärzte angesehen wurde, erfolgte in der Vergangenheit oftmals eine Zuordnung zum Normadressatenkreis der Wirtschaft. Im aktuellen Regelungsvorhaben entsteht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ein geringer und nicht quantifizierbarer Erfüllungsaufwand im Rahmen der Fehlverhaltensbekämpfung. Die damit zusammenhängenden Tätigkeiten sind eher hoheitlicher Natur. Folglich waren die Kassenärztlichen Vereinigungen in diesen Fällen als Teil der Verwaltung anzusehen. Entsprechend wird die erwartete Mehrbelastung der Kassenärztlichen Vereinigungen im Vorblatt und im Gesetzentwurf beim Erfüllungsaufwand der Verwaltung dargestellt.