TRGS 400 - Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz: Anforderungen
zurück

4 Anforderungen an die Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz

4.1 Personelle Anforderungen

(1) Wer die Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz vornimmt, muß über die erforderliche Qualifikation verfügen, um die in Anlage 1 dieser TRGS genannten Aufgaben erfüllen zu können. Der notwendige Umfang der Qualifikation richtet sich nach den betriebsspezifischen Verhältnissen wie z.B. der Art eines Betriebes oder der Art der Stoffe, mit denen umgegangen wird oder die entstehen.

(2) Die Qualifikation umfaßt je nach Aufgabenstellung und Schwierigkeitsgrad gefahrstoffbezogene Kenntnisse in der Regel in Verbindung mit

Als Anhalt für Art und Umfang der gefahrstoftbezogenen Kenntnisse entsprechend der gestellten Aufgabe werden die in Anlage 2 aufgeführten Anforderungen beispielhaft genannt.

(3) Die gefahrstoffbezogenen Kenntnisse können durch Teilnahme an einschlägigen Lehrgängen erworben werden. Die Schulung kann betriebsintern oder durch externe Stellen, z.B. Berufsgenossenschaften, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Verband Deutscher Sicherheitsingenieure, erfolgen. In Anlage 2 werden Beispiele für Lehrgangsinhalte genannt.

4.2 Anforderungen an die Ausstattung und die Organisation

(1) Wer die Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz ohne eigene Messungen (s. Nummer 4.3) durchführt, muß über die technischen und organisatorischen Voraussetzungen zur Erfüllung der Aufgaben gemäß Anlage 1 verfügen. Hierzu können gehören:

(2) Es müssen Regelungen getroffen sein und die entsprechenden Verantwortlichkeiten müssen klar festgelegt sein für:

(3) Die Erfüllung der Anforderungen gemäß Nummer 4.2 Abs. 1 und 2 ist durch Maßnahmen zur Qualitätssicherung (s. z.B. Nummer 4.3 Abs. 2) dauerhaft zu gewährleisten.

2) Berufsgenossenschaftliche Meßstellen erfüllen die Anforderungen des Berufsgenossenschaftlichen Meßsystems Gefahrstoffe (BGMG) und führen Messungen in Erfüllung ihres Präventionsauftrages nach § 19 SGB VII durch.

4.3 Anforderungen bei Durchführung von Messungen

(1) Wer im Rahmen der Überwachungspflicht nach § 18 GefStoffV Messungen durchführt, muß ein geeignetes Meßverfahren einsetzen und über die erforderliche Ausrüstung für die betriebsspezifisch anfallenden Messungen verfügen. Art und Umfang der Ausrüstung richten sich nach der Aufgabenstellung. Hierbei kann es sich um sehr einfache Ausrüstungsgegenstände handeln wie Prüfröhrchen oder Sensoren oder auch um aufwendigere, z.B. spezielle Probenahmegeräte und Meßgeräte. Zur erforderlichen Ausrüstung zählen auch die Einrichtungen für den sachgerechten Transport und die Lagerung der Proben. Auch für die Aufbewahrung und Wiederauffindung von Rohdaten, Berichten und ggf. Proben müssen geeignete Einrichtungen vorhanden sein.

(2) Hinweise zur erforderlichen Ausrüstung in Abhängigkeit von den zu messenden Stoffgruppen enthalten die "Richtlinien für die Akkreditierung von außerbetrieblichen Meßstellen zum Vollzug des Gefahrstoffrechts gemäß § 18 Abs. 2 GefStoffV" (LASI-Veröffentlichungen LV 2).

(3) Bei der Durchführung von Messungen durch eine innerbetriebliche Meßstelle müssen hinsichtlich der Organisation insbesondere folgende Anforderungen erfüllt sein:

(4) Der Arbeitgeber kann im Rahmen von Messungen ein externes Laboratorium, z.B. eine außerbetriebliche Meßstelle, mit der analytischen Bestimmung der Gefahrstoffe in den selbst genommenen Proben beauftragen, sofern dieses Laboratorium bezüglich der Fachkunde sowie der apparativen Ausstattung und der Organisation den Anforderungen nach Nummer 4.3 Abs. 2 entspricht. Darüber hinaus muß/müssen

(5) Messungen können vollständig einer außerbetrieblichen Meßstelle übertragen werden. Der Arbeitgeber kann davon ausgehen, daß die einschlägigen Anforderungen dieser TRGS erfüllt sind, wenn die Meßstelle von den Ländern für die betreffende Stoffgruppe anerkannt ist.

(6) Für Messungen ist ein Meßbericht mit einer Beurteilung der Meßergebnisse zu erstellen. Hinweise zur Gestaltung des Meßberichtes sind in den "Richtlinien für die Akkreditierung von außerbetrieblichen Meßstellen zum Vollzug des Gefahrstoffrechts" enthalten. In den Meßbericht sind ggf. auch Hinweise und Empfehlungen für Maßnahmen zur Verringerung der Exposition aufzunehmen. Falls Berichte externer Laboratorien berücksichtigt wurden, ist dies kenntlich zu machen.

   

.

  Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz
- Checkliste -
Anlage 1
zu TRGS 400

Im Rahmen der Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz nach §§ 16 und 18 der Gefahrstoffverordnung hat der Arbeitgeber folgende Aufgaben zu erfüllen:

1. Ermittlungspflicht

1.1 Informationsbeschaffung über Arbeitsstoffe

Ermittlung Anmerkungen
Welche Arbeitsstoffe (Stoffe, Zubereitungen, Erzeugnisse) werden im Arbeitsbereich eingesetzt oder hergestellt? Es ist auf gekennzeichnete und ungekennzeichnete Arbeitsstoffe sowie auch auf Hilfsstoffe und Nebenprodukte zu achten. Es ist sinnvoll, auch die Arbeitsstoffe in das Gefahrstoffverzeichnis nach Nummer 1.2 aufzunehmen.
Sind die Arbeitsstoffe als gefährlich eingestuft, enthalten die Arbeitsstoffe im Hinblick auf den vorgesehenen Umgang gefährliche Stoffe und Zubereitungen oder können aus den Arbeitsstoffen beim vorgesehenen Umgang gefährliche Stoffe und Zubereitungen freigesetzt werden? Es ist zu beachten, daß gefährliche Stoffe und Zubereitungen auch durch das Arbeitsverfahren gebildet werden können, z.B. Schweißrauch aus Elektrodenmaterial
Enthalten die Arbeitsstoffe Stoffe mit unbekannten oder unzureichend bekannten Gefahrstoffeigenschaften? Viele Lieferanten/Hersteller halten auch für nicht gekennzeichnete Produkte Sicherheitsdatenblätter oder Produktinformationen bereit.
1.2 Gefahrstoffverzeichnis
Ermittlung Anmerkungen
Es ist ein Verzeichnis aller nach Nummer 1.1 ermittelten Gefahrstoffe zu erstellen und zu führen. Das Gefahrstoffverzeichnis muß folgende Angaben enthalten:
  • Bezeichnung des Gefahrstoffes
  • Einstufung des Gefahrstoffes oder Angabe der gefährlichen Eigenschaften
  • Mengenbereiche des Gefahrstoffes im Betrieb
  • Arbeitsbereiche, in denen mit dem Gefahrstoff umgegangen wird.
Hinweise zur Erstellung eines Gefahrstoffverzeichnisses: siehe TRGS 440.
Beispiele hierzu in BIA-Report 13/96: "Gefahrstoffe ermitteln und ersetzen".

Das Gefahrstoffverzeichnis ist bei wesentlichen Änderungen fortzuschreiben und mindestens einmal jährlich zu überprüfen. Das Gefahrstoffverzeichnis ist Grundlage der Arbeitsbereichsanalyse.

1.3 Ersatzstoffe/Ersatzverfahren
Ermittlung Anmerkungen
Es ist zu prüfen, ob Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse mit geringerem gesundheitlichem Risiko erhältlich sind. Vorschlag zum relativen Vergleich des gesundheitlichen Risikos: siehe TRGS 440 (hier speziell die Faktoren W und F).Beispiele hierzu enthält BIA-Report 13/96: "Gefahrstoffe ermitteln und ersetzen".
Es ist zu prüfen, ob die erhältlichen Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse mit geringerem gesundheitlichem Risiko technisch geeignet sind und ob ihre Verwendung zumutbar ist. Hinweise zur Ermittlung der Zumutbarkeit des Einsatzes von Ersatzlösungen nach § 16 GefStoffV enthält Anlage I zur TRGS 440.

Beispiele hierzu enthält BIA-Report 13/96: "Gefahrstoffe ermitteln und ersetzen".

Kann der Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer vor Gefährdung durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz nicht durch andere Maßnahmen gewährleistet werden, so muß der Arbeitgeber prüfen, ob durch Änderung des Herstellungs- und Verwendungsverfahrens oder durch den Einsatz emissionsarmer Verwendungsformen das Auftreten von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz verhindert oder vermindert werden kann. Vorschlag zum relativen Vergleich des gesundheitlichen Risikos: siehe TRGS 440 (hier speziell Faktor V). Zumutbarkeit und technische Eignung beachten!

Beispiele hierzu enthält BIA-Report 13/96: "Gefahrstoffe ermitteln und ersetzen".

Die Ermittlungsergebnisse bzgl. Ersatzstoffen und Ersatzverfahren sind zu dokumentieren  
1.4 Gefahrenermittlung und -abwehr
Ermittlung Anmerkungen
Die Gefahren, die von dem Umgang mit den Gefahrstoffen ausgehen, sind vor dem Umgang zu ermitteln und zu bewerten Hinweise auf Gefahren geben die Sicherheitsdatenblätter und die Kennzeichnung ( R-Sätze).Weitere Hinweise enthalten die einschlägigen Arbeitsschutzvorschriften.
Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sind vor dem Umgang mit den Gefahrstoffen zu regeln. Hinweise auf Maßnahmen zur Gefahrenabwehr geben die Sicherheitsdatenblätter und die Kennzeichnung ( S-Sätze).

Weitere Hinweise enthalten die einschlägigen Arbeitsschutzvorschriften, berufsgenossenschaftliche Informationssysteme oder LASI-Veröffentlichungen wie z.B. GESTIS (Hrsg.: Hauptverband der gewerbl. Berufsgenossenschaften) oder WINGIS (Hrsg.: Arbeitsgemeinschaft der Bau-Berufsgenossenschaften).

Es sind die Maßnahmen nach Abschnitt 5 und 6 der Gefahrstoffverordnung, mindestens jedoch die allgemeinen arbeitshygienischen Normen (Grundmaßnahmen gemäß TRGS 500) zu beachten.

2 Überwachungspflicht

2.1 Arbeitsbereichsanalyse

Ermittlung Anmerkungen
Es ist zu ermitteln, ob das Auftreten von Gefahrstoffen in der Luft am Arbeitsplatz sicher auszuschließen ist. Das Auftreten von Gefahrstoffen kann z.B. sicher ausgeschlossen werden,
  • wenn kein Umgang mit Gefahrstoffen vorliegt bzw. keine Gefahrstoffe entstehen oder wenn
  • bei Umgang mit Gefahrstoffen ausschließlich geschlossene Systeme verwendet werden.

Hinweis: Das Auftreten von Gefahrstoffen aufgrund allgemeiner Umweltbelastungen oder einer Innenraumbelastung fällt nicht unter die Regelungen der Gefahrstoffverordnung, da kein "Umgang" damit verbunden ist. Hier ist auf die Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung zu verweisen.

Ist das Auftreten von Gefahrstoffen in der Luft am Arbeitsplatz nicht sicher auszuschließen, so ist zu ermitteln, ob die Luftgrenzwerte (MAK, TRK) nach TRGS 900 unterschritten sind. Grundlage der Beurteilung ist der im Rahmen der Arbeitsbereichsanalyse nach TRGS 402 aufgestellte Befund; der Befund kann auf
  • Berechnungen
  • Ergebnissen vergleichbarer Arbeitsbereiche der Einhaltung verfahrens- und stoffspezifischer Kriterien (VSK)
  • BG/BIA-Empfehlungen oder
  • Messungen

beruhen. Der Befund der Arbeitsbereichsanalyse ist bei, wesentlichen Änderungen zu überprüfen. In der Arbeitsbereichsanalyse sind die Überprüfungszeiten festzulegen, innerhalb derer die Gültigkeit der Arbeitsbereichsanalyse zu überprüfen ist.

Liegt keine dauerhaft sichere Einhaltung der Grenzwerte vor, ist zu prüfen, ob durch Maßnahmen die Exposition gesenkt werden kann; der Befund der Arbeitsbereichsanalyse ist durch regelmäßige Kontrollmessungen zu überprüfen. Der Kontrollmeßplan muß genaue Anweisungen für die Durchführung der Kontrollmessungen enthalten, z.B. Ort, Zeitpunkt und Dauer der Probenahme.

Werden Messungen bei einer außerbetrieblichen Meßstelle in Auftrag gegeben, kann der Arbeitgeber davon ausgehen, daß die Ergebnisse zutreffend sind, wenn die Meßstelle von den Ländern anerkannt ist. Von den Ländern anerkannte Meßstellen werden in einem Meßstellenverzeichnis im Bundesarbeitsblatt bekanntgemacht.

Ist das Auftreten von Gefahrstoffen in der Luft am Arbeitsplatz nicht sicher auszuschließen so ist zu ermitteln, ob die Auslöseschwelle überschritten wird. Grundlage der Beurteilung sind
  • der Befund nach TRGS 402
  • die Bewertung sonstiger Kriterien zur Beurteilung der Auslöseschwelle (z.B. unmittelbarer Hautkontakt nach TRGS 150)
Ist das Auftreten von Gefahrstoffen in der Luft am Arbeitsplatz nicht sicher auszuschließen, so ist die Gesamtwirkung verschiedener gefährlicher Stoffe in der Luft am Arbeitsplatz zu beurteilen Grundlage der Beurteilung sind
  • der Befund nach TRGS 402
  • die Bewertung nach TRGS 403
Die Ergebnisse der Ermittlungen und Messungen im Rahmen der Arbeitsbereichsanalyse sind aufzuzeichnen und mindestens 30 Jahre aufzubewahren. Zum Umfang der Dokumentation zahlen insbesondere:
  • die Arbeitsbereichsanalyse mit der Begründung des Befundes
  • die Ergebnisse der Kontrollmessungen
  • die Maßnahmen zur Qualitätssicherung

.

  Anlage 2
zu TRGS 400

A) Gefahrstoffbezogene Kenntnisse zur Durchführung der Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz

Das Führen eines Gefahrstoffverzeichnisses und die Prüfung auf mögliche Ersatzstoffe verlangen insbesondere betriebsbezogene Kenntnisse

Die Prüfung auf eine Änderung des Herstellungs- oder Verwendungsverfahrens erfordert Kenntnisse

Zur Ermittlung und Beurteilung der Konzentration gefährlicher Stoffe oder Stoffgemische bedarf es der Kenntnis

Schutzmaßnahmen sollen in Zusammenarbeit mit der Sicherheitsfachkraft ergriffen werden.

   


  Anlage 2
zu TRGS 400

B) Anforderungen an Seminarinhalte zur Qualifikation verantwortlicher Bearbeiter der Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz

1 Chemische und toxikologische Grundbegriffe

2 Rechtliche Grundlagen

3 Spezielle Kenntnisse

4 Grundzüge der Schutzmaßnahmen


ENDE

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 20.08.2018)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion