TRBS 2111 Teil 1 Mechanische Gefährdungen - Maßnahmen zum Schutz vor kontrolliert bewegten ungeschützten Teilen Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS)
Vom 4. Januar 2006 (BAnz. Nr. 29 vom 10.02.2006 S. 867; 24.03.2014 S. 594aufgehoben)
Diese Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) gibt dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene entsprechende Regeln und sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für die Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln sowie für den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen wieder.
Sie wird vom Ausschuss für Betriebssicherheit ermittelt und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesarbeitsblatt bekannt gemacht.
Die Technische Regel konkretisiert die Betriebssicherheitsverordnung ( BetrSichV) hinsichtlich der Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen sowie der Ableitung von geeigneten Maßnahmen. Bei Anwendung der beispielhaft genannten Maßnahmen kann der Arbeitgeber insoweit die Vermutung der Einhaltung der Vorschriften der Betriebssicherheitsverordnung für sich geltend machen. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, hat er die gleichwertige Erfüllung der Verordnung schriftlich nachzuweisen.
Diese Technische Regel gilt für die Ermittlung von Maßnahmen zum Schutz vor mechanischen Gefährdungen aufgrund von kontrolliert bewegten ungeschützten Teilen, die bei Bewegungen in Bahnen oder durch Programme willentlich gesteuert z.B. Quetsch- oder Scherstellen, Schneid- oder Stichstellen, Einzug-, Fang- oder Stoßstellen bilden.
Diese Technische Regel ist in Verbindung mit der Technischen Regel für Betriebssicherheit TRBS 2111 "Mechanische Gefährdungen - Allgemeine Anforderungen - " anzuwenden.
2.1.1 feststehende trennende Schutzeinrichtungen wie Verkleidungen, Verdeckungen, Umzäunungen oder Abschrankungen, die ein Erreichen der Gefahrquellen verhindern,
2.1.2 Schutzeinrichtungen wie Schaltmatten, Schaltstangen, Schaltleisten, Schaltleinen, die vor Entstehen oder Erreichen der Gefahrquelle selbsttätig und rechtzeitig einen sicheren Zustand herbeiführen,
2.1.3 bewegliche trennende Schutzeinrichtungen, wie eine Schutztür mit und ohne Zuhaltung, die den Zugang erst erlaubt, wenn die Gefahr bringenden Bewegungen stillgesetzt oder auf ein ungefährliches Maß reduziert sind,
2.1.4 berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen wie Lichtschranken und Laserscanner, die vor dem Erreichen der Gefahrquelle selbsttätig und rechtzeitig einen sicheren Zustand herbeiführen,
2.1.5 ortsbindende Schutzeinrichtung wie Zweihandschaltungen,
2.1.6 ausreichende Reduzierung von Geschwindigkeiten der kontrolliert bewegten Teile,
2.1.7 Auflösung komplexer, automatisch aufeinander abfolgender Bearbeitungsgänge, wie Schrittschaltungen,
2.1.8 Zustimmungseinrichtungen wie Tippschalter mit selbsttätiger Rückstellung,
2.1.9 Hilfsmittel wie Schiebestöcke, die zum Führen von Werkstücken oder Beseitigen von Werkstücken oder Teilen davon verwendet werden.
Erläuterungen zu technischen Maßnahmen:
zu 2.1.1: Das Umstellen einer Maschine verursacht neue Quetsch- und Scherstellen Durch das Umstellen einer Maschine werden bewegliche Teile der Maschine durch deren offene Rückwand zugänglich, die vorher durch bauliche Maßnahmen / Gegebenheiten abgedeckt waren. Es sind technische Maßnahmen erforderlich, die die Zugänglichkeit zu diesen beweglichen Teilen verhindern. Dies können z.B. feststehende trennende Schutzeinrichtungen oder die Maßnahmen nach den Nummern 2.1.2, 2.1.3 oder 2.1.4 sein, die die weggefallenen baulichen Schutzmaßnahmen ersetzen.
zu 2.1.2: Schließkantensicherung mit Schaltleisten Bei der Umrüstung der Ansteuerung einer kraftbetätigten Ofenabschlusstür von Tippbetrieb mit selbsttätiger Rückstellung auf automatischen Schließbetrieb kann die Schließkantensicherung mit Schaltleisten erfolgen.
zu 2.1.1, 2.1.3 und 2.1.4: Änderung von Arbeitsmitteln An einer Maschinenanlage wird ein Handarbeitsplatz durch einen Roboter ersetzt. Es entstehen neue mechanische Gefährdungen im Arbeitsbereich des angebauten Roboters. Daher sind technische Maßnahmen erforderlich, die die Zugänglichkeit zu den beweglichen Teilen des Roboters und zu der Schnittstelle Roboter / restliche Maschinenanlage verhindern. Diese Maßnahmen können z.B. sein:
Erweiterung eines vorhandenen Schutzzaunes um den Roboter mit zu umschließen,
Integration des Roboters in die sicherheitstechnische Steuerung der Maschinenanlage,
sicherheitstechnische Integration der Zugänge zum Gefahrenbereich in die Steuerung der Maschinenanlage.
zu 2.1.3: Zuhaltung an Zerkleinerungsmaschinen Sollen neue Zugangsöffnungen an Zerkleinerungsmaschinen geschaffen werden, und besteht bei Nachlauf des Rotors die Gefahr von Schnittverletzungen, müssen die Schutzeinrichtungen so lange zugehalten sein, bis die Bewegung des Rotors zum Stillstand gekommen ist.
zu 2.1.4: Ersatz einer beweglichen Beschickungstür durch einen Lichtvorhang Der Lichtvorhang muss so in die Steuerung der Maschine eingebunden werden, dass eine Stillsetzung aller Gefahr bringenden Bewegungen an automatisch wirkenden Greifern an der Werkstück-Einlegestelle beim Hindurchgreifen oder Hindurchgehen durch die berührungslos wirkende Schutzeinrichtung erfolgt.
zu 2.1.5: Zweihandschaltung Aufgrund veränderlicher Werkstückgrößen und -abmessungen wird eine verriegelte trennende Schutzeinrichtung unwirksam und durch eine Zweihandschaltung ersetzt.
zu 2.1.7: Auflösung eines komplexen Bearbeitungsvorgangs in Einzelsätze Zur einfacheren Beherrschbarkeit und Gefahrenwahrnehmung durch den Bediener beim Bearbeiten einer Pressenform im Automobilbau werden komplexe Bearbeitungsvorgänge in Einzelsätze untergliedert.
zu 2.1.6 und 2.1.8: Zustimmungseinrichtung bei Beobachtungsvorgängen an Anlagen Um bei einer Fehlersuche Vorgänge von einem sicheren Standplatz aus innerhalb einer Anlage beobachten zu können, wird eine zusätzliche Zustimmungseinrichtung angebracht. Mit dieser muss der Bediener einer Gefahr bringenden Maschinenbewegung zustimmen, damit die Bewegung freigegeben wird. Die Geschwindigkeiten der Maschinenbewegungen müssen ggf. so reduziert werden, dass der Bediener beim Bemerken einer Gefahr bringenden Situation rechtzeitig durch Loslassen oder Durchdrücken der Zustimmungseinrichtung die Gefahr bringende Bewegung stoppen kann.
zu 2.1.9: Hilfsmittel zum Führen von Werkstücken Zum Bearbeiten von schmalen Werkstücken an Kreissägen zur Holzbearbeitung sind Schiebestöcke bereitzustellen.
2.2.1 Festlegung der Qualifikation für besondere Tätigkeiten,
2.2.2 Festlegung eines Mindestalters für die Benutzung bestimmter Arbeitsmittel,
2.2.3 Besondere Beauftragung zur Benutzung gefährlicher Arbeitsmittel,
2.2.4 Festlegen von Personen, die mit Beobachtungsaufgaben betraut sind,
2.2.5 Festlegung der Koordination zwischen Beschäftigten und zwischen Beschäftigten und Dritten,
2.2.6 Festlegen von Arbeitsabläufen, wonach gefährliche Bewegungen von Arbeitsmitteln erst ausgelöst werden, nachdem sich keine Person im Gefahrenbereich mehr aufhält,
2.2.7 Festlegen von räumlichen und zeitlichen Aufenthaltsverboten,
2.2.9 Festlegen der hinweisenden Sicherheitstechnik,
2.2.10 Festlegen von Maßnahmen bei akustischen und optischen Warnsignalen,
2.2.11 Festlegen, welche Schutzeinrichtung für welchen Arbeitsgang benutzt werden muss,
2.2.12 Festlegen der bestimmungsgemäßen Benutzung von Schutzeinrichtungen. Erläuterungen zu organisatorischen Maßnahmen:
zu 2.2.1: Qualifikation von Arbeitnehmern Arbeitnehmer dürfen mit der Bedienung, der Wartung und dem Einrichten (z.B. von Spritz- und Druckgießmaschinen) nur beschäftigt werden, wenn sie ausreichend ausgebildet und unterrichtet sind und zu erwarten ist, dass sie ihre Aufgaben zuverlässig und sicher erfüllen.
zu 2.2.1, 2.2.2 und 2.2.3: Mindestalter und Beauftragung einer Einrichtperson für Pressen Die Beauftragung einer Einrichtperson für Pressen setzt voraus, dass:
die Person mindestens 18 Jahre alt ist (Ausnahme: mindestens 16 Jahre alt, wenn das Einrichten zu Ausbildungszwecken zur Erreichung des Ausbildungsziels dient und unter Aufsicht eines Fachkundigen erfolgt),
für das Einrichten ausgebildet ist, d. h. an einer fachspezifischen Ausbildungsmaßnahme, z.B. bei einem gesetzlichen Unfallversicherungsträger teilgenommen hat und
sie vom Arbeitgeber schriftlich beauftragt ist.
zu 2.2.5: Kraneinweiser Beim Einheben von Lasten in vom Kranführer nicht einsehbare Bereiche müssen besondere Vorkehrungen getroffen werden. Eine Möglichkeit ist die Einweisung des Kranführers. Die Zeichengebung zwischen Einweiser und Kranführer muss für beide eindeutig sein.
zu 2.2.6: Überwachung von Arbeitsbereichen Ein Hubbeladeband für eine Waschmaschine ist mit einem ortsveränderlichen Bedienungsstand ausgerüstet. Dieser muss regelmäßig so eingestellt werden, dass der Bewegungsverlauf der in Bewegung befindlichen Teile des Hubbeladebandes zu jedem Zeitpunkt überwacht werden kann.
zu 2.2.4 und 2.2.7: Eingeschränkte Sicht Die Sichtverhältnisse für den Maschinenführer einer selbstfahrenden oder mit beweglichen Arbeitsausrüstungen versehenen Arbeitsmaschine sind meist bauart- oder verfahrensbedingt eingeschränkt. Deshalb gilt der Arbeitsbereich dieser Arbeitsmittel als Gefahrenbereich, in dem der Aufenthalt nur erlaubt ist, wenn er mit dem Maschinenführer abgesprochen oder mit Hilfe eines Einweisers derart geregelt ist, dass keine Gefährdung auftritt.
zu 2.2.8: Beobachten von Fertigungsprozessen innerhalb integrierter Fertigungssysteme Wenn Fertigungsprozesse beobachtet werden müssen, muss der Arbeitgeber Schutzräume festlegen. Die Schutzräume müssen den gefahrlosen Aufenthalt der Beschäftigten ermöglichen.
zu 2.2.9: Festlegen hinweisender Sicherheitstechnik An Blockbandsägen ist ein Bereich im Umkreis von 1200 mm vom Schneidblock des Sägeblattes als Gefahrenbereich zu kennzeichnen.
zu 2.2.10: Festlegung von Maßnahmen bei Gefahrensignalen Sind Arbeitsmittel mit optischen und / oder akustischen Warneinrichtungen ausgestattet, sind Maßnahmen festzulegen, denen die Beschäftigten folgen müssen. Die Beschäftigten sind darüber zu unterrichten.
zu 2.2.11: Festlegen, welche Schutzeinrichtung für welchen Arbeitsgang benutzt werden muss Beim Fräsen mit einer Holzfräse ist bei Änderung des Werkstückes die Breite der Schutzabdeckung des nicht benötigten Teils des Fräsers nachzuführen.
zu 2.2.12: Nachstellen von formatabhängigen trennenden Schutzeinrichtungen Bei Verpackungs- und Verpackungshilfsmaschinen werden Materialien unterschiedlicher Abmessungen eingelegt. Die formatabhängigen trennenden Schutzeinrichtungen können nur dann den Zugriff zu Gefahrstellen verhindern, wenn sie nach einer Formatumstellung auch entsprechend eingestellt wurden. Bei der Formatänderung müssen die formatabhängigen trennenden Schutzeinrichtungen durch den Bediener eingestellt werden, um den Zugriff zur Gefahrenquelle zu verhindern.
Unterweisung im Umgang mit Lastaufnahmemitteln, z.B. Führen von Lasten vor dem Körper in der der Bewegung des Körpers abgewandten Richtung (Schieben statt Ziehen).
Persönliche Qualifikation, z.B. für den Umgang mit gefährlichen Arbeitsmitteln wie Motorsägen.
Unterweisung im Umgang mit Nähmaschinen: Solange Nähmaschinen nicht von der Energiezufuhr getrennt und die Gefahr bringenden Bewegungen zum Stillstand gekommen sind, dürfen Spulen, Stichplatten, Nähfüße, Nadeln und sonstige Zusatzeinrichtungen nicht gewechselt oder verändert werden.
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