Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/EG COM (2016) 862 final; Ratsdok. 15151/16

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 067/04 (PDF) = AE-Nr. 040213 und
Drucksache 673/07 (PDF) = AE-Nr. 070749

Europäische Kommission
Brüssel, den 30.11.2016
COM (2016) 862 final
2016/0377 (COD)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/EG (Text von Bedeutung für den EWR)

{SWD(2016) 410} {SWD(2016) 411} {SWD(2016) 412} {SWD(2016) 413}

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Mit der vorgeschlagenen Verordnung soll gewährleistet werden, dass alle Mitgliedstaaten geeignete Instrumente bereithalten, um Stromversorgungskrisen zu vermeiden, für solche Krisen vorzusorgen und sie zu bewältigen. Selbst im Falle gut funktionierender Märkte und Netze lässt sich das Risiko einer Stromversorgungskrise (etwa aufgrund extremer Wetterbedingungen, böswilliger Angriffe wie Cyberattacken oder einer Brennstoffknappheit) nicht ausschließen. Da die Stromnetze miteinander verbunden sind, haben Krisensituationen zudem oft grenzübergreifende Auswirkungen. Einige Umstände (z.B. lange Kälte- oder Hitzeperioden) können mehrere Mitgliedstaaten gleichzeitig betreffen, und auch ursprünglich lokal begrenzte Vorfälle können sich schnell über Grenzen hinweg ausbreiten.

Derzeit verfolgen die Mitgliedstaaten bei der Krisenprävention, -vorsorge und -bewältigung ganz unterschiedliche Ansätze. Nationale Vorschriften und Methoden konzentrieren sich meist nur auf die nationalen Gegebenheiten, ohne der Situation in anderen Ländern Rechnung zu tragen. So hat eine Bewertung der nationalen Rechtsrahmen und derzeitigen Praxis in ganz Europa ergeben, dass

Zudem sind Informationsaustausch und Transparenz im Rahmen der Vorsorge der Mitgliedstaaten für Stromversorgungskrisen und deren Bewältigung derzeit sehr begrenzt. So treffen die Mitgliedstaaten beispielsweise oft gemeinsam mit ihren Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) Maßnahmen, wenn sie feststellen, dass ihre Stromversorgungssysteme in kommenden Monaten ernsthaften Belastungen ausgesetzt sein könnten, ohne andere darüber systematisch zu informieren.

Die Ursache hierfür ist eine Regelungslücke. So sieht der derzeitige EU-Rechtsrahmen (Richtlinien 2005/89/EG2 und 2009/72/EG3) lediglich allgemeine Ziele für die Versorgungssicherheit vor, überlässt den Mitgliedstaaten aber die Entscheidung über deren Umsetzung. Insbesondere gestatten es die Vorschriften den Mitgliedstaaten zwar, in Krisensituationen "Schutzmaßnahmen" zu treffen, geben aber nicht vor, wie die Mitgliedstaaten für solche Situationen vorsorgen und sie bewältigen sollten.

Die derzeitigen Rechtsvorschriften spiegeln die Realität des heutigen vernetzten Strommarktes, in dem etwaige Krisensituationen mit zunehmender Wahrscheinlichkeit mehrere Mitgliedstaaten gleichzeitig treffen, nicht mehr angemessen wider.

In der Folgenabschätzung zu diesem Vorschlag wurden in diesem Zusammenhang folgende Probleme ermittelt:

- Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Die vorgeschlagene Verordnung ergänzt die Bestimmungen des dritten Energiepakets4, das parallel dazu überarbeitet wird. Das überarbeitete dritte Energiepaket soll dazu beitragen, die Funktionsweise des Elektrizitätsbinnenmarktes zu verbessern; dazu sieht es etwa eine größere Flexibilität sowie eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von Subventionen für eine ausreichende Stromerzeugung vor, was unter anderem durch eine koordinierte langfristige europäische Abschätzung zur Angemessenheit der Ressourcen erfolgen soll. Darüber hinaus soll die Einrichtung regionaler Betriebszentren eine bessere Zusammenarbeit der ÜNB auf regionaler Ebene ermöglichen und die Systemsicherheit somit verbessern.

In der vorgeschlagenen Verordnung ist dargelegt, auf welche Weise die Mitgliedstaaten Krisensituationen verhindern und bewältigen und zu diesem Zweck zusammenarbeiten sollten, insbesondere durch gemeinsame Methoden zur Risikobewertung, eine größere Vergleichbarkeit und Transparenz vor und während Stromversorgungskrisen sowie durch Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass auch in einer Krise Strom dorthin geliefert wird, wo er am dringendsten benötigt wird. Zudem wird durch die Koordinierungsgruppe "Strom" ein Rahmen für eine systematischere Überwachung der Versorgungssicherheit geschaffen. Die Verordnung trägt zum überarbeiteten dritten Energiepaket bei, indem sie sicherstellt, dass auch in Krisensituationen marktgestützte Maßnahmen den Vorzug erhalten und die Märkte so lange wie möglich funktionsfähig bleiben.

Die vorgeschlagene Verordnung soll die Richtlinie 2005/89/EG (die "Richtlinie über die Versorgungssicherheit") ersetzen, die einen sehr breit angelegten Rahmen von Zielen enthält, die die Mitgliedstaaten im Bereich der Versorgungssicherheit erreichen sollten, aber sich in der Praxis als wenig zielführend erwiesen hat. Die Richtlinie wird daher aufgehoben, ebenso wie einige Bestimmungen des derzeitigen dritten Energiepakets zur Versorgungssicherheit, insbesondere Artikel 4 (Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Versorgungssicherheit mittels nationaler Berichte zu beobachten) und Artikel 42 (Möglichkeit der Mitgliedstaaten, im Falle plötzlicher Krisen im Stromsektor Schutzmaßnahmen zu treffen) der Elektrizitätsrichtlinie5.

In den gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 714/20096 verabschiedeten Netzkodizes und -leitlinien sind harmonisierte Grundsätze für die Betriebsplanung und die Fahrplanerstellung festgelegt, um im Echtzeitbetrieb möglicherweise auftretende Schwierigkeiten im Voraus abschätzen zu können. Der Verordnungsentwurf ergänzt diese technischen Bestimmungen durch administrative und politische Mechanismen, die es den nationalen Behörden einfacher machen, Krisensituationen gemeinsam zu verhindern und zu bewältigen und gleichzeitig ungerechtfertigte Eingriffe in den Markt und die Tätigkeiten der ÜNB auszuschließen.

So stützt sich die vorgeschlagene Verordnung insbesondere auf die Leitlinie für den Übertragungsnetzbetrieb7 und den Netzkodex über den Notzustand und den Wiederaufbauzustand des Übertragungsnetzes8, in denen technische Bestimmungen für ÜNB festgelegt sind, mit denen die Systemsicherheit auch in Notfällen gewährleistet werden soll. Diese Bestimmungen sollten es den ÜNB ermöglichen, die meisten Vorfälle erfolgreich zu bewältigen, garantieren jedoch alleine nicht, dass die Mitgliedstaaten ausreichend für umfassendere Krisensituationen vorsorgen und diese bewältigen können, insbesondere bei grenzübergreifenden Krisen, in denen zudem oft politisch sensible Entscheidungen (z.B. über eine Unterbrechung der Stromversorgung) erforderlich sind.

Die vorgeschlagene Verordnung steht im Einklang mit den vorhandenen Rechtsvorschriften zur Cybersicherheit und zu kritischen Infrastrukturen. Hinsichtlich der Netz- und Informationssicherheit enthält die Richtlinie (EU) Nr. 2016/1148 (die "NIS-Richtlinie")9 allgemeine Bestimmungen, und gemäß der überarbeiteten Elektrizitätsverordnung werden in einem Netzkodex mit hoher Priorität spezifische Bestimmungen erarbeitet, die den neuen, mit der Digitalisierung der Energiesysteme verbundenen Risiken Rechnung tragen. Die vorgeschlagene Verordnung ergänzt die NIS-Richtlinie, da sie sicherstellt, dass Cybervorfälle ordnungsgemäß als Risiko ermittelt und in den Risikovorsorgeplänen angemessene Maßnahmen zu ihrer Bewältigung vorgesehen werden. Zudem ergänzt die vorgeschlagene Verordnung die Richtlinie 2008/114/EG des Rates10, in der ein gemeinsames Verfahren zur Ermittlung europäischer kritischer Infrastrukturen ("EKI"), wie z.B. Erzeugungs- und Übertragungsinfrastrukturen und -anlagen, sowie zu ihrem Schutz vor Terrorangriffen und anderen physischen Risiken festgelegt ist. Die vorgeschlagene Verordnung weist einen breiteren Zusammenhang auf und konzentriert sich darauf, wie die Resilienz des Stromnetzes insgesamt gesichert und mögliche Krisensituationen bewältigt werden können.

- Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Mit der vorgeschlagenen Verordnung sollen Schlüsselziele der Energieunion umgesetzt werden, die in der "Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie" festgelegt wurden.

Zudem steht die Verordnung mit dem Ziel der Union im Einklang, die Energieunion weiter zu festigen. Da Stromversorgungskrisen über die Grenzen der Union hinausreichen und auch Länder der Energiegemeinschaft umfassen können, sollte die Union bei der Vorsorge für Stromversorgungskrisen sowie bei deren Prävention und Bewältigung eng mit den Vertragsparteien der Energiegemeinschaft zusammenarbeiten, um ein effizientes Krisenmanagement in einem breiteren europäischen Rahmen sicherzustellen.

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und Verhältnismässigkeit

- Rechtsgrundlage

In der vorgeschlagenen Verordnung sind Maßnahmen zur Prävention und Bewältigung von Stromversorgungskrisen sowie zur Vorsorge für solche Krisen in der EU festgelegt. Die Rechtsgrundlage für die Verordnung bildet daher Artikel 194 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

- Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

In Artikel 194 AEUV wird postuliert, dass bei den politischen Entscheidungen der Mitgliedstaaten zur Versorgungssicherheit ein gewisses Maß an Koordination, Transparenz und Zusammenarbeit erforderlich ist, um einen funktionierenden Energiemarkt und Versorgungssicherheit in der Union zu gewährleisten.

Es besteht klarer Handlungsbedarf auf EU-Ebene, da eine nationale Vorgehensweise nachweislich nicht nur optimale Ergebnisse verhindert, sondern die Folgen einer Krise sogar noch verschärft. Zudem bleiben Krisen oft nicht auf einzelne Länder beschränkt, sondern können direkt oder indirekt mehrere Mitgliedstaaten treffen. Nationale Maßnahmen zur Krisenvorsorge und -bewältigung sollten daher nicht auf rein nationaler Ebene festgelegt werden, da sie Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit in benachbarten Mitgliedstaaten und/oder die Verfügbarkeit von Maßnahmen zur Bewältigung möglicher Engpässe haben können.

Angesichts der zunehmenden Vernetzung der EU-Strommärkte ist es erforderlich, Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit zu koordinieren. Ansonsten können auf rein nationaler Ebene getroffene Maßnahmen die Versorgungssicherheit in anderen Mitgliedstaaten oder auf EU-Ebene gefährden. Ereignisse wie die lange Kälteperiode im Jahr 2012 haben gezeigt, dass abgestimmte Maßnahmen und Solidarität unbedingt erforderlich sind, um sicherzustellen, dass Elektrizität dort verfügbar ist, wo sie am dringendsten benötigt wird. Die Maßnahmen eines Landes können mit dem Risiko von Stromausfällen in Nachbarländern einhergehen (so hatte z.B. die unilaterale Entscheidung eines Landes, ein Exportverbot zu erlassen, ernsthafte Folgen für den Strom- und Gassektor anderer Länder). Gleichzeitig ermöglicht es die Koordination zwischen den Mitgliedstaaten, das Spektrum möglicher Lösungen zu erweitern.

Bisher wurden die Möglichkeiten effizienterer und kostengünstigerer Maßnahmen im Rahmen der regionalen Zusammenarbeit noch nicht voll ausgeschöpft11, was für die Verbraucher in der EU von Nachteil ist.

- Verhältnismäßigkeit

Ziel der vorgeschlagenen Verordnung ist es, für eine ausreichende Krisenvorsorge in ganz Europa zu sorgen, Vertrauen und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken und die Auswirkungen solcher Krisen auf die Kunden zu mindern. Dazu sind gemeinsame verbindliche Bestimmungen und Grundsätze sowie Mechanismen für die grenzübergreifende Zusammenarbeit vorgesehen.

Der Vorschlag umfasst jedoch keine vollständige Harmonisierung, bei der alle Maßnahmen auf EU-Ebene vorgeschrieben werden.

Die Mitgliedstaaten müssen auf regionaler Ebene zusammenarbeiten, um die Mängel des derzeitigen Systems, in dem sich die freiwillige Zusammenarbeit auf ÜNB beschränkt, zu beheben und Probleme auf regionaler Ebene zu lösen.

- Wahl des Instruments

Die Bewertung der Richtlinie über die Stromversorgungssicherheit (des zentralen Rechtsakts in diesem Bereich) hat gezeigt, dass die Umsetzung der auf EU-Ebene festgelegten Grundsätze durch die Mitgliedstaaten zu einem "Flickenteppich" von nationalen, EU-weit unterschiedlichen Regelungen und Verfahren geführt hat.

Eine Verordnung ist daher ein geeigneteres Instrument, um für eine kohärente und transparente Umsetzung der Maßnahmen zur Vorsorge für Stromversorgungskrisen sowie zur Prävention und Bewältigung dieser Krisen zu sorgen.

3. Ergebnisse der EX-POST-BEWERTUNG, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung

- Expost-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften

Die Kommission hat die Richtlinie über die Stromversorgungssicherheit anhand der fünf Kriterien Relevanz, Wirksamkeit, Effizienz, Kohärenz und Zusatznutzen von Maßnahmen auf EU-Ebene bewertet. Die Ergebnisse der Bewertung sind in der Folgenabschätzung im Rahmen der Problembeschreibung dargelegt. Die wichtigsten Schlussfolgerungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

- Konsultation der Interessenträger

Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation zur Risikovorsorge im Bereich der Stromversorgungssicherheit (15. Juli bis 9. Oktober 2015) gingen 75 Antworten ein, unter anderem von Behörden, internationalen Organisationen (der Internationalen Energieagentur), europäischen Einrichtungen (Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, ACER), dem Europäischen Verbund der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) und den wichtigsten Interessengruppen (Unternehmen und Verbände). Ziel war es, die Ansichten der einzelnen Interessengruppen insbesondere zu der Frage einzuholen, wie die Mitgliedstaaten vorsorgen und miteinander zusammenarbeiten sollten, um Risiken für die Stromversorgungssicherheit zu erkennen und zu beherrschen. Die wichtigsten Ergebnisse der Konsultationen sowie die eingegangenen Antworten werden nachstehend zusammengefasst und können auf der Website der Kommission13 eingesehen werden. Die verschiedenen Ansichten wurden auch in der Folgenabschätzung berücksichtigt.

Die Konsultation ergab, dass der derzeitige Rechtsrahmen (die Richtlinie über die Versorgungssicherheit) nach Ansicht der meisten Interessenträger nicht ausreicht, um den gegenseitigen Abhängigkeiten in einem integrierten europäischen Strommarkt Rechnung zu tragen.

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Die vorgeschlagene Verordnung und die Folgenabschätzung basieren auf umfassendem Material (siehe die Verweise in den Fußnoten der Folgenabschätzung). Zudem wurden die derzeitigen nationalen Regelungen und Verfahren im Bereich der Stromversorgungssicherheit14 für die Folgenabschätzung überprüft.

Bei der Erarbeitung des Vorschlags wurden im Rahmen des Europäischen Stromregulierungsforums (3. -4. März 2016) und der Koordinierungsgruppe "Strom" (16. November 2015 und 3. Mai 2016) mehrere Aspekte des Vorschlags mit Vertretern der Mitgliedstaaten und der relevanten Interessengruppen erörtert.

- Folgenabschätzung

Alle vorgeschlagenen Maßnahmen werden durch die Folgenabschätzung gestützt.

Der "Ausschuss für Regulierungskontrolle" gab am 4. November 2016 eine befürwortende Stellungnahme ab.

In der Folgenabschätzung wurden vier Optionen betrachtet:

0+ verbesserte Umsetzung/Durchsetzung (nichtlegislativer Ansatz);

Option 0+ wurde nicht weiter betrachtet, da eine bessere Umsetzung und Durchsetzung keinen Nutzen bringen würde, weil der derzeitige Rechtsrahmen lediglich allgemeine Grundsätze enthält und den Mitgliedstaaten einen breiten Ermessensspielraum bei der Umsetzung überlässt.

Option 1 zielt auf eine bessere Vergleichbarkeit und Transparenz zwischen den Mitgliedstaaten bei der Risikovorsorge ab, trägt aber der Notwendigkeit einer besseren grenzübergreifenden Zusammenarbeit nicht Rechnung.

Option 2 ermöglicht es, viele Schwächen der Option 1 zu vermeiden und ein wirksameres Lösungspaket zu schaffen. So wird insbesondere durch regional abgestimmte Pläne sichergestellt, dass Risiken regional ermittelt und kohärente Maßnahmen getroffen werden, um Krisensituationen zu verhindern und zu bewältigen.

Option 3 ist mit weitreichenden Eingriffen verbunden und zielt darauf ab, möglichen Risiken durch vollständig harmonisierte Grundsätze und verbindliche spezifische Lösungen entgegenzuwirken.

Die bevorzugte Option ist Option 2.

Bei der Prüfung dieser Option wurden die folgenden Auswirkungen betrachtet:

1. Wirtschaftliche Auswirkungen

Der Analyse zufolge führt Option 2 aufgrund der besseren regionalen Koordination zu einer besseren Vorsorge für Krisensituationen und geringeren Kosten. Wie Simulationen15 gezeigt haben, sind gut integrierte Märkte und eine regionale Koordination bei extremen Witterungsbedingungen entscheidend, um große Netzbelastungen (bei hoher Nachfrage) bewältigen zu können und die Wahrscheinlichkeit einer Stromversorgungsunterbrechung zu minimieren.

Insbesondere lassen rein nationale Ansätze den Beitrag von Nachbarländern in Krisensituationen außer Acht, während regionale Ansätze eine bessere Nutzung von Stromerzeugungsanlagen ermöglichen und die Wahrscheinlichkeit eines Lastverlusts verringern. Dies wird anhand des in Prozent der jährlichen Last angegebenen Versorgungssicherheitsindikators "voraussichtlich nicht bedienbare Last" ("expected energy nonserved", EENS) gemessen, d.h. des Stroms, der aufgrund eines Blackouts nicht an die Verbraucher geliefert wird. Durch die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten verringert sich der Anteil der nicht bedienbaren Last erheblich (während der EENS in einem Szenario ohne Zusammenarbeit bei 0,36 % liegt, beträgt er im Falle der regionalen Zusammenarbeit nur 0,02 %).

Eine bessere Zusammenarbeit würde zu geringeren Systemgesamtkosten führen und sich somit auch positiv auf die Verbraucherpreise auswirken. Im Falle einer unzureichenden Zusammenarbeit bei der Krisenprävention und -bewältigung würden dagegen erhebliche Opportunitätskosten entstehen. Wie eine aktuelle Studie ergeben hat, kann die Integration des europäischen Strommarktes erhebliche finanzielle Vorteile haben (12,5-40 Mrd. EUR im Zeitraum bis 2030). Dieser Betrag würde sich jedoch um 3-7,5 Mrd. EUR verringern, wenn die Mitgliedstaaten bei der Gewährleistung der Versorgungssicherheit strikt ihre eigenen Wege beschreiten16.

2. Wer ist auf welche Weise betroffen?

Option 2 hat positive Auswirkungen auf die Gesellschaft im Allgemeinen und die Stromverbraucher im Besonderen, da sie dazu beiträgt, Krisensituationen und unnötige, unverhältnismäßige Netztrennungen zu vermeiden. Krisenprävention und Krisenmanagement werden wirksamer, da die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet werden, wirksam zusammenzuarbeiten und Instrumente einzurichten, um die Versorgungssicherheit im Rahmen der Koordinierungsgruppe "Strom" zu überwachen.

Auch auf Unternehmen wirken sich die Maßnahmen günstig aus, da Krisenvorsorge und -maßnahmen der Mitgliedstaaten erheblich transparenter und vergleichbarer werden. Dies führt zu größerer Rechtssicherheit nicht nur für Investoren, Stromerzeuger und Strombörsen, sondern auch für die ÜNB, die Krisen kurzfristig bewältigen müssen.

Zu den am stärksten betroffenen Interessengruppen zählen die zuständigen Behörden (z.B. Ministerien, NRB), da sie die Risikovorsorgepläne erarbeiten müssen (siehe die nachstehende Bewertung der Auswirkungen auf Behörden).

- Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung

Durch den Vorschlag könnte sich der Verwaltungsaufwand erhöhen, dies jedoch nur in begrenztem Maß. So müssen die nationalen Behörden insbesondere einen Teil ihrer Risikovorsorgepläne auf regionaler Ebene vorab vereinbaren. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass ein stärker regional ausgerichteter Ansatz bei der Risikobewertung und -vorsorge technisch und rechtlich möglich ist und erhebliche Vorteile für die Verbraucher und die Wirtschaft insgesamt bringt. Da die regionalen Teile der Pläne in der Praxis von regionalen Koordinationszentren der ÜNB erstellt würden, wäre der zusätzliche Aufwand für die Behörden der Mitgliedstaaten begrenzt und würde durch die praktischen Vorteile einer solchen Zusammenarbeit eindeutig aufgewogen17.

Eine verstärkte regionale Zusammenarbeit ermöglicht es den Mitgliedstaaten zudem, Synergien zu schaffen, voneinander zu lernen und gemeinsam empfehlenswerte Verfahren zu entwickeln. Dadurch dürfte sich im Laufe der Zeit auch der Verwaltungsaufwand verringern.

Europäische Akteure wie die Kommission und ENTSO-E werden Leitfäden herausgeben und das Verfahren zur Risikovorsorge und -bewältigung unterstützen. Dadurch werden sich die Auswirkungen auf die Mitgliedstaaten ebenfalls verringern.

Es wird keine neue Stelle eingerichtet, und bestehende Verpflichtungen werden gestrafft. So hält die bestehende Koordinierungsgruppe "Strom" bereits regelmäßige Sitzungen ab und soll nun durch eine spezifische Aufgabenübertragung noch effektiver werden. Darüber hinaus werden die nationalen Berichterstattungspflichten reduziert (z.B. durch die Aufhebung der Verpflichtung in Artikel 4 der Elektrizitätsrichtlinie), und die Berichterstattung auf EU-Ebene soll im Kontext bestehender Berichte und Berichterstattungspflichten erfolgen (z.B. durch den Jahresbericht der ACER über die Ergebnisse der Überwachung der Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmärkte).

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Haushaltstechnische Auswirkungen beschränken sich auf die Mittel der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER). Dies wird im Finanzbogen zum Vorschlag der Kommission für eine Neufassung der Verordnung zur Gründung der ACER beschrieben, der parallel zu diesem Vorschlag vorgelegt wird.

5. Sonstige Elemente

- Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Die Kommission wird die Umsetzung der Maßnahmen der vorgeschlagenen Verordnung durch die Mitgliedstaaten überwachen. Soweit erforderlich, wird sie ihnen Hilfe bei den erforderlichen Änderungen der nationalen Rechtsvorschriften anbieten und hinsichtlich der Erstellung der Risikovorsorgepläne (z.B. über die Koordinierungsgruppe "Strom") Workshops mit allen Mitgliedstaaten oder bilaterale Sitzungen abhalten. Falls ein Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen zur Umsetzung des Unionsrechts nicht nachkommt, wird die Kommission erforderlichenfalls auch das in Artikel 258 AEUV festgelegte Verfahren anwenden.

Darüber hinaus wird die Kommission die Versorgungssicherheit in der EU in Zusammenarbeit mit der Koordinierungsgruppe "Strom" kontinuierlich überwachen.

- Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Die vorgeschlagene Verordnung umfasst folgende Bestandteile:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/EG (Text von Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 194, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses19, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen20, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Verordnung Erlassen:

Kapitel I
Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1
Gegenstand

In dieser Verordnung sind Bestimmungen festgelegt, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Mitgliedstaaten bei der Vorsorge für Stromversorgungskrisen sowie bei deren Prävention und Bewältigung solidarisch und transparent zusammenarbeiten und die Anforderungen eines wettbewerbsorientierten Elektrizitätsbinnenmarktes in vollem Umfang berücksichtigen.

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Artikel 3
Zuständige Behörde

Kapitel II
Risikobewertung

Artikel 4
Bewertung der Versorgungssicherheit

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Risiken im Zusammenhang mit der Stromversorgungssicherheit gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung und Artikel 18 der Elektrizitätsverordnung [vorgeschlagene Elektrizitätsverordnung] bewertet werden.

Zu diesem Zweck arbeiten sie mit ENTSO-E und den regionalen Betriebszentren zusammen.

Artikel 5
Methode zur Bestimmung von Szenarien für Stromversorgungskrisen auf regionaler Ebene

Artikel 6
Bestimmung von Szenarien für Stromversorgungskrisen auf regionaler Ebene

Artikel 7
Bestimmung von Szenarien für Stromversorgungskrisen auf nationaler Ebene

Artikel 8
Methode für kurzfristige Abschätzungen der Leistungsbilanz

Artikel 9
Kurzfristige Abschätzungen der Leistungsbilanz

Kapitel III
Risikovorsorgeplan

Artikel 10
Erstellung der Risikovorsorgepläne

Artikel 11
Inhalt der Risikovorsorgepläne - nationale Maßnahmen

Artikel 12
Inhalt der Risikovorsorgepläne - regional abgestimmte Maßnahmen

Kapitel IV
Bewältigung von Stromversorgungskrisen

Artikel 13
Frühwarnung und Erklärung des Eintritts einer Krise

Artikel 14
Zusammenarbeit und Unterstützung

Artikel 15
Einhaltung von Marktvorschriften

Kapitel V
Bewertung und Überwachung

Artikel 16
Nachträgliche Analyse

Artikel 17
Überwachung durch die Koordinierungsgruppe "Strom"

Kapitel VI
Schlussbestimmungen

Artikel 18
Zusammenarbeit mit den Vertragsparteien der Energiegemeinschaft

Die Mitgliedstaaten und die Vertragsparteien der Energiegemeinschaft werden aufgefordert, bei der Bestimmung von Szenarien für Stromversorgungskrisen und der Erstellung von Risikovorsorgeplänen eng zusammenzuarbeiten, damit keine Maßnahmen getroffen werden, die die Versorgungssicherheit von Mitgliedstaaten, Vertragsparteien oder der Union gefährden.

Zu diesem Zweck können Vertragsparteien der Energiegemeinschaft auf Einladung der Kommission bei allen Angelegenheiten, die sie betreffen, an den Sitzungen der Koordinierungsgruppe "Strom" teilnehmen.

Artikel 19
Befugnisübertragung

Artikel 20
Aufhebung

Die Richtlinie 2005/89/EG wird aufgehoben.

Artikel 21
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident

Europäische Kommission
Brüssel, den 30.11.2016
COM (2016) 862 final

ANNEX 1
Anhang der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie2005/89/EG

Anhang
Muster für den Risikovorsorgeplan

Die folgenden Muster sind in englischer Sprache auszufüllen.

Allgemeine Informationen

1. Zusammenfassung der SZENARIEN für STROMVERSORGUNGSKRISEN

Bitte beschreiben Sie kurz die gemäß den Artikeln 6 und 7 auf regionaler und nationaler Ebene bestimmten Risikoszenarien einschließlich der zugrunde liegenden Annahmen.

2. AUFGABEN und ZUSTÄNDIGKEITEN der zuständigen BEHÖRDE

Bitte nennen Sie die Aufgaben und Zuständigkeiten der zuständigen Behörden und sonstigen Stellen, an die Aufgaben delegiert wurden.

3. Verfahren und Massnahmen in einer STROMVERSORGUNGSKRISE

3.1. Nationale Verfahren und Maßnahmen

3.2. Regionale Verfahren und Maßnahmen

4. KRISENMANAGER ODER KRISENMANAGEMENTTEAM

Bitte geben Sie den Krisenmanager oder das Krisenmanagementteam an und beschreiben Sie dessen Aufgaben. Geben Sie auch Kontaktdetails an.

5. Konsultation der Interessenträger

Bitte beschreiben Sie im Einklang mit Artikel 10 Absatz 1 das Verfahren und die Ergebnisse der bei der Erarbeitung dieses Plans durchgeführten Konsultationen mit

6. NOTFALLTESTS

Bei Aktualisierungen des Plans: Beschreiben Sie kurz die seit der Vorlage des letzten Plans durchgeführten Tests und die wichtigsten Ergebnisse. Geben Sie an, welche Maßnahmen infolge dieser Tests verabschiedet wurden.