umwelt-online: DIN 1055-2 Lastannahmen für Bauten; Bodenkenngrößen (2)

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Zu 3 Begriffe

Zu 3.6 bis 3.8

Auf eine gedachte lotrechte oder annähernd lotrechte Ebene wirkt im ungestörten Erdreich entsprechend der Eigenlast und den elastischen Eigenschaften des Bodens ein Ruhedruck, der auf Grund theoretischer Überlegungen im allgemeinen geradlinig mit der Tiefe zunehmend angenommen wird. Kann diese Ebene, z.B. durch einseitiges Abgraben, seitlich ausweichen, so findet ein Übergang vom elastischen in den plastischen Zustand statt, in dem die Scherfestigkeit des Bodens eine ausschlaggebende Rolle spielt. Mit zunehmender Bewegung nimmt der Erddruck von der ursprünglichen RuhedrucklastEo ab auf den Grenzwert des aktiven Erddruckes mit der ErddrucklastEa. Von den unendlich vielen ebenen Gleitflächen, die im plastischen Zustand denkbar sind, wird nach der Theorie von Coulomb diejenige als maßgebend angesehen, welche die größte rechnerische GesamterddrucklastEa liefert.

Zwischen den beiden Grenzfällen "Ruhedruck" und "Aktiver Erddruck" sind entsprechend der tatsächlich auftretenden Wandbewegung Zwischenwerte möglich. Ist die Bewegung der Wand auf Grund ihrer Bauart und Herstellungsweise zu gering oder wird die Bewegung durch entsprechende Maßnahmen absichtlich behindert, dann tritt ein Erddruck auf, der größer ist als der aktive Erddruck, aber kleiner als der Ruhedruck. Man kann diese Erscheinung ähnlich wie den Erdruhedruck auf eine teilweise Mobilisierung des Scherwiderstands in der maßgebenden Gleitfläche zurückführen. In der Praxis hat es sich eingebürgert, in diesem Fall entweder einen Erddruckwert zwischen dem aktiven Erddruck und dem Ruhedruck zu wählen oder den errechneten aktiven Erddruck mit einem entsprechend gewählten Faktor zu multiplizieren. Von der zweiten Möglichkeit stammt die Bezeichnung "Erhöhter aktiver Erddruck" bzw. "Erhöhter Erddruck" her. Die Verteilung des erhöhten Erddrucks über die Wandhöhe richtet sich in ähnlicher Weise wie die Verteilung des aktiven Erddrucks nach den Verformungs- und Bewegungsmöglichkeiten der Wand. Hierzu siehe auch die Empfehlungen des Arbeitskreises "Baugruben" [2].

Zu 4 Ermittlung der Bodenkenngrößen

Zu 4.2

Da die Forderung, die für die Lastannahmen benötigten Bodenkenngrößen durch bodenmechanische Untersuchungen festzulegen, nur "im Grundsatz" erhoben wird, wird man es im Einzelfalle auch von den Abmessungen des Bauwerks und der Empfindlichkeit seiner Konstruktion abhängig machen, ob die Bodenkenngrößen - sofern sie nicht ohnehin nach Abschnitt 4.3 von früheren Bodenuntersuchungen übernommen werden können - durch bodenmechanische Untersuchungen ermittelt oder aus den Tabellen der Norm entnommen werden. So fordert DIN 4124, Ausgabe Januar 1972, im Falle von Baugruben und Gräben bodenmechanische Untersuchungen erst ab 5 m Baugrubentiefe.

Werden die für die Lastannahmen erforderlichen Bodenkenngrößen auf Grund von bodenmechanischen Untersuchungen festgelegt, so sind die in den Versuchen ermittelten Werte mit angemessenen Zu- bzw. Abschlägen zu versehen. Die Zu- bzw. Abschläge richten sich im wesentlichen danach,

  1. wie die zu untersuchenden Proben ausgewählt worden sind,
  2. ob die verwendeten Versuchsgeräte erfahrungsgemäß auf der sicheren oder auf der unsicheren Seite liegende Ergebnisse liefern,
  3. welche Streuurigen die Versuchsergebnisse aufweisen,
  4. wie die Inhomogenitäten des Bodens zu beurteilen sind,
  5. wofür die Bodenkenngrößen gebraucht werden, bzw.
    welche Berechnungsverfahren angewendet werden.

Bei der Wahl der Zu- bzw. Abschläge kann die Empfehlung E 96 (Sicherheitsbeiwerte bei Anwendung der EAU) des Arbeitsausschusses "Ufereinfassungen" [1] als Grundlage für eine auf der sicheren Seite liegende Festlegung angesehen werden.

Zu 4.4

Die in den Tabellen aufgeführten und gegebenenfalls entsprechend den Angaben in den Abschnitten 5 und 6 erhöhten oder verminderten Bodenkenngrößen sind Rechenwerte im Sinne von Abschnitt 4.2. So liegen die angegebenen Reibungswinkel stets an der unteren Grenze der Wahrscheinlichkeit, die damit errechneten Erddrucklasten dagegen an der oberen Grenze. Die angegebenen Wichten liegen an der oberen Grenze der Wahrscheinlichkeit, wenn eine höhere Lastannahme die tatsächliche Sicherheit erhöht, z.B. beim Nachweis der Standsicherheit von Stützbauwerken, und an der unteren Grenze, wenn eine niedrige Lastannahme zu einer größeren Sicherheit führt, z.B. beim Nachweis der Auftriebssicherheit. Im übrigen soll die Angabe der inneren Reibungswinkel auf 0,5° keine besondere Genauigkeit vortäuschen, sondern nur die Benutzung der bestehenden Tabellenwerke erleichtern.

Im Abschnitt 5.2 sind Hinweise gegeben, wie zu verfahren ist, wenn die Tabellenwerte für nichtbindige Böden verwendet werden sollen, obwohl keine Erfahrungen oder Untersuchungen über die Lagerungsdichte vorliegen. Eine entsprechende Angabe ist im Abschnitt 6.2 für den Fall enthalten, daß bei bindigen Böden weder der Grad der Plastizität noch die Zustandsform bekannt sind. Diese Angaben stehen - da sie auf der sicheren Seite liegen - nicht im Widerspruch zu der Forderung im Abschnitt 4.4, wonach die anstehenden Böden nach ihrer Art und Beschaffenheit soweit bekannt sein müssen, daß sie in die Bodengruppen der Tabellen eingereiht werden können. Als Mindestforderung bleibt bestehen, daß eine Unterscheidung nach folgenden Gesichtspunkten möglich sein muß:

  1. Ist der Boden bindig oder nichtbindig?
  2. Ist die betreffende Bodenart in den Tabellen erwähnt?
  3. handelt es sich bei einem nichtbindigen Boden um Sand, Kies oder ein gemischtkörniges Material, weist er eine steile oder flache Körnungslinie auf?
  4. Handelt es sich bei einem bindigen Boden um organisches oder anorganisches Material bzw. liegt Torf vor?

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