Hunde können eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen. Dieses vorhandene Gefahrenpotential erfordert flächendeckend ein Ausschöpfen aller tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten und insbesondere ein konsequentes Einschreiten der zuständigen Behörden. Das zur Verfügung stehende rechtliche Instrumentarium bietet zahlreiche Möglichkeiten, den von Hunden ausgehenden Gefahren wirksam entgegenzutreten und den notwendigen Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Hierzu sind nachfolgende Hinweise zu beachten.
II.
Die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr haben sich daran zu orientieren, dass einerseits individuelle Rechtsgüter von überragender Bedeutung (Leib oder Leben) betroffen und andererseits bestimmte Hunde äußerst gefährlich und unberechenbar sein können. Dies betrifft insbesondere Hunde im Sinne des § 1 des Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetzes vom 12.04.2001 (BGBl. I S. 530) und gilt nicht nur hinsichtlich der Überwachung der Vorschriften in- kommunalen Gefahrenabwehrverordnungen, sondern auch, wenn andere :fahren bestehen, keine Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften bestehender Gefahrenabwehrverordnungen vorliegen oder wenn auf Grund von Vorkommnissen im Einzelfall (insbesondere Beißvorfällen) gefahrenabwehrende Maßnahmen erforderlich werden. Zuständige Sicherheitsbehörden sind gemäß § 89 Abs. 2 des Gesetzes- über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) i. d. F. der Bek. vom 23.09.2003 (GVBl. LSa S. 214) die Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden, die keiner Verwaltungsgemeinschaft angehören, soweit keine besonnen Zuständigkeitsrechtsvorschriften des Bundes oder es anders getroffen, werden sind. Zur Gefahrenabwehr außerhalb der Dienstzeit wird auf § 87 SOG LSa hingewiesen. Es ist notwendig, dass die zuständigen Behörden die ihnen zugewiesenen Aufgaben auch außerhalb der Dienstzeit - insbesondere auch an den Wochenenden - wahrnehmen. Daneben besteht die Eilfallzuständigkeit der Polizei nach § 2 Abs. 2 SOG LSA.
Soweit das allgemeine Recht der Gefahrenabwehr anzuwenden ist, können zur Abwehr abstrakter Gefahren auch kommunale Gefahrenabwehrverordnungen nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 SOG LSa erlassen werden. Werden Zuwiderhandlungen gegen entsprechende kommunale Gefahrenabwehrverordnungen festgestellt, können die zuständigen Behörden, neben der Verfolgung und Ahndung der Zuwiderhandlungen als Ordnungswidrigkeiten, nach § 13 SOG LSa die erforderlichen gefahrenabwehrenden Maßnahmen treffen. In Betracht kommen insbesondere grundsätzlich mit Zwangsmittelandrohung (Zwangsgeld) und nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. der Bek. vom 19.03.1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 15.07.2006 (BGBl. I S. 1619), mit Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene Anordnungen, die die missachteten Ge- und Verbote einer bestehenden Gefahrenabwehrverordnung im Einzelfall gegenüber der betroffenen Person konkret wiederholen. Derartige Anordnungen sind jedoch nur dann zur Gefahrenabwehr geeignet, wenn im Rahmen der zu erstellenden Gefahrenprognose davon ausgegangen werden kann, dass sie von der betroffenen Person auch wirksam befolgt werden. Ergibt die Gefahrenprognose, z.B. auf Grund der vor Erlass der Anordnungen grundsätzlich durchzuführenden Anhörung oder auf Grund der Einlassungen im Rahmen eines eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahrens, dass die betroffene Person entsprechende Anordnungen nicht befolgen wird, sind diese Anordnungen zur Gefahrenabwehr ungeeignet. In diesen Fällen ist es grundsätzlich erforderlich, der betroffenen Person, ebenfalls verbunden mit Zwangsandrohung und Anordnung der sofortigen Vollziehung, das Halten von Hunden oder die Aufsicht über Hunde oder die Betreuung von Hunden, insbesondere das Führen von Hunden, vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen. Soweit auch hier mit einer Nichtbefolgung der Anordnungen gerechnet werden muss und mit der Nichtbefolgung Gefahren für die Bevölkerung, insbesondere für Leib oder Leben von Personen, verbunden sind, kommt gegebenenfalls eine sofortige Sicherstellung der Hunde nach § 45 SOG LSa in Betracht (vgl. auch Nr. 7).
Bei Zuwiderhandlungen gegen das Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz oder gegen die Hundeverbringungs- und -einfuhrverordnung vom 03.04.2002 (BGBl. I S. 1248), zuletzt geändert durch Artikel 86 des Gesetzes vom 21.06.2005 (BGBl. I S. 1818) haben die zuständigen Behörden (Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden, die Verwaltungsgemeinschaft angehören) ebenfalls konsequent einzuschreiten. In Betracht kommende Maßnahmen sind insbesondere nach § 7 des Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz das Einziehen von Hunden und sonstigen Gegenstände und nach § 4 der Hundeverbringungs- und -einfuhrverordnung die Anordnung der vorübergehenden Unterbringung, und Versorgung, die Beschlagnahme und Unterbringung und die Anordnung des unverzüglichen Zurückbringens von Hunden an den Ort der Herkunft. Zudem können auch hier, neben der Verfolgung von Zuwiderhandlungen als Ordnungswidrigkeiten und deren Ahndung mit Geldbußen bis zu 5 000 Euro, weitergehende gefahrenabwehrende Maßnahmen nach § 13 SOG LSa ergriffen werden.
Daneben kann eine Verfolgung und Ahndung als Ordnungswidrigkeit nach § 121 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) i. d. F. der Bek. vom 19.02.1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert durch Artikel 3 Abs. 6 des Gesetzes vom 12.07.2006 (BGBl. I S. 1466), in Betracht kommen, wenn es sich um einen bösartigen (insbesondere bissigen) Hund handelt und die verantwortliche Person diesen sich frei umherbewegen lässt oder es unterlässt, die nötigen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um Schäden durch den Hund zu verhüten. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu 1 000 Euro bei Vorsatz und bis zu 500 Euro bei Fahrlässigkeit (vgl. § 17 Abs. 1 und 2 OWiG) geahndet werden. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG sechs Monate. Nach § 1 Nr. 1 Buchst. b des Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der kommunalen Verwaltungstätigkeit vom 13.11.2003 (GVBl. LSa S. 318), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22.12.2004 (GVBl. LSa S. 852), sind für die Verfolgung und Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen § 121 OWiG die Gemeinden sachlich zuständig. Für die Fälle, in denen die Polizei entsprechende Feststellungen trifft, wird insbesondere auf § 53 OWiG verwiesen. Bei Zuwiderhandlungen gegen § 121 OWiG kommen im Einzelfall gegebenenfalls dieselben präventiven Maßnahmen nach dem SOG LSa in Betracht, wie bei Zuwiderhandlungen gegen kommunale Gefahrenabwehrverordnungen (vgl. Nr. 2), gegen das Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz oder gegen die Hundeverbringungs- und -einfuhrverordnung (vgl. Nr. 3).
Liegen keine Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften vor, bestehen aber gleichwohl im Einzelfall im Zusammenhang mit dem Umgang mit Hunden Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Gefahren für Leib oder Leben von Personen oder für fremde Sachen (einschließlich Tiere) oder sonstige fremde Vermögenswerte, haben die zuständigen Sicherheitsbehörden und in Eilfällen die Polizei unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um diese Gefahren abzuwehren. Auch hier kommen vor allem auf § 13 SOG LSa gestützte Anordnungen wie z.B. Leinen- und Maulkorbzwang, Mitnahmeverbote, ausbruchssichere Haltung, Verbot des Haltens oder Führens oder eine Sicherstellung der Hunde nach § 45 SOG LSa in Betracht.
Soweit auf Grund eines- Vorfalls, insbesondere eines Beißvorfalls mit Verletzung von Menschen, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, müssen gefahrenabwehrende Maßnahmen erforderlichenfalls bereits vor Abschluss dieses Verfahrens getroffen werden.
Ist ein Hund auf Grund eines gefahrenträchtigen Verhaltens der betroffenen Person nach §§ 45 und 46 SOG LSa sichergestellt und in Verwahrung genommen worden, kommt eine Herausgäbe an die Person, bei der der Hund sichergestellt wurde, grundsätzlich nicht in Betracht, es sei denn, die zuständige Behörde hat sich im Einzelfall darüber Gewissheit verschafft, dass die Grunde, die zur Sicherstellung geführt haben, nach der Rückgabe nicht erneut eintreten werden. Scheidet danach die Herausgabe an die betroffene Person aus, kann der sichergestellte Hund gegebenenfalls an eine andere berechtigte Person herausgegeben werden. Ist auch dies nicht möglich, kann der sichergestellte Hund an eine andere Person abgegeben werden, von der nach den Umständen des Einzelfalls angenommen werden kann, dass sie einen sachkundigen und zuverlässigen Umgang mit dem Hund gewährleistet, so dass insoweit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeschlossen sind. § 47 SOG LSa ist zu beachten.
III.
Dieser RdErl. tritt am Tage nach seiner Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig treten die Bezugserlasse außer Kraft. Dieser RdErl. tritt fünf Jahre nach seinem In-Kraft-Treten außer Kraft.
ENDE
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