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15. TRK-Wert für Benzol
(BArbBl. 4/93 S. 67; 5/93 S. 68; 6/93 S. 64; 5/98 S. 64; 6/2003 S. 90)
3,25 mg/m3 (1 ml/m3)
Spitzenbegrenzung: Überschreitungsfaktor 4
Bemerkungen: H, TRK
Benzol ist im Verzeichnis der krebserzeugenden Gefahrstoffe bei Massengehalten> 1 % in Gruppe II (Stark gefährdend) eingeordnet.
Arbeitsmedizinische Erfahrungen
Benzol wird hauptsächlich inhalativ aufgenommen, davon werden ca. 50 % im Körper retiniert. Bei direktem Hautkontakt mit flüssigem Benzol bzw. benzolhaltigen Lösungsmitteln ist mit einer perkutanen Aufnahme zu rechnen. Wegen seiner lipophilen Eigenschaften verteilt sich Benzol im gesamten Organismus und reichert sich im Fett- und Nervengewebe an.
Bei einer entsprechend hohen Einwirkung kommt es zu einer unspezifischen pränarkotischen Sofortwirkung, die auch bis zur Narkose führen kann. Desweiteren können starke Reizerscheinungen der Haut und der Schleimhäute auftreten.
Hinsichtlich der Gefährdung durch Benzol stehen aber die Langzeitschäden des blutbildenden Systems im Vordergrund.
Bei chronischer Benzolexposition kann es nach genügend hohen Dosen zu einer Depression aller Knochenmarksfunktionen kommen. Noch nicht hinreichend geklärt ist, inwieweit die Schädigung der Knochenmarksfunktion Voraussetzung für die Entstehung einer Hämoblastose ist. Gesichert ist aber, daß die Einwirkung von Benzol insbesondere das Risiko erhöht, an einer myoloischen Leukämie zu erkranken. Nach heutigem Kenntnisstand kann Benzol jedoch auch zu allen lymphatischen Hämoblastose-Formen führen [1, 2, 3].
Für die toxische und krebserzeugende Wirkung des Benzol werden hochreaktive Stoffwechselprodukte (Chinon-, Semichinon-, Epoxid-, Radikalzwischenstufen, t,t-Mucondialdehyd) verantwortlich gemacht [4]. Ferner kann Benzolepoxid nichtenzymatisch mit Nukleinsäuren unter Bildung von N7-Phenylguanin reagieren. Der Hauptmetabolit des Benzol bei Mensch und Tier ist Phenol, welches überwiegend in konjugierter Form mit dem Harn ausgeschieden wird [5].
Ein Zusammenhang zwischen berufsbedingter Benzolexposition und dem Auftreten von Leukämien wurde bereits seit 1928 [6] anhand von Falldarstellungen vermutet. Durch zahlreiche, seit Mitte der 70er Jahre durchgeführte epidemiologische Untersuchungen [7 - 14 u. a.] ist diese Vermutung mehrfach qualitativ bestätigt worden. Von den wenigen, für eine quantitative Analyse der leukämogenen Wirkung des Benzols hinreichend geeigneten Studien kommt der retrospektiven Follow-up-Studie an Gummiarbeiten von INFANTE, RINSKY et al. eine besondere Bedeutung zu [9 - 11]. Schätzungen auf der Grundlage dieser Studien ergaben für die Expositionshöhe 1 ml/m3ein noch signifikant erhöhtes berufliches Krebsrisiko. In diesen Untersuchungen ist man der Höhe der Expositionen gründlich nachgegangen, dennoch weisen die Informationen beträchtliche Lücken auf. So konnten Überschreitungen der festgesetzten 8-h-Mittelwerte nicht ausgeschlossen werden, und die Autoren räumen ein, daß Spitzen bis zu "several hundred ppm" möglich waren [9, 10, 15].
Toxikologische Erfahrungen
In bakteriellen Testsystemen ließ sich keine mutagene Wirkung von Benzol nachweisen. Auch an Säugetierzellen in vitro zeigte Benzol keine eindeutige mutagene Wirkung. An Ratte und Maus wurden dagegen in vivo schon nach einmaliger 6-stündiger Exposition gegenüber niedrigen Konzentrationen Chromosomenaberrationen gefunden (bei der Ratte ab 1 ml/m3).
Der Nachweis einer kanzerogenen Wirkung von Benzol im Tierversuch ließ sich über lange Zeit trotz zahlreicher Untersuchungen nicht führen. Diese früheren Versuche erlaubten wegen zu kurzer Versuchszeiten, zu kleiner Tierzahlen, fehlender Kontrollgruppen usw. keine sichere Aussage. Die Versuchsergebnisse schlossen jedoch eine schwach-kanzerogene Wirkung des Benzols nicht aus.
In neueren Untersuchungen konnte eine kanzerogene Wirkung von Benzol nach oraler Gabe (Schlundsonde) und auch nach Inhalation an Ratten und Mäusen nachgewiesen werden. Allerdings waren dazu hohe Dosen bzw. Konzentrationen erforderlich, z.B. bei Inhalation> 100 ml/m3. Neben Tumoren sehr verschiedener Lokalisationen traten auch Lymphome und Leukämien auf, insgesamt war aber die Wirkung nicht sehr stark ausgeprägt [5].
Analytik
Zur Messung von Benzol in der Luft in Arbeitsbereichen stehen anerkannte kontinuierliche und diskontinuierliche Analysenverfahren zur Verfügung. Für das kontinuierliche Verfahren (Prozeßchromatographie beträgt die Nachweisgrenze 0,1 ml/m3(0,3 mg/ m3), für das diskontinuierliche (Adsorption an A-Kohle, Desorption und anschließende gaschromatographische Bestimmung) 0,05 ml/m3(0,16 mg/m3) [16].
Herstellung und Verwendung
Die Jahresproduktion an Benzol in Deutschland betrug im Jahre 1975 ca. 1 Mio t, in den Jahren 1985 ca. 1,5 Mio t und 1989 ca. 1,6 Mio t. Verkauft wurden im Jahre 1989 1,9 Mio t Benzol. Der größte Teil (ca. 80 %) wird aus Pyrolysebenzin von Crackanlagen durch Extraktion gewonnen, ein kleinerer Teil (ca. 20 %) als Nebenprodukt bei der Verkokung von Steinkohle. Die wichtigsten Produkte, die aus Benzol als Ausgangssubstanz hergestellt werden, sind in der Reihenfolge abnehmender Einsatzmengen:
Ethylbenzol (wird zu Styrol verarbeitet), Cumol (wird zur Herstellung von Phenol verwendet). Nitrobenzole (Vorprodukt für Farbstoffe, Pharmazeutika, Pflanzenschutzmittel u.a.), Cyclohexan (dient zur Herstellung von Polyamidfasern), Chlorbenzole (dienen zur Herstellung von Pflanzenschutzmitteln und Farbstoffen), Alkylbenzole (die Verarbeitung erfolgt zu Waschrohstoffen), Maleinsäureanhydrid (findet u. a. Verwendung zur Herstellung ungesättigter Polyesterharze).
Bei der Verbrennung von organischen Verbindungen und Polymeren kann es zur unerwünschten Bildung von Benzol kommen, z.B. in Gießereien beim Abgießen von Formen (aus org. Bindemittel), in Motoren und Auspuffsystemen (aus Alkylbenzolen oder Acetylen), beim Laserschneiden von speziellen Kunststoffen.
Im Vergaserkraftstoff ist Benzol im allgemeinen zu 2 bis 5 % enthalten, in Ausnahmefällen sind höhere Gehalte bis zu 10 % festgestellt worden. Aus dem Vergaserkraftstoffverbrauch läßt sich der Anteil an Benzol abschätzen.
Jahr | Ottokraftstoffverbrauch | Anteil Benzol |
1983 | 23 Mio. t | 700000 t |
1989 | 26 Mio. t | 650000 t a) |
a) Wenn ein mittlerer Benzolanteil von 2,5 % zugrunde gelegt wird. |
Ergebnisse der Arbeitsbereichsmessungen
Darstellung der Meßergebnisse und der zugehörigen Arbeitsbereiche
Herstellung und Bildung von Benzol
Arithmetischer Mittelwert: | 0,73 ml/m3 = 2,35 mg/m3 |
Niedrigster Wert: | 0,31 ml/m3 = 1 mg/m3 |
Höchster Wert: | 2,5 ml/m3 = 8 mg/m3 |
Arithmetischer Mittelwert: | 0,06 ml/m3 = 0,19 mg/m3 |
Niedrigster Wert: | 0,03 ml/m3 = 0,08 mg/m3 |
Höchster Wert: | 0,22 ml/m3 = 0,7 mg/m3 |
Wenn ein Ersatz von Benzol durch weniger gefährliche Stoffe nicht möglich ist, ist die Exposition - vorzugsweise durch technische Maßnahmen - soweit wie möglich herabzusetzen. Im folgenden sind Maßnahmen beispielhaft aufgezählt, die insbesondere in Bereichen, in denen der TRK-Wert von 1 ml/m3nicht eingehalten werden kann, in Erwägung zu ziehen sind,
Emissionsminderung
Literatur:
[1] N. Young: Am. J, Ind. Med. 15 (1989), 495 - 498
[2] A. Manz, J. Berger, H. Waltsgott, N. Glaser: Arbeitsmedizinische Aspekte zur Epidemiologie von Haemoblastosen. Forschungsbericht Nr. 452. Hrsg.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz, Dortmund 1986.
[3] M. A. Mehlman: Am. J. Ind. Med. 20 (1991), 707 - 711
[4] A. Yardley-Jones, D. Anderson, D. V. Parke: Br. J. Ind. Med. 4S (1991), 437 - 444
[5] Arbeitsgruppe "Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen" des Länderausschusses für Immissionsschutz: Abschlußbericht, 1992.
[6] P. Delore, C. Borgomano: J. Med. Lyon 9 (1928), 227 - 233
[7] M. G. Ott, J. C. Townsend, W. A. Fishbeck, R. A. Langner; Arch. Environ. Health 33 (1978), 3 - 10.
[8] M. Aksoy: New Istanbul Contrib. clin. Sci. 12 (1977), 3 - 14
[9] P. F. Infante, R. A. Rinsky, J. K. Wagoner, R. J. Young: Lancet, 2 (1977), 76 - 78.
[10] R. A. Rinsky, R. J. Young, A. B. Smith: Am. J. Ind. Med. 2 (1981), 217 - 245.
[11] R. A. Rinsky, A. B. Smith, R. Hornung, T. G. Filloon, R. J. Young, A. H. Okun, P. J. Landrigan; New Engl. J. Med. 316 (1987), 1044 - 1050
[12] O. Wong: Br. J. Ind. Med. 44 (1987), 365 - 381
[13] O. Wong: Br. J. Ind. Med. 44 (1987), 382 - 395
[14] S. N. Yin et al: Br. J. Ind. Med. 44 (1987), 123 - 128
[15] International Agency for Reseach on Cancer, IARC monographs Vol 29, S. 93 - 148, Lyon, 1982
[16] ZH 1/120.4 Von den Berufsgenossenschaften anerkannte Analysenverfahren zur Feststellung der Konzentration krebserzeugender Arbeitsstoffe in der Luft in Arbeitsbereichen, CarI Heymanns Verlag, Köln.
(Stand: 20.08.2018)
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