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Beschluss 602 des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe
Spezielle Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch BSE/TSE-Erreger
Ausgabe: Oktober 2003
(BArbBl. Nr. 10/2003 S. 34; 25.04.2012 S. 249 12aufgehoben)
Der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe hat in seiner Sitzung am 27 Mai 2003 in Bonn u. a. beschlossen:
Der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe (ABAS) hat zur Konkretisierung der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen ( BioStoffV) zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch TSE-Erreger von Nutztieren (Rindern, Schafe, Ziegen) folgende Erkenntnisse ermittelt und spezielle Maßnahmen beschlossen.
Der Beschluss dient als Hilfestellung für Arbeitgeber und Aufsichtsbehörden.
1. Allgemeines
Aufgrund der Routineuntersuchungen hat sich gezeigt, dass auch in der Bundesrepublik Deutschland BSE-positive Rinder vorkommen. Deshalb wurde eine Beurteilung der für den Arbeitsschutz relevanten Tätigkeitsbereiche nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgenommen.
Der vorliegende Beschluss wurde dem Stand des Wissens angepasst und enthält Konkretisierungen der Schutzmaßnahmen insbesondere bezüglich der Entnahme von Hirnproben sowie eine Erweiterung auf die TSE-Erreger von Schaf und Ziege.
Erläuterung
Transmissible Spongiforme Enzephalopathie (TSE) ist eine übertragbare (transmissible) Erkrankung, die zu schwammartigen (spongiformen) Veränderungen des Gehirns (Enzephalon) führt und bei Tieren und Menschen auftreten kann. Betroffen können z.B. sein:
2. Gefährdungssituation/Gefährdungsbeurteilung
2.1 Risikomaterialien
Risikomaterialien nach den Bestimmungen der Verordnung 999/2001/EG in Verbindung mit den geänderten Übergangsvorschriften der Verordnung 1326/2001/EG sind bei:
2.1.1 Rindern
2.1.2 Schafen und Ziegen
2.1.3 Risikomaterialien aus Sicht des Arbeitsschutzes
Die Verordnung - VO(EG) - Nr. 999/2001 wird hinsichtlich der Bestimmung des Risikomaterials regelmäßig an den Stand des Wissens angepasst. Für den Arbeitsschutz von Bedeutung sind Tätigkeiten mit o.g. Organen und Geweben, in denen TSE-Erreger bei infizierten oder erkrankten Tieren zum Teil in hohen Konzentrationen festzustellen sind. Bei der Wirbelsäule betrifft dies insbesondere das Rückenmark einschließlich der Nervenknoten der Rückenmarksnerven und beim Darm die assoziierten Lymphknoten.
2.2 Übertragungswege
Generell wird beim Rind die orale Aufnahme als Hauptübertragungsweg für BSE-Erreger angesehen. Dieser gilt auch als vermuteter Übertragungsweg auf den Menschen (vCJK, Variante der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung).
Bei einer Exposition der Beschäftigten ist tätigkeitsabhängig eine Aufnahme von TSE-Erregern
im Bereich des Möglichen.
2.3 Beurteilung der Infektionsgefährdung
(1) Die Infektionsgefährdung von Beschäftigten durch biologische Arbeitsstoffe wird u.a. bestimmt durch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Krankheitserregers und dessen Konzentration im jeweiligen Gewebe. In Deutschland besteht hinsichtlich der BSE-Gefährdung die Expertenmeinung, dass die Wahrscheinlichkeit eines Kontakts von Beschäftigten mit den Erregern aufgrund der derzeitigen Datenlage als relativ gering angesehen werden kann.
(2) Ebenso kann nach dem derzeitigen Wissensstand davon ausgegangen werden, dass die im Rahmen der Herstellung und thermischen Verwertung von Tiermehlen in der Bundesrepublik Deutschland aus tierseuchenhygienischen Gründen und zum Verbraucherschutz getroffenen Maßnahmen zur Inaktivierung und Entsorgung der Risikomaterialien ausreichen, um die Gefährdung in diesen Bereichen zu minimieren.
(3) Der ABAS hält für einzelne Arbeitsbereiche, bei denen Beschäftigte mit Risikomaterialien in Kontakt kommen können, aus präventiver Sicht die in diesem Beschluss festgelegten, speziellen Schutzmaßnahmen für erforderlich.
3 Schutzmaßnahmen
Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Schutzmaßnahmen zum Schutz vor TSE-Erregern einschließlich der Schutzeinrichtungen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen und zu treffen ( § 5 Arbeitsschutzgesetz i.V.m. §§ 5 bis 8 BioStoffV). Die Beschäftigten haben die erforderlichen Schutzmaßnahmen einzuhalten und Schutzvorrichtungen sowie die persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) bestimmungsgemäß zu verwenden ( § 15 Arbeitsschutzgesetz).
3.1 Landwirtschaft
Aus der Landwirtschaft sind derzeit keine Tätigkeiten bekannt, bei denen Landwirte in Kontakt mit Risikomaterialien kommen. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen der TRBa 230 ausreichen.
Sollten Hausschlachtungen von Rindern, Schafen und Ziegen vorgenommen werden, gelten die gleichen Anforderungen wie in Schlachthöfen.
3.2 Schlachthöfe
(1) Beschäftigte in Schlachthöfen können mit Risikomaterialien insbesondere an folgenden Arbeitsplätzen in Kontakt kommen:
Ob darüber hinaus weitere Arbeitsplätze betroffen sind, ist vom Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen. Dies kann beispielsweise bei der Verpackung und den Vorbereitungen zum Transport von Risikomaterialien der Fall sein.
Bei der Entnahme von Hirnproben sind die Bestimmungen entsprechend Nummer 3.3 zu beachten.
Das Entfernen des Darminhalts mit Methoden, die den Darm nicht verletzen, z.B. durch Pressen, ist zulässig.
(2) Zusätzlich zu den sonstigen nach BioStoffV zu treffenden Schutzmaßnahmen und den Bestimmungen zur Lebensmittelhygiene hat der Arbeitgeber an den relevanten Arbeitsplätzen folgende persönliche Schutzausrüstung (PSA) zur Verfügung zu stellen:
Hinweise:
Stumpfe Schuss-Schlag-Betäubung (nicht-penetrierender Bolzenschuss)
Die stumpfe Schuss-Schlag-Betäubung wird bereits in einigen EU-Mitgliedstaaten angewandt. In der Bundesrepublik ist sie aus tierschutzrechtlichen Erwägungen nicht zugelassen. Es kann jedoch auf Einzelantrag unter Auflagen eine befristete Genehmigung erteilt werden. Um den Einsatz nach einer Zulassung nicht zu verzögern, sollen einige Punkte, die für die Gefährdungsbeurteilung von Bedeutung sind, beschrieben werden:
Die stumpfe Schuss-Schlag-Betäubung ist eine Alternative zur Bolzenschussbetäubung. Für den Arbeitsschutz ergeben sich einige Vorteile:
Um eine sichere Schuss-Schlag-Betäubung durchführen zu können, muss bei den Schlachttieren eine effektive Kopffixierung erfolgen.
Rückenmarkskernabsaugung
Bei diesem Verfahren wird das Rückenmark vor der Tierkörperhalbierung nach dem Staubsaugerprinzip aus dem Wirbelkanal entfernt. Um das Absaugergebnis zu erhöhen, sollte das Absaugrohr mit Längenmarkierungen versehen sein, die dem Mitarbeiter die Eindringtiefe anzeigen.
Da Wirbelbrüche und Wirbelverschiebungen nach dem Fellabzug häufig vorkommen, und diese das Absaugergebnis verschlechtern, sollte die Rückenmarkskernabsaugung vor dem Fellabzug erfolgen. Die Absaugrohre sind nach jeder einzelnen Probeentnahme mechanisch (durch Abspülen oder Abwischen) zu reinigen und nach Abschluss der Arbeiten durch mindestens einstündiges Einlegen in 1 N NaOH oder Natriumhypochloritlösung mit mindestens 2 % freiem Chlor 1 zu dekontaminieren. Auf das Tragen von Augenschutz bei Tätigkeiten mit diesen Lösungen wird hingewiesen.
Tierhalbierung
Bei der Tierhalbierung mit Eröffnung des Wirbelkanals, die mit wassergekühlten Rückenspaltsägen durchgeführt wird, ist das abtropfende Kühlwasser des Sägeblattes so abzuleiten oder abzusaugen, dass die Spritzer- oder Aerosolbildung minimiert wird.
(3) Werden im Rahmen eines Schlachtvorganges oder während eines Schlachttages Rinder geschlachtet, die einem BSE-Schnelltest unterzogen werden, ist die gebrauchte persönliche Schutzausrüstung einschließlich der Schutzkleidung bis zum Vorliegen der Ergebnisse der Tests getrennt und identifizierbar sicher aufzubewahren (z.B. flüssigkeitsdichte Wäschesäcke). Dies gilt nicht für die Bestandteile der persönlichen Schutzausrüstung, die z.B. durch Wasserstrahl ausreichend gesäubert werden können. Bei negativen Testergebnissen kann die Schutzausrüstung wie üblich gereinigt und desinfiziert werden.
Sollte Einwegschutzkleidung bei der Tierhalbierung und bei der Entfernung der Risikomaterialien getragen werden, ist diese bis zum Vorliegen der Testergebnisse identifizierbar sicher aufzubewahren und bei Vorliegen eines positiven Befundes als Risikomaterial anzusehen und zu verbrennen. Dies gilt auch für Einmalhandschuhe.
(4) Wird im Rahmen der durchgeführten BSE-Schnelltests ein infiziertes Rind erkannt, ist die aufbewahrte Schutzausrüstung ebenfalls wie Risikomaterial zu behandeln. Darüber hinaus sind im Schlachthof die hierfür speziell festgelegten, weitergehenden Maßnahmen zu treffen.
(5) Nach Ende der Tätigkeiten oder bei Chargenwechsel ist eine Reinigung des Arbeitsbereiches und der Arbeitsmittel vorzunehmen (Beseitigung von Blut, Gewebe und anderen Verunreinigungen); bei Verwendung von Wasser: kein Hochdruck. Anschließend hat eine Dekontamination (bei Flächen z.B. durch Einschäumen) mit alkalischen Reinigern unter folgenden Bedingungen zu erfolgen: Endkonzentration des Reinigers 1 N NaOH (Achtung: ätzend, entspricht 4 %), 30minütige Einwirkdauer. Aldehydhaltige Desinfektionsmittel dürfen erst nach der alkalischen Desinfektion eingesetzt wenden. Abschließend sind Arbeitsbereich und Arbeitsmittel mit Wasser (Wasserstrahl, nicht unter Hochdruck) nachzureinigen.
(6) Die oben genannten Anforderungen für Schlachthöfe gelten auch für Schlachtungen in Metzgereibetrieben.
3.3 Probenahme bei Schlachttieren sowie im Rahmen der epidemiologischen BSE- und Scrapie-Überwachungsprogramme sowie der Untersuchung konkreter Verdachtsfälle
(1) Zu den Tätigkeiten gehören die Entnahme der Proben und deren Versendung. Die Hirnproben müssen einzeln in auslaufsicheren Einmalgefäßen aufbewahrt werden. Die Probengefäße müssen beschriftet und eindeutig dem jeweiligen Schlachttier zuzuordnen sein (z.B. Bar-Code). Die Beschriftung muss deutlich und wasserfest erfolgen. Die Versendung der Proben hat in äußerlich sauberen Gefäßen zu erfolgen (diese sind ggf. vor der Versendung abzuspülen und bei Bedarf zu desinfizieren).
(2) Die Zuständigkeiten bei der Entnahme der Proben wird von den oberen Landesbehörden geregelt. Die mit der Durchführung amtlich beauftragten Personen (Amtliche Tierärzte oder zur Probenahme bevollmächtigte Fleischkontrolleure) müssen in Bezug auf die Entnahme der geeigneten Hirnproben geschult werden.
(3) Zur Entnahme von Hirnproben sind folgende Methoden bekannt:
Zu a):
Diese Methode ist eine geeignete Technik zur Entnahme von Hirnproben. Die Entnahme hat mit einem Entnahmelöffel durch das Foramen magnum zu erfolgen.
Zu b):
Bei dieser Methode wird das Hirngewebe mit Wasser durch das Foramen magnum herausgedrückt, wobei das Wasser mit einem Gerät durch den Schusskanal zugeführt wird.
Die Entnahmetechnik mit Wasserdruck ist geeignet, wenn
Bei Anwendung dieser Entnahmetechnik kann es jedoch zu einer Verteilung von Tropfwasser, das mit Risikomaterial kontaminiert ist, kommen.
Zu c):
Diese Methode ist nicht geeignet, da bei der Probeentnahme mit Luftdruck Gehirngewebe unkontrolliert aus dem Foramen magnum herausspritzen kann.
(4) Zur Probenahme sind die Methoden nach a) oder b) anzuwenden. Hierzu sind Arbeitsanweisungen entsprechend § 12 Abs. 3 BioStoffV zu erstellen. Darüber hinaus müssen die Beschäftigten in die Sicherheitsmaßnahmen beim Umgang mit potenziell BSE- oder Scrapiekontaminiertem Material unterwiesen sein. Diese Unterweisung ist regelmäßig, mindestens jedoch einmal jährlich, zu wiederholen; über die Schulungen und Unterweisungen sind Aufzeichnungen zu führen ( § 10 Abs. 5 und § 12 Abs. 1 - Abs. 3 BioStoffV).
3.3.1 Probenahme bei Schlachttieren
Die Entnahme von Probenmaterial bei klinisch unverdächtigen Schlachttieren kann im Rahmen der Schlachtung erfolgen unter:
Anmerkung zum Transport von Routineproben:
Für routinemäßig bei der Schlachtung entnommene Proben wird ein Transport nach Maßgabe der "Guidelines for the Safe Transport of Infectious Substances and Diagnostic Specimens" der WHO für den "Local Surface Transport" zwischen Entnahmeinstitution und Untersuchungslabor empfohlen (Probematerial in verschließbaren Plastikgefäßen, diese in verschließbaren beschrifteten Plastikboxen, die in den Transportfahrzeugen stoßfest zu sichern sind).
3.3.2 Probenahme bei verendeten, not- und krankgeschlachteten Tieren und Tieren mit konkretem BSE oder Scrapie-Verdacht sowie Sektion von Verdachtstieren
(1) Die Probenentnahme kann in den zur Sektion bzw. zur Zerlegung solcher Tiere zur Verfügung stehenden Räumen an der TBA, im Untersuchungsamt oder am Schlachthof durchgeführt werden.
(2) Die Probeentnahme und Untersuchung von Tieren mit konkretem BSE- oder Scrapie-Verdacht sind in der Arbeitsanleitung der BFAV 2 zur Diagnostik von BSE und Scrapie geregelt.
(3) Bei der Entnahme von Proben im Rahmen des jährlichen Überwachungsprogramms (Verordnung 999/2001 /EG in Verbindung mit Verordnung 1248/2001 /EG) sowie bei der Probenentnahme und Sektion von Tieren, die unter klinischem Verdacht getötet wurden, sind folgende Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten:
zur Verfügung zu stellen.
Anmerkung zum Transport von Verdachtsproben 3:
Hirnproben von an BSE mutmaßlich erkrankten Tieren (gezielter klinischer Verdacht) sowie Bestätigungsproben nach positiver Erstuntersuchung (sogenannte B-Proben) sind aus vorsorglichen Gründen nach den Transportregelungen zum Gefahrgutrecht zu befördern [wasserdichtes Probegefäß, umhüllt mit absorbierendem Material in wasserdichter Zweitverpackung (z.B. Plastikröhrchen mit Schraubverschluss), Versand-Umverpackung].
3.4 Tierkörperbeseitigungsanstalten/Entsorgung von Risikomaterialien
(1) Zu den Risikomaterialien gehören die unter Nummer 2.1 genannten Organe und Gewebe von Rindern, Schafen und Ziegen. Ebenso zählen dazu tote Rinder, Schafe und Ziegen, bei denen das Risikomaterial nicht entnommen wurde.
(2) Verdachtstiere und offensichtlich erkrankte Tiere dürfen nicht gehäutet werden. Es ist nur das Häuten von nicht geöffneten, klinisch unauffälligen Tieren vor der Kopfabsetzung zulässig; dies stellt keine Tätigkeit mit TSE-Gefährdung dar, da kein Kontakt zu Risikomaterialien besteht.
(3) Arbeitsschutzrelevante Tätigkeiten kommen beispielsweise vor:
Welche konkreten Arbeitsplätze betroffen sind, hat der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen.
(4) Bei der chemischen Dekontamination sind zuerst alkalische Mittel zu verwenden, da aldehydhaltige Mittel zur Stabilisierung von TSE-Erregern führen.
(5) An diesen Arbeitsplätzen sind den Beschäftigten zur Verfügung zu stellen:
(6) Nach der thermischen Behandlung entsprechend dem in Deutschland vorgeschriebenen Verfahren ( § 5 TierKBAnstV) und der dadurch erfolgten Inaktivierung möglicher TSE-Erreger wird davon ausgegangen, dass keine Infektionsgefährdung mehr besteht.
Anmerkung zum Transport von Risikomaterial aus der Schlachtung 3:
Der Transport der routinemäßig nach Artikel 8 in Verbindung mit Anhang XI Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 bei der Schlachtung entnommenen Risikomaterialien hat nach den Anforderungen des § 10 TierKBG in allseits geschlossenen, flüssigkeitsdichten sowie leicht zu reinigenden und zu desinfizierenden Fahrzeugen oder Behältnissen zu erfolgen.
Diese Risikomaterialien sind jedoch nicht als Gefahrgut der Klasse 6.2 ADR zu klassifizieren. Die Einschätzung wurde unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit des Vorkommens von BSE-Erregern, infektiologischer Gesichtspunkte, praktischer Gegebenheiten und rechtlicher Aspekte auf der Basis des gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes getroffen.
3.5 Thermische Verwertung/Beseitigung von Tiermehlen
(1) Das in der Bundesrepublik Deutschland vorgeschriebene Verfahren ( § 5 TierKBAnstV) bei der Herstellung von Tiermehlen stellt nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse die Inaktivierung potentiell vorhandener TSE-Erreger sicher. Bei der thermischen Verwertung (Verbrennung) der vorschriftsmäßig hergestellten Tiermehle sind deshalb neben den bereits geltenden (Arbeitsschutz-) Regelungen keine speziellen, zusätzlichen Schutzmaßnahmen erforderlich.
Auf die grundsätzlich geltende Forderung einer Staubminimierung sowie auf die Gefahr der Neubesiedlung mit biologischen Arbeitsstoffen durch das hohe Nährstoffangebot und die Restfeuchte des Tiermehls bei der Lagerung wird besonders hingewiesen.
(2) Absatz 1 gilt auch für importierte Tiermehle bei denen - z.B. durch ein entsprechendes Zertifikat- bestätigt werden kann, dass sie mindestens entsprechend dem in der Bundesrepublik Deutschland vorgeschriebenen Verfahren nach § 5 TierKBAnstV hergestellt wurden.
(3) Bei importierten Tiermehlen, bei denen kein Nachweis entsprechend Absatz 2 vorliegt, ist davon auszugehen, dass die Inaktivierung der TSE-Erreger nicht sicher gewährleistet ist. In diesen Fällen ist sicherzustellen, dass Beschäftigte Tiermehlen nicht ausgesetzt sind.
(4) Soweit das Verbrennungsverfahren dies zulässt, ist pelletiertes Tiermehl zu verwenden. Schüttware ist nur im geschlossenen System oder als Sackware (auf Dichtheit achten, Säcke mitverbrennen) einzusetzen.
(5) Auf den vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erstellten Leitfaden "Technische Anforderungen und allgemeine Empfehlungen für die Entsorgung von Tiermehl und Tierfett in Verbrennungsanlagen" wird hingewiesen. Der Leitfaden ist auf der Homepage des BMU unter der Rubrik Abfallwirtschaft abrufbar (www.bmu.de).
Anmerkung zum Transport von Tiermehlen:
Gemäß § 16d (1) TierKBAnstV dürfen Tiermehle, die aus Risikomaterialien hergestellt sind (nach § 5 TierKBAnstV behandelte Produkte) und deren Verbrennung außerhalb der Tierkörperbeseitigungsanstalt durchgeführt wird, nur in speziell gekennzeichneten, allseits geschlossenen und verplombten Behältnissen transportiert werden.
Anmerkung zum Tierkörperbeseitigungsrecht:
Durch die Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 vom 10.10.2002 wird das Tierkörperbeseitigungsrecht in der EU harmonisiert. Diese Verordnung trat am 1.11.2002 in Kraft und muss ab dem 1.5.2003 angewendet werden. Da sie direkt und unmittelbar in allen Mitgliedstaaten gilt, wird sie das deutsche Tierkörperbeseitigungsrecht überlagern. Zwischenzeitlich wurde diese Verordnung durch die EG-Verordnungen 808/2003 bis 813/2003 und die Entscheidungen 2003/320 bis 2003/329 EG geändert. Mit der Überarbeitung der nationalen Vorschriften ist in den nächsten Monaten zu rechnen.
Nach Auskunft des BMVEL soll das TierKBG in einzelnen Punkten ausgedünnt und um Verordnungsermächtigungen ergänzt werden.
Die im Text explizit angeführten Hinweise auf das Tierkörperbeseitigungsrecht könnten wie folgt geändert werden:
Es bleibt zum derzeitigem Zeitpunkt abzuwarten, in wie weit bestehendes Recht in den Ausführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 übernommen wird und diese somit ergänzt.
3.6 Inaktivierung/Dekontamination
TSE-Erreger sind gegen eine Vielzahl von bakteriziden, viruziden und fungiziden Desinfektionsmitteln und gegen übliche Hitze (z.B. trockene Hitze bei 180...200 °C), Abflammen oder Dampfsterilisationsverfahren (z.B. gespannter, gesättigter Wasserdampf bei 121 °C) weitgehend resistent. Trocknen, Trockene Hitze und Aldehyde stabilisieren die Erreger.
Die folgenden Verfahren gewährleisten - bei sachgerechter Anwendung - eine Inaktivierung und sind deshalb für die Behandlung von kontaminiertem Material geeignet:
Thermische Verfahren:
Chemische Verfahren:
Bei der Inaktivierung von Flüssigkeiten wird dies durch Zugabe eines gleichen Volumens 2 M NaOH bzw. einer 5 % Natriumhypochloritlösung erreicht.
Folgende Punkte sind beim Einsatz von chemischen Inaktivierungsverfahren zu berücksichtigen:
Beim Einsatz von Natriumhypochlorit-Lösungen ist zu beachten, dass giftige Chlorgas-Dämpfe entstehen können. Außerdem wirkt Natriumhypochlorit korrosiv für alle Arten von Edelstählen. Durch die ätzende Wirkung sind die Augen stark gefährdet. Arbeitslösungen müssen frisch angesetzt werden.
NaOH wirkt auf Aluminium- und Zinkoberflächen korrosiv: Hochmolare Lösungen können Edelstähle angreifen; niedermolare NaOH reagiert mit dem Kohlendioxid der Luft unter Bildung von Karbonaten, was die alkalischen Eigenschaften der NaOH aufhebt; 10 M NaOH reagiert nicht mehr mit dem Kohlendioxid der Luft und eignet sich als Vorratslösung. Durch die ätzende Wirkung sind die Augen stark gefährdet.
Chemische Inaktivierungsmaßnahmen dürfen nur durch entsprechend eingewiesenes Personal und nur nach Anlegen der persönlichen Schutzkleidung durchgeführt werden (Gesichtsschutz, geeignete Handschuhe, Schutzkittel, ggf. Chemieschürze). Bei Verwendung von Natriumhypochlorit-Lösungen ist auf ausreichenden Luftwechsel zu achten. Das Personal muss regelmäßige Sicherheitsunterweisungen in der sachgerechten Anwendung erhalten.
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1) Natriumhypochloritlösung: durch 1:5 Verdünnung einer 13%igen Stammlösung wird ein Gehalt an aktivem Chlor von 2,6 % erreicht. Zum Erhalt der Wirksamkeit ist ein Gehalt von mindestens 2 % aktiven Chlors notwendig. Daher ist es sehr wichtig, die Lösung mindestens alle 4 Wochen zu erneuern.
2) Bundesanzeiger Jg. 52, Nr. 172a vom 12. September 2000, S. 64 bis 67
(Stand: 20.08.2018)
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