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Regelwerk, Strahlenschutz

Notwendigkeit der stationären Durchführung der Ganzkörperszintigraphie mit I-131 beim Schilddrüsenkarzinom
- Stellungnahme der Strahlenschutzkommission -

Vom 27. Juli 2004
(BAnz. Nr. 158 vom 24.08.2004 S. 18873)


Verabschiedet in der 190. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 22./23. April 2004

Die Strahlenschutzkommission hat in ihrer 182. Sitzung am 4. bis 6. Dezember 2002 eine Stellungnahme zum Einsatz von I-131 in der Nuklearmedizin zu diagnostischen Zwecken verabschiedet [1]. Darin wird ausgeführt, dass die allgemeine Verwendung von I-131 in der Diagnostik bei: ambulanten Patienten wegen des I-131-Eintrags in das Abwasser aus strahlenhygienischen Gründen nicht mehr gerechtfertigt ist; da bei solchen Untersuchungen das I-131 meist durch andere, radioökologisch günstigere radioaktive Stoffe ersetzt werden kann.

Hiervon ausgenommen und nicht der Diagnostik zugeordnet wurden in dieser Stellungnahme die prätherapeutische Dosimetrie, z.B. der Radioiodtest mit I-131 [4], und die I-131-Ganzkörperszintigraphie [5] in der Nachsorge des Schilddrüsenkarzinoms.

In Kapitel 6.6.2 der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin [6] wird allgemein festgelegt, dass bei der Diagnostik mit offenen radioaktiven Stoffen eine stationäre Aufnahme des Patienten aus Strahlenschutzgründen nicht erforderlich ist, , da bei den häufig angewendeten Untersuchungsverfahren unter -Berücksichtigung der diagnostischen Referenz werte die Dosis von 1 mSv im Kalenderjahr in der Umgebung des Patienten nichtüberschritten wird.

Dagegen müssen Patienten, die offene radioaktive Stoffe zur Therapie, erhalten, nach Kapitel 6.6.2 der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin [6] aus Strahlenschutzgründen mindestens 48 Stunden auf einer entsprechend ausgestatteten nuklearmedizinischen Station mit Abklingeinrichtung aufgenommen werden, Ausnahmen hiervon werden in Kapitel 6.6.3 aufgeführt (z.B. Radiosynoviorthese); die Therapie gutartiger und bösartiger Erkrankungen der Schilddrüse mit I-131 darf jedoch ausschließlich stationär erfolgen.

Ein Sonderfall ist die Ganzkörperszintigraphie mit I-131 in der Nachsorge des Schilddrüsenkarzinoms. Hierbei werden entsprechend den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN) hohe Aktivitäten von 100 bis 400 MBq und darüber appliziert [5]. Diese liegen bereits im Bereich der Aktivitäten, die bei der Therapie gutartiger Schilddrüsenerkrankungen eingesetzt werden, die, wie obenerwähnt, nur stationär durchgeführt werden Während die I-131-Ganzkörperszintigraphie beim Schilddrüsenkarzinom in Deutschland bisher nahezu ausschließlich stationär auf nuklearmedizinischen Therapiestationen mit Abwasser-Dekontaminationsanlagen erfolgte, besteht eine zunehmende Tendenz, diese Szintigraphie aus Wettbewerbs-, bzw. Kostengründen ambulant vorzunehmen: Hieraus ergibt, sich jedoch ein Strahlenschutzproblem für die Bevölkerung.

Die Ausscheidung von I-131 hängt von der Speicherfähigkeit des Schilddrüsengewebes ab. Bei der Radioiod-Therapie gutartiger Schilddrüsenerkrankungen werden entsprechend Kapitel 10 der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin [6] die Patienten bei einer Restaktivität von 250 MBq I-131 von der Station entlassen [3] ; hier beträgt die Restausscheidung nach der Entlassung durchschnittlich 75 MBq I-131. Bei Patienten nach operativer Entfernung der Schilddrüse wegen Schilddrüsenkarzinoms korreliert die Ausscheidung negativ mit der Menge bzw. der Speicherfähigkeit von vorhandenem Schilddrüsenrest- bzw. Tumorgewebe oder Metastasen: je geringer die Menge des vorhandenen Restgewebes bzw. dessen Speicherfähigkeit ist, desto höher ist der Anteil der ausgeschiedenen I-131-Aktivität: Ein Großteil dieser Ausscheidung (mehr als 90 %) erfolgt innerhalb von 48 Stunden nach der Verabreichung der diagnostischen I-131-Aktivität.

Aus der ambulanten Durchführung der I-131-Ganzkörperszintigraphie beim Schilddrüsenkarzinom in der Nachsorge mit Aktivitäten von 100 bis 400 MBq würde bundesweit ein jährlicher Mehreintrag an I-131 von etwa 1000 GBq bzw. eine Erhöhung der Vorbelastung der Abwässer [2] um 20 bis 25 % resultieren. Bei einer zu erwarten den Ausweitung der Indikationsstellung bzw. dem Einsatz noch höherer I-131-Ativitäten (gegebenenfalls über 1000 MBq) könnte dieser Wert weiter steigen.

Zur Reduktion der Strahlenexposition der Angehörigen und der Allgemeinbevölkerung und zur Minimierung der Emissionen künstlicher Radionuklide in die Umwelt empfiehlt die SSK daher:
Bei der Ganzkörperszintigraphie mit I-131 ist ebenso wie bei der Therapie mit I-131 aus Strahlenschutzgründen ein mindestens 48-stündiger stationärer Aufenthalt auf einer Therapiestation mit Abwasser-Dekontaminationsanlage erforderlich.

Literatur

[1] SSK: Anwendung von I-131 in der Nuklearmedizin. Stellungnahme der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 182. Sitzung am 4. bis 6. Dezember 2002.

[2] SSK: Erfassung der über Ausscheidungen in die Umwelt abgegebenen radioaktiven Stoffe nach ihrer Anwendung in der Nuklearmedizin: Bekanntmachung, einer Empfehlung der Strahlenschutzkommission vom 5, Juli 2002, Bundesanzeiger Nr. 207 vom 7. November 2002.

[3] SSK: Strahlenschutzgrundsätze für die Radioiod-Therapie. Bekanntmachung einer Empfehlung der Strahlenschutzkommission vom 5./6. Dezember 1996, Bundesanzeiger Nr. 68 vom 11. April 1997.

[4] Verfahrensanweisungen zum Radioiodtest. Nuklearmedizin 42 (2003) 116-119.

[5] Verfahrensanweisungen für die Iod-131-Ganzkörperszintigraphie beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom. Nuklear-Medizin 42 (2003). 123-125.

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