umwelt-online: Archivdatei - Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen 2008 (2)
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7 Anhänge
7.1 Begriffserläuterungen zu den Rahmenempfehlungen
Die in der folgenden Tabelle zusammengestellten Begriffserläuterungen sollen dem Planer und der Katastrophenschutzleitung Hinweise auf verfügbare Detail- und Hintergrundinformation geben.
Neben den Definitionen für die vorgestellten Begriffe wurden aus diesem Grund Verweise auf ergänzende Unterlagen und Quellen aufgenommen.
Darüber hinaus soll damit eine Verbindung zu den im Anhang des Katastrophenschutzplanes zusammengestellten Unterlagen hergestellt werden.
Stichwort | Beschreibung, Verweis |
ABC-Erkunder | ABC-Erkunder sind vom Bund bereitgestellte Fahrzeuge (ABC-ErkKW) mit messtechnischer Ausrüstung zur schnellen Erkundung kontaminierter Flächen und Gegenstände. (ABC: Atomar, Biologisch, Chemisch) |
Alarmierung | Alarmierung ist die Benachrichtigung von Personen und Behörden mit der Aufforderung, die jeweils vorgesehene Funktion wahrzunehmen. Die Alarmierung kann über verschiedene Informationskanäle (z.B. Personenrufsysteme, Telefon, Telefax, Sirenen) erfolgen. Die Aufforderung wird häufig codiert (z.B. durch Stichwörter, Abfolge von akustischen Signalen). |
Alarmierungskriterien | Alarmierungskriterien sind Vorgaben für Betreiber kerntechnischer Einrichtungen, bei deren Erreichen bzw. Überschreiten die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durchzuführen ist.
Die Kriterien sind unterteilt in Allgemeine (Dosis-)Kriterien, Anlagenkriterien, Emissionskriterien und Immissionskriterien. SSK Heft 39 (2004) Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörden durch die Betreiber kerntechnischer Einrichtungen |
Alarmmaßnahme | Alarmmaßnahmen sind die einer Alarmstufe zugeordneten Maßnahmen.
Alarmmaßnahmen 1 dienen insbesondere der Herstellung der Arbeitsfähigkeit der Katastrophenschutzleitung und der Messdienste, der Lageermittlung und -bewertung sowie der Unterrichtung der Bevölkerung. Alarmmaßnahmen 2 dienen der Abwehr akuter Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung und umfassen insbesondere Maßnahmen wie "Aufenthalt in Gebäuden", "Verteilung und Einnahme von Iodtabletten" sowie "Evakuierung". |
Alarmordnung | Die Alarmordnung ist nach KTA 1201 Teil des Betriebshandbuches des Betreibers, in der die Anweisungen für Notfälle bezüglich der Alarmierung, der Planung, der Verhaltensregeln, der Maßnahmen und der Ausrüstung sowie bezüglich der Kommunikation mit externen Stellen enthalten sind. Die Alarmordnung wird ergänzt durch Regelungen des Notfallhandbuches bzw. anderer für Notfälle vorgesehener Handbücher. |
Alarmstufe | Die Alarmstufe fasst die bei einer Alarmmeldung zu ergreifenden Alarmierungen und Maßnahmen zusammen. In den vorliegenden Rahmenempfehlungen sind zwei Alarmstufen, nämlich Voralarm und Katastrophenalarm festgelegt. Alarmstufen werden vom Betreiber in der Alarmmeldung vorgeschlagen und von der Katastrophenschutzleitung festgelegt. |
AtSMV | AtSMV ist die Abkürzung für die Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (Verordnung über den kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten und über die Meldung von Störfällen und sonstigen Ereignissen). In der AtSMV wird die Meldepflicht für Unfälle und Störfälle präzisiert. Sie enthält u. a. die Kriterien und Fristen für die meldepflichtigen Ereignisse. Die Meldepflicht nach der AtSMV besteht unabhängig von den Alarmmeldungen nach Abschnitt 2.1 dieser Rahmenempfehlungen. |
Aufenthalt in Gebäuden | Der "Aufenthalt in Gebäuden" ist eine Maßnahme zur Reduzierung der äußeren Strahlenexposition durch Abschirmung und zur Verringerung der Inhalation eventuell kontaminierter Atemluft.
Radiologische Grundlagen, Kap. 4.1 |
Ausbreitungsrechnungen | Ausbreitungsrechnungen beschreiben den luftgetragenen Transport radioaktiver Stoffe unter Berücksichtigung der Windrichtung, der Turbulenz in der Atmosphäre, der Windgeschwindigkeit sowie des Niederschlags. (Es gibt auch Ausbreitungsrechnungen für Fließgewässer und Grundwasser, die aber im Katastrophenschutz in aller Regel nicht benötigt werden.)
Leitfaden für den Fachberater Strahlenschutz der Katastrophenschutzleitung..., Kap. 3 |
Außenzone | Die Außenzone ist eine kreisringförmige Planungszone, in der neben Messungen zur Ermittlung der radiologischen Lage die Ausgabe von Iodtabletten an alle Personen bis 45 Jahre sowie die Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel vorzubereiten ist. Sie hat bei Kernkraftwerken einen inneren Radius von etwa 10 km und einen Außenradius von etwa 25 km. Maßnahmen in der Außenzone werden im Allgemeinen in Abhängigkeit von der Ausbreitungsrichtung (orientiert an Sektoren) durchgeführt. |
Ausweichstelle der Einsatzleitung | Die Ausweichstelle der Einsatzleitung ist eine Einrichtung des Betreibers zur Aufnahme des Krisenstabes des Betreibers für den Fall einer Räumung der Anlage. |
AVV IMIS | Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum integrierten Mess- und Informationssystem zur Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt (IMIS) nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz (AVV-IMIS) Vom 13. Dezember 2006 (BAnz. 2006, Nr. 244a) |
Dekontamination | Dekontamination ist das Beseitigen oder Vermindern einer Kontamination.
Man unterscheidet die Dekontamination von Personen, Geräten und Gegenständen/Fahrzeugen sowie von Gelände (städtisch/ländlich). StrlSchV, § 3 Abs. 2 Nr. 8 |
Deterministischer Effekt | Deterministische Effekte treten als Folge hoher Energiedepositionen durch ionisierende Strahlung auf, bei denen Zellen in funktionell bedeutsamer Zahl geschädigt werden oder absterben.
Diese Effekte können vorübergehend oder dauerhaft sein. Deterministische Effekte treten erst oberhalb einer Schwellendosis auf. Deterministische Effekte sind u. a. Strahlenschäden der Haut (Erythem) und das akute Strahlensyndrom mit seinen möglichen Symptomenkomplexen in verschiedenen Formen (hämatologisch, gastrointestinal, (muko)kutan, zerebrovaskulär). Radiologische Grundlagen, Kap. 3.2; SSK Band 32, Kap. 5.5 |
Effektive Dosis | Die effektive Dosis E ist die Summe der mit den zugehörigen Gewebe-Wichtungsfaktoren wT multiplizierten Organdosen HT in relevanten Organen und Geweben T.
Die Wichtungsfaktoren berücksichtigen die unterschiedliche Strahlenempfindlichkeit der Organe und Gewebe. Die Einheit der effektiven Dosis ist das Sievert (Sv). StrlSchV, § 3 Abs. 2 Nr. 9 Buchstabe b |
Eingreifrichtwert | Eingreifrichtwerte sind Planungswerte der erwarteten Dosis, bei deren Erreichen die Einleitung von Schutzmaßnahmen zu prüfen ist.
Die Radiologischen Grundlagen enthalten Eingreifrichtwerte für die Maßnahmen "Aufenthalt in Gebäuden", "Einnahme von Iodtabletten", "Evakuierung", "Temporäre Umsiedlung" und "Umsiedlung". |
Eingreifwert | Eingreifwerte sind die im Ereignisfall zur Anwendung gelangenden Werte der erwarteten Dosis zur Einleitung von Schutzmaßnahmen.
Radiologische Grundlagen, Kap. 4.3 |
Einsatzkräfte | Einsatzkräfte sind Personen, die bei einem kerntechnischen Unfall zur Bewältigung der Unfallfolgen eingesetzt werden.
Hierzu gehören neben dem Anlagenpersonal Personen, die aufgrund ihrer allgemeinen beruflichen Qualifikation für bestimmte Aufgaben (z.B. Messungen, Transporte, Reparaturen, Bauarbeiten) eingesetzt werden sowie Sicherheits- und Rettungspersonal (z.B. Polizei, Feuerwehr, Sanitäter, Ärzte). Für Einsatzkräfte sind besondere Dosisrichtwerte festgelegt. Radiologische Grundlagen |
Energiedosis | Die Energiedosis ist der Quotient aus der Energie, die durch ionisierende Strahlung auf das Material in einem Volumenelement übertragen wird, und der Masse in diesem Volumenelement. Die Einheit der Energiedosis ist Joule durch Kilogramm (J/kg); der besondere Einheitenname ist Gray (Gy).
Radiologischen Grundlagen, Kap. 3.4 |
Evakuierung | Der Begriff Evakuierung kennzeichnet die rasche organisierte oder durch Hilfskräfte unterstützte Räumung eines Gebietes. Er enthält keine Aussage über die Dauer der Räumung.
Radiologischen Grundlagen, Kap. 4.1 |
Expositionspfad | In die Umwelt freigesetzte radioaktive Stoffe können auf unterschiedlichen Pfaden zu einer Strahlenexposition des Menschen führen.
Die wichtigsten Expositionspfade sind: äußere Bestrahlung aus der radioaktiven Wolke, äußere Bestrahlung vom kontaminierten Boden, Inhalation radioaktiver Stoffe, Ingestion radioaktiver Stoffe. StrlSchV, § 3 Abs. 2 Nr. 13 |
Fachberater Strahlenschutz | Der Fachberater Strahlenschutz ist ein Strahlenschutzfachmann, der die Katastrophenschutzleitung in Fragen des Strahlenschutzes sowie bei der Entscheidung über Schutzmaßnahmen berät. |
Fachberatung der Katastrophenschutzleitung | Die Fachberatung der Katastrophenschutzleitung ist die Gesamtheit der fachkundigen Vertreter verschiedener Fachgebiete (z.B. Strahlenschutz, Polizei, Medizin, Meteorologie), die die Katastrophenschutzleitung berät und bei Entscheidungen unterstützt. |
Fernzone | Die Fernzone ist eine kreisringförmige Planungszone, in der die Ausgabe von Iodtabletten an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schwangere und die Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel vorzubereiten ist. Sie hat bei Kernkraftwerken einen inneren Radius von etwa 25 km und einen Außenradius von etwa 100 km; sie kann ggf. im Hinblick auf die Verteilungsorganisation von Iodtabletten unterteilt werden. Maßnahmen in der Fernzone werden in Abhängigkeit von der Ausbreitungsrichtung (orientiert an Sektoren) durchgeführt. |
Folgedosis | Die Folgedosis ist die Dosis, die als Folge der Aufnahme in den Körper von den radioaktiven Stoffen über den Zeitraum ihres Aufenthalts im Körper erzeugt wird. Für die Berechnung der Folgedosis wird für Erwachsene ein Zeitraum von 50 Jahren und für Kinder ein Zeitraum vom jeweiligen Alter bis zum Alter von 70 Jahren angesetzt.
Radiologische Grundlagen, Kap. 3.4 |
Gefährdetes Gebiet | Als gefährdetes Gebiet wird das Gebiet bezeichnet, in dem zur Abwehr akuter Gefahren nach den Ergebnissen der radiologischen Lageermittlung wegen der festgestellten oder zu besorgenden Überschreitung der Eingreifwerte eine oder mehrere der Maßnahmen Aufenthalt in Gebäuden, Einnahme von Iodtabletten und Evakuierung erwogen werden muss. Das gefährdete Gebiet wird durch Zonen und Sektoren :näher beschrieben. |
Gesamtdosis | Die Gesamtdosis ist die Dosis, die sich aus der Summe der Dosisbeiträge aller Expositionspfade ergibt.
Radiologische Grundlagen, Kap. 2 |
Gewebe-Wichtungsfaktoren | Durch die Gewebe-Wichtungsfaktoren wT werden die einzelnen Organ-(Äquivalent)dosen HT entsprechend ihren relativen Beiträgen zu den stochastischen Strahlenwirkungen bei der Bestimmung der effektiven Dosis E gewichtet.
Diese Faktoren wT spiegeln die unterschiedliche Empfindlichkeit der verschiedenen Organe, Gewebe und Körperteile gegenüber stochastischen Strahlenwirkungen (Krebsinduktion, Auslösung von Erbschäden) wider. SSK Band 32 |
IMIS | Abkürzung für "Integriertes Mess- und Informationssystem" zur Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt.
StrVG, § 4 |
INES | Abkürzung für "International Nuclear Event Scale". Die "Internationale Bewertungsskala für bedeutsame Ereignisse in kerntechnischen Einrichtungen (INES)" soll eine nachvollziehbare Einstufung von Ereignissen in kerntechnischen Einrichtungen zur Information der Öffentlichkeit über die sicherheitstechnische Bedeutung dieser Ereignisse ermöglichen und damit die gegenseitige Verständigung zwischen Fachwelt, Medien und Öffentlichkeit erleichtern. Die Skala reicht von Stufe 0, für Ereignisse ohne sicherheitstechnische Bedeutung, bis Stufe 7 für katastrophale Unfälle.
Handbuch für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz, Abschnitt 3.56 |
Ingestion | Ingestion ist die Aufnahme radioaktiver Stoffe mit Nahrungsmitteln in den Körper. |
Inhalation | Inhalation ist die Aufnahme radioaktiver Stoffe mit der Atemluft in den Körper. |
In-Situ- Gammaspektroskopie | Die In-Situ-Gammaspektroskopie ist ein Verfahren zur messtechnischen Analyse der nuklidspezifischen Zusammensetzung insbesondere der abgelagerten radioaktiven Stoffe vor Ort mit Hilfe mobiler Messgeräte. |
Integrationszeit | Die Integrationszeit ist der Zeitraum, der bei der Berechnung der Strahlendosen entsprechend den jeweils zu berücksichtigenden Expositionspfaden und Eingreifwerten zugrunde zu legen ist.
Bei externer Exposition ist die Aufenthaltsdauer im Strahlenfeld, bei interner Exposition die Aufenthaltsdauer des Strahlers im Körper/Gewebe zugrunde zu legen. |
Iodtabletten | Kaliumiodidtabletten mit einem hohen Iodgehalt (Milligramm-Bereich) zur Sättigung der Schilddrüse mit Iod (lodblockade) zur Verhinderung der Anreicherung von radioaktivem Iod in der Schilddrüse.
Wichtig: Nicht zu verwechseln mit den zur Vorbeugung von Iodmangelerscheinungen vorgesehenen tabletten mit tausendfach niedrigerem Iodgehalt (Mikrogramm-Bereich). Diese sind nicht zur Blockade der Schilddrüse geeignet. Iodmerkblätter |
Katalog der Hilfsmöglichkeiten bei kerntechnischen Unfällen | Zusammenstellung von Adressen und Kommunikationsverbindungen zu Beratern und Organisationen, die bei kerntechnischen Unfällen, aber auch bei Ereignissen mit radioaktiven Stoffen außerhalb der Kerntechnik, beratende Funktion oder unterstützende Aufgaben insbesondere in der Messtechnik und Dekontamination übernehmen können. Der Katalog wird im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) herausgegeben und ausschließlich an die zuständigen Behörden verteilt. |
Katastrophenschutz- maßnahmen | Von der Katastrophenschutzbehörde angeordnete Maßnahmen zur Abwehr akuter und unmittelbarer Gefahren für Leben und Gesundheit.
Im nuklearen Katastrophenschutz werden die Maßnahmen "Aufenthalt in Gebäuden", "Ausgabe und Einnahme von Iodtabletten" und "Evakuierung" einschließlich der zugeordneten Hilfsmaßnahmen als Katastrophenschutzmaßnahmen angesehen. Radiologische Grundlagen, Kap. 4.4 |
Kernreaktorfern- überwachungssystem (KFÜ) | Das KFÜ-System ist ein Datenerfassungs- und Auswertungssystem der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde, mit dem technische und radiologische Daten aus der Anlage sowie Daten aus der Umgebung des Kernkraftwerks erfasst, online an die Behörde übermittelt und dort zu Überwachungszwecken ausgewertet werden. |
Kerntechnischer Unfall | Ein kerntechnischer Unfall ist ein Ereignisablauf, der schwerwiegende radiologische Auswirkungen in der Umgebung der betroffenen kerntechnischen Anlage zur Folge hat oder bei dem solche Auswirkungen drohen. Zu einem solchen Ereignisablauf kann es nur dann kommen, wenn bei einem auslösenden Ereignis die auslegungsgemäß in der kerntechnischen Anlage vorhandenen, mehrfach gestaffelten Sicherheitsmaßnahmen nicht greifen. Als schwerwiegend im Sinne dieser Definition werden Auswirkungen betrachtet, bei denen in der Umgebung eine effektive Dosis von 10 mSv bzw. eine Schilddrüsendosis von 50 mSv für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schwangere erreicht oder überschritten werden können (entsprechend dem allgemeinen Dosiskriterium in den Alarmierungskriterien). |
Kontamination, radioaktive | Eine Kontamination ist eine Verunreinigung mit radioaktiven Stoffen.
StrlSchV, § 3 Abs. 2 Nr. 19 |
Messdienste | Die Messdienste führen im Rahmen von Messprogrammen radiologische Messungen in der Umgebung durch. Bei den Messdiensten wird zwischen Messtrupps (siehe dort) und Strahlenspürtrupps (siehe dort) mit unterschiedlichen Messaufgaben und Einsatzgebieten unterschieden. |
Messnetz | Messnetze sind Systeme zur automatisierten Erfassung, Übertragung und Speicherung radiologischer (ggf. auch meteorologischer) Messdaten von Sonden an festliegenden oder mobilen Messorten. Sie sind Bestandteil von Überwachungssystemen wie z.B. KFÜ und IMIS. |
Messort | Messorte sind vorab oder im Ereignisfall festgelegte Orte, an denen (radiologische) Messungen durchgeführt werden. |
Messtrupp | Messtrupps werden vom Betreiber der kerntechnischen Anlage, den unabhängigen Messstellen für die Umgebungsüberwachung und nach Vereinbarung von fachkundigen Organisationen (z.B. BfS, Strahlenmessdienst nicht betroffener Kernkraftwerke, wissenschaftliche Institute und Fachbehörden) gestellt. Hauptziele ihrer Messungen sind die Verifizierung der rechnerisch ermittelten Dosis- und Kontaminationsabschätzungen und die Abgrenzung des gefährdeten Gebietes. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Feststellung des Nuklidvektors als Basis der Prognose der weiteren Strahlenexposition. |
Messzentrale | Messzentralen sind Einrichtungen zur Führung von Messdiensten und zur Erfassung der Messergebnisse und Probenauswertungen. Sie arbeiten auf der Grundlage von Messprogrammen nach Weisung des Radiologischen Lagezentrums. Die Messergebnisse werden von der Messzentrale an das radiologische Lagezentrum übermittelt. |
Mittelzone | Die Mittelzone ist eine kreisringförmige Planungszone, in der alle Alarmmaßnahmen 2 vorzubereiten sind. Sie hat bei Kernkraftwerken einen inneren Radius von etwa 2 km und einen Außenradius von etwa 10 km. Maßnahmen in der Mittelzone werden im Allgemeinen in Abhängigkeit von der Ausbreitungsrichtung (orientiert an Sektoren) durchgeführt. |
Notfallhandbuch | Das Notfallhandbuch (des Betreibers) beschreibt Maßnahmen und Prozeduren, die unter Verwendung der vorhandenen technischen Einrichtungen des anlageninternen Notfallschutzes anzuwenden sind, um ein auslegungsüberschreitendes Ereignis (kerntechnischer Unfall) zu beherrschen oder seine radiologischen Auswirkungen zu begrenzen. Es ergänzt bei solchen Ereignissen den Teil des Betriebshandbuches, in dem die Beherrschung der Auslegungsstörfälle beschrieben wird. |
Notfallstation | Eine Notfallstation ist eine Einrichtung zur Erstversorgung und Dekontamination von Personen, die sich bei einem Unfall in einer kerntechnischen Anlage während oder nach Durchzug der radioaktiven Wolke im betroffenen Gebiet aufgehalten haben.
SSK Band 4, Kap. 4 |
Organdosis | Die Organdosis ist das Produkt aus der mittleren Energiedosis in einem Organ, Gewebe oder Körperteil und dem Strahlungswichtungsfaktor wR. Die Werte des Strahlungswichtungsfaktors wR richten sich nach Art und Qualität der Strahlung (Photonen, Elektronen, Neutronen, Protonen, Alpha-Teilchen).
Radiologische Grundlagen, Kap. 3.4 |
Probenahme | Probenahme ist die nach standardisierten Verfahren erfolgende Entnahme von Proben aus Umweltbereichen wie Luft, Boden, Bewuchs, Oberflächen- und Grundwasser. Ort, Zeit und ggf. Umstände der Entnahme werden in Probenbegleitpapieren mit einer Probenidentifikation und Angabe des Probennehmers dokumentiert. Die Proben werden über die Probensammelstellen zu mobilen oder stationären Labors gebracht und dort nach ebenfalls standardisierten Verfahren ausgemessen. Die Messergebnisse werden mit den Daten der Probenbegleitpapiere der Messzentrale zur Plausibilisierung und Bewertung mitgeteilt. |
Probensammelstelle | Die Probensammelstelle ist eine Einrichtung zur Entgegennahme von Umweltproben (siehe Probenahme) und zum weiteren Versand der Proben an die fachlich geeigneten Labors. Zu den Aufgaben der Sammelstelle gehören die Disposition, d. h. die Feststellung, welche Labors über die notwendigen Einrichtungen verfügen und ob die erforderliche Kapazität aktuell zur Verfügung steht, sowie die Organisation des Probentransportes. |
Quellterm | Als Quellterm werden die Eigenschaften einer unfallbedingten Freisetzung bezeichnet. Dazu gehören insbesondere die voraussichtlich oder tatsächlich freigesetzte Aktivität, nuklidspezifisch oder hilfsweise nach Leitnukliden (z.B. I 131, Xe 133, Cs 137) oder Nuklidgruppen (Edelgase, Iod, Schwebstoffe) sowie der zeitliche Verlauf der Freisetzung. Im weiteren Sinne gehören zu den Quelltermeigenschaften auch Freisetzungsbedingungen wie Höhe der Freisetzung, Beeinflussung durch Gebäude, thermische Energie. |
Radiologisches Lagezentrum | Ein Radiologisches Lagezentrum ist eine Einrichtung zur Ermittlung und Bewertung der radiologischen Lage und zur Beratung der Katastrophenschutzleitung.
Im Radiologischen Lagezentrum werden Daten aus der Anlage (z.B. Anlagenzustand, Emission radioaktiver Stoffe), meteorologische Daten sowie Messdaten aus der Umgebung zusammengefasst, aufbereitet und interpretiert. Das Radiologische Lagezentrum führt die Messtrupps direkt oder über Messzentralen. Die radiologische Lage ist ein Bericht über den gegenwärtigen Zustand und die zu erwartende Entwicklung der Unfallsituation und ihrer voraussichtlichen Auswirkungen. Das Radiologische Lagezentrum wird am Sitz der Katastrophenschutzleitung oder einer anderen geeigneten Stelle (z.B. Aufsichtsbehörde) eingerichtet und verfügt über die notwendigen Einrichtungen zur Auswertung und Kommunikation. Es kann zusammen mit dem in einigen Ländern zusätzlich eingerichteten radiologischen Landeslagezentrum zum Krisenmanagement nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz eingerichtet sein. Der Fachberater Strahlenschutz am Ort der Katastrophenschutzleitung stützt sich auf die vom Radiologischen Lagezentrum erarbeitete Lage ab. |
Räumungsbezirk | Räumungsbezirk ist ein in Evakuierungsplänen aufgeführtes Gebiet, das anhand von geografischen Merkmalen abgegrenzt wird (z.B. Ortsteil mit eigenem Namen, durch Straßenzüge, Bahnlinien, Flüsse begrenzt). Die in einem Räumungsbezirk sich aufhaltende Bevölkerung wird ggf. separat (z.B. wegen des Beginns der Evakuierung) angesprochen. |
REI | Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen. Sie enthält Grundlagen und Zielsetzungen der Überwachung sowie Festlegungen über zu überwachende Umweltbereiche, Art der Messungen und Probenahmen, einzuhaltende Nachweisgrenzen, Messorte und Messhäufigkeiten. Die Überwachung erfolgt in jeweils gesonderten Messprogrammen sowohl für den bestimmungsgemäßen Betrieb als auch für den Störfall/Unfall durch den Betreiber der kerntechnischen Anlage und durch unabhängige (i.A. behördliche) Messstellen. |
Sammelplatz | Der Sammelplatz ist eine Einrichtung, an denen sich das Einsatzpersonal, insbesondere Messtrupps und Strahlenspürtrupps vor und während des Einsatzes sammeln. Er ist in der Regel gleichzeitig Probensammelstelle.
Am Sammelplatz werden die Personendosimetrie und die Kontaminationskontrolle des Einsatzpersonals sowie die Funktionskontrolle der Messgeräte durchgeführt. Außerdem kann dort entsprechende Zusatz- bzw. Ersatzausrüstung vorgehalten werden. Geräte für erste orientierende Messungen (Bestimmung des Nuklidvektors) an den angelieferten Proben sollen an dieser Stelle ebenfalls vorhanden sein. |
Sammelstelle | Sammelstellen sind in Evakuierungsplänen aufgeführte Orte, an denen sich Personen zusammenfinden, die mit von der Katastrophenschutzleitung organisierten Transportmitteln evakuiert werden. |
Schnell ablaufendes Ereignis | Ereignisablauf in einer kerntechnischen Anlage, bei dem als Folge eines Unfalls eine nennenswerte Freisetzung kurzfristig, d. h. innerhalb weniger als sechs Stunden, erfolgen kann oder erfolgt. Wenn ein solches Ereignis frühzeitig nach dem auslösenden Ereignis eintritt, so dass für eine Analyse durch das Radiologische Lagezentrum nicht genügend Zeit vorhanden ist, muss die Katastrophenschutzleitung auf Empfehlung des Betreibers kurzfristig Schutzmaßnahmen der Bevölkerung veranlassen. Eine solche Situation ist nur denkbar, wenn der Betreiber ein Ereignis mit der Einstufung "Katastrophenalarm" meldet, ohne dass es vorher eine Meldung mit der Einstufung "Voralarm" gegeben hat. |
Schutzfaktor | Der Schutzfaktor ist das Verhältnis der Dosis bei ungeschütztem Aufenthalt zur Dosis bei geschütztem Aufenthalt.
Maßnahmenkatalog Band 2, Kap. 8.5.2 |
Schwellendosis | Eine Schwellendosis ist eine Dosis, unterhalb der kein deterministischer Effekt zu erwarten ist.
Den verschiedenen deterministischen Effekten sind unterschiedliche Schwellendosen zugeordnet. Radiologische Grundlagen, Kap. 3.1 |
Sievert (Sv) | Sievert ist die Einheit der Organdosis, der Äquivalentdosis und der effektiven Dosis. |
Spaltprodukt | Ein Spaltprodukt ist ein Nuklid, das durch Kernspaltung oder radioaktiven Zerfall der durch Kernspaltung entstandenen Nuklide entsteht. |
Stochastischer Effekt | Stochastische Effekte sind Strahlenschäden, bei denen di.e Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens mit zunehmender Dosis zunimmt, deren Schweregrad jedoch nicht dosisabhängig ist.
Folgen stochastischer Effekte können Krebserkrankungen (somatischer stochastischer Strahlenschaden) oder Erbkrankheiten bei Nachkommen (genetischer stochastischer Strahlenschaden) sein. Radiologische Grundlagen, Kap. 3.1 |
Strahlenexposition | Strahlenexposition ist die Einwirkung ionisierender Strahlung auf den menschlichen Körper.
Ganzkörperexposition ist die Einwirkung ionisierender Strahlung auf den ganzen Körper. Teilkörperexposition ist die Einwirkung ionisierender Strahlung auf einzelne Organe, Gewebe oder Körperteile. Äußere Strahlenexposition ist die Einwirkung durch Strahlungsquellen außerhalb des Körpers. Innere Strahlenexposition ist die Einwirkung durch Strahlungsquellen innerhalb des Körpers. StrlSchV, § 3 Ziff. 30 |
Strahlenschutzarzt | Ein Strahlenschutzarzt ist ein im Strahlenschutz und in relevanten Teilaspekten der Katastrophen- und Notfallmedizin speziell fortgebildeter Arzt.
Es handelt sich nicht um eine Fachgebietsbezeichnung nach der Weiterbildungsordnung für Ärzte. SSK Band 4, Kap. 3 |
Strahlenschutz-Grundsätze | Strahlenschutz-Grundsätze sind:
Die Rechtfertigung jeder Strahlenexposition, Die Pflicht zur Dosisbegrenzung und zur Dosisreduzierung, Die Vermeidung unnötiger Strahlenexposition. StrlSchV, Kap. 1 §§ 4-6 |
Strahlenschutzvorsorge- maßnahmen | Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen sind Maßnahmen, um die Strahlenexposition der Menschen und die radioaktive Kontamination der Umwelt im Falle von Ereignissen mit möglichen nicht unerheblichen radiologischen Auswirkungen unter Beachtung des Standes der Wissenschaft und unter Berücksichtigung aller Umstände so gering wie möglich zu halten. Dazu gehören vor allem Verbote und Beschränkungen im Bereich von Lebens-, Futter- und Arzneimitteln und Abfällen, Kontrollen und Beschränkungen im grenzüberschreitenden Verkehr sowie Empfehlungen für Verhaltensweisen der Bevölkerung. Als Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen werden auch Umsiedlungen betrachtet. |
Strahlenspürtrupp | Strahlenspürtrupps werden zur Durchführung von Messaufgaben wie Ortsdosisleistungsmessungen und einfache Probenahmen (z.B. Boden- und Bewuchsproben) eingesetzt. Sie werden im Allgemeinen von Einheiten des Katastrophenschutzes/der Feuerwehr gestellt. Wichtigstes Ziel ihrer Messungen ist die Verifizierung, dass in ihrem Einsatzbereich die Eingreifwerte nicht überschritten werden. |
Strahlenwirkungen | Strahlenwirkungen sind Auswirkungen der Energieabsorption von Strahlung in Gewebe, die an den Biomolekülen Ionisation und /oder Anregungsvorgänge bewirkt.
Radiologische Grundlagen, Kap. 3.1, 3.2 |
Umsiedlung | Die Umsiedlung ist die mittelfristige bis andauernde Verbringung der Bevölkerung aus einem kontaminierten Gebiet in nicht oder gering kontaminierte Gebiete.
Die temporäre Umsiedlung ist auf einen Zeitraum von einigen Wochen bis zu mehreren Monaten begrenzt; die betroffene Bevölkerung kann danach in ihre Wohngebiete zurückkehren; Dekontaminationsmaßnahmen in Wohngebieten und auf Landflächen können die Dauer der temporären Umsiedlung verkürzen. Die Infrastruktur und alle Produktions- und Versorgungseinrichtungen im betroffenen Gebiet können nach dem Ende der Maßnahme wieder genutzt werden. Die langfristige Umsiedlung über einen unbestimmt langen Zeitraum ist dann erforderlich, wenn eine hohe Dosisleistung im betroffenen Gebiet aufgrund der Kontamination mit langlebigen Radionukliden nur langsam abnimmt. Als Konsequenz muss die betroffene Bevölkerung in anderen Gebieten neu angesiedelt und in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben integriert werden. Dazu gehört auch die Schaffung von Wohnraum. Radiologische Grundlagen, Kap. 4.1 |
Unterrichtung | Information verschiedener Zielgruppen (z.B. Bevölkerung, Behörden) über einen Sachverhalt, i. A. ohne Aufforderung, etwas zu tun. |
Vorverteilung (von Iodtabletten) | Die Vorverteilung von Iodtabletten bedeutet die ereignisunabhängige Vorverteilung an die Haushalte in der unmittelbaren Umgebung von Kernkraftwerken. Durch diese Maßnahme soll erreicht werden, dass im Ereignisfall Iodtabletten bei der betroffenen Bevölkerung schnell verfügbar sind. Im Ereignisfall sollten die tabletten möglichst vor einer Inhalation von Radioiod eingenommen werden können.
Die Durchführung der Vorverteilung kann nach Arzneimittelgesetz (AMG) nur über Apotheken ( § 43 AMG) und zentrale Beschaffungsstellen ( § 47 AMG) erfolgen. Die Vorverteilung muss in der Regel im Ereignisfall durch eine weitere Verteilaktion ergänzt werden, da vorverteilte Iodtabletten in den Haushalten verloren gegangen sein können oder die tabletten überhaupt nicht abgeholt wurden. |
Warnung | Information an die Bevölkerung mit der Aufforderung, im Warntext genannte Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Zur Durchführung der Warnung können verschiedene Informationskanäle (z.B. Telefon, ortsfeste und mobile Lautsprecher, Sirenen, Rundfunkdurchsagen) einzeln oder in Kombination zur Anwendung kommen |
Zentralzone | Die Zentralzone ist eine Planungszone, in der alle Alarmmaßnahmen 2 vorzubereiten sind. Sie hat bei Kernkraftwerken einen Radius von etwa 2 km. Maßnahmen in der Zentralzone sind wegen der Nähe zur betroffenen Anlage besonders dringlich und werden im Allgemeinen unabhängig von der Ausbreitungsrichtung durchgeführt. |
7.2 Eingreifrichtwerte für die Einleitung von Maßnahmen
Auszüge aus:
"Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden", verabschiedet im Länderausschuss für Atomkernenergie - Hauptausschuss - am 6. April 1999
(Redaktionelle Bearbeitung zustimmend zur Kenntnis genommen in der 223. Sitzung der SSK am 13. Mai 2008)
Eingreifrichtwerte für die Maßnahmen Aufenthalt in Gebäuden, Einnahme von Iodtabletten, Evakuierung, langfristige Umsiedlung und temporäre Umsiedlung
Maßnahme | Eingreifrichtwerte | ||
Organdosis (Schilddrüse) | effektive Dosis | Integrationszeiten und Expositionspfade | |
Aufenthalt in Gebäuden | 10 mSv | äußere Exposition in sieben Tagen und effektive Folgedosis durch in diesem Zeitraum inhalierte Radionuklide | |
Einnahme von Iodtabletten | 50 mSv Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schwangere, 250 mSv |
Organ-Folgedosis der Schilddrüse durch im Zeitraum von sieben Tagen inhaliertes Radioiod | |
Evakuierung | 100 mSv | äußere Exposition in sieben Tagen und effektive Folgedosis durch in diesem Zeitraum inhalierte Radionuklide | |
Langfristige Umsiedlung | 100 mSv | äußere Exposition in einem Jahr durch abgelagerte Radionuklide | |
Temporäre Umsiedlung | 30 mSv | äußere Exposition in einem Monat |
Ist bei lang anhaltenden Freisetzungen der Zeitraum des Wolkendurchzugs in einzelnen Gebieten größer als sieben Tage, dann ist die Integrationszeit entsprechend zu verlängern.
Für die Entscheidungsfindung über die Maßnahmen temporäre und langfristige Umsiedlung steht mehr Zeit zur Verfügung als für die Entscheidungsfindung über die Katastrophenschutzmaßnahmen Aufenthalt in Gebäuden, Einnahme von Iodtabletten und Evakuierung.
Durch das Gesamtsystem der Eingreifrichtwerte gemäß Tabelle erfolgen die Gegenmaßnahmen
Um von den örtlich unterschiedlichen Schutzfaktoren unabhängig zu sein, wird bei der Anwendung der genannten Eingreifrichtwerte ein ununterbrochener Aufenthalt im Freien von 24 Stunden pro Tag angenommen ...
...
Die hier abgeleiteten Eingreifrichtwerte sind (...) allgemein anwendbare Zahlenwerte. Sie dienen im Ereignisfall als Eingreifwert (Startwert), der dann geändert werden sollte, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen, z.B. wenn die so definierte Zuordnung von Maßnahmen und Gebieten im Konflikt mit schwerwiegenden Einflussfaktoren steht.
Eingreifwerte, die über den Eingreifrichtwerten liegen, können dann gerechtfertigt sein, wenn die Durchführung der Maßnahme mit großen Nachteilen verbunden oder die vermeidbare Dosis gering ist.
Eingreifwerte, die unter den Eingreifrichtwerten liegen, sind aus radiologischen Gründen nicht gerechtfertigt.
Bei Strahlendosen unterhalb der Eingreifwerte muss die Bevölkerung unter Angabe geeigneter Vergleichsgrößen über das Strahlenrisiko informiert werden.
Die Anwendung unterschiedlicher Eingreifwerte in verschiedenen Regionen ist zu vermeiden. ...
7.3 Mustertexte für die Information der Öffentlichkeit im Falle eines kerntechnischen Unfalls
Allgemeine Hinweise:
Die folgenden Mustertexte sind Elemente, die je nach Ereignisablauf kombiniert werden können.
Sie liegen für folgende Situationen vor:
Es sind Situationen denkbar, bei denen mehrere Maßnahmen gleichzeitig in Frage kommen, z.B. Aufenthalt in Gebäuden und Einnahme von Iodtabletten. In solchen Fällen sind die Mustertexte sinnvoll zu kombinieren. Mögliche Lösungen für die dabei auftretenden Konfliktsituationen (z.B. wer im Haus ist, kann keine Iodtabletten in der Apotheke abholen!) sind dabei anzusprechen.
Die in geschweifte Klammern { } gesetzten Ausdrücke sind durch ereignisbezogene Angaben zu ersetzen.
Es wurde bewusst darauf verzichtet, Fachausdrücke wie "Mittelzone" usw. zu verwenden, um die Betroffenen nicht zu verunsichern. Zudem wurde versucht, eine möglichst umgangssprachliche Ausdrucksweise anzuwenden. Darunter leidet etwas die Exaktheit der Meldung, macht sie aber leichter verständlich.
1 Mitteilung über einen Unfall im Kernkraftwerk (Voralarm, aber noch keine Freisetzung erfolgt)
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}. Sie richtet sich vor allem an Personen im {Kreis, Bereich}.
Im Kernkraftwerk {XY} ist es zu einem Unfall gekommen. Es wurden bisher keine radioaktiven Stoffe freigesetzt. Zur Zeit besteht für Sie deshalb keine Gefahr und damit kein Anlass für eigene Maßnahmen. Wenn es zu einer gefahrbringenden Freisetzung kommt, werden Sie sofort informiert. Bitte beachten Sie deshalb die weiteren Meldungen auf diesem Sender.
Bei der {Bezirksregierung} ist ein Einsatzstab gebildet worden. Der Einsatzstab steht in ständigem Kontakt mit den Verantwortlichen im Kraftwerk. Er wird Sie über die weitere Entwicklung unterrichten. Die nächste Meldung erfolgt spätestens um {xyz}.
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. {Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.}
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
- Ende der amtlichen Mitteilung -
2 Aufforderung zum Aufenthalt in Gebäuden
a) noch keine Freisetzung erfolgt, aber steht bevor
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
Im Kernkraftwerk {XY} kam es zu einem Unfall. Bisher wurden keine radioaktiven Stoffe freigesetzt. Es muss aber damit gerechnet werden, dass es in {X} Stunden zu einer Freisetzung kommt.
Die Bewohner der Gemeinden
{- Römerdorf mit Ortsteil Dudenberg,
- Talhausen und
- Niederspeier}
werden daher aufgefordert, vorsorglich Häuser aufzusuchen sowie Fenster und Türen zu schließen.
Nehmen Sie jetzt noch keine Iodtabletten ein. Wenn es erforderlich werden sollte, werden wir Sie rechtzeitig informieren.
Bringen Sie vorsorglich Haustiere und Vieh ins Haus oder die Stallungen, soweit dies kurzfristig möglich ist.
Wir werden Sie über Änderungen der Lage sofort informieren.
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. {Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.}
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
- Ende der amtlichen Mitteilung -
2 Aufforderung zum Aufenthalt in Gebäuden
b) Freisetzung ist erfolgt, (Bevölkerung war eventuell nicht vorgewarnt)
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
Im Kernkraftwerk {XY} kam es zu einem Unfall; radioaktive Stoffe sind freigesetzt worden.
Die Bewohner der Gemeinden
{- Römerdorf mit Ortsteil Dudenberg,
- Talhausen und
- Niederspeier}
werden daher aufgefordert, umgehend Häuser aufzusuchen sowie Fenster und Türen zu schließen. Schalten Sie Lüftungs- und Klimaanlagen ab. Halten Sie sich möglichst weit im Inneren des Gebäudes auf. Lassen Sie ihre Kinder nicht mehr im Freien spielen.
Verzehren Sie kein frisch geerntetes Obst oder Freilandgemüse; verwenden Sie keine frisch gemolkene Milch. Benutzen Sie kein Wasser aus offenen Brunnen, Seen oder Flüssen.
Geben Sie Tieren möglichst kein Futter, das bis jetzt im Freien gelagert war.
Legen Sie bei Betreten des Hauses die heute im Freien getragene Oberbekleidung und Schuhe ab, lagern Sie diese außerhalb des Hauses und waschen Sie unbedeckte Körperteile gründlich mit fließendem Wasser. Das draußen benutzte Spielzeug ihrer Kinder sollte nicht mit ins Haus genommen werden.
{Nehmen Sie jetzt noch keine Iodtabletten ein. Wenn es erforderlich werden sollte, werden wir Sie rechtzeitig informieren.} {Nehmen Sie jetzt die Iodtabletten ein.}
Wir werden Sie über Änderungen der Lage sofort informieren.
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. {Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz. de.}
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
- Ende der amtlichen Mitteilung -
3 Mitteilungen über die Iodblockade der Schilddrüse
a) Ausgabe von Iodtabletten
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
Bei dem Unfall im Kernkraftwerk {XY} muss damit gerechnet werden, dass radioaktive Stoffe freigesetzt werden. Zum Schutz der Bevölkerung werden vorsorglich Iodtabletten verteilt.
Wir werden Sie unverzüglich informieren, sobald eine Einnahme der Iodtabletten erforderlich wird.
Die Bevölkerung bis zum Alter von 45 Jahren in den Gemeinden
{- Römerdorf mit Ortsteil Dudenberg
- Talhausen und
- Niederspeier}
wird aufgefordert, die Iodtabletten jetzt {an den Ausgabestellen/in Ihrer Apotheke} abzuholen. Bitte lassen Sie die Iodtabletten von einem Erwachsenen für den gesamten Haushalt und eventuell hilfsbedürftige Nachbarn abholen.
Bewohner in der direkten Nähe zum Kernkraftwerk, denen Iodtabletten bereits zur Verfügung gestellt wurden, sollten sich diese bereitlegen, aber erst nach Aufforderung einnehmen. Wenn Sie die tabletten verlegt haben sollten, erhalten Sie Ersatz an den genannten Ausgabestellen.
Die Schutzwirkung von Iodtabletten ist dann am größten, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt eingenommen werden. Dem Beipackzettel der Iodtabletten können Sie entnehmen, wann die Iodtabletten am Besten wirken und warum Personen über 45 Jahren keine tabletten einnehmen sollten.
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. (Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.)
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
- Ende der amtlichen Mitteilung -
3 Mitteilungen über die Iodblockade der Schilddrüse
b) Einnahme von Iodtabletten empfohlen
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
Nach dem Unfall im Kernkraftwerk {XY} {ist es zu einer Freisetzung von radioaktivem Iod gekommen/steht eine Freisetzung von radioaktivem Iod kurz bevor}. Die Einnahme von Iodtabletten zum Schutz der Schilddrüse ist daher erforderlich.
Die Bevölkerung bis zum Alter von 45 Jahren in den Gemeinden
{- Römerdorf mit Ortsteil Dudenberg
- Talhausen und
- Niederspeier}
wird aufgefordert, die Iodtabletten jetzt einzunehmen. Wie im Beipackzettel erläutert wird, sollen Personen über 45 Jahre keine tabletten einnehmen. Bitte beachten Sie die weiteren Hinweise auf der Packungsbeilage und halten Sie sich an die Anweisungen zur Dosierung, besonders für Kinder. Nehmen Sie keine höhere Dosis ein!
Wir empfehlen dringend die Einnahme von Iodtabletten für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren und für Schwangere auch in den {westlichen Gemeinden bis zur Kreisgrenze und im Landkreis Weinstraße].
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. {Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz. de.}
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
- Ende der amtlichen Mitteilung -
4 Mitteilung bei Evakuierung
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
{Eine erhebliche Freisetzung von Radioaktivität aus dem Kernkraftwerk {XY} kann nicht mehr ausgeschlossen werden /ist erfolgt}. Eine {vorsorgliche} Evakuierung ist daher in den folgenden Gemeinden erforderlich:
{- Römerdorf mit Ortsteil Dudenberg in das Aufnahmegebiet Landau
- Talhausen und Niederspeier in das Aufnahmegebiet Kandel}.
{Die Gemeindeverwaltungen in den Aufnahmegebieten übernehmen die Betreuungsaufgaben wie Unterkunft, Verpflegung, Zusammenführung von Familien.} {Bei Evakuierung nach einer Freisetzung: In {Landau und Kandel} sind Notfallstationen eingerichtet. Suchen Sie diese auf. Dort werden Sie auf eine eventuelle Kontamination überprüft.}
Wenn Sie das Gebiet selbständig verlassen möchten, begeben Sie sich zunächst zu den genannten Aufnahmegebieten. {Ihre Kinder werden aus Schule oder Kindergarten {Ursprung, Ziel} evakuiert} {Holen Sie vorher Ihre Kinder aus dem Kindergarten oder aus der Schule ab.}
Erforderliche Maßnahmen zur Verkehrslenkung werden eingerichtet.
Wenn Sie keine eigene Transportmöglichkeit haben, suchen Sie bitte die vorgesehenen Sammelstellen auf. {In den genannten Orten sind dies die Schulhöfe der Grund- und Hauptschulen, in Talhausen zusätzlich der Parkplatz am Schwimmbad}. Von dort werden Sie abgeholt.
Nehmen Sie nur die wichtigsten Dokumente (z.B. Ausweispapiere), benötigte Medikamente sowie Ersatzbekleidung und Körperpflegemittel mit.
Schalten Sie vor Verlassen der Wohnung nicht benötigte Elektrogeräte aus und drehen Sie die Wasserhähne zu. Verschließen Sie Ihre Wohnung; die Polizei sichert das Gebiet.
Bitte sorgen Sie auch für hilfsbedürftige Nachbarn.
Versorgen Sie Ihr Vieh im Stall mit Futter und Wasser; machen Sie Futtervorräte für Helfer zugänglich, die Ihr Vieh später versorgen. {Sobald wie möglich wird auch das Vieh aus dem Gebiet gebracht.} Nehmen Sie Ihre Haustiere mit.
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. {Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.} Schalten Sie im Auto bitte ihr Autoradio ein {Sender}.
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
- Ende der amtlichen Mitteilung -
5 Mitteilung zur Aufhebung von Schutzmaßnahmen
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
Sie betrifft alle Personen in der Umgebung des Kernkraftwerkes {Kraftwerkname}, die von der Maßnahme (...) betroffen sind.
{Der gemeldete Unfall wurde unter Kontrolle gebracht}. {Nach Feststellungen der Aufsichtsbehörde sind Freisetzungen nicht {mehr} zu befürchten.} {Die Freisetzung von Radioaktivität wurde gestoppt. Dies bestätigen die von den Behörden durchgeführten Messungen.}
{Zur Zeit führen Messtrupps noch Messungen durch. Sie dienen der Feststellung, ob und in welchem Umfang radioaktive Stoffe in der Umgebung vorhanden sind}.
Diese Mitteilung können Sie auch auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} nachlesen. Dort werden auch die Messergebnisse veröffentlicht. {Informationen über die Lage und die Messergebnisse finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.}
Ende der amtlichen Mitteilung -
7.4 Informationen, die im Falle eines kerntechnischen Unfalls vom Betreiber eines Kernkraftwerkes der Katastrophenschutzleitung zur Verfügung gestellt werden müssen
Die folgenden Informationen müssen nach Ereignismeldungen mit der Einstufung Voralarm und Katastrophenalarm vom Betreiber der Katastrophenschutzleitung zur Verfügung gestellt werden:
I. Informationen, die vor Beginn der Freisetzung radioaktiver Stoffe aus der Anlage die Entscheidung zur Vorbereitung und Durchführung vorsorglicher Katastrophenschutzmaßnahmen (Warnung und Unterrichtung der Bevölkerung, Aufenthalt in Gebäuden, Ausgabe von Iodtabletten, Evakuierung) ermöglichen sollen:
Alle diese Informationen sind bei auftretenden Änderungen zu aktualisieren.
II. Informationen, die bei Beginn und während der Emission radioaktiver Stoffe die Katastrophenschutzleitung in ihren Entscheidungen unterstützen sollen:
Alle diese Informationen sind ständig zu aktualisieren.
Die Erfassung der zur Information der Katastrophenschutzleitung notwendigen Messdaten, die Übermittlung dieser Informationen von der Anlage zur Katastrophenschutzbehörde bzw. zur Aufsichtsbehörde muss auch nach erfolgter Freisetzung radioaktiver Stoffe garantiert sein, solange noch für den Notfallschutz relevante Angaben aus der Anlage benötigt werden und zu erwarten sind.
Die anlageninternen Messdaten, ihre Erfassung und Verarbeitung, die zur Erlangung der o. a. Informationen notwendig sind, sind vorab im Einzelnen unter Berücksichtigung der Alarmierungskriterien (siehe Heft 39, SSK-Berichte) vom Betreiber in Abstimmung mit der Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde in den Betriebsvorschriften festzulegen.
ENDE | |
(Stand: 16.06.2018)
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