Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Registrierung und des Datenaustausches zu aufenthalts- und asylrechtlichen Zwecken
(Datenaustauschverbesserungsgesetz)

Der Bundesrat hat in seiner 940. Sitzung am 18. Dezember 2015 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 16 Absatz 5 Satz 2 AsylG), Artikel 2 Nummer 8 Buchstabe b (§ 11 Absatz 1a AZRG)

Begründung:

Die Nutzung von Fingerabdruckdaten ist in den Aufnahmeeinrichtungen auch für Zwecke der Unterbringungsverwaltung erforderlich, um eine zuverlässige Zugangskontrolle bzw. Überprüfung der Berechtigung zum Bezug der dort zu gewährenden Leistungen (insbesondere Unterbringung und Verpflegung) zu gewährleisten.

2. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a (§ 63a Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 AsylG)

In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a sind in § 63a Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 nach den Wörtern "zuständige Aufnahmeeinrichtung" die Wörter "oder Ort der Inobhutnahme eines öffentlich rechtlichen Trägers gemäß § 42a des Achten Buches Sozialgesetzbuch" einzufügen.

Begründung:

Mit der Aufnahme der Ergänzung soll sichergestellt werden, dass die unbegleiteten minderjährigen Ausländerinnen und Ausländer, die nicht in einer Aufnahmeeinrichtung aufgenommen, sondern durch das Jugendamt in Obhut genommen werden, auch am Ort der Inobhutnahme registriert und erkennungsdienstlich behandelt (ED-behandelt) werden können.

3. Zu Artikel 2 Nummer 4 (§ 3 Absatz 2 Nummer 10 AZRG), Nummer 10 (§ 18a Nummer 13 AZRG)

Artikel 2 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Grundsätzlich ist eine Einbeziehung von Daten zur bereits stattgefundenen Gesundheitsuntersuchung zu begrüßen, um beispielsweise Wiederholungen nach einer Verlegung zu vermeiden. Da die Erstuntersuchung und das Röntgen (bzw. eine entsprechende Untersuchung) zum Ausschluss einer Tuberkulose oft zeitlich und örtlich getrennt durchgeführt werden, sind hier Angaben zu Ort und Datum jeweils zur abgeschlossenen Erstuntersuchung sowie separat zur Untersuchung auf Lungentuberkulose nötig.

4. Zu Artikel 2 Nummer 5 Buchstabe a (§ 6 Absatz 1 Nummer 1a AZRG)

Die Verpflichtung der Aufnahmeeinrichtungen zur Registrierung von Ausländern entsprechend § 6 Absatz 1 Nummer 1a AZRG-E ist richtig; diese ist bereits im Asylgesetz verankert.

Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass die grenznahen Aufnahmeeinrichtungen diese umfassende Registrierung nicht in jeder Lage tatsächlich bewältigen können werden. Wenn die Grenzkontrollen aufgehoben werden, ist wiederum ein unkontrollierter Zugang in die Bundesrepublik Deutschland möglich, welcher vorrangig die erstangegangenen Aufnahmeeinrichtungen belasten wird.

Die derzeit bestehende Situation der Grenzkontrollen mit dem Deutschlandausgleich, der zum Teil in den Bearbeitungsstraßen vollzogenen Registrierung und die Zuführung in die Aufnahmeeinrichtung über Wartezentren, könnte sich jederzeit ändern.

Selbst dieses System hat - auch bei "moderaten" Zugängen und der derzeit zeitlich weniger aufwändigen Registrierung - gezeigt, dass eine Vollregistrierung aller Ankommenden nicht möglich ist und ein Bedarf für einen Überlauf oder "Bypass" besteht.

Insbesondere sind vorrangig die Bundesbehörden in der Pflicht, die Ankommenden zu registrieren. Im Überlastungsfall der grenznahen Aufnahmereinrichtungen muss gewährleistet sein, dass die Erhebung und Übermittlung der Daten von allen nach diesem Gesetz zur Registrierung verpflichteten Behörden unverzüglich sichergestellt wird.

5. Zu Artikel 2 Nummer 5 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 6 Absatz 2 Satz 3 Nummer 4 AZRG)

In Artikel 2 Nummer 5 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb ist in § 6 Absatz 2 Satz 3 Nummer 4 die Angabe "Nummer 1," durch die Wörter "Nummer 1 und soweit möglich" zu ersetzen.

Begründung:

Die Polizeivollzugsbehörden der Länder haben Ausländer erkennungsdienstlich zu behandeln (§ 16 Absatz 1, § 19 Absatz 2 AsylG) und tragen somit zur Identifizierung dieses Personenkreises bei. Der Umfang der durch die Polizeivollzugsbehörden der Länder zu übermittelnden Daten hat sich deshalb grundsätzlich an den im Rahmen der erkennungsdienstlichen Maßnahmen erhobenen Daten zu orientieren. Dies sind in der Regel der Familienname, der Geburtsname, die Vornamen, das Geburtsdatum, der Geburtsort, die Nationalität, das Geschlecht, Lichtbild und die Fingerabdruckdaten. Diese Daten genügen den Erfordernissen einer eindeutigen Identifizierbarkeit.

Darüber hinausgehende Daten werden von den Polizeien der Länder soweit möglich erhoben und übermittelt

6. Zu Artikel 2 Nummer 7 Buchstabe b - neu - (§ 10 Absatz 2 Satz 2a - neu AZRG)

Artikel 2 Nummer 7 ist wie folgt zu fassen:

'7. 10 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Den öffentlichen Stellen wird die Befugnis eingeräumt, ein Ersuchen mittels Erhebung von Fingerabdruckdaten der Asylsuchenden, Asylantragsteller sowie unerlaubt Eingereisten oder unerlaubt aufhältigen Personen zu stellen. Dadurch wird im Sinne der schnellen Identifizierbarkeit und der Verwaltungsvereinfachung ein einfacher Zugriff auf die Ausländerzentralregister-Daten des betroffenen Personenkreises ermöglicht. Fingerabdruckdaten sind dadurch für alle im Aufnahme- und Asylverfahren beteiligten Behörden nutzbar.

7. Zu Artikel 2 Nummer 9a - neu - (§ 16 Absatz 1 Nummer 6 - neu - AZRG), Nummer 13 Buchstabe b1 - neu - (§ 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5a - neu - AZRG)

Artikel 2 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Änderungen zielen darauf ab, den Verwaltungsgerichten einen Abruf der ladungsfähigen Anschrift des Betroffenen im automatisierten Abruf zu ermöglichen. Auf diese Weise können zeitaufwändige Nachfragen der Verwaltungsgerichte bei den Ausländerbehörden entfallen und der administrative Aufwand bei den Verwaltungsgerichten würde reduziert.

Hierfür werden die Verwaltungsgerichte in den Kreis der Berechtigten nach § 22 Absatz 1 Satz 1 AZRG-E aufgenommen. Ferner wird § 16 Absatz 1 AZRG um den Datensatz "die Anschrift im Bundesgebiet" (Nummer 6 - neu -) ergänzt. Da die in § 22 Absatz 1 Satz 1 AZRG aufgeführten Empfänger im automatisierten Abrufverfahren grundsätzlich alle Daten erhalten können, die ihnen auch vom Gesetz über das Ausländerzentralregister auf Ersuchen übermittelt werden dürfen, wäre den Verwaltungsgerichten somit ein unmittelbarer Abruf der ladungsfähigen Anschrift des Betroffenen im Rahmen des § 16 Absatz 1 AZRG im automatisierten Verfahren möglich. Für den Abruf der genannten Daten gelten die allgemeinen Voraussetzungen des § 22 Absatz 2 AZRG.

8. Zu Artikel 2 Nummer 11 (§ 18b, § 18b1 - neu - und § 18b2 - neu - AZRG), Nummer 13 Buchstabe a0 - neu - (§ 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a - neu - und Nummer 1b - neu - AZRG)

Artikel 2 ist wie folgt zu ändern:

"1a. die Gesundheitsämter und weitere für die Gesundheitsuntersuchung nach § 62 des Asylgesetzes zuständigen Stellen,

1b. die Jugendämter," '

Begründung:

Um den Zweck der in § 3 Absatz 2 Nummer 10 und 11 AZRG-E geregelten Datenerfassung zu erfüllen, ist es erforderlich, dass die Gesundheitsämter und weitere für die Gesundheitsuntersuchung nach § 62 AsylG zuständige Stellen sowie die Jugendämter Zugang zu den aufgeführten Daten haben. Doppeluntersuchungen, insbesondere Röntgenuntersuchungen, können nur so vermieden werden. Zusätzlich ist im Ausbruchsfall gewährleistet, dass Daten zum Infektionsstatus der zuständigen Behörde unmittelbar zur Verfügung stehen.

Die Zulassung der Gesundheitsämter und weiterer für die Gesundheitsuntersuchung nach § 62 AsylG zuständiger Stellen sowie der Jugendämter für das automatisierte Verfahren ist erforderlich, um zeitliche Verzögerungen im Verfahren zu vermeiden.

9. Zu Artikel 2 Nummer 11 (§ 18c - neu - AZRG)

In Artikel 2 ist Nummer 11 wie folgt zu fassen:

'11. Nach § 18a werden folgende §§ 18b und 18c eingefügt:

" § 18b... < weiter wie Gesetzentwurf >

§ 18c Datenübermittlung an die für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften zuständigen Behörden

An die für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften zuständigen Behörden werden zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu Ausländern, die keine freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger sind, auf Ersuchen die Grunddaten und folgende Daten übermittelt:

Folgeänderung:

In Artikel 3 ist Nummer 3 wie folgt zu fassen:

Begründung:

Gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 1b AZRG-E werden die für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften zuständigen Behörden in den Fällen des § 2 Absatz 1a und Absatz 2 Nummer 1 AZRG zur unverzüglichen Übermittlung von Daten an die Registerbehörde verpflichtet. Diese Verpflichtung zur Übermittlung von Daten sollte mit einem entsprechenden Zugriffsrecht korrespondieren und die für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften zuständigen Behörden sollten - wie die für die Erstaufnahmeeinrichtungen zuständigen Behörden - Zugriff auf die oben genannten vorhandenen Daten erhalten.

10. Zu Artikel 2 Nummer 13 Buchstabe a0 - neu - (§ 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AZRG)

In Artikel 2 Nummer 13 ist dem Buchstaben a folgender Buchstabe voranzustellen:

Begründung:

Gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 1b AZRG-E werden die für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften zuständigen Behörden in den Fällen des § 2 Absatz 1a und Absatz 2 Nummer 1 AZRG zur unverzüglichen Übermittlung von Daten an die Registerbehörde verpflichtet.

Um dieses Zugriffsrecht effizient ausüben zu können, müssen auch die für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften zuständigen Behörden zum Abruf der Daten im automatisierten Verfahren zugelassen werden können.

11. Zu Artikel 2 Nummer 13 Buchstabe b1 - neu - (§ 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5a - neu - AZRG)

In Artikel 2 Nummer 13 ist nach Buchstabe b folgender Buchstabe einzufügen:

Begründung:

Neben den zahlreichen in § 22 AZRG aufgeführten Behörden sollen auch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Abruf von Daten im automatisierten Verfahren zugelassen werden können. In beiden Gerichtsbarkeiten könnten damit Verfahren beschleunigt werden.

In den Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist der ausländerrechtliche Status für eine Vielzahl von Sozialleistungsansprüchen entscheidend (vgl. zum Beispiel die Regelungen in § 7 Absatz 1 Satz 2 und 3 SGB II, § 23 SGB XII, § 1 AsylbLG). Maßgeblich sind insoweit die von den Ausländerbehörden erteilten Aufenthaltstitel. Da es bei diesen Ansprüchen weitgehend um existenzsichernde Leistungen geht, werden häufig Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geführt. Ein schneller und unkomplizierter Zugriff auf die Daten, die den Gerichten nach § 16 Absatz 1 und 2 AZRG zu übermitteln sind,

wäre ein wichtiger Beitrag für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Daneben würde es für die Gerichte und auch für die oft alternativ zur Registerbehörde angefragten Ausländerbehörden eine Arbeitserleichterung bedeuten, wenn die schriftlichen Anfragen und deren Beantwortung entfielen.

Für die ausländer- und asylrechtlichen Streitverfahren, die vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit geführt werden, enthalten die nach § 16 Absatz 1 und 2 AZRG zu übermittelnden Daten ebenfalls notwendige Informationen, die die Gerichte aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes von Amts wegen ermitteln müssen. Mit einer Zulassung zum automatisierten Verfahren könnte viel Zeit gewonnen werden, da die herkömmliche Übermittlung mitunter mehrere Wochen in Anspruch nimmt. Gerade in der aktuellen Situation besteht ein großes öffentliches Interesse daran, dass die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit die bei ihnen anhängigen Asylverfahren, insbesondere die Eilverfahren, innerhalb kurzer Zeit zum Abschluss bringen.

Ohnehin ist nicht ersichtlich, weshalb die Gerichte bislang von der Möglichkeit des automatisierten Datenabrufs aus dem Ausländerzentralregister ausgenommen sind. Für die Schlechterstellung im Vergleich zu den in § 22 AZRG aufgeführten Behörden ist kein sachlicher Grund erkennbar, zumal die Gerichte zum Datenabruf aus der Visadatei im automatisierten Verfahren zugelassen werden können (vgl. § 32 Absatz 1 Nummer 9, § 33 Satz 1 AZRG).

12. Zu Artikel 2 (Löschung der Daten im Ausländerzentralregister)

Der Bundesrat bittet, Verfahren vorzusehen, die es der Registerbehörde ermöglichen, selbst und eigenverantwortlich die Voraussetzungen für eine Löschung von nicht mehr benötigten Daten zu prüfen bzw. abzufragen.

Begründung:

Es muss sichergestellt sein, dass nicht mehr benötigte Daten auch tatsächlich gelöscht werden. Nach der bisherigen und von dem Gesetzesentwurf nicht betroffenen Regelung ist die Registerbehörde vor einer Löschung auf einen entsprechenden Hinweis der die Daten übermittelnden Stellen angewiesen (vgl. § 36 Absatz 2 Satz 2 AZRG). Dies ist bei der Vielzahl der beteiligten Behörden und der mit den Daten eventuell verfolgten Zwecken nicht ausreichend.

13. Zum Gesetzesentwurf allgemein

Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren geprüft wird, ob

Begründung:

Der erforderliche Datenschutz ist gerade bei der von der Bundesregierung gewählten Datenbanklösung durch entsprechende Vorschriften und Verfahren zu gewährleisten. Die Zweckbindung und der Trennungsgrundsatz sind sicherzustellen.

14. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat stellt fest, dass die Kosten, die mit der flächendeckenden Einführung des Ankunftsnachweises und der Einrichtung einer einheitlichen Flüchtlingsdatenbank für die Haushalte von Ländern und Kommunen verbunden sein werden, im Gesetzentwurf der Bundesregierung nur unzureichend spezifiziert und ausgewiesen sind. Er bittet die Bundesregierung, im weiteren Gesetzgebungsverfahren in Abstimmung mit den Ländern eine nachvollziehbare Einschätzung der insbesondere auf Seiten der Aufnahmeeinrichtungen nach dem Asylgesetz entstehenden Umstellungs- und Vollzugskosten vorzulegen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung zudem dazu auf, eine Übernahme etwaiger in den Haushalten von Ländern und Kommunen in Umsetzung des Gesetzes zusätzlich entstehender Kosten durch den Bund sicherzustellen.

Begründung:

Der Gesetzentwurf beinhaltet eine starke Verlagerung von Aufgaben vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf die Erstaufnahmeeinrichtungen und belastet die Haushalte der Länder dadurch in erheblichem Maße. Insbesondere soll die ED-Behandlung auf die Länder übergehen, und die Einführung des Auskunftsnachweises bedeutet eine völlig neue Qualität der Aufgabenwahrnehmung mit erheblichen zusätzlichen Personal- und Sachkosten.

Die den Ländern in diesem Bereich entstehenden zusätzlichen Kosten werden im Gesetzentwurf nicht explizit ausgewiesen. Die Hinweise unter Abschnitte Nummer 3 des Vorblatts des Gesetzentwurfs, wonach bei der Bundespolizei, der Bundesagentur für Arbeit sowie bei Ländern und Kommunen Umstellungskosten für die Anpassung der IT-Systeme in nicht quantifizierbarer Höhe entstehen, sind nicht ausreichend.

15. Zum Gesetzentwurf allgemein