Durchführungsbeschluss (EU) 2017/253 der Kommission vom 13. Februar 2017 zur Festlegung von Verfahren für Warnmeldungen als Teil des im Hinblick auf schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren und für den Informationsaustausch, die Konsultation und die Koordinierung der Reaktion auf solche Gefahren gemäß dem Beschluss Nr. 1082/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates eingerichteten Frühwarn- und Reaktionssystems
(Text von Bedeutung für den EWR)
(ABl. Nr. L 37 vom 14.02.2017 S. 23)
Neufassung -Ersetzt Entsch. 2000/57/EG
Die Europäische Kommission -
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf den Beschluss Nr. 1082/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2119/98/EG 1, insbesondere auf Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 11 Absatz 5,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Mit der Entscheidung Nr. 2119/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 2 wurde ein Frühwarn- und Reaktionssystem (im Folgenden das "EWRS") als ständiges Kommunikationsnetzwerk zwischen der Kommission und den für öffentliche Gesundheit zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten (im Folgenden das "ständige Kommunikationsnetzwerk") geschaffen, um bestimmte Kategorien von übertragbaren Krankheiten zu verhüten und zu kontrollieren. Die Verfahren für die Funktionsweise des EWRS wurden in der Entscheidung 2000/57/EG der Kommission 3 festgelegt.
(2) Mit der Verordnung (EG) Nr. 851/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates 4 wurde ein Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (im Folgenden das "ECDC") errichtet. Gemäß Artikel 8 dieser Verordnung unterstützt das ECDC die Kommission und hilft ihr, indem es das EWRS betreibt. Insbesondere ist das ECDC für den täglichen Betrieb und die Instandhaltung der IT-Anwendung des Frühwarn- und Reaktionssystems (im Folgenden die "EWRS IT-Anwendung") zuständig.
(3) Die Entscheidung Nr. 2119/98/EG wurde durch den Beschluss Nr. 1082/2013/EU aufgehoben und ersetzt. Mit dem neuen Beschluss wurde das EWRS umgestaltet. Darin wurde auch die Reichweite des ständigen Kommunikationsnetzwerkes auf andere Arten biologischer Gefahren und auf andere Kategorien schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren, einschließlich Bedrohungen chemischen, umweltbedingten oder unbekannten Ursprungs, ausgeweitet. Darüber hinaus sind in dem Beschluss Bestimmungen über die epidemiologische Überwachung, Beobachtung, frühzeitige Meldung und Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren festgelegt.
(4) Mit Blick auf die Änderungen am EWRS ist es angebracht, die Verfahren für seine Funktionsweise zu überarbeiten und zu aktualisieren. Um das ordnungsgemäße Funktionieren und die einheitliche Anwendung des EWRS sicherzustellen, ist es erforderlich, detaillierte Verfahren für den Informationsaustausch festzulegen. Durch derartige Verfahren sollen sich überschneidende Tätigkeiten oder widersprüchliche Maßnahmen gegenüber bestehenden Überwachungsstrukturen und -mechanismen verhindert werden, um die Bereitstellung eines Frühwarnsystems sicherzustellen und schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren zu bekämpfen.
(5) Gemäß Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, zuständige Behörden zu benennen, die für die Übermittlung von Warnmeldungen und die Festlegung der Reaktionsmaßnahmen verantwortlich sind (im Folgenden "für das EWRS zuständige Behörden"). Um die Koordinierung und Kohärenz der Kommunikation zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission die Kontaktdaten der für das EWRS zuständigen Behörden sowie alle diesbezüglichen späteren Änderungen mitteilen.
(6) Die Wirksamkeit des EWRS hängt von der rechtzeitigen Kommunikation und dem Austausch relevanter Informationen zu dem Auftreten oder der Entwicklung einer schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahr ab. Demzufolge sollten klar abgegrenzte Zeitrahmen festgesetzt werden, innerhalb derer Warnmeldungen abgegeben und Informationen übermittelt werden müssen.
(7) Um strukturelle Doppelmeldungen und widersprüchliche Maßnahmen zu verhindern, sollten weitere, unter anderen Vorschriften des Unionsrechts oder unter dem Euratom-Vertrag geschaffene relevante Informationssysteme das EWRS nutzen dürfen, um Warnhinweise und Informationen zu Ereignissen zu übermitteln, die eine schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahr darstellen oder darstellen könnten. Diese Möglichkeit sollte an die Bedingung geknüpft sein, dass der Zugriff über andere Systeme nicht die Sicherheit des EWRS gefährdet und im Einklang mit den geltenden Datenschutzvorschriften erfolgt. Darüber hinaus sollte das EWRS mit dem System der Datenfelder, Arbeitsabläufe und Zugangsrechte der anderen Warn- und Informationssysteme kompatibel sein, mit denen es verbunden ist. Die EWRS-IT-Anwendung sollte angepasst werden, damit diese Interoperabilität zwischen den verschiedenen Warn- und Informationssystemen gewährleistet ist.
(8) Gemäß Artikel 11 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU konsultieren die Mitgliedstaaten nach einer Warnmeldung einander im Rahmen des Gesundheitssicherheitsausschusses zwecks Koordinierung der nationalen Reaktionen und bezüglich der Verfügbarmachung von Risiko- und Krisenkommunikation. Um die Koordinierung dieser Reaktionen und eine wirksame Kommunikation zu erleichtern, sollten die Verfahren, nach denen die Mitgliedstaaten die Reaktionen koordinieren, sowie die Vorgehensweise für eine wirksame Kommunikation mit der Öffentlichkeit bzw. Angehörigen der Gesundheitsberufe festgelegt werden.
(9) Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 28 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates 5 angehört.
(10) Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 6 und die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 sollten im Zusammenhang mit dem Betrieb des EWRS Anwendung finden.
(11) Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des gemäß Artikel 18 des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU eingesetzten Ausschusses für schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren.
(12) Die Entscheidung 2000/57/EG sollte daher aufgehoben und ersetzt werden
- hat folgenden Beschluss erlassen:
Artikel 1 Für das EWRS zuständige Behörden
(1) Die Kommission gewährt den für das EWRS zuständigen Behörden, die gemäß Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU benannt wurden, Zugang zu dem gemäß Artikel 8 des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU eingerichteten Frühwarn- und Reaktionssystem.
(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass wirksame Kommunikationskanäle zwischen den für das EWRS zuständigen Behörden und allen anderen relevanten zuständigen Behörden in ihrem Hoheitsgebiet eingerichtet werden, um schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren, welche die Kriterien gemäß Artikel 9 Absätze 1 und 2 des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU erfüllen, rasch identifizieren zu können.
Artikel 2 Warnmeldungen über das EWRS
(1) Wenn ein Mitgliedstaat oder die Kommission Kenntnis von der Entstehung oder Entwicklung einer schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahr im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU erhalten, so übermitteln sie unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 24 Stunden ab Bekanntwerden der Gefahr, eine Warnmeldung im Sinne desselben Artikels.
(2) Der Mitgliedstaat oder die Kommission können den Gesundheitssicherheitsausschuss über die Übermittlung eines Warnhinweises informieren.
(3) Die Mitteilungspflicht gemäß Artikel 9 Absatz 2 des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU bleibt von der Mitteilungspflicht gemäß Absatz 1 unberührt.
(4) Auch wenn nicht alle relevanten Informationen gemäß Artikel 9 Absatz 3 desselben Beschlusses bereitgestellt werden können, darf dies die Übermittlung einer Warnmeldung nicht verzögern.
(5) In der Warnmeldung gemäß Absatz 1 ist anzugeben, inwiefern die Kriterien gemäß Artikel 9 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU erfüllt sind.
(6) Wenn ein Mitgliedstaat oder die Kommission nach einer Warnmeldung vorliegende relevante Informationen gemäß Artikel 9 Absatz 3 des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU für Koordinierungszwecke übermitteln möchte, so verwendet er oder sie die Ad-hoc-Funktion des EWRS, um einen "Kommentar" als Reaktion auf die ursprüngliche Meldung zu hinterlassen.
Artikel 3 Andere Frühwarn- und Informationssysteme in der Union
(1) Aus der Warnmeldung gemäß Artikel 2 Absatz 1 muss hervorgehen, ob die festgestellte Gefahr bereits vorher über andere Frühwarn- oder Informationssysteme auf Unionsebene oder im Rahmen des Euratom-Vertrags gemeldet wurde.
(2) Wenn eine schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahr über mehr als ein Frühwarn- oder Informationssystem auf Unionsebene gemeldet wird, so weist die Kommission über das EWRS das Hauptsystem für die spezifische Art des Informationsaustauschs aus.
(3) Im Sinne dieses Artikels gelten die im Anhang genannten Systeme als andere Frühwarn- und Informationssysteme auf Unionsebene oder im Rahmen des Euratom-Vertrags.
Artikel 4 Koordinierung der nationalen Reaktionen auf schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren
(1) Wird gemäß Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU eine Konsultation zwecks Koordinierung der Reaktion auf eine schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahr beantragt, veranlasst die Kommission, dass die Konsultation im Gesundheitssicherheitsausschuss je nach Dringlichkeit aufgrund der Schwere dieser Gefahr innerhalb von zwei Arbeitstagen nach der Beantragung erfolgt.
(2) Die Kommission unterrichtet den Gesundheitssicherheitsausschuss über die Anfrage und macht ihm zusätzlich zu den bereits über das EWRS übermittelten Angaben alle Informationen zugänglich, die in Bezug auf die Gefahr relevant sind.
(3) Darüber hinaus legen die Mitgliedstaaten zusätzlich zu den bereits über das EWRS übermittelten Angaben schriftlich alle verfügbaren Informationen vor, die in Bezug auf die Gefahr relevant sind, einschließlich Maßnahmen im Bereich öffentliche Gesundheit oder andere Maßnahmen, die ergriffen wurden oder ergriffen werden sollen.
(4) Der Gesundheitssicherheitsausschuss prüft alle verfügbaren Informationen bezüglich einer bestimmten Gefahr, einschließlich Warnmeldungen, Risikobewertungen und andere von den Mitgliedstaaten oder der Kommission entweder über das EWRS oder über den Gesundheitssicherheitsausschuss übermittelten Informationen, einschließlich Informationen zu Maßnahmen im Bereich öffentliche Gesundheit, die ergriffen wurden oder ergriffen werden sollen. Diese Prüfung muss unverzüglich abgeschlossen werden.
(5) Mitgliedstaaten, die Maßnahmen im Bereich öffentliche Gesundheit ergreifen wollen, um schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren zu bekämpfen, berücksichtigen die Ergebnisse der Prüfung im Rahmen der Konsultation des Gesundheitssicherheitsausschusses.
Artikel 5 Risiko- und Krisenkommunikation
(1) Nach einem Konsultationsantrag gemäß Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU konsultieren die Mitgliedstaaten einander im Rahmen des Gesundheitssicherheitsausschusses und entwickeln und formulieren den Inhalt und die Form der Risiko- und Krisenkommunikation der Mitgliedstaaten an die Öffentlichkeit bzw. an Angehörige der Gesundheitsberufe. Die Mitgliedstaaten können die Kommunikation an ihre Bedürfnisse und die Gegebenheiten anpassen.
(2) Mitgliedstaaten, die bereits Risiko- und Krisenkommunikation über eine schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahr verbreitet haben, informieren den Gesundheitssicherheitsausschuss und die Kommission schriftlich über den Inhalt dieser Kommunikation.
Artikel 6 Deaktivierung der Warnmeldung
Liegen die Voraussetzungen für die Eintragung einer Warnmeldung gemäß Artikel 9 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU nicht mehr vor, so wird die Meldung von dem Mitgliedstaat, der sie eingetragen hat, oder, falls die Kommission die Meldung eingetragen hat, von dieser deaktiviert. Die Deaktivierung einer Eintragung erfolgt erst, wenn alle von der Meldung betroffenen Mitgliedstaaten einer solchen Deaktivierung zugestimmt haben.
Artikel 7 Aufhebung der Entscheidung 2000/57/EG
(1) Die Entscheidung 2000/57/EG wird aufgehoben.
(2) Bezugnahmen auf die aufgehobene Entscheidung gelten als Bezugnahmen auf den vorliegenden Beschluss.
Artikel 8 Inkrafttreten
Dieser Beschluss tritt am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Brüssel, den 13. Februar 2017
2) Entscheidung Nr. 2119/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 1998 über die Schaffung eines Netzes für die epidemiologische Überwachung und die Kontrolle übertragbarer Krankheiten in der Gemeinschaft (ABl. Nr. L 268 vom 03.10.1998 S. 1).
3) Entscheidung 2000/57/EG der Kommission vom 22. Dezember 1999 über ein Frühwarn- und Reaktionssystem für die Überwachung und die Kontrolle übertragbarer Krankheiten gemäß der Entscheidung Nr. 2119/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. Nr. L 21 vom 26.01.2000 S. 32).
4) Verordnung (EG) Nr. 851/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ABl. Nr. L 142 vom 30.04.2004 S. 1).
5) Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. Nr. L 8 vom 12.01.2001 S. 1).
6) Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. Nr. L 281 vom 23.11.1995 S. 31).
Nicht erschöpfende Liste von Schrittweise mit dem EWRS zu verknüpfenden Warn- und Informationssystemen auf Unionsebene | Anhang |
In diesem Anhang sind die derzeit auf Unionsebene oder im Rahmen des Euratom-Vertrags bestehenden Frühwarn- und Informationssysteme aufgeführt, die relevant sein können für den Empfang von Warnmeldungen und Informationen zu Ereignissen, die eine schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohung darstellen oder darstellen können:
ENDE |
(Stand: 31.05.2021)
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