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WEA-Erl. - Grundsätze für Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen
- Nordrhein-Westfalen -
Vom 21 Oktober 2005
(MBl. Nr. 49 vom 21.10.2005 S. 1288; 11.07.2011 S. 321aufgehoben)
1 Allgemeines
Aufgrund der gravierenden Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Mensch und Umwelt hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen beschlossen, den Windenergie-Erlass grundlegend zu überarbeiten. Ziel ist es, allen Beteiligten, insbesondere aber den Gemeinden, eine Hilfestellung bei der Planung und Zulassung von Windkraftanlagen zu geben und ihnen die planerischen Spielräume aufzuzeigen. Der Erlass nimmt deshalb zu allen Fragen Stellung, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind. Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen (Windkraftanlagen), sind gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch (BauGB) im Außenbereich privilegiert. Um eine ausgewogene Planung und damit Steuerung zu gewährleisten, können im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung und Landesplanung Ausweisungen für Windkraftanlagen erfolgen (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB), die als öffentlicher Belang einer Windkraftanlage an anderer Stelle entgegenstehen können. Die Gemeinden haben bei der Ausweisung einer Konzentrationszone keine besondere Pflicht zur Förderung der Windenergie; sie sind auch nicht verpflichtet, einen wirtschaftlich optimalen Ertrag sicherzustellen (vgl. OVG NRW, Urt. v. 30.11.2001 -7 a 4857/00- BauR 2002, 886 - bestätigt durch BVerwG, Urt. v.17.12.02 -4 C 15.01- BauR 2003, 828). Durch die Ausweisung von besonders geeigneten Flächen für die Windenergienutzung werden die Voraussetzungen für eine planvolle und gezielte Errichtung von Windkraftanlagen geschaffen. Im Hinblick auf die notwendige Schonung des Freiraumes und die optimale Ausnutzung von Flächen ist eine Konzentration von Windkraftanlagen an geeigneten, verträglichen Standorten in Windfarmen einer Vielzahl von Einzelanlagen in der Regel vorzuziehen.
Die Voraussetzungen von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB liegen nur vor, wenn im Rahmen der Planung auf der Grundlage einer Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet wurde. Es ist darzustellen, welche Zielsetzungen und Kriterien für die Abgrenzung der Konzentrationszone maßgebend waren.
Nach einer im Jahre 2004 durchgeführten Umfrage der Landesregierung haben ca. ¾ aller Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen Konzentrationszonen in ihren Flächennutzungsplänen dargestellt. Die Möglichkeit der Zurückstellung von Baugesuchen zur Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit wird mit der seit dem 20.7.2004 (In-Kraft-Treten der Änderung des Baugesetzbuchs durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau) geltenden Regelung des § 15 Abs. 3 BauGB auf Flächennutzungspläne (für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB) ausgedehnt (s. Nr. 3.3.3). Damit haben die Gemeinden ein geeignetes Instrument, die Planung zur Steuerung von Windkraftanlagen in ihrem Gemeindegebiet zu sichern, ansonsten könnten sie nur im Rahmen von Einzelgenehmigungen ihr Einvernehmen verweigern (s. Nr. 3.3.1 Abs. 3).
Soll im Rahmen der Regional- oder Bauleitplanung von der Möglichkeit des Planungsvorbehalts Gebrauch gemacht werden, so hat der Planungsträger sich an den allgemeinen Anforderungen zu orientieren, die sich aus dem Abwägungsgebot ergeben. Die Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windkraftanlagen freizuhalten. Auskunft darüber, welche Gesichtspunkte aus städtebaulicher Sicht einen Ausschluss rechtfertigen, gibt § 1 Abs. 5 BauGB. Die Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB bietet weitere Anhaltspunkte dafür, welche Belange bei der Ausführung von Vorhaben im Außenbereich relevant sind. Die Belange müssen sich aus den konkreten Gegebenheiten nachvollziehbar herleiten lassen.
Belange, die einen Ausschluss rechtfertigen können, sind z.B. der Fremdenverkehr, der Naturschutz und die Landschaftspflege einschließlich der Erholungsfunktion der Landschaft, das Orts- und Landschaftsbild und der Immissionsschutz. Je nach der konkreten Situation können die verschiedensten sonstigen Schutzgüter, wie etwa der Schutz von Rohstoffvorkommen und militärischen Einrichtungen oder von technischen Systemen, Einschränkungen gebieten. Aus Gründen z.B. des Naturschutzes und der Landschaftspflege einschließlich der Erholungsfunktion der Landschaft können bestimmte "Tabu-Zonen" aus der weiteren Prüfung ausgesondert werden. Bei der Festlegung von Tabu-Zonen aus Gründen des Immissionsschutzes können pauschale Abstände zu jeder schützenswerten Wohnbebauung angesetzt werden. Diese Abstände können zulässigerweise auch auf einen vorbeugenden Immissionsschutz ausgerichtet werden und konkret für weitere Entwicklungen in den Blick genommene potenzielle Siedlungserweiterungsflächen mitberücksichtigen. Abwägungsfehlerhaft ist eine solche am Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG orientierte Planung im Rahmen des Darstellungsprivilegs des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erst dann, wenn sie auch unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums, den der Gesetzgeber dem Planungsträger zubilligt, nicht mehr begründet ist. Wie in Nr. 8.1.1 dargestellt, ergeben sich Abstände von 1500 m zu Wohngebieten. Es wird daher empfohlen, bei der Regionalplanung und der Bauleitplanung im Rahmen der planerischen Abwägung eigenständig gebietsbezogen das Maß des Hinnehmbaren im Sinne des vorbeugenden Immissionsschutzes zu steuern und i.d.R. einen Mindestabstand von 1500 Metern vorzugeben. Aus Gründen der Vorsorge gegen beeinträchtigende Wirkungen von Windenergieanlagen ist in der Bauleitplanung ein Abstand von 1500 Metern zu einer schützenswerten Wohnbebauung durchaus begründbar.
2 Landes- und Regionalplanung
2.1 Darstellung in den Regionalplänen
In den Regionalplänen können regionale Ziele zur Steuerung der Windenergienutzung oder für die landesplanerische Überprüfung von Darstellungen für die Windenergienutzung in Flächennutzungsplänen textlich und zeichnerisch festgelegt werden (vgl. Nr. 2.3). Sofern in den Regionalplänen eine zeichnerische Darstellung erfolgt, stehen dafür "Freiraumbereiche für sonstige Zweckbindungen - Windenergie" (Planzeichen 2.ec) der Anlage zu § 3 Abs. 1 der Planverordnung zur Verfügung. Die Darstellung der Bereiche erfolgt als Vorranggebiet mit der Wirkung eines Eignungsgebietes (s. § 13 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 LPlG), um die in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB angelegte Konzentrationswirkung zu erreichen.
Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB können durch eine positive Standortausweisung in einem Plangebiet für Anlagen zur Nutzung von Windenergie die übrigen Flächen frei gehalten werden. Das Steuerungsinstrument der Positivausweisung mit der damit verbundenen Ausschlusswirkung bezieht sich bei der Regionalplanung nur auf raumbedeutsame Vorhaben.
2.2 Raumbedeutsamkeit der Windkraftanlagen
Raumbedeutsam ist eine Planung, durch die die räumliche Entwicklung eines Gebietes beeinflusst wird oder Raum in Anspruch genommen wird (vgl. § 3 Nr. 6 ROG). In der Regel wird eine Einzelanlage mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m als raumbedeutsam anzusehen sein. Ob eine einzelne Windkraftanlage im Sinne von § 3 Nr. 6 ROG im Übrigen raumbedeutsam ist, beurteilt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls.
2.3 Eignung der Bereichsdarstellungen im Regionalplan
Hinsichtlich ihrer Eignung für die Darstellung von Bereichen für die Windenergie werden folgende Bereiche unterschieden:
Neben den Aspekten der Raumverträglichkeit sind die Windhöffigkeit und die Nähe zu Leitungen und Einspeisepunkten in das öffentliche Stromnetz zu berücksichtigen. Hinsichtlich erforderlicher Abstände s. Nr. 8.1 .
2.3.1 Geeignete Bereiche
Aus Sicht der Landesplanung sind insbesondere die allgemeinen Freiraum- und Agrarbereiche für die Darstellung von Bereichen für die Windenergienutzung geeignet, sofern sie nicht gleichzeitig entgegenstehende Funktionen, insbesondere zum Schutz von Natur und Landschaft, erfüllen (vgl. Nr. 2.3.3).
2.3.2 Bereiche, die hinsichtlich der Geeignetheit im Einzelfall zu prüfen sind
2.3.3 Tabubereiche
Wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit kommt die Ausweisung von Bereichen für die Windenergienutzung in Bereichen für den Schutz der Natur, in Waldbereichen und in Überschwemmungsbereichen nicht in Betracht.
2.4 Umweltprüfung
Die Anforderungen an die Umweltprüfung ergeben sich aus §§ 14, 15 LPlG i.V.m. der Planverordnung zum LPlG.
3 Bauleitplanung
3.1 Allgemeines
Bei der Ausweisung von Konzentrationszonen für Windkraftanlagen in Bauleitplänen sind die unter Nr. 8 aufgeführten spezialgesetzlichen Regelungen zu beachten.
3.2 Anpassung der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung
Gemäß § 1 Abs. 4 BauGB sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Dementsprechend sind Ziele der Raumordnung für die Bauleitplanung unmittelbar bindende Vorgaben und nicht Gegenstand der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB.
Nr. 2.3 gilt entsprechend. Auch Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereiche (großflächige Industriegebiete) kommen für die Ausweisung von Konzentrationszonen in Betracht.
Im Anpassungsverfahren nach § 32 LPlG werden Darstellungen für die Windenergienutzung in Bauleitplänen darauf überprüft, ob sie an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung angepasst sind (grundsätzlich die Überprüfung von Ausweisungen in Flächennutzungsplänen, ausnahmsweise auch von Festsetzungen in Bebauungsplänen). Sofern Windenergiebereiche im Regionalplan ausgewiesen sind, kann eine Gemeinde aus auf der Ebene des Regionalplans noch nicht berücksichtigten Gründen im Rahmen eines gemeindlichen Gesamtkonzepts davon abweichen (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 22.9.2005 - 7 D 21/04.NE). Vor einer Entscheidung nach § 32 LPlG, die im offensichtlichen Widerspruch zu Festsetzungen nach anderen Rechtsvorschriften steht (z.B. Baufläche im Bereich einer Landschaftsschutzverordnung), sollte die entsprechende Fachplanung beteiligt werden. Wenn der Träger der Fachplanung der beabsichtigten Ausweisung in der Bauleitplanung nicht zustimmt, ist eine positive landesplanerische Anpassung nach § 32 LPlG rechtlich möglich, aber nicht Ziel führend.
3.3 Flächennutzungsplan
3.3.1 Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan
Nach § 5 i.V.m. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB können die Gemeinden im Flächennutzungsplan "Konzentrationszonen für Windkraftanlagen" darstellen. Eine solche Darstellung hat das Gewicht eines öffentlichen Belangs, der einer Windkraftanlage an anderer Stelle in der Regel entgegensteht. Sofern die Gemeinde zur wirksamen Steuerung der Windenergienutzung von ihrem Planungsrecht Gebrauch macht, soll sie ihre Bürgerinnen und Bürger - unabhängig von deren formalen Beteiligungsrechten - so frühzeitig wie möglich über die Planung informieren. Die Voraussetzungen von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB liegen nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer Untersuchung des gesamten Gemeindegebietes ein schlüssiges Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet hat. Ergebnis des Plankonzepts kann auch die Ausweisung einer einzigen Konzentrationszone sein, die Größe der ausgewiesenen Fläche ist nicht nur in Relation zur Gemeindegröße, sondern auch zur Größe der Gemeindegebietsteile zu setzen, die für eine Windenergienutzung nicht in Betracht kommen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.1 - BauR 2003, 828). In der Begründung ist darzustellen, welche Zielsetzungen und Kriterien für die Abgrenzung der Konzentrationszone maßgebend waren.
Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, von dem Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Gebrauch zu machen, wenn geeignete Flächen vorhanden sind. Die Gemeinde wäre dann darauf beschränkt, im Rahmen des § 36 BauGB geltend zu machen, dass einem bestimmten Vorhaben öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BauGB entgegenstehen. Ist hingegen im gesamten Gemeindegebiet keine geeignete Fläche zu finden, darf die Gemeinde keine Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan vorsehen, weil mit der Darstellung von für die Windenergienutzung ungeeigneten Flächen der Gesetzeszweck des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verfehlt würde. Auch in diesem Fall bleibt es beim allgemeinen Zulässigkeitstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB.
Bei der Darstellung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan empfiehlt es sich, neben der Grundnutzung (z.B. "Fläche für die Landwirtschaft", Industriegebiet) die Konzentrationszonen für die Windkraftanlagen als zusätzliche Nutzungsmöglichkeit durch Randsignatur darzustellen (überlagernde Darstellung).
3.3.2 Höhenbegrenzungen
Nach § 16 Abs. 1 Baunutzungsverordnung - BauNVO - kann die Begrenzung der Höhe baulicher Anlagen dargestellt werden; dabei sind das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme (Nr. 5.2.2.3) und der Stand der Anlagentechnik (z. B "gängige" Höhe) zu berücksichtigen. Höhenbeschränkungen müssen aus der konkreten Situation abgeleitet und städtebaulich begründet sein; dazu gehört auch die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB). Allerdings muss in die Abwägung eingestellt werden, ob die Konzentrationszone auch unter Berücksichtigung der beschränkenden Regelungen wirtschaftlich noch sinnvoll genutzt werden können.
3.3.3 Sonstige Darstellungen
Soweit erforderlich, sind Flächen für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. BImSchG (§ 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB) sowie Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft (§ 1a Abs. 3, § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB) darzustellen. Für weitergehende Regelungen (z.B. gestalterische Festsetzungen) ist die Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich.
3.3.4 Sicherung der Planung
Die Möglichkeit der Zurückstellung von Baugesuchen zur Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit wird mit der seit dem 20.7.2004 (In-Kraft-Treten der Änderung des Baugesetzbuchs durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau - EAG Bau) geltenden Regelung des § 15 Abs. 3 BauGB auf Flächennutzungspläne (für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB) ausgedehnt und an Voraussetzungen geknüpft.
Voraussetzungen sind, dass
Der Zeitraum der Zurückstellung ist in dem Zurückstellungsbescheid anzugeben und darf längstens ein Jahr ab Zugang des Bescheids betragen. Die Zeit zwischen dem Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde bis zur Zustellung des Zurückstellungsbescheides wird auf die Jahresfrist nur insoweit nicht angerechnet, als dieser Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich war (§ 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Gemeinde hat den Zurückstellungsantrag innerhalb von sechs Monaten zu stellen, nachdem sie erstmals in einem Verwaltungsverfahren förmlich (z.B. im Rahmen einer Beteiligung nach § 36 BauGB) von dem Bauvorhaben Kenntnis erlangt hat (§ 15 Abs. 3 Satz 3 BauGB). Der Zurückstellungsantrag ist nicht mehr möglich, wenn die Genehmigung erteilt ist.
3.4 Bebauungsplan
Die Gemeinde kann die Errichtung von Windkraftanlagen in im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszonen einer Feinsteuerung durch Bebauungspläne (z.B. Begrenzung der Anlagenhöhe - soweit nicht bereits im Flächennutzungsplan dargestellt -, Festlegung der Standorte der Anlagen) unterziehen und diese Bebauungsplanung durch eine Veränderungssperre sichern. Sie kann den Abstand von Windkraftanlagen untereinander in einem Bebauungsplan dadurch steuern, dass sie Baugrenzen festsetzt, innerhalb derer jeweils nur eine Windkraftanlage Platz findet. Im Bebauungsplan können sowohl Baugrenzen festgesetzt werden, die allein für Fundament und Turm gelten, als auch Baugrenzen, die sich darüber hinaus auf den Rotor der Windkraftanlage beziehen. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2, § 16 Abs. 5 BauNVO können außerdem für Fundament und Turm einerseits und die Rotoren andererseits unterschiedliche Baugrenzen festgesetzt werden. In jedem Fall muss hinreichend bestimmt sein, worauf sich die Baugrenze bezieht.
Darüber hinaus können Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, zur Erschließung, zum Immissionsschutz, zu den erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen getroffen und ggf. örtliche Bauvorschriften nach § 86 Landesbauordnung - BauO NRW - über die äußere Gestaltung erlassen werden. Dies gilt entsprechend bei der Festsetzung von Flächen für Versorgungsanlagen. Hinsichtlich der Höhenbeschränkung gilt das unter Nr. 3.3.2 Ausgeführte entsprechend.
Eine Veränderungssperre ist gemäß § 14 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich zulässig; die Planung, die die Veränderungssperre sichern soll, muss ein Mindestmaß dessen erkennen lassen, was Inhalt des zu erlassenden Bebauungsplans sein soll (OVG NRW, Urt. v. 28.1.2005 - 7 D 35/03.NE). Eine Planung, bei der in einem raumordnerisch für die Windenergie vorgesehenen Gebiet Festsetzungen von "Null bis Hundert" möglich sind, also alles noch offen ist, kann nicht durch Veränderungssperre gesichert werden (OVG NRW, Urt. v. 28.1.2005 - 7 D 4/03.NE).
3.5 Vorhabenbezogener Bebauungsplan
Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan gemäß § 12 BauGB die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, soweit ein Vorhabenträger auf der Grundlage eines von ihm vorgelegten und mit der Gemeinde abgestimmten Planes zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Übernahme der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise verpflichtet.
3.6 Umweltprüfung in der Bauleitplanung
Seit dem 20.7.2004 (In-Kraft-Treten der Änderung des Baugesetzbuchs durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau) muss grundsätzlich bei allen Flächennutzungs- und Bebauungsplanungen für die Belange des Umweltschutzes eine Umweltprüfung (UP) durchgeführt werden, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen zu ermitteln und in einem Umweltbericht zu beschreiben und zu bewerten sind. Mit der Umweltprüfung werden Auswirkungen eines Vorhabens abgeschätzt auf
In diese Prüfung sind auch noch weitere Umweltbelange einzubeziehen, die in § 1 Abs. 6 Nr. 7 und § 1a BauGB aufgeführt sind und die letztlich auch dem Schutz der vorgenannten Umweltgüter dienen.
Bei dieser Umweltprüfung werden auch die Behörden und die Öffentlichkeit beteiligt. Das Ergebnis dieser Umweltfolgenabschätzung ist in der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigen.
Die Umweltprüfung in der Bauleitplanung ist als umfassendes Prüfverfahren konzipiert, das den Anforderungen sowohl der EU-Richtlinie für die projektbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) als auch der EU-Richtlinie für die planbezogene Umweltprüfung entspricht.
Im Falle einer bereits in anderen Planverfahren (z.B. der Regionalplanung) durchgeführten Umweltprüfung kann sich die Umweltprüfung in dem zeitlich nachfolgenden Planverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränken.
3.7 Entschädigungsansprüche bei Änderungen des Flächennutzungsplans und von Bebauungsplänen
Bei der Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bebauungsplänen mit Festsetzungen zur Zulässigkeit von Windkraftanlagen ist zu prüfen, ob Entschädigungsansprüche nach den §§ 39 ff. BauGB entstehen können.
Von Bauleitplänen können zwar grundsätzlich nur Bebauungspläne entschädigungsrechtliche Wirkung entfalten. Flächennutzungspläne haben nur beschränkte Wirkung; sie sind keine Rechtsnorm und regeln nicht unmittelbar die Nutzung des Grund und Bodens. Mittelbar wirken sie allerdings in bestimmten Grenzen im Außenbereich, wie z.B. bei der Darstellung von Flächen für privilegierte Vorhaben. Ein Entschädigungsanspruch bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung ist somit auch bei einer Überplanung und ggf. Zurücknahme von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan nicht auszuschließen und daher im Einzelfall zu prüfen.
4 Verfahren zur Genehmigung von Windkraftanlagen
4.1 Immissionsschutzrechtliches Verfahren für Anlagen über 50 m Gesamthöhe
Die Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen ( 4. BImSchV) und zur Änderung der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung v. 20. Juni 2005 (UVPG) und das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2003/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2003 zur Änderung der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen v. 25. Juni 2005 sind am 1.7.2005 in Kraft getreten. Nach § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG gelten Baugenehmigungen für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m, die bis zum 1.7.2005 erteilt worden sind, als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen. Nach dem OVG NRW (Beschl. v. 15.9.2005 - 8 B 1074/05) gilt auch die durch § 212a Abs. 1 BauGB bewirkte sofortige Vollziehbarkeit einer vor dem 1.7.2005 für eine Windkraftanlage erteilten Baugenehmigung fort; Widerspruchsverfahren sind über die auf gerichtlich anhängige Verfahren bezogene Regelung in § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG hinaus von den Baugenehmigungsbehörden nach altem Recht zu Ende zu führen.
4.1.1 Vereinfachtes Verfahren, Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung
Grundsätzlich ist nach neuer Rechtslage das Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Ist jedoch nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich, so ist nach der neuen Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c) der 4. BImSchV das Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
4.1.2 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
Nach den §§ 3b, 3c i.V.m. Anlage Nr. 1.6 des UVPG sind für Windfarmen mit 3 bis 5 Anlagen eine standortbezogenen Vorprüfung, mit 6 bis 19 Anlagen eine allgemeine Vorprüfung und mit 20 oder mehr Anlagen eine UVP erforderlich, wenn die Anlagen höher als 50 m sind. Unter Windfarm wird die Planung oder Errichtung von mindestens drei Anlagen verstanden, die
Im Fall einer in anderen Planverfahren (z.B. Bebauungsplan) durchgeführten UP, sollen im nachfolgenden Genehmigungsverfahren die Vorprüfung des Einzelfalls oder die UVP auf ggf. zusätzliche oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen beschränkt werden (siehe auch Nr. 3.6).
Die Errichtung von ein oder zwei Anlagen ist für sich genommen nicht UVP-relevant. Wenn mehrere Anlagen, die gleichzeitig von demselben oder mehreren Trägern verwirklicht werden sollen, innerhalb einer Windfarm errichtet werden sollen und sie zusammen die Größenwerte der Anlage 1 zum UVPG erfüllen, ist für sie gemäß § 3b Abs. 3 bzw. § 3c Abs. 1 i.V.m. § 3b Abs. 3 UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. eine standortbezogene oder eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen. Entscheidend ist, ob durch den jeweiligen Antrag unter Berücksichtigung schon bestehender, genehmigter oder vorher beantragter Anlagen innerhalb der Windfarm eine Pflicht zur Vorprüfung oder zur Durchführung einer UVP ausgelöst wird. Windkraftanlagen, die vor dem 14.3.1999 (maßgeblicher Stichtag zum Ablauf der Umsetzungsfrist der UVP-Änderungsrichtlinie) genehmigt wurden, sind gem. § 3b Abs. 3 Satz 3 UVPG beim Bestand nicht zu berücksichtigen. Ebenfalls bleiben zeitlich nachher gestellte Anträge nach dem Prioritätsprinzip unberücksichtigt. Anträge sind dann zeitlich nachher gestellt, wenn zum Zeitpunkt dieses späteren Antrages die Antragsunterlagen vollständig eingereicht worden sind.
Bei einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles ist darzulegen und zu begründen, ob die beantragten Windkraftanlagen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf den konkreten Schutzzweck des betroffenen schützenswerten Gebietes haben können. Werden die in Nr. 8.1.4 empfohlenen Abstände zu schützenswerten Gebieten eingehalten, sind in der Regel erhebliche negative Auswirkungen nicht zu erwarten, soweit zwischen den Gebieten ein notwendiger Funktionsaustausch gewährleistet ist. Findet eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles für eine in einer Konzentrationszone eines Flächennutzungsplans geplante Windfarm statt, kann davon ausgegangen werden, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu erwarten sind, wenn sich nicht neue Gesichtspunkte ergeben, die bei der Ausweisung im Flächennutzungsplan noch nicht berücksichtigt werden konnten. Bei der allgemeinen Vorprüfung ist zu berücksichtigen, inwieweit der Prüfwert für Größe (6 bis 19 Anlagen) erreicht oder überschritten wird (§ 3c Abs. 1 Satz 4 UVPG).
Bei der geplanten Erweiterung einer bislang nicht UVP-pflichtigen Windfarm durch eine oder mehrere Anlagen ist eine UVP zwingend erforderlich, wenn die Erweiterung dazu führt, dass in der Windfarm insgesamt 20 oder mehr zu berücksichtigende Anlagen vorhanden sind. Bei weniger als 20 Anlagen ist im Rahmen einer Vorprüfung über die Erforderlichkeit einer UVP zu entscheiden.
Bei der Erweiterung einer Windfarm, für die bereits eine UVP durchgeführt worden ist, ist nach § 3e Abs. 1 UVPG eine UVP dann erforderlich, wenn eine Erweiterung um 20 oder mehr Anlagen beantragt wird. Werden weniger als 20 Anlagen beantragt, ist im Rahmen einer Vorprüfung unter Einbeziehung der Anlagen, die nach der Durchführung der UVP errichtet, genehmigt oder zuvor beantragt worden sind, über die Erforderlichkeit einer UVP zu entscheiden.
4.2 Baurechtliches Verfahren für Windkraftanlagen bis 50 m Gesamthöhe
Windkraftanlagen sind bauliche Anlagen im Sinne des § 29 BauGB und des § 2 BauO NRW. Nach § 63 Abs. 1 BauO NRW ist deshalb - unabhängig von der Leistung der Windkraftanlagen - ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen, soweit nicht nach der 4. BImSchV ein immissionsschutzrechtliches Verfahren (siehe Nr. 4.1) erforderlich ist. Windkraftanlagen sind nicht genehmigungsfrei i.S.v. § 65 Abs. 1 Nr. 9a BauO NRW. Es wird darauf hingewiesen, dass vor Erteilung der Baugenehmigung ggf. weitere Genehmigungen/Erlaubnisse etc. eingeholt werden müssen (z.B. landschaftsrechtliche Befreiung).
Die Bauaufsichtbehörden haben bei Anlagen, die nicht der Genehmigungspflicht nach dem BImSchG unterliegen, das örtlich zuständige Staatliche Umweltamt bzw. das Staatliche Amt für Umwelt- und Arbeitsschutz OWL zu beteiligen, das später die Anlagen immissionsschutzrechtlich zu überwachen hat.
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist bei Anlagen bis 50 m Gesamthöhe - unabhängig von ihrer Zahl - nicht erforderlich (Anlage 1 Nr. 1.6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG).
4.3 Verfahren bei Änderung einer Anlage
Kommt die Immissionsschutzbehörde zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben keine immissionsschutzrechtlich relevante Änderung i.S.d. § 16 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG darstellt, so ergeht keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Da Windkraftanlagen jedoch bauliche Anlagen im Sinne der Landesbauordnung sind, ist in diesen Fällen ein Baugenehmigungsverfahren notwendig. Gleiches gilt, wenn ein Anzeigeverfahren nach § 15 BImSchG durchgeführt wird, denn gemäß § 63 Abs. 2 BauO NRW schließt nur die Genehmigung nach § 16 Abs. 1 BImSchG die Baugenehmigung ein.
4.4 Repowering (technische Erneuerung)
Repowering ist innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen möglich. Insbesondere in rechtsverbindlichen Konzentrationszonen können bei gleichzeitiger Steigerung der Effizienz und des Auslastungsgrades die Anzahl der Windkraftanlagen und damit die Immissionen reduziert werden. Ein sinnvolles Repowering trägt somit auch dem Schutz der Anwohner Rechnung.
5 Zulässigkeitsvoraussetzungen
Für beide Genehmigungsverfahren gelten nachfolgende Zulässigkeitsvoraussetzungen.
5.1 Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Errichtung einer Windkraftanlage sind die immissionsschutzrechtlichen Vorschriften des Bundes und des Landes zu beachten. Bei Windkraftanlagen handelt es sich um Anlagen im Sinne von § 3 Abs. 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Sie unterliegen den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen nach § 5 BImSchG bei genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem BImSchG und nach § 22 BImSchG bei nach Baurecht zu genehmigenden Anlagen.
Schädliche Umwelteinwirkungen lassen sich durch die Einhaltung erforderlicher Abstände, ggf. in Verbindung mit Standortverschiebungen oder Auflagen (Drehzahlbegrenzung, zeitweise Abschaltung) vermeiden (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 13.07.1998 - 7 B 956/98 - NVwZ 1998, 980). Auf die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips wird hingewiesen. Bei einem Abstand von 1500 Metern werden in der Regel keine schädlichen Umwelteinwirkungen vorliegen. Bei geringeren Abständen muss das Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen im Einzelfall geprüft werden.
5.1.1 Lärm
Im Rahmen der Prüfung, ob erhebliche Belästigungen durch Geräuschimmissionen zu befürchten sind, ist die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - Ta Lärm vom 26.08.1998 (GMBl. S. 503) zu berücksichtigen (vgl. § 18 Abs. 2 BauO NRW, Nr. 18.22 der Verwaltungsvorschrift zur Landesbauordnung - VV BauO NRW). Es ist dabei entsprechend der in der BauNVO zum Ausdruck kommenden Wertung bei Errichtung einer Windkraftanlage von einer abgestuften Schutzwürdigkeit der verschiedenen Baugebiete auszugehen. Antragsteller sollten den Genehmigungsbehörden gesicherte Datenblätter vorlegen, in denen unabhängige Institute das Geräuschverhalten der Anlage in allen regulären Betriebszuständen mindestens bis zum Erreichen der Nennleistung belegen.
Die Anforderungen an die Emissionsdaten sind in der Technischen Richtlinie für Windkraftanlagen, Teil 1: "Bestimmung der Schallemissionswerte", Revision 16, Stand: 1.7.2005 (Herausgeber: FGW, Fördergesellschaft für Windenergie e.V., Stresemannplatz 4, 24103 Kiel), beschrieben.
Ergänzend zu den Vorgaben der Technischen Richtlinie FGW werden auch akustische Vermessungen durch Messstellen anerkannt, die ihre Kompetenz z.B. durch die Teilnahme an regelmäßigen Ringversuchen zur akustischen Vermessung von Windkraftanlagen nach Technischer Richtlinie nachweisen.
Die Schallimmissionsprognose ist nach Nr. A.2 der Ta Lärm durchzuführen. Bei Anwendung der Irrelevanzregelung der Nr. 3.2.1 Ta Lärm ist zu beachten, dass eine Vielzahl von Einzelanlagen, die auf einen Immissionspunkt einwirken, zu einer relevanten Erhöhung des Immissionspegels führen können. In diesem Fall ist eine Sonderfallprüfung durchzuführen. Die Gesamtbelastung durch alle Anlagen darf nicht zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte von mehr als 1 dB(A) führen. Dies kann im Einzelfall sogar dazu führen, dass auch Anlagen in der Prognose berücksichtigt werden müssen, die einzeln betrachtet den Immissionsrichtwert an bestimmten Aufpunkten um mehr als 10 dB(A) unterschreiten (Nr. 2.2 Ta Lärm). Der Immissionsprognose ist grundsätzlich diejenige bestimmungsgemäße Betriebsart zugrunde zu legen, die zu dem höchsten Beurteilungspegel führt. Bei stallgesteuerten Windkraftanlagen ist daher das Geräuschverhalten bis zur Abschaltwindgeschwindigkeit zu betrachten. Bei pitchgesteuerten Anlagen ist grundsätzlich das Geräuschverhalten zu berücksichtigen, welches gemäß der Technischen Richtlinie bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s in 10 m Höhe über Boden, aber bei nicht mehr als 95 % der Nennleistung ermittelt wurde. Bei üblichen Nabenhöhen von über 50 m liegt die Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe dann bei etwa 12 bis 14 m/s, so dass bei den meisten Anlagen die Leistungsabgabe im Bereich der Nennleistung liegt. Der maximal zulässige Emissionswert ist unter Beachtung des in der Prognose angesetzten Emissionsverhaltens der Anlage festzulegen.
Wenn infolge ständig vorherrschender Fremdgeräusche keine zusätzlichen schädlichen Umwelteinwirkungen durch die zu beurteilende Anlage zu berücksichtigen sind, kann in Anlehnung an die Regelungen der Nr. 3.2.1 Abs. 5 der Ta Lärm verfahren werden. Tonhaltigkeiten von Windenenergieanlagen werden wie folgt bewertet:
0< KTN< 1 Tonzuschlag KT von 0 dB
1 < KTN< 4 Tonzuschlag KT von 3 dB
KTN > 4 Tonzuschlag KT von 6 dB
KTN = Tonhaltigkeit bei Emissionsmessungen im Nahbereich nach der Technischen Richtlinie FGW gemessen
KT = in Abhängigkeit vom KTN ab einer Entfernung von 300 m für die Immissionsprognose anzusetzende Tonzuschläge
Neu zu errichtende Anlagen, deren Tonzuschlag KT = 3 dB oder KT = 6 dB beträgt, entsprechen nicht dem "Stand der Technik".
Bei der Schallimmissionsprognose ist der Nachweis zu führen, dass unter Berücksichtigung der oberen Vertrauensgrenze aller Unsicherheiten (insbesondere der Emissionsdaten und der Ausbreitungsrechnung) der nach Ta Lärm ermittelte Beurteilungspegel mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% den für die Anlage anzusetzenden Immissionsrichtwert einhält. Auf die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen im Einzelfall gemäß Nr. 5.2 der Ta Lärm sollte im Genehmigungsbescheid hingewiesen werden.
Nach Errichtung der Anlage ist durch eine Bescheinigung zu belegen, dass die errichtete Anlage in ihren wesentlichen Elementen und in ihrer Regelung mit derjenigen Anlage übereinstimmt, die der akustischen Planung zugrunde gelegt worden ist. Durch eine Emissionsmessung ist nachzuweisen, dass die Emission der errichteten Anlage nicht größer ist als die nach der Genehmigung zulässige Emission, welche der Genehmigung zugrunde gelegt wurde. Dieses ist der Fall, wenn der im Rahmen der Abnahmemessung ermittelte Emissionswert (Schallleistungspegel + Ton- und Impulszuschlag) den der Genehmigung (ohne die bei der Planung berücksichtigten Unsicherheiten) zugrunde gelegten Emissionswert nicht überschreitet. Aufgrund der Behörde vorliegenden Erkenntnissen, die eine Immissionsrichtwertüberschreitung sicher ausschließen, kann von einer Emissionsmessung abgesehen werden.
Sollten im Einzelfall Immissionsmessungen erforderlich sein, ist zur Festlegung der Anzahl der notwendigen unabhängigen Messungen der mögliche Schwankungsbereich der Immissionen gem. Abbildung 1 der VDI-Richtlinie 2714 "Schallausbreitung im Freien" zu beachten.
Um richtlinienkonforme Emissionsmessungen zu gewährleisten, muss jede Anlage mit einer kontinuierlichen Aufzeichnung geeigneter Betriebsparameter (z.B. Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe, Leistung, Drehzahl) versehen sein, die ihre Betriebsbedingungen rückwirkend über einen Zeitraum von 72 Stunden dokumentiert. Sofern eine Anlage aus Gründen des Immissionsschutzes nachts z.B. durch eine Leistungs- oder Drehzahlbegrenzung geräuschreduziert betrieben wird, müssen die Betriebsparameter in einer Form gespeichert werden, die rückwirkend für einen Zeitraum von wenigstens sechs Monaten den Nachweis der tatsächlichen Betriebsweise ermöglicht. Diese Daten müssen der Genehmigungsbehörde auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden. Dort sind sie für die Betroffenen entsprechend den Vorgaben des Umweltinformationsrechts einsehbar.
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(Stand: 06.09.2023)
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