Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften
(4. VwVfÄndG)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (4. VwVfÄndG)

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 21. August 2008
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium des Innern.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 02.10.08

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (4. VwVfÄndG)1

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes

Das Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (FNA 860-10-1)

§ 13 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Änderung des Personenstandsgesetzes (FNA 211-1)

Das Personenstandsgesetz vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S. 122), geändert durch Artikel 2 Abs. 2 des Gesetzes vom 13. März 2008 (BGBl. I S. 313), wird wie folgt geändert:

Artikel 4
Änderung des Konsulargesetzes (FNA 27-5)

Artikel 5
Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung (FNA 303-8)

§ 73a Einheitliche Stelle

Artikel 6
Änderung des Steuerberatungsgesetzes (FNA 610-10)

Das Steuerberatungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. November 1975 (BGBl. I S. 2735), zuletzt geändert durch ... wird wie folgt geändert:

Artikel 7
Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (FNA 701-1)

Das Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 701-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246), wird wie folgt geändert:

Artikel 8
Änderung der Handwerksordnung (FNA 7110-1)

Die Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I S. 3074), zuletzt geändert durch Artikel 9a des Gesetzes vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246), wird wie folgt geändert:

Artikel 9
Änderung des Luftverkehrsgesetzes (FNA 96-1)

Artikel 10
Bekanntmachungserlaubnis

Artikel 11
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ausgangslage

II. Ziel und Gegenstand des Gesetzentwurfs

Die Pflicht zur Umsetzung verfahrensrechtlicher Vorgaben der Dienstleistungsrichtlinie wird zum Anlass genommen, neue Verfahrensinstrumente in das Verwaltungsverfahrensgesetz aufzunehmen und Verbesserungen einzuführen, die über den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie hinaus zur Verfügung stehen sollen.

Es werden das "Verfahren über eine einheitliche Stelle" als neue besondere Verfahrensart und Regelungen über die Genehmigungsfiktion eingeführt, die nach Anordnung durch Rechtsvorschrift anzuwenden sind. Dabei handelt es sich um Regelungskonzepte, die durch einfache Verweisung im Fachrecht angewandt werden können. Abweichende oder ergänzende Regelungen können auf das unbedingt Erforderliche beschränkt bleiben, die Durchsetzung eines möglichst einheitlichen Verwaltungsrechts wird gestärkt.

In einigen Berufskammergesetzen werden zugleich die erforderlichen Regelungen getroffen um die Geltung der Vorschriften über das neue Verfahrensmodell und die Genehmigungsfiktion anzuordnen. Außerdem wird die Möglichkeit geschaffen, dass bestimmte Berufskammern die Aufgaben der einheitlichen Stelle wahrnehmen.

III. Die wesentlichen Änderungen im Überblick

1. Einführung einer neuen besonderen Verfahrensart "Verfahren über eine einheitliche Stelle"

Das Verfahrensmodell "Verfahren über eine einheitliche Stelle" hat zwei Aspekte:

Zum einen regelt es die Abwicklung eines oder mehrerer Verwaltungsverfahren über eine einheitliche Stelle, die insoweit als Mittler zwischen Antragsteller und den eigentlich zuständigen Behörden tritt. Zum anderen werden Verfahrensvorschriften eingeführt die unabhängig von der - freiwilligen - Inanspruchnahme der einheitlichen Stelle gelten, also auch wenn alle betroffenen Verfahren ausschließlich von den zuständigen Behörden durchgeführt werden.

Die einheitliche Stelle hat die Funktion eines unterstützenden Verfahrensmittlers zwischen Antragsteller und zuständiger Behörde. Sie entspricht damit den Anforderungen der Dienstleistungsrichtlinie an einen einheitlichen Ansprechpartner.

Anders als etwa das Planfeststellungsverfahren entfaltet das Verfahren über eine einheitliche Stelle aber weder Konzentrations- noch Integrationswirkung. Die Zuständigkeiten und Befugnisse der im Zusammenhang mit einem bestimmten Vorhaben beteiligten Behörden bleiben unberührt. Die Verfahrensabwicklung über die einheitliche Stelle ist nicht zwingend, sondern erfolgt nur, wenn und soweit dies vom Antragsteller gewünscht wird.

Die einheitliche Stelle hat darüber hinaus besondere Informationspflichten zu erfüllen, um einen frühzeitigen Überblick über alle für ein Vorhaben einschlägigen Vorschriften und Verfahren und die dafür zuständigen Behörden zu gewährleisten.

Diesen Behörden selbst werden für ihren Zuständigkeitsbereich weitergehende Informationspflichten bezüglich des von ihnen anzuwendenden Rechts auferlegt.

Bestimmte verfahrensrechtliche Anforderungen müssen auch erfüllt werden, wenn die einheitliche Stelle nicht in Anspruch genommen wird. Dies wird dadurch sichergestellt dass diese Regelungen zwar Bestandteil des Verfahrensmodells sind aber auch ohne Inanspruchnahme der einheitlichen Stelle gelten.

Es handelt sich vor allem um die Gewährleistung einer elektronischen Verfahrensabwicklung und die Erfüllung von Informationspflichten durch die Verwaltung.

2. Einführung von Regelungen über die Genehmigungsfiktion

Die Dienstleistungsrichtlinie schreibt nicht nur die Einführung vorab festgelegter Entscheidungsfristen für die Verwaltung vor. Nach Ablauf dieser Fristen soll darüber hinaus grundsätzlich eine Genehmigungsfiktion gelten, soweit nicht aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses Ausnahmen gerechtfertigt sind. In einzelnen Fachgesetzen ist das Institut der Genehmigungsfiktion seit langem anerkannt. Das Verwaltungsverfahrensgesetz enthält bislang aber keine ausdrücklichen Regelungen zur Genehmigungsfiktion. Der Gesetzentwurf sieht allgemeine Grundsätze zur Genehmigungsfiktion im Verwaltungsverfahrensgesetz vor. Diese gelten, wenn fachgesetzlich die Genehmigungsfiktion angeordnet und soweit dort nichts Abweichendes geregelt ist. Die sachgerechte Bestimmung der von der Dienstleistungsrichtlinie geforderten vorab festgelegten Bearbeitungszeiten kann nicht allgemein erfolgen, sondern bleibt dem Fachrecht vorbehalten.

Das neue Verfahrensmodell und die Regelungen zur Genehmigungsfiktion gelten nur soweit dies durch Rechtsvorschrift angeordnet wird. Neben der mit diesem Gesetz verfolgten Anpassung des Verwaltungsverfahrensgesetzes müssen somit entsprechende Gesetzesbefehle entweder im einschlägigen Fachrecht oder in Ausführungsgesetzen aufgenommen werden. Für den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ist dies zwingend, darüber hinaus kann die Anordnung nach Zweckmäßigkeitserwägungen erfolgen. Die Dienstleistungsrichtlinie schreibt eine umfassende Überprüfung und ggf. Anpassung des Normenbestandes in Bezug auf die von ihr vorgegebenen - auch materiellrechtlichen - Bestimmungen innerhalb der Umsetzungsfrist vor. Da im Rahmen dieser Überprüfung für jedes Genehmigungsverfahren zu entscheiden ist, ob es in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, werden zugleich die Fachgesetze identifiziert, in denen die beschriebene Anordnung des Verfahrens über eine einheitliche Stelle aufzunehmen ist.

3. Einführung von Öffnungsklauseln, damit die Länder bestimmten Berufskammern die Aufgaben der einheitlichen Stelle übertragen können und Einführung von Regelungen zur Anordnung der Geltung des neuen Verfahrensmodells und der Genehmigungsfiktion in einigen Berufskammergesetzen.

IV. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes

Hinsichtlich aller Materien, für die dem Bund die Sachkompetenz zukommt, kann er - als Annex - das Verwaltungsverfahren mitregeln. Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit oder im Auftrage des Bundes aus, ergibt sich seine Regelungskompetenz aus Art. 84 Abs. 1 GG oder aus Art. 85 Abs. 1 des Grundgesetzes.

V. Finanzielle Auswirkungen

1. Bürokratiekosten für die Wirtschaft.

Es werden für die Wirtschaft keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.

2. Bürokratiekosten für die Bürger

Es werden für die Bürger keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.

3. Bürokratiekosten für die Verwaltung

Neue Informationspflichten für die Verwaltung werden mit der Änderung von § 25 VwVfG eingeführt: Die bislang nach § 71c Abs. 2 VwVfG nur in Bezug auf Genehmigungsverfahren für wirtschaftliche Unternehmungen geltenden Auskunfts- und Beratungspflichten hinsichtlich beizubringender Unterlagen und Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung werden in den allgemeinen Teil überführt und gelten damit für alle Verwaltungsverfahren. Dasselbe gilt für die Mitteilung der zu erwartenden Verfahrensdauer und die Prüfung der Vollständigkeit eingereichter Unterlagen. Um unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, gilt die Pflicht nur, soweit die Prüfung und Mitteilung der Verfahrensbeschleunigung dienen.

Die neu eingeführten Informationspflichten für die Verwaltung im Einzelnen:

Nach Eingang des Antrags soll dem Antragsteller unverzüglich mitgeteilt werden, ob die Angaben und Antragsunterlagen vollständig sind und mit welcher Verfahrensdauer zu rechnen ist (§ 25 Abs. 2 Satz 2 VwVfG-E).

Die Fristverlängerung ist zu begründen und rechtzeitig mitzuteilen (§ 42a Abs. 2 Satz 3 VwVfG-E). .. Auf Verlangen ist demjenigen, dem der Verwaltungsakt nach § 41 Abs. 1 hätte bekannt zu geben werden müssen, der Eintritt der Genehmigungsfiktion schriftlich zu bescheinigen (§ 42a Abs. 3 VwVfG-E).

Die einheitliche Stelle nimmt Anzeigen, Anträge, Willenserklärungen und Dokumente entgegen und leitet sie unverzüglich an die zuständigen Behörden weiter (§ 71b Abs. 1 VwVfG-E). .. Soll durch die Anzeige, den Antrag oder die Abgabe einer Willenserklärung eine Frist in Lauf gesetzt werden, innerhalb derer die zuständige Behörde tätig werden muss, stellt die zuständige Behörde eine Empfangsbestätigung aus (§ 71b Abs. 3 Satz 1 VwVfG-E). .. Ist der Antrag oder die Anzeige unvollständig, teilt die zuständige Behörde unverzüglich mit, welche Unterlagen nachzureichen sind (§ 71b Abs. 4 Satz 1 VwVfG-E). .. Das Datum des Eingangs der nachgereichten Unterlagen bei der einheitlichen Stelle ist mitzuteilen (§ 71b Abs. 4 Satz 3 VwVfG-E).

Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (§ 71b Abs. 6 Satz 2 VwVfG-E).

Die einheitliche Stelle erteilt auf Anfrage unverzüglich Auskunft über die maßgeblichen Vorschriften, die zuständigen Behörden, den Zugang zu den öffentlichen Registern und Datenbanken, die zustehenden Verfahrensrechte und die Einrichtungen, die den Antragsteller oder Anzeigepflichtigen bei der Aufnahme oder Ausübung seiner Tätigkeit unterstützen (§ 71c Abs. 1 Satz 1 VwVfG-E).

Sie teilt unverzüglich mit, wenn eine Anfrage zu unbestimmt ist (§ 71c Abs. 1 Satz 2 VwVfG-E).

Die zuständigen Behörden erteilen auf Anfrage unverzüglich Auskunft über die maßgeblichen Vorschriften und deren gewöhnliche Auslegung (§ 71c Abs. 2 Satz 1 VwVfG-E).

Die zuständigen Behörden stellen der einheitlichen Stelle insbesondere die erforderlichen Informationen zum Verfahrensstand zur Verfügung (§ 71d Satz 2 VwVfG-E).

Die neu eingeführten Informationspflichten dienen der Entlastung von Unternehmen durch Schaffung einer einheitlichen Ansprechstelle.

VI. Rechtsvereinfachung

Das Gesetz dient der Rechtsvereinfachung. Die Umsetzung der DLRL erfordert zwingend die in dem Entwurf vorgesehenen Anpassungen im Verwaltungsverfahrensrecht.

Durch die Einführung eines einheitlichen neuen Regelungsmodells "Verfahren über eine einheitliche Stelle" und die Einführung eines abgeschlossenen Regelungskonzepts zur Genehmigungsfiktion im Verwaltungsverfahrensgesetz wird dabei verhindert dass es in einer Vielzahl von Spezialgesetzen zu unterschiedlichen Regelungen kommt. Der Erlass spezialgesetzliche Regelungen kann damit auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt bleiben. Zugleich werden im Verwaltungsverfahrensgesetz nicht mehr erforderliche Regelungen aufgegeben.

VII. Befristung

Eine Befristung ist nicht möglich, da die umzusetzenden Vorgaben der DLRL unbefristet gelten. Auch die übrigen Regelungen sind auf Dauer sachgerecht.

VIII. Vereinbarkeit mit EU-Recht

Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar, er dient größtenteils gerade der Umsetzung von EG-Recht im nationalen Recht.

VI. Gleichstellungspolitische Auswirkungen

Das Gesetz hat keine erkennbaren gleichstellungspolitischen Auswirkungen. Grundsätzlich sind Frauen und Männer von den Vorschriften des Entwurfs in gleicher Weise betroffen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht VwVfG)

Die Inhaltsübersicht wird an die Neuregelungen angepasst.

Zu Nummer 2 (§ 14)

Zu Absatz 5

Die Änderung dient der Anpassung an das mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) neu geregelte Recht der Erbringung von Rechtsdienstleistungen.

Das Rechtsdienstleistungsgesetz verwendet nicht mehr den Begriff der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, sondern spricht von der Erbringung von Rechtsdienstleistungen.

Dabei wird die Rechtsdienstleistung als jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, die eine rechtliche Prüfung erfordert, definiert. Zum anderen stellt das Rechtsdienstleistungsgesetz für die Frage der Befugnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen nicht mehr auf die geschäftsmäßige Besorgung der Rechtsangelegenheiten ab.

Zu Absatz 6

Mit der Regelung sollen Wertungswidersprüche zwischen dem Verwaltungsverfahren und dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren verhindert werden. Zu dem nach § 67 Abs. 2 VwGO (in der durch das Rechtsdienstleistungsgesetz geänderten Fassung - n.F.) vertretungsbefugten Personenkreis gehören nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VwGO- n.F. auch die Beschäftigen eines Beteiligten sowie nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VwGO- n.F. auch Familienangehörige. Diese Personen können vom Gericht nach § 67 Abs. 3 Satz 3 VwGO- n.F. zurückgewiesen werden, wenn sie zu sachgerechtem Vortrag nicht in der Lage sind. Bei den in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO- n.F. zur Vertretung Berechtigten besteht diese Möglichkeit dagegen nicht.

Bei der Anpassung von § 14 Abs. 6 VwVfG soll sichergestellt werden, dass im Verwaltungsverfahren nicht Personen mangels individueller Eignung vom Vortrag zurückgewiesen werden können, die uneingeschränkt zur Vertretung vor dem Verwaltungsgericht berechtigt wären.

Zu Nummer 3 (§ 25)

Mit der Ergänzung der bestehenden allgemeinen Beratungs- und Auskunftspflicht werden bewährte Regelungen aus den Vorschriften über die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren nach den bisherigen §§ 71a bis 71e in die allgemeinen Vorschriften übernommen. Die allgemeine Beratungs- und Auskunftspflicht nach § 25 besteht nur innerhalb der sachlichen Zuständigkeit der Behörde. Sie gilt somit auch für die einheitliche Stelle im Sinne von § 71a im Rahmen der ihr - etwa durch das Fachrecht - zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse. Die Pflicht zur Auskunft und Beratung im Rahmen von § 25 beschränkt sich nicht im engen Sinne des § 9 auf Verwaltungsverfahren, die auf den Erlass eines Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrages abzielen, sondern gilt zumindest entsprechend auch in Bezug auf andere Verfahren und Formalitäten - etwa bei reinen Anzeigeverfahren. Über die Pflichten nach § 25 hinaus hat die einheitliche Stelle die Informationspflichten nach § 71c Abs. 1 zu erfüllen.

Die bisherige Regelung bleibt in Absatz 1 erhalten. Angefügt wird ein Absatz 2, der die wesentlichen Regelungen des bisherigen § 71c übernimmt. Der durch das Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz 1996 eingeführte § 71c enthielt Ergänzungen zur allgemeinen Beratungs- und Auskunftspflicht nach § 25, die jedoch beschränkt waren auf Genehmigungsverfahren für wirtschaftliche Unternehmungen.

Die dort geregelten Beratungspflichten bereits vor Beginn des Verwaltungsverfahrens nach § 9, die Mitteilungspflicht hinsichtlich der Vollständigkeit von Angaben und Unterlagen sowie die Auskunftspflicht bezüglich der zu erwartenden Verfahrensdauer haben sich in der Praxis bewährt. Sie dienen der Verfahrensbeschleunigung, fördern die Transparenz des Verfahrens für den Antragsteller und geben damit mehr Planungssicherheit.

Die Regelungen sollen deshalb nicht nur für den bisherigen Anwendungsbereich erhalten bleiben, sondern allgemein für Antragsverfahren gelten.

Die bisher in § 71b ebenfalls nur für Genehmigungsverfahren für wirtschaftliche Unternehmungen ausdrücklich geregelte Beschleunigungsaufforderung wird bereits von der allgemeinen Verpflichtung zur zügigen Durchführung von Verwaltungsverfahren in § 10 Satz 2 erfasst. Hieraus folgt auch die Verpflichtung der Behörde, soweit möglich und geboten Instrumente der Verfahrensbeschleunigung wie etwa das Sternverfahren oder die Antragskonferenz anzuwenden. § 25 Absatz 2 Satz 1 fordert die Verwaltung nunmehr ausdrücklich dazu auf, im Rahmen der Beratungspflicht in allen Antragsverfahren auf Beschleunigungsmöglichkeiten hinzuweisen.

Die Mitteilungspflichten in Absatz 2 Satz 2 sind anders als im bisherigen § 71c Abs. 3 als Soll-Vorschrift ausgestaltet. Die Verpflichtung gilt nicht mehr nur bei in der Regel komplexeren und zeitintensiveren Genehmigungsverfahren für wirtschaftliche Unternehmungen, sondern allgemein und damit auch bei einfacheren Verfahren. Deshalb muss ein Entscheidungsspielraum eröffnet werden, um unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden. So erübrigt sich die Auskunft über die Verfahrensdauer im Einzelfall etwa wenn in der Angelegenheit sogleich entschieden werden kann.

Die Vollständigkeitsprüfung und die Mitteilung dazu sollen der Verfahrensbeschleunigung dienen. Sind sie nicht geeignet, das Verfahren zu beschleunigen, kann darauf verzichtet werden. Das gilt zum Beispiel für Verwaltungsverfahren, die durch eine mündliche Anhörung des Antragstellers geprägt sind, wie z.B. Asylverfahren oder für komplexe Verwaltungsverfahren, bei denen Angaben und Antragsunterlagen nicht vorher abstrakt bestimmt sind.

Zu Nummer 4 (§ 41)

Bislang enthält die Vorschrift nur Regelungen über den Zeitpunkt der Bekanntgabe bei einer Übermittlung im Inland, wobei zwischen Übermittlung per Post und elektronischer Übermittlung unterschieden wird. Die bereits für die elektronische Übermittlung im Inland geltende Zugangsfiktion mit einer Drei-Tage-Frist wird ausgedehnt auf Übermittlungen in das Ausland. Bei der elektronischen Übermittlung wird die Übermittlungsdauer technisch bestimmt, wobei die räumliche Entfernung zum Empfänger praktisch keine Rolle mehr spielt. Es ist deshalb gerechtfertigt, die bisherige auf Übermittlung im Inland beschränkte Fiktionswirkung auf die Übermittlung in das Ausland auszudehnen. Nachteile für den Empfänger entstehen dadurch nicht, da nach § 3a Abs. 1 die elektronische Übermittlung voraussetzt, dass dieser hierfür einen Zugang eröffnet. Eine generelle Ausweitung der Fiktionsregelung für die Übermittlung per Post auf Übermittlungen in das Ausland erscheint dagegen wegen der gegenwärtig noch sehr unterschiedlichen Postlaufzeiten nicht angezeigt.

Nach § 15 steht weiterhin im Ermessen der Behörde, unter den dort genannten Voraussetzungen die Benennung eines Empfangsbevollmächtigten im Inland zu verlangen, soweit nichts anderes geregelt ist. Eine abweichende Regelung enthält z.B. § 71b Abs. 6 (Nr. 5) für das Verfahren über eine einheitliche Stelle.

Zu Nummer 5 (§ 42a)

Für Genehmigungsverfahren im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie muss die Geltung einer Genehmigungsfiktion vorgesehen sein, soweit nicht zwingende Gründe des Allgemeininteresses eine andere Regelung rechtfertigen. Zumindest im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie - und voraussichtlich auch darüber hinaus - wird deshalb künftig das Institut der Genehmigungsfiktion eine größere Bedeutung haben als bisher. Die Vorschrift stellt ein Regelungskonzept für eine Genehmigungsfiktion zur Verfügung und dient in soweit auch der Umsetzung von Art. 13 Abs. 4 DLRL.

Die Vorschrift legt allgemeine Grundsätze fest, regelt aber nicht, bei welchen Genehmigungsverfahren eine Genehmigungsfiktion gelten soll. Dies bleibt dem besonderen Verwaltungsrecht vorbehalten. Dort kann durch Verweis - ggf. verbunden mit abweichenden Maßgaben, etwa zur Entscheidungsfrist - auf die neuen Vorschriften die Geltung der Genehmigungsfiktion angeordnet werden. Die Regelung im Verwaltungsverfahrensgesetz bietet aber zugleich ein vollständiges Regelungskonzept, so dass Maßgabevorschriften auf fachspezifische Besonderheiten beschränkt bleiben können.

Zu Absatz 1

Die Vorschrift enthält die Begriffsbestimmung der Genehmigungsfiktion im Sinne der Fiktion eines beantragten begünstigenden Verwaltungsaktes durch Ablauf einer zuvor festgelegten Frist. Voraussetzung für den Eintritt der Fiktion ist ein hinreichend bestimmter Antrag. Da der Verwaltungsakt nicht erlassen, sondern fingiert wird, muss sich der Inhalt der fingierten Genehmigung aus dem Antrag in Verbindung mit den einschlägigen Genehmigungsvorschriften hinreichend bestimmen lassen. Die Regelung gilt nur, soweit dies durch Rechtsvorschrift ausdrücklich angeordnet ist. Im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie muss das Fachrecht diese Anordnung treffen soweit nicht zwingende Gründe des Allgemeininteresses im Sinne von Art. 4 Nr. 8 DLRL eine andere Regelung rechtfertigen. Eine Rechtfertigung kann sich zum Beispiel aus der Pflicht zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ergeben. Außerhalb des Anwendungsbereichs der Dienstleistungsrichtlinie kann der Fachgesetzgeber eine entsprechende Anordnung vorsehen. Voraussetzung für den Eintritt der Fiktion ist das Fehlen einer Entscheidung innerhalb der dafür festgelegten Frist. Die Genehmigungsfiktion tritt dann mit Fristablauf ein. Der Fristablauf ersetzt auch die wirksame Bekanntgabe des fingierten Verwaltungsaktes. Im Übrigen entfaltet die Genehmigungsfiktion die gleiche Wirkung wie ein entsprechender ordnungsgemäß zustande gekommener und bekannt gegebener Verwaltungsakt. Nicht fingiert wird aber dessen Rechtmäßigkeit. Somit gelten die Regelungen über Nichtigkeit, Rücknahme, Widerruf oder Erledigung eines Verwaltungsaktes entsprechend.

Das Fehlen einer Entscheidung allein rechtfertigt regelmäßig Rücknahme und Widerruf der fingierten Genehmigung nicht, da die Regelung sonst weitgehend leer liefe.

Bei der Ermessensausübung ist das schutzwürdige Interesse des Begünstigten am Fortbestand der Genehmigung besonders zu berücksichtigen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann gebieten, die fingierte Genehmigung nachträglich mit einschränkenden Nebenbestimmungen zu versehen, statt sie aufzuheben. Die fingierte Genehmigung kann auch nur nachträglich und nur soweit mit Nebenbestimmungen versehen werden wie dies bei einem entsprechenden Verwaltungsakt nach materiellem Recht nachträglich zulässig wäre. Entsprechend sind auch die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes zum Rechtsbehelfsverfahren auf die fingierte Genehmigung anzuwenden. Auch insoweit wird die fingierte Genehmigung wie ein ordnungsgemäß zustande gekommener und bekannt gegebener Verwaltungsakt behandelt und kann mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden.

Zu Absatz 2

Die Aufnahme einer Regelentscheidungsfrist von drei Monaten soll Signalwirkung entfalten und ermöglicht die Einführung einer in sich geschlossenen Fiktionsregelung im Fachrecht durch einfache Bezugnahme auf die Vorschrift. Ist diese Regelentscheidungsfrist zu lang oder zu kurz, sind im Fachrecht abweichende Bearbeitungsfristen zu regeln. Das Fachrecht kann die Entscheidungsfristen durch Rechtsvorschrift festlegen. Es kann sie aber auch durch aufgrund entsprechender Rechtsvorschriften erlassene behördliche Fristenpläne regeln, wenn deren Geltung verbindlich angeordnet ist und sie vorab öffentlich bekannt gemacht wurden. Die tatsächlich zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit wird durch die Zugangsfiktion nach § 41 Abs. 2 verkürzt, da eine ablehnende Entscheidung entsprechend früher abgesandt werden müsste. Ist der Verwaltungsakt im Ausland bekannt zu geben, führt dies im Anwendungsbereich der Vorschriften über das Verfahren über eine einheitliche Stelle dazu dass bei Versendung per Post durch die in § 71b Abs. 6 Satz 1 geregelte Bekanntgabefiktion die Bearbeitungszeit effektiv um einen Monat verkürzt wird. Dies ist bei der Bemessung der dem jeweiligen Genehmigungsverfahren angemessenen Frist zu berücksichtigen. Die Behörde muss die Möglichkeit haben, nach sorgfältiger Prüfung des Antrags eine ablehnende Entscheidung rechtzeitig vor Eintritt der Genehmigungsfiktion bekannt zu geben. Außerhalb des Anwendungsbereichs der Dienstleistungsrichtlinie kann die Behörde über § 15 die Bekanntgabe im Ausland ganz vermeiden oder den ablehnenden Bescheid mindestens sieben Tage vor Ablauf der Entscheidungsfrist absenden.

Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die erforderlichen Unterlagen vollständig bei der zuständigen Behörde vorliegen, im Fall des § 71b Abs. 2 am dritten Tag nach Eingang bei der einheitlichen Stelle. Die Regelungen über die Fristverlängerung stellen sicher dass der Normzweck nicht durch wiederholtes oder ungerechtfertigtes Hinausschieben der Entscheidungsfrist vereitelt wird. Sie dienen im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie zugleich der Umsetzung von Art. 13 Abs. 3 und 4 DLRL.

Zu Absatz 3

Die Genehmigungsfiktion entspricht zwar grundsätzlich in ihrer Wirkung einem ordnungsgemäß zustande gekommenen und bekannt gegebenen Verwaltungsakt. Der Begünstigte hat aber kein Dokument in den Händen, mit dem er die fingierte Genehmigung belegen kann. Auch ein Drittbetroffener oder anderer Beteiligter kann ein Interesse an einer schriftlichen Bestätigung der fingierten Genehmigung haben. Die Vorschrift gewährt deshalb nicht nur dem Begünstigten, sondern auch allen, denen der entsprechende Verwaltungsakt bekannt zu geben wäre, einen Anspruch gegen die Behörde auf schriftliche Bescheinigung, dass die Genehmigungsfiktion eingetreten ist. Der Empfang der Bescheinigung markiert zugleich den spätesten Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Genehmigungsfiktion für die Frage der Zulässigkeit der Anfechtung.

Zu Nummer 6 (§ 69)

Bereinigung eines Redaktionsversehens.

Zu Nummer 7 (§§ 71a bis 71e)

Bisherige Regelungen Die bisherigen §§ 71a bis 71e (Beschleunigung von Genehmigungsverfahren) werden ersetzt durch die Vorschriften über das Verfahren über eine einheitliche Stelle.

Die wichtigsten darin enthaltenen Regelungen über besondere Beratungs- und Auskunftspflichten werden den allgemeinen Regelungen in § 25 als Absatz 2 angefügt.

Sie gelten damit nicht mehr nur für Genehmigungsverfahren, die wirtschaftliche Unternehmungen betreffen sondern allgemein.

Die Regelungen über die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren wurden mit dem Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz von 1996 eingeführt. Im damaligen Gesetzentwurf der Bundesregierung war bereits darauf hingewiesen worden, dass statt einer gesetzlichen auch eine untergesetzliche Regelung durch Verwaltungsvorschriften in Betracht gekommen wäre (BT-Drs. 013/3995, S. 2). Mit einer gesetzlichen Regelung sollte vor allem eine Signalwirkung erzielt werden. Diese Signal-und Anstoßwirkung hat das Gesetz in vollem Umfang erreicht: Das Sternverfahren (bisher § 71d) und die Antragskonferenz (bisher § 71e) sind fester Bestandteil des Repertoires der Verwaltung geworden, soweit sie nicht schon davor angewandt wurden. Heute ist das Sternverfahren, bei dem die Behörde in einem Verfahren zu beteiligende andere Träger öffentlicher Belange gleichzeitig und unter Fristsetzung zur Stellungnahme auffordert, überall gebräuchlich. Auch die als Antragskonferenz bezeichnete gemeinsame Besprechung mit beteiligten Stellen und dem Antragsteller ist aus der Verwaltungspraxis nicht mehr wegzudenken.

Der ursprüngliche Gesetzeszweck, eine Signal- und Anstoßwirkung zu erzielen, ist soweit erfüllt, dass - auch im Sinne einer Rechtsbereinigung - auf eine ausdrückliche Erwähnung der einzelnen Instrumente im Gesetz selbst verzichtet werden kann.

Die an ihre Stelle tretende neue Verfahrensart ist nicht beschränkt auf Genehmigungsverfahren im Zusammenhang wirtschaftlicher Unternehmungen, sondern kann darüber hinaus deutliche Verbesserungen für Wirtschaftsunternehmen und Bürger schaffen. Sie bietet Orientierung in einer oft schwer überschaubaren Gemengelage von zu beachtenden Vorschriften, zuständigen Behörden und erforderlichen Verfahren und ermöglicht eine vollständige Verfahrensabwicklung über nur eine Stelle.

Neue Regelungen Mit dem neu gefassten Abschnitt 1a wird in das Verwaltungsverfahrensgesetz eine neue besondere Verfahrensart eingeführt. Für den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie dienen die Vorschriften der Umsetzung der verfahrensrechtlichen Anforderungen an den "einheitlichen Ansprechpartner" im Sinne von Art. 6 DLRL und weiterer verfahrensrechtlicher Anforderungen, etwa der Gewährleistung einer elektronischen Verfahrensabwicklung.

Die Bezeichnung "Verfahren über eine einheitliche Stelle" macht deutlich, dass es sich um ein allgemeines Verfahren handelt, das nicht nur begrenzt auf den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie und den dort verwendeten Begriff des "einheitlichen Ansprechpartners" gelten soll. Die Bezeichnung beschränkt sich auf die verfahrensrechtliche Funktion der Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes und nimmt nicht die verwaltungsorganisatorische Bezeichnung der Behörde vorweg die die Funktion der einheitlichen Stelle tatsächlich ausübt. Für die verwaltungsorganisatorische Bezeichnung der Stelle kann deshalb die Bezeichnung "einheitlicher Ansprechpartner" aus der Dienstleistungsrichtlinie übernommen werden, etwa um den Bezug zur Dienstleistungsrichtlinie deutlich zu machen. Es können aber auch andere der jeweiligen Organisationsentscheidung angemessen erscheinende Bezeichnungen für die einheitliche Stelle gewählt werden.

Entsprechend der Regelungssystematik für besondere Verfahrensarten wie zum Beispiel dem Planfeststellungsverfahren wird ein Verfahren zur Verfügung gestellt, dessen Anwendung im einschlägigen Fachrecht oder durch andere Ausführungsvorschriften angeordnet werden muss. Das Verfahren ist somit nicht beschränkt auf das Wirtschaftsverwaltungsrecht, sondern kann auch für die Abwicklung von Verwaltungsverfahren im Verhältnis Bürger - Verwaltung vorgesehen werden.

Im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie muss eine solche Anordnung getroffen werden, darüber hinaus kann sie erfolgen. Die Verfahrensabwicklung über die einheitliche Stelle selbst stellt grundsätzlich ein Angebot dar. Der Antragsteller, Anzeigepflichtige oder Informationsberechtigte kann frei entscheiden, ob und wie weit er die Hilfe der einheitlichen Stelle in Anspruch nehmen will. Wendet er sich direkt an die zuständige Behörde, gelten wesentliche Verfahrensvorschriften dieses Abschnitts dennoch.

Die einheitliche Stelle hat die Funktion eines unterstützenden Verfahrensmittlers zwischen Bürger oder Unternehmen und den jeweils zuständigen Behörden. Ihre Hauptaufgabe besteht zunächst darin, eine Orientierung über alle einschlägigen Vorschriften und erforderlichen Verfahren und die jeweils zuständigen Behörden zu geben.

Darüber hinaus kann die gesamte Verfahrenskorrespondenz mit den zuständigen Behörden über die einheitliche Stelle abgewickelt werden. Die einheitliche Stelle führt in ihrer Funktion als Verfahrensmittler die Verwaltungsverfahren nicht selbst durch, muss aber zumindest über den jeweiligen Verfahrensstand Auskunft geben können.

Die bestehenden Zuständigkeiten werden durch das besondere Verfahren selbst nicht verändert. Es lässt aber auch zu, dass die Aufgaben der einheitlichen Stelle von einer Behörde wahrgenommen werden, die zugleich für die Durchführung von betroffenen Verfahren zuständig ist. Soweit die Regelungskompetenz für den jeweiligen Verwaltungsträger reicht, können der einheitlichen Stelle weiter gehende Aufgaben und Kompetenzen zugewiesen werden.

Zu § 71a

Die Vorschrift regelt die Anwendbarkeit des neuen Verfahrens der Verfahrensabwicklung über eine einheitliche Stelle. Das Verfahrensmodell beinhaltet nicht nur die eigentliche Verfahrensabwicklung über die einheitliche Stelle, sondern darüber hinaus weitere besondere Verfahrensregelungen. Diese sind von den Behörden immer zu beachten auch wenn die einheitliche Stelle tatsächlich nicht in Anspruch genommen wird.

Zu Absatz 1

Das neue Verfahren soll es dem Einzelnen ermöglichen, für ein bestimmtes Vorhaben erforderliche Genehmigungsverfahren, Formalitäten und sonstige Behördenkontakte vollständig - von der Einholung notwendiger Auskünfte bis zur Entgegennahme einer abschließenden Behördenentscheidung - über eine einzige Stelle abzuwickeln, ohne sich an jede einzelne dieser Behörden direkt wenden zu müssen. Die Vorschriften des Abschnitts lassen die sachlichen Zuständigkeiten oder Befugnisse zur Durchführung der jeweiligen Verwaltungsverfahren unberührt und begründen keine Sach- und Entscheidungskompetenzen der einheitlichen Stelle. Dies wird auch von der Dienstleistungsrichtlinie nicht verlangt (Art. 6 Abs. 2 DLRL). Die Verfahrenshoheit und die Verantwortung für die ordnungsgemäße Anwendung des jeweiligen materiellen Rechts bleiben vielmehr bei den fachlich zuständigen Behörden. Der einheitlichen Stelle werden durch diese Vorschriften weder Aufsichtsbefugnisse noch Eingriffskompetenzen übertragen.

Die Verfahrensabwicklung über die einheitliche Stelle hat erhebliche Auswirkungen auf die fachlich zuständigen Behörden. So müssen sich diese den Eingang der Verfahrenskorrespondenz bei der einheitlichen Stelle nach Ablauf von drei Tagen zurechnen lassen sie müssen Auskunft zu den von ihnen bearbeiteten Verfahren, insbesondere zum Verfahrensstand geben und die Zwischenschaltung der einheitlichen Stelle auch bei der ihnen zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit berücksichtigen.

Schon wegen dieser direkten Auswirkungen auf die betroffenen Verwaltungsverfahren bedarf es einer eindeutigen gesetzlichen Festlegung, in welchen Fällen das Verfahren anzuwenden ist. Auch im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ist eine ausdrückliche Regelung durch Rechtsvorschrift aus Gründen der Bestimmtheit erforderlich. Nach der Richtlinie müssen bei sämtlichen Verfahren und Formalitäten die zur Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit erforderlich sind, die Vorgaben der Richtlinie erfüllt werden. Zum einen ist der Begriff der Dienstleistung an sich auslegungsbedürftig. Die Richtlinie enthält darüber hinaus eine Reihe von Bereichsausnahmen (Art. 2 DLRL), für die sie nicht gilt. Zum anderen müssen zwar alle aber auch nur die Verfahren und Formalitäten berücksichtigt werden, die die Aufnahme oder Ausübung der Dienstleistungstätigkeit regeln und nicht etwa genauso für jeden anderen gelten. Die Regelungen über den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie sind dabei sehr komplex und zum Teil auch auslegungsbedürftig. Es ist deshalb nicht sinnvoll, den Behörden selbst die Prüfung und Feststellung zu überlassen, ob ein Verfahren unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt. Der Anwendungsbereich ist vielmehr vom Normgeber selbst verbindlich festzulegen. Für diesen Bereich muss das neue Verfahren durch Rechtsvorschrift angeordnet werden.

Über den zwingenden Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus - etwa in Branchen, für die die Bereichsausnahmen nach Art. 2 DLRL gelten, oder außerhalb der Wirtschaftsverwaltung - kann es durch Rechtsvorschrift angeordnet werden.

Der Begriff Verwaltungsverfahren ist weit zu verstehen, er umfasst nicht nur sämtliche Tätigkeiten der zuständigen Behörde, die nach § 9 auf den Erlass eines Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrages abzielen, sondern auch solche, die im Zusammenhang mit einem Anzeigeverfahren stehen, oder lediglich Informationspflichten der Behörden betreffen - etwa bei genehmigungs- oder anzeigefreien Tätigkeiten.

Soll das Verfahren über eine einheitliche Stelle abgewickelt werden, so muss dafür eine Stelle bestimmt werden. Diese Festlegung kann jedoch nicht im Verwaltungsverfahrensgesetz erfolgen sondern nur im Verwaltungsorganisationsrecht. Mit den Aufgaben der einheitlichen Stelle kann eine eigens dafür geschaffene Behörde betraut sein. Es können aber auch bestehende Behörden - etwa die für die betroffenen Verfahren hauptsächlich zuständige Genehmigungsbehörde - als einheitliche Stelle bestimmt werden. Das Verwaltungsverfahrensgesetz enthält insoweit keine Einschränkungen.

Zu Absatz 2

Die Inanspruchnahme der einheitlichen Stelle ist freiwillig und erfolgt nur, wenn und soweit dies gewollt ist. Die Regelungen der Dienstleistungsrichtlinie zum Verwaltungsverfahren sind von den zuständigen Behörden jedoch auch dann zu beachten, wenn die einheitliche Stelle nicht in Anspruch genommen, sondern der direkte Kontakt gesucht wird. Absatz 2 stellt deshalb sicher, dass die verfahrensrechtlichen Vorgaben der Richtlinie, soweit sie im Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt werden, auch in diesen Fällen zu beachten sind. Dies betrifft insbesondere die Gewährleistung einer elektronischen Verfahrensabwicklung, die Ausstellung von Empfangsbestätigungen mit einem vorgeschriebenen Mindestinhalt und die Erfüllung weiterer Informationspflichten.

Zu § 71b

Die Vorschrift beschreibt die zentralen Aufgaben der einheitlichen Stelle bei der Verfahrensabwicklung.

Danach hat die einheitliche Stelle bei der Verfahrensabwicklung die Funktion eines Verfahrensmittlers zwischen dem Antragsteller oder Anzeigepflichtigen oder Informationsberechtigten und der jeweils zuständigen Behörde. Die Vorschrift dient im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie der Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 DLRL.

Zu Absatz 1

Die einheitliche Stelle ist grundsätzlich nicht selbst für das jeweilige Verfahren zuständig, soweit nichts Abweichendes geregelt ist. Die wichtigste Funktion ist deshalb die Entgegennahme und unverzügliche Weitergabe der gesamten Verfahrenskorrespondenz.

Damit ist sichergestellt, dass durch die Inanspruchnahme keine unnötige Verfahrensverzögerung entsteht und sich die zuständige Behörde schnellstmöglich mit der Angelegenheit befassen kann. Dies ist besonders wichtig in Verfahren, in denen nach Ablauf einer Entscheidungsfrist eine Genehmigungsfiktion eintritt. Die Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung schließt nicht aus, dass die einheitliche Stelle eine offensichtliche Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit von Angaben oder Unterlagen beanstandet und eine schnelle Fehlerkorrektur befördert. Entsprechende Pflichten ergeben sich aus § 25, der als allgemeine Vorschrift auch für die einheitliche Stelle gilt, die gemäß § 1 Abs. 4 eine Behörde ist. Eine sachgerechte Verfahrensabwicklung über die einheitliche Stelle erfordert deshalb eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den beteiligten Behörden. Die nähere Ausgestaltung dieser Zusammenarbeit kann erforderlichenfalls auch im Rahmen von Verwaltungsvorschriften erfolgen.

Zu Absatz 2

Wird ein Verfahren über die einheitliche Stelle abgewickelt, ergibt sich daraus zwangsläufig eine gewisse Verzögerung. Bei elektronischer Übermittlung wird diese zwar gering sein, sie kann bei Übermittlung durch die Post aber mehrere Tage betragen. Die Inanspruchnahme der einheitlichen Stelle darf sich - etwa beim Inlaufsetzen von Entscheidungsfristen oder der Wahrung von Fristen - nicht zulasten des Antragstellers oder Anzeigepflichtigen auswirken. Er hat Anspruch auf eine zügige Weiterleitung seiner Korrespondenz an die zuständige Behörde, kann die Weiterleitung aber nicht beeinflussen. Andererseits muss auch der Aufwand der Weiterleitung zwischen einheitlicher Stelle und zuständiger Behörde - auch in zeitlicher Hinsicht - angemessen berücksichtigt werden. Zugunsten des Antragstellers oder Anzeigepflichtigen ist deshalb eine Zugangsfiktion bei der zuständigen Behörde nach drei Tagen vorgesehen. Die pauschale Frist entspricht der Frist, die für die Bekanntgabefiktion nach § 41 Abs. 2 für die Übermittlung per Post gilt. Auch bei elektronischer Übermittlung erscheint eine deutlich kürzere Frist nicht geboten. Hier fällt der eigentliche Übermittlungsvorgang zwar nicht ins Gewicht, trotzdem muss eine erforderliche verwaltungsinterne Mindestbearbeitungszeit berücksichtigt werden.

Satz 2 stellt sicher, dass vom Antragsteller oder Anzeigepflichtigen einzuhaltende Fristen bereits mit Eingang bei der einheitlichen Stelle gewahrt werden. Somit gelten für die Verwaltung verschärfte Bedingungen, denn maßgeblich für die Fristwahrung ist der Eingang bei der einheitlichen Stelle und nicht die Weiterleitung durch die einheitliche Stelle, die der Antragsteller oder Anzeigepflichtige nicht beeinflussen kann.

Auch bei verspäteter Weiterleitung durch die einheitliche Stelle wird die Frist bereits bei rechtzeitigem Eingang bei der einheitlichen Stelle gewahrt.

Zu Absatz 3

Bei fristgebundenen Verfahren hat die zuständige Behörde eine Empfangsbestätigung auszustellen die gemäß Absatz 5 regelmäßig über die einheitliche Stelle übermittelt wird. Die einheitliche Stelle kann die Empfangsbestätigung jedoch auch selbst ausstellen soweit ihr entsprechende Kompetenzen zugewiesen sind. Neben der Angabe des Eingangs der Unterlagen bei der einheitlichen Stelle ist auf die in dem Verfahren geltende Frist, die Voraussetzungen für den Beginn des Fristlaufs - das ist regelmäßig das Vorliegen der vollständigen Unterlagen - und an die an den Fristablauf geknüpfte Rechtsfolge - etwa den Eintritt einer Genehmigungsfiktion - hinzuweisen.

Die Empfangsbestätigung muss - in diesem Verfahrensstadium allein mögliche - allgemeine Hinweise zu künftigen Rechtsbehelfen gegen eine spätere Entscheidung oder das Unterlassen einer Entscheidung enthalten. Die Empfangsbestätigung soll damit über die bloße Mitteilung über den Eingang von Unterlagen hinaus dem Antragsteller oder Anzeigepflichtigen Auskunft darüber geben, wo er mit seinem Verfahren steht und was er weiter zu veranlassen oder zu erwarten hat. Im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 13 Abs. 5 DLRL.

Zu Absatz 4

Die zuständige Behörde hat die Unterlagen und Angaben zu prüfen und unverzüglich mitzuteilen wenn sie unvollständig sind, und auf eine Vervollständigung hinzuwirken.

Mit der Mitteilung ist darauf hinzuweisen, dass die Frist erst zu laufen beginnt, wenn die noch fehlenden Unterlagen oder Angaben vorliegen. Der Zeitpunkt des Eingangs nachgereichter Unterlagen oder Angaben bei der einheitlichen Stelle ist ebenfalls mitzuteilen. Für den Beginn des Fristlaufs kommt es auf den Zugang der Unterlagen bei der einheitlichen Stelle an, die Unterlagen gelten nach Absatz 2 am dritten Tag nach Eingang bei der einheitlichen Stelle als bei der zuständigen Behörde eingegangen.

Der Antragsteller soll in die Lage versetzt werden, mit einer voraussichtlichen Verfahrensdauer zu kalkulieren und den Zeitpunkt zu ermitteln, zu dem zu seinen Gunsten eine Genehmigungsfiktion eintritt. Im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 13 Abs. 6 DLRL.

Zu Absatz 5

Mit der Regelung soll erreicht werden, dass bei Inanspruchnahme der einheitlichen Stelle regelmäßig die gesamte Verfahrensabwicklung einschließlich der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes über die einheitliche Stelle erfolgt. Die Regelung geht davon aus dass der Antragsteller bereits durch die Inanspruchnahme der einheitlichen Stelle zu Verfahrensbeginn ausreichend zum Ausdruck bringt, dass er eine vollständige Verfahrensabwicklung über diese eine Stelle wünscht, ohne dass es einer zusätzlichen Erklärung bedarf. Dem mutmaßlichen Willen des Antragstellers wird grundsätzlich der Vorrang eingeräumt vor Zweckmäßigkeitserwägungen der Verwaltung, die eine direkte Verfahrenskorrespondenz zwischen Antragsteller und zuständigen Behörden etwa aus Gründen der Verfahrensökonomie sinnvoll erscheinen ließen.

Die Regelung ist als Ordnungsvorschrift zu verstehen und belässt der Verwaltung einen gewissen Spielraum, von der Regel abzuweichen, etwa um offensichtlich unsinnige Verfahrenshandlungen zu vermeiden, oder wenn ein entsprechender Wille des Antragstellers unterstellt werden kann. Wegen der verfahrensrechtlichen Bedeutung der Bekanntgabe des Verwaltungsakts ist eine Regelung über die Zuständigkeit für die Bekanntgabe erforderlich. Auf Verlangen erfolgt die Bekanntgabe von Verwaltungsakten unmittelbar durch die zuständige Behörde. Ein besonderer Antrag ist hierfür nicht erforderlich, eine gegebenenfalls konkludente Erklärung reicht aus. Der Rücklauf über die einheitliche Stelle hat keine materielle, sondern allenfalls eine formale Bündelungsfunktion.

Zu Absatz 6

Die Vorschrift enthält eine besondere Regelung für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Ausland bei Übermittlung durch die Post. Anders als bei der elektronischen Übermittlung, wo der Übermittlungsvorgang technisch bedingt praktisch ohne Verzögerung erfolgt, ist bei der Übermittlung durch die Post mit längeren Laufzeiten zu rechnen. Die für die Bekanntgabe im Inland nach § 41 Abs. 2 geltende Bekanntgabefiktion nach drei Tagen beruht auf den üblichen Postlaufzeiten im Inland. Sie werden in aller Regel zuverlässig eingehalten und können mit ausreichender Sicherheit unterstellt werden, da sie aufgrund des Postgesetzes von Postunternehmen in Deutschland zu gewährleisten sind. Eine ähnlich sichere Gewähr gibt es beim Weitertransport im Ausland nicht immer. Da der genauen Bestimmung des Bekanntgabezeitpunkts aber eine besondere Bedeutung zukommt, bedarf es einer angemessenen Regelung für eine Bekanntgabefiktion. Die Frist von einem Monat orientiert sich an § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung. Die Fiktion gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder später zugegangen ist, wobei die Behörde im Zweifel den Zugang nachweisen muss. Um eine mögliche Benachteiligung ausländischer Antragsteller zu vermeiden kann von diesen nicht nach § 15 verlangt werden, einen Empfangsbevollmächtigten im Inland zu benennen. Das gilt jedoch nicht gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten im Ausland.

Zu § 71c

Neben der Verfahrensabwicklung im engeren Sinne regelt das Verfahrensmodell bestimmte, dem Verwaltungsverfahren im engeren Sinn vorgelagerte Informationspflichten der einheitlichen Stelle und der zuständigen Behörden ausdrücklich und konkretisiert damit die allgemeine Auskunfts- und Beratungspflicht nach § 25. Es gelten abgestufte Informationspflichten: Die einheitliche Stelle soll einen orientierenden Überblick über alle für das Vorhaben maßgeblichen Vorschriften und Verfahren und die zuständigen Behörden geben. Die zuständigen Behörden geben im Rahmen ihrer sachlichen Zuständigkeit Auskunft über die Anwendung der maßgeblichen Vorschriften.

Zu Absatz 1

Absatz 1 regelt die Informationspflichten der einheitlichen Stelle und dient im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie der Umsetzung von Art. 7 Abs. 1 DLRL.

Die Pflicht erstreckt sich auf alle Informationen, die typischerweise für eine erste Orientierung von der einheitlichen Stelle ohne detaillierte Fachkenntnisse über die jeweils erforderlichen Verfahren und Formalitäten gegeben werden können. Die Informationspflicht der einheitlichen Stelle betrifft Hinweise allgemeiner Art, insbesondere über Genehmigungs- und Anzeigeerfordernisse sowie über zuständige Behörden.

Sie zielt aber nicht auf vertiefte Informationen zu einzelnen Verfahren oder zur Auslegung und Anwendung einzelner fachgesetzlicher Vorschriften bezogen auf den konkreten Einzelfall. Die Informationspflicht bezieht sich auf alle Verfahren und Formalitäten, die der einheitlichen Stelle verwaltungsorganisatorisch zur Abwicklung zugewiesenen sind insbesondere auf die Vorschriften dieses Abschnitts. Die Pflicht zur Mitteilung über unbestimmte Ersuchen in Absatz 1 Satz 2 dient im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie der Umsetzung von Art. 7 Abs. 4 DLRL. Abweichend vom Wortlaut des Art. 7 Abs. 4 DLRL knüpft die Mitteilungspflicht an eine mangelnde Bestimmtheit an, weil Informationsersuchen nicht fehlerhaft oder unbegründet sein können.

Zu Absatz 2

Absatz 2 dient im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie der Umsetzung von Art. 7 Abs. 2 und Abs. 4 DLRL. Da die Informationspflichten der zuständigen Behörde aus Art. 7 DLRL sich im Wesentlichen bereits aus § 25 ergeben, ist lediglich die Maßgabe der unverzüglichen Auskunftserteilung zu ergänzen.

Zu § 71d

Eine funktionierende Verfahrensabwicklung über die einheitliche Stelle setzt eine enge und möglichst reibungslose Zusammenarbeit zwischen der einheitlichen Stelle und den verschiedenen zuständigen Behörden voraus. Gehören die beteiligten Stellen demselben Verwaltungsträger an und unterstehen einer Aufsicht, können verwaltungsinterne Vorschriften für die Regelung der Zusammenarbeit ausreichend sein.

Häufig werden für ein Vorhaben jedoch Verfahren bei verschiedenen Behörden durchzuführen sein, die unterschiedlichen Verwaltungsträgern und Verwaltungsebenen angehören. Die einheitliche Stelle muss somit auch jenseits der eigenen Verbandskompetenzgrenzen handlungsfähig sein.

Die dafür erforderlichen Handlungen können nicht im Rahmen der allgemeinen Amtshilfepflicht eingefordert werden, weil sie inhaltlich im Wesentlichen zu den jeweils eigenen Aufgaben gehören und nicht ausnahmsweise, sondern im Rahmen des besonderen Verfahrens typischerweise und dauernd zu erbringen sind. Es ist deshalb erforderlich, eine über die allgemeine Amtshilfepflicht nach § 4 hinausgehende Verpflichtung der einheitlichen Stellen und zuständigen Behörden zur gegenseitigen Unterstützung bei der Erfüllung der jeweiligen Aufgaben einzuführen.

Zur Gewährleistung der Aufgaben der einheitlichen Stelle als unterstützender Verfahrensmittler müssen einheitliche Stellen und zuständige Behörden in erster Linie für eine reibungslose Kommunikation untereinander sorgen und sich gegenseitig zumindest auf Anfrage über den jeweiligen Verfahrensstand und relevante Verfahrenshandlungen des Antragstellers unterrichten. Da das gesamte Verfahren auf Wunsch über die einheitliche Stelle abzuwickeln ist, kann die Pflicht zur gegenseitigen Unterstützung auch die Bekanntgabe oder Zustellung eines Verwaltungsakts über die einheitliche Stelle umfassen.

Deshalb wird eine auf die Verfahrensabwicklung über die einheitliche Stelle bezogene allgemeine Unterstützungspflicht gegenüber anderen Behörden - auch solchen, die nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, wie etwa die Behörden der Länder - eingeführt. Die bestehenden Amtshilfepflichten bleiben davon unberührt. In die bestehende Kompetenzverteilung wird nicht eingegriffen. Soweit weitergehende Verpflichtungen oder gar Eingriffskompetenzen für erforderlich gehalten werden, etwa um der einheitlichen Stelle - über das nach der Dienstleistungsrichtlinie Erforderliche hinaus - zusätzliche Funktionen zu übertragen, bleibt deren Umsetzung der Vereinbarung der betroffenen Verwaltungsträger oder anderweitigen Regelungen vorbehalten. Die in dieser Vorschrift geregelte Unterstützungspflicht beschränkt sich auf die im Verwaltungsverfahrensgesetz regelbaren Mindestanforderungen zur Gewährleistung der Verfahrensabwicklung über die einheitliche Stelle.

Zu § 71e

Die Vorschrift verpflichtet alle beteiligten Behörden, eine elektronische Verfahrensabwicklung zu ermöglichen. Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob die einheitliche Stelle in Anspruch genommen oder direkter Kontakt mit den zuständigen Behörden gesucht wird. Die Pflicht bezieht sich auf alle Aspekte des Verfahrens, also auch auf die Erteilung von Auskünften nach § 71c. Im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 8 Abs. 1 DLRL.

Die Verfahrensabwicklung erfolgt nicht zwingend elektronisch, sondern nur auf Wunsch des Antragstellers. Ein besonderer Antrag ist nicht erforderlich, es genügt eine ggf. konkludente Erklärung. Wendet sich zum Beispiel der Antragsteller per eMail an die einheitliche Stelle oder die zuständige Behörde, wird dies regelmäßig als konkludente Erklärung für die Wahl der elektronischen Verfahrensabwicklung zu verstehen sein, soweit sich aus dem Zusammenhang kein abweichender Wille erkennen lässt. Satz 2 stellt klar, dass abgesehen vom Anspruch auf elektronische Verfahrensabwicklung gegenüber der Verwaltung die allgemeinen Vorschriften über die elektronische Kommunikation nach § 3a gelten. Insbesondere bleibt zur Ersetzung der Schriftform die qualifizierte elektronische Signatur erforderlich, soweit nichts Abweichendes geregelt ist. Es werden keine bestimmten Formen der elektronischen Verfahrensabwicklung vorgeschrieben.

Da eine Wahlmöglichkeit zwischen elektronischer und konventioneller Verfahrensabwicklung besteht und auch zwischen direkter Kommunikation mit der zuständigen Behörde und indirekter über die einheitliche Stelle, müssen beide - sowohl die einheitlichen Stellen als auch die zuständigen Behörden - in der Lage sein, das Verfahren sowohl elektronisch wie auch konventionell durchzuführen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch)

Es wird auf die Begründung zu Artikel 1 Nummer 2 verwiesen.

Zu Artikel 3 (Änderung des Personenstandsgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 43)

Die Vorschrift erweitert die Zuständigkeit für die Entgegennahme namensrechtlicher Angleichungserklärungen nach Artikel 47 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch auf Standesämter, die das Geburten- und Eheregister der Erklärenden führen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes - PStG). Damit ist das Standesamt am Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Erklärenden nicht mehr umfassend, sondern nur noch dann zuständig, wenn kein Personenstandsregister für den Erklärenden vorhanden ist (§ 43 Abs. 2 Satz 3 PStG). Diese erweiterte Zuständigkeitsregelung ist praxisnah und vermeidet die zeit- und arbeitsaufwändige zusätzliche Befassung des Wohnsitzstandesamtes mit dem Angleichungsverfahren, wenn die Erklärung im Zusammenhang mit einem beurkundeten oder zu beurkundenden Personenstandseintrag abgegeben wird. Die Führung eines Verzeichnisses beim Standesamt I in Berlin entspricht dem üblichen Verfahren bei Namenserklärungen von Personen, für die kein inländischer Personenstandseintrag besteht und dient der Erkennung und Vermeidung von Doppelerklärungen.

Zu Nummer 2 (§ 47)

Die Vorschrift ergänzt die in § 47 des PStG aufgeführten Berichtigungsmöglichkeiten des Standesamts nach Abschluss der Beurkundung. Bei den im Sterberegister einzutragenden Angaben zum Wohnsitz des Verstorbenen handelt es sich lediglich um Hilfsdaten, die für die ordnungsgemäße Zuordnung der verstorbenen Person im Rahmen der nach der Sterbefallbeurkundung erforderlichen Mitteilungen an das Nachlassgericht und die Meldebehörde erforderlich sind. Für eine Berichtigung dieser Angaben erscheint es nicht sachgerecht, ein gerichtliches Anordnungsverfahren durchzuführen.

Zu Artikel 4 (Änderung des Konsulargesetzes)

Beseitigung eines Redaktionsversehens.

Zu Artikel 5 (Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung)

Die Regelung ermöglicht es den Ländern, die Aufgaben einer einheitlichen Stelle (§§ 71a bis 71e VwVfG-E) auf die Rechtsanwaltskammern zu übertragen.

Die Einrichtung der einheitlichen Stellen ist Aufgabe der Länder. Es obliegt ihrer Organisationsentscheidung, ob und gegebenenfalls in welcher Form - etwa gemeinsam mit anderen Berufskammern oder über eine Beteiligung an einer speziell zur Erfüllung der Aufgaben einer einheitlichen Stelle errichteten Einrichtung - sie die Aufgabe den Rechtsanwaltskammern übertragen. Der neue § 73a Satz 1 stellt klar, dass die Aufgaben der Rechtsanwaltskammern durch die Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung und durch weitere Regelungen des Bundesrechts (etwa Gutachten zur Vergütung gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes) nicht abschließend festgelegt sind, sondern dass die Länder die Befugnis haben, die Aufgaben einer einheitlichen Stelle den Rechtsanwaltskammern zu übertragen. Durch den neuen § 73a Satz 2 wird klargestellt, dass die Länder zudem vorsehen können, dass die Rechtsanwaltskammer die Aufgaben der einheitlichen Stelle auch für andere Dienstleister wahrnehmen, etwa solche, die den Bestimmungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes unterfallen.

Zu Artikel 6 (Änderung des Steuerberatungsgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 76)

Die Vorschrift ermöglicht es den Ländern, die Aufgaben einer einheitlichen Stelle (§§ 71a bis 71e VwVfG-E) auf die Steuerberaterkammern zu übertragen. In dieser Funktion sollen sie auch für Nicht-Kammerangehörige tätig werden können.

Die Einrichtung der einheitlichen Stellen ist Aufgabe der Länder. Es obliegt ihrer Organisationsentscheidung, ob und gegebenenfalls in welcher Form - etwa gemeinsam mit anderen Berufskammern oder über eine Beteiligung an einer speziell zur Erfüllung der Aufgaben einer einheitlichen Stelle errichteten Einrichtung - sie die Aufgabe den Steuerberaterkammern übertragen. § 76 Abs. 7 stellt klar, dass die Aufgaben der Steuerberaterkammern durch die Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes und durch weitere Regelungen des Bundesrechts nicht abschließend festgelegt sind.

Zu Nummer 2 (§ 164a)

Die Vorschrift regelt, dass für die von der Steuerberaterkammer nach dem Steuerberatungsgesetz in eigener Zuständigkeit durchzuführenden Verfahren die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes über das Verfahren über eine einheitliche Stelle anzuwenden sind.

Zu Artikel 7 (Änderung des Gesetzes zur Vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern)

Zu Nummer 1 (§ 1)

Buchstabe a

Den Ländern soll die Möglichkeit eröffnet werden, den Industrie- und Handelskammern die Aufgaben einer einheitlichen Stelle nach §§ 71a bis 71e VwVfG-E zu übertragen.

Der neue Absatz 3a stellt deklaratorisch klar, dass die konkrete Zuweisung dieser Aufgabe durch entsprechende Gesetze der Länder erfolgen kann. Diese Gesetze können vorsehen, dass die Kammern auch für Nichtmitglieder tätig werden können.

Damit kann sichergestellt werden, dass z.B. auch Personen, die im Wege der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung tätig werden, sowie auch Angehörige nichtverkammerter Berufe die Industrie- und Handelskammer als einheitliche Stelle in Anspruch nehmen können. Hierbei sind die durch das Wesen der Selbstverwaltungskörperschaft mit Pflichtmitgliedschaft bestehenden verfassungsrechtlichen Grenzen zu beachten.

Die Länder regeln in dem Gesetz, in dem die Zuweisung der Aufgabe erfolgt, auch die Aufsicht. Nach Auffassung der Bundesregierung erfordert die Tätigkeit der Kammer als einheitliche Stelle im Sinne der Dienstleistungsrichtlinie die Fachaufsicht durch die Länder. Zweck der einheitlichen Stelle ist vor allem, die für die Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit erforderlichen Genehmigungs- oder Anzeigeverfahren zu koordinieren und zu vereinfachen. Die Aufgaben der einheitlichen Stelle decken sich damit allenfalls teilweise mit den Aufgaben von Selbstverwaltungskörperschaften im eigenen Wirkungskreis und wären im Übrigen als staatliche Aufgaben im Auftrag oder nach Weisung zu erfüllen. Nehmen Selbstverwaltungskörperschaften staatliche Aufgaben wahr, so ist insoweit regelmäßig eine Fachaufsicht vorgesehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Mängel bei der Aufgabenerfüllung der einheitlichen Stelle sich nicht nur im Verhältnis zu den Dienstleistungserbringern auswirken sondern auch die ordnungsgemäße Verwaltungstätigkeit der betroffenen zuständigen Behörden beeinträchtigen können, z.B. im Zusammenhang mit der Auslösung von Genehmigungsfiktionen.

Der Staat trägt die Verantwortung, dass die einheitliche Stelle die nach der Dienstleistungsrichtlinie vorgesehenen Aufgaben erfüllt. Bei einer Übertragung der Aufgaben auf Selbstverwaltungskörperschaften muss daher sichergestellt sein, dass der Aufsichtsbehörde ausreichende Einflussmöglichkeiten verbleiben.

Der ebenfalls neu eingefügte Absatz 3b ist erforderlich, falls Länder die Aufgabe der einheitlichen Stelle auf eine Einrichtung, z.B. eine Anstalt, übertragen wollen und den Industrie- und Handelskammern ermöglichen möchten, sich an einer solchen Einrichtung zu beteiligen.

Buchstabe b

Der Absatz 4a ist aufzuheben, da die Aufgabenübertragung und Bildung öffentlichrechtlicher Zusammenschlüsse in einem neuen § 10 geregelt wird.

Zu Nummer 2 (§ 4)

Es handelt sich um eine Folgeänderung aufgrund der Ermöglichung der Bildung von und der Beteiligung an öffentlichen Zusammenschlüssen nach § 10.

Zusätzlich wird geregelt, dass auch eine Beteiligung an einer Einrichtung nach § 1 Abs. 3b der ausschließlichen Beschlussfassung durch die Vollversammlung der Industrie-und Handelskammer unterliegt, die sich an der Einrichtung beteiligen möchte.

Ferner wird klargestellt, dass nicht nur die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer, die eine Aufgabe übertragen möchte, sondern auch die Vollversammlung der Kammer, die die Aufgabe übernehmen soll, der Aufgabenübertragung zustimmen muss. Die Beschlüsse der übertragenden und der übernehmenden Kammer sind zu veröffentlichen;

Anlagen zu diesen Beschlüssen sind zu veröffentlichen, soweit sie die Rechte Dritter berühren.

Zu Nummer 3 (§ 9)

Redaktionelle Anpassung an den neu gefassten § 14 der Gewerbeordnung (GewO).

Zu Nummer 4 (§ 10)

Um den Kammern weitere Effizienzsteigerungen und die Nutzung von Synergieeffekten zu ermöglichen, sieht § 10 organisationsrechtliche Flexibilisierungen vor. Dadurch werden den Industrie- und Handelskammern Spezialisierungen erleichtert, die oft nur durch größere Einheiten erbracht werden können. Gleichzeitig ist es aber wichtig dass der örtliche und regionale Bezug der Kammern erhalten bleibt.

Neue Aufgaben der Industrie- und Handelskammern enthalten oft neben dem regional umzusetzenden Teil noch einen bundesweit einheitlich zu erfüllenden Teil. Diese Konstellation besteht z.B. bei der Umsetzung europäischen Rechts und wird voraussichtlich in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Europäische Richtlinien sehen bereits heute in einigen Fällen ausdrücklich für das gesamte Bundesgebiet zuständige Einrichtungen vor. Beispiele aus dem Zuständigkeitsbereich der Industrie- und Handelskammern sind das Versicherungsvermittlerregister ( § 11a GewO) und das EMAS-Register ( § 32 des Umweltauditgesetzes). Hierfür ist es wichtig, dass die Industrie-und Handelskammern stärker als bisher untereinander zusammenarbeiten können.

Die bisher bestehende Regelung für eine Aufgabenübertragung und die Bildung von öffentlichrechtlichen Zusammenschlüssen in § 1 Abs. 4a IHKG hat sich als unzulänglich erwiesen. Die Möglichkeit der Aufgabenübertragung und der Bildung von öffentlichrechtlichen Zusammenschlüssen war den Kammern durch das IHKGÄndG von 1998 vornehmlich eröffnet worden, um hoheitliche Aufgaben gemeinsam erfüllen zu können (vgl. Gesetzentwurf Bundestagsdrucksache 013/9378). Die Regelung hat jedoch aus verschiedenen Gründen wenig praktische Anwendung gefunden: Die Begrenzung der Vorschrift auf einzelne Aufgaben war in ihrer Reichweite zu unbestimmt.

Teilweise wurde in Zweifel gezogen, ob auch ganze Aufgabenbereiche (z.B. Bereich Recht) von einer Kammer auf eine andere übertragen werden können, und ob Zusammenschlüsse auch zur Erfüllung von Aufgaben interner Verwaltung begründet werden können. Schließlich blieb die Zulässigkeit einer Aufgabenübertragung über Ländergrenzen hinweg unklar. Gerade in wirtschaftlichen Ballungsräumen an Ländergrenzen ist die grenzüberschreitende Aufgabenübertragung im Interesse der Unternehmen aber besonders wichtig.

Die Neuregelung stellt nunmehr klar, dass Industrie- und Handelskammern die Aufgaben, deren Erfüllung ihnen aufgrund Gesetz oder Rechtsverordnung obliegt, auf eine andere Industrie- und Handelskammer übertragen können. Sie ermöglicht den Kammern ferner, für die Erfüllung dieser Aufgaben untereinander öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse zu bilden oder sich daran zu beteiligen. Damit schafft sie die Grundlage für die Herstellung leistungsfähiger Einheiten.

Die Rechtsverhältnisse des öffentlichrechtlichen Zusammenschlusses werden durch Satzung geregelt. Soweit die Satzung dies vorsieht, ist der öffentlichrechtliche Zusammenschluss rechtsfähig und kann Dienstherrenfähigkeit besitzen. Die Satzung, durch die der öffentlichrechtliche Zusammenschluss entsteht (Erstsatzung), bedarf der Zustimmung der Vollversammlungen der beteiligten Kammern. Der Zeitpunkt, zu dem der öffentlichrechtliche Zusammenschluss entstehen soll, ist in der Erstsatzung zu regeln. Die Erstsatzung ist durch die beteiligten Industrie- und Handelskammern zu veröffentlichen.

Absatz 3 regelt die Zulässigkeit von Aufgabenübertragungen auf Industrie- und Handelskammern oder öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Zulässigkeit von Beteiligungen an Zusammenschlüssen mit Sitz in einem anderen Bundesland. Voraussetzung ist, dass die grenzüberschreitende Aufgabenübertragung oder die Beteiligung an öffentlichrechtlichen Zusammenschlüssen nicht durch besondere Rechtsvorschriften ausgeschlossen ist. Das kann auch auf Grund von Landesrecht der Fall sein. So existieren bereits entsprechende Regelungen in den Landesgesetzen über die kommunale Gemeinschaftsarbeit, die ebenfalls eine Öffnung für landesfremde Körperschaften vorsehen, soweit besondere Rechtsvorschriften dies nicht verbieten.

Absatz 4 der Vorschrift bestimmt, welche Regelungen des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern auf öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse entsprechend anzuwenden sind. Danach können auch öffentlichrechtlichen Zusammenschlüssen die Aufgaben einer einheitlichen Stelle übertragen werden. Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Zusammenschlüsse werden durch Beiträge der Mitgliedskammern oder Gebühren für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen oder Tätigkeiten aufgebracht. Das Rechnungswesen entspricht dem der Kammern. Die Vollversammlung des öffentlichrechtlichen Zusammenschlusses wählt einen Präsidenten und bestellt einen Hauptgeschäftsführer.

Zu Nummer 5 (§ 11)

Buchstabe a

Die Aufsicht über den öffentlichrechtlichen Zusammenschluss kann nur von einer Aufsichtsbehörde wahrgenommen werden. Die Regelung, wonach dies die Aufsichtsbehörde am Sitz des Zusammenschlusses sein soll, ist schon wegen der geographischen Nähe begründet. Die Rechte der anderen Aufsichtsbehörden sind durch die Genehmigungspflicht bei der Beteiligung einer Kammer aus ihrem Zuständigkeitsbereich gewahrt.

Buchstaben b und c

Die Regelungen schreiben vor, dass die Satzung des öffentlichrechtlichen Zusammenschlusses durch die Aufsichtsbehörde des Zusammenschlusses und die Aufsichtsbehörden der beteiligten Kammern zu genehmigen ist.

Eine Ländergrenzen überschreitende Aufgabenübertragung auf andere Industrie- und Handelskammern wie auch auf öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in anderen Ländern sowie die grenzüberschreitende Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen ist ebenfalls nur im Einvernehmen der in den beteiligten Ländern zuständigen Aufsichtsbehörden zulässig.

Zu Nummer 6 (§ 12)

Buchstabe a

Auch hinsichtlich der Errichtung und Auflösung von öffentlichrechtlichen Zusammenschlüssen sollen die Länder ergänzende Vorschriften erlassen können.

Buchstabe b

Redaktionelle Änderung.

Zu Artikel 8 (Änderung der Handwerksordnung)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Die Inhaltsübersicht wird an die Neuregelungen angepasst.

Zu Nummer 2 (§ 5b)

Verwaltungsverfahren nach der Handwerksordnung oder einer auf Grund der Handwerksordnung erlassenen Rechtsverordnung können über eine einheitliche Stelle abgewickelt werden. Für diese Verfahren gelten die Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze über die einheitliche Stelle.

Zu Nummer 3 (§ 91)

Buchstabe a

Den Handwerkskammern soll die Möglichkeit eröffnet werden, einheitliche Stelle nach §§ 71a bis 71e VwVfG-E zu werden. Die konkrete Zuweisung dieser Aufgabe kann durch entsprechende Gesetze der Länder erfolgen. Diese Gesetze können vorsehen, dass die Kammern auch für Nichtmitglieder tätig werden können. Dies ist zum Beispiel für Personen erforderlich, die im Wege der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung in Deutschland tätig sind. Diese sind auch dann nicht Pflichtmitglied einer Kammer, wenn sie dem Wirtschaftsbereich angehören, den die Kammer im Inland als berufsständische Selbstverwaltungskörperschaft vertritt. Auch kann damit sichergestellt werden, dass z.B. auch Angehörige nichtverkammerter Berufe die Handwerkskammer als einheitliche Stelle in Anspruch nehmen können. Bei der Aufgabenzuweisung sind die durch das Wesen der Pflichtmitgliedschaft bestehenden verfassungsrechtlichen Grenzen zu beachten.

Die Länder regeln in dem Gesetz, in dem die Zuweisung der Aufgabe erfolgt, auch die Aufsicht. Nach Auffassung der Bundesregierung erfordert die Tätigkeit der Kammer als einheitliche Stelle im Sinne der Dienstleistungsrichtlinie die Fachaufsicht durch die Länder. Zweck der einheitlichen Stelle ist vor allem, die für die Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit erforderlichen Genehmigungs- oder Anzeigeverfahren zu koordinieren und zu vereinfachen. Die Aufgaben der einheitlichen Stelle decken sich damit allenfalls teilweise mit den Aufgaben von Selbstverwaltungskörperschaften im eigenen Wirkungskreis und wären im Übrigen als staatliche Aufgaben im Auftrag oder nach Weisung zu erfüllen. Nehmen Selbstverwaltungskörperschaften staatliche Aufgaben wahr, so ist insoweit regelmäßig eine Fachaufsicht vorgesehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Mängel bei der Aufgabenerfüllung der einheitlichen Stelle sich nicht nur im Verhältnis zu den Dienstleistungserbringern auswirken sondern auch die ordnungsgemäße Verwaltungstätigkeit der betroffenen zuständigen Behörden beeinträchtigen können, z.B. im Zusammenhang mit der Auslösung von Genehmigungsfiktionen.

Der Staat trägt die Verantwortung, dass die einheitliche Stelle die nach der Dienstleistungsrichtlinie vorgesehenen Aufgaben erfüllt. Bei einer Übertragung der Aufgaben auf Selbstverwaltungskörperschaften muss daher sichergestellt sein, dass der Aufsichtsbehörde ausreichende Einflussmöglichkeiten verbleiben.

Buchstabe b

Die Vorschrift ist erforderlich, falls Länder die Aufgabe der einheitlichen Stelle auf eine Einrichtung, z.B. eine Anstalt, übertragen wollen und den Handwerkskammern ermöglichen möchten, sich an einer solchen Einrichtung zu beteiligen.

Zu Nummer 4 (§ 106)

Es wird geregelt, dass die Beteiligung an einer Einrichtung nach § 91 Abs. 2a der Beschlussfassung durch die Vollversammlung unterliegt.

Zu Artikel 9 (Änderung des Luftverkehrsgesetzes)

§ 8 Abs. 8 Satz 1 des Luftverkehrsgesetzes erklärt in seiner geltenden Fassung den derzeitigen § 71c VwVfG für das Planfeststellungsverfahren nach dem Luftverkehrsgesetze für entsprechend anwendbar. Die Beratungs- und Auskunftspflichten nach § 71c VwVfG in der bisherigen Fassung galten nur bei Genehmigungsverfahren bezüglich wirtschaftlicher Unternehmungen. Die Änderung wird durch den Wegfall der in Bezug genommenen Vorschrift im Verwaltungsverfahrensgesetz erforderlich. Da der Gesetzentwurf die bislang in § 71c VwVfG geregelten Pflichten nunmehr in § 25 Abs. 2 VwVfG-E regelt und damit verallgemeinert, ist eine ausdrückliche Bezugnahme im Luftverkehrsgesetze nicht mehr erforderlich.

Zu Artikel 10 (Bekanntmachungserlaubnis)

Die Vorschrift ermöglicht die Neubekanntmachung des geänderten Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Zu Artikel 11

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Art. 3 und Art. 4 beziehen sich auf Änderungen durch das Personenstandsrechtsreformgesetz vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S. 122), das am 1. Januar 2009 in Kraft tritt.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 595:
Viertes Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften / Gesetz zur verwaltungsrechtlichen Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie

Der Nationale Normenkontrollrat hat den o.g. Gesetzentwurf auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Gesetz werden zwölf Informationspflichten für die Verwaltung eingeführt. Diese Informationspflichten sind europarechtlich bedingt und dienen u.a. der Schaffung des nach der EG-Dienstleistungsrichtlinie vorgeschriebenen einheitlichen Ansprechpartners bei Verwaltungsverfahren. Für Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Prof. Dr. Wittmann
Vorsitzender Berichterstatter