Regelwerk, Allgemein

PartIntG BW - Partizipations- und Integrationsgesetz für Baden-Württemberg
- Baden-Württemberg -

Vom 1. Dezember 2015
(GBl. Nr. 22 vom 04.12.2015 S. 1047; 23.02.2017 S. 99 17; 19.11.2019 S. 481 19; 21.12.2021 S. 1 22)



Der Landtag hat am 25. November 2015 das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für die Behörden, Hochschulen und Gerichte des Landes sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der alleinigen Aufsicht des Landes unterstehen. Für die Gerichte und Staatsanwaltschaften gilt dieses Gesetz nur, soweit sie in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden. Auf die Bestellung und Tätigkeit der Notarinnen oder Notare und Notarassessorinnen oder Notarassessoren findet es keine Anwendung. Die Regelungen des § 8 gelten für alle innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes bestehenden Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnisse sowie alle öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisse.

(2) Ziele und Grundsätze dieses Gesetzes sind beim Erlass von Regelungen zu berücksichtigen.

(3) Alle Einrichtungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes sind verpflichtet, bei ihren Maßnahmen die Ziele zu fördern und die Grundsätze zu beachten, sofern abschließende bundesrechtliche Vorgaben nicht entgegenstehen.

§ 2 Ziele

Dieses Gesetz soll dazu beitragen, gleichberechtigte Teil habe von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens über soziale und ethnische Grenzen hinweg zu verwirklichen und auf diese Weise das friedliche Zusammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen sowie den Zusammenhalt der Gesellschaft zu sichern.

§ 3 Grundsätze

(1) Bei Maßnahmen zur Erreichung der Ziele sind folgende Grundsätze zu beachten:

  1. Integration ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, dessen Gelingen von der Mitwirkung aller Menschen abhängt. Anerkennung und gegenseitiger Respekt aller Menschen unterschiedlicher Herkunft sowie Offenheit für andere Kulturen wirken integrationsfördernd.
  2. Das Land sieht in der Vielfalt der Kulturen, Ethnien, Sprachen und Religionen eine Bereicherung und erkennt die sozialen, kulturellen und ökonomischen Potenziale und Leistungen der in Baden-Württemberg lebenden Menschen mit Migrationshintergrund an. Es berücksichtigt die kulturellen Identitäten der hier lebenden Menschen.
  3. Von allen hier lebenden Menschen wird neben der Einhaltung der Gesetze die Anerkennung der durch das Grundgesetz und die Landesverfassung geschützten gemeinsamen Grundwerte erwartet.
  4. Die Einbürgerung von Ausländerinnen oder Ausländern, die die Voraussetzungen hierfür erfüllen, liegt prinzipiell im Interesse des Landes.
  5. Art und Umfang der Teilhabemöglichkeiten und der Integrationsförderung richten sich nach dem persönlichen Bedarf der Menschen mit Migrationshintergrund und ihrem rechtlichen Status.
  6. Die Möglichkeit, sich auf Deutsch verständigen zu können, ist für das Gelingen der Integration von zentraler Bedeutung. Das eigene Engagement beim Spracherwerb ist dabei unerlässlich.

(2) Subjektivöffentliche Rechte, insbesondere Ansprüche auf finanzielle Förderung, werden durch dieses Gesetz nicht begründet.

§ 4 Begriffsbestimmung

(1) Menschen mit Migrationshintergrund sind:

  1. alle zugewanderten und nicht zugewanderten Ausländerinnen oder Ausländer,
  2. alle nach 1955 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Deutschen und
  3. alle Deutschen mit zumindest einem nach 1955 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Elternteil.

Die Regelungen dieses Gesetzes, die sich auf Menschen mit Migrationshintergrund beziehen, gelten für Deutsche mit zumindest einem nach 1955 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Großelternteil entsprechend, soweit sie in einzelnen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens aus integrations- oder migrationsspezifischen Gründen noch nicht über gleiche Teilhabechancen verfügen.

(2) Beschäftigte im Sinn dieses Gesetzes sind die Beamtinnen oder Beamten, Richterinnen oder Richter sowie die Beschäftigten und Auszubildenden im öffentlichen Dienst. Beschäftigte im Sinn des § 8 sind auch die außerhalb des öffentlichen Dienstes beschäftigten Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer sowie Auszubildenden.

§ 5 Aufgaben des Landes Aufgaben des Landes sind

  1. Menschen mit Migrationshintergrund beim Erlernen der deutschen Sprache zu fördern,
  2. integrationsfördernde Strukturen auf Landes- und kommunaler Ebene zu entwickeln und zu unterstützen und dabei insbesondere mit den kommunalen Landesverbänden, den kommunalen Integrationsbeauftragten und mit Migrantenorganisationen zusammenzuarbeiten,
  3. die Entwicklung und Stärkung nachhaltiger Strukturen der Elternbeteiligung am Bildungsweg der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sowie die Zusammenarbeit der Eltern mit Akteuren und Einrichtungen im Bildungsbereich zu fördern,
  4. Menschen mit Migrationshintergrund beim Zugang zu Ausbildung und Beschäftigung im Rahmen der geltenden Gesetze und des Grundgesetzes zu unterstützen,
  5. die Stärkung des Zusammenlebens und des gesellschaftlichen Zusammenhalts zwischen allen im Land lebenden Menschen zu fördern,
  6. Maßnahmen zu ergreifen zur Bekämpfung von
    1. Diskriminierung, Rassismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit; dies geschieht insbesondere durch Sensibilisierung der Bevölkerung für diese Themen und die Förderung der Arbeit von Vernetzungsstellen und Antidiskriminierungsnetzwerken,

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