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58. TRK-Wert für Chlorethan
(BArbBl. 10/94 S. 131)
25 mg/m3 (9 ml/m3)
Die DFG-Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe hat Chlorethan in die Gruppe krebserzeugend III B eingestuft. Bis da (1990) galt ein MAK-Wert von 2600 mg/m3.
Arbeitsmedizinische Erfahrungen
Gemäß den in einer Arbeit von 1955 mitgeteilten arbeitsmedizinischen Erfahrungen führt eine 60-minütige Exposition gegenüber 27 g/m3 zu ausgeprägten toxischen Effekten und die fortgesetzte Exposition gegenüber 13 g/m3 zu Krankheitssymptomen [1].
Darüber hinaus liegen Berichte über Erfahrungen mit Chlorethan als Vollnarkotikum, überwiegend aus der Zeit vor 1930, vor. Demnach führt die 21-minütige Exposition gegenüber 35 g/m3 zu leichten subjektiven Beschwerden; ab 97 g/m3 erfolgt Anästhesie und bei 160 g/m3 kommt es zum Exitus durch Atemstillstand [2].
Toxikologische Erfahrungen
Chlorethan wirkt im Ames-Test im geschlossenen Exsikkator sowohl mit als auch ohne Zusatz von S9-Mix mutagen. Andere in vitro-Gentoxizitätstests (UDS-Test, Zelltransformationstest) verliefen negativ.
Es liegt eine Kanzerogenesestudie vor mit inhalativer Exposition von Ratten und Mäusen gegenüber einer Chlorethan-Konzentration von 0 bzw. 40215 mg/m3 (6 Std/Tag, 5 Tage/Woche, 102 bzw. 100 Wochen). Dabei kam es bei weiblichen Mäusen zu einer hohen Inzidenz an Endometriumikarzinomen des Uterus, verbunden mit einer hohen Mortalität. Mit nur geringfügig erhöhter Inzidenz traten Hauttumoren bei männlichen und Astrozytome bei weiblichen Ratten sowie Tumoren von Lunge und Bronchien bei männlichen und Lebertumoren bei weiblichen Mäusen auf (siehe Tabelle 1) [1].
Tabelle 1: Tumorinzidenzen bei Ratte und Maus nach Chlorethan-Inhalation
Spezies/Tumortyp |
Kontrolle |
15000 ml/m3 |
||
M | W | M | W | |
Ratte/Hauttumoren (Basalzellkarzinome, Trichoepitheliome, Talgdrüsenadenome) | 0/49 | 0/47 | 5/49 | 1/49 |
Ratte/Astrozytome | 0/50 | 1/50 | 0/50 | 3/50 |
Maus/alveoläre u. bronchiale Adenome u. Karzinome | 5/50 | 5/49 | 10/48 | 4/50 |
Maus/Endometriumkarzinome | - | 1/49 | - | 43/50 |
Maus/Leber-Adenome u. -Karzinome | 15/50 | 3/49 | 11/47 | 8/48 |
Die Bewertung dieser Studie ist erschwert aufgrund der Tatsache, daß nur eine einzige Konzentration getestet wurde sowie angesichts der recht hohen, nicht behandlungsbedingten Mortalität bei Ratten (Leukämien) und bei männlichen Mäusen (Harnwegsinfektionen). Die bei Mäusen bei einer sehr hohen Chlorethan-Konzentration mit hoher Inzidenz aufgetretenen Uteruskarzinome weisen auf ein mögliches kanzerogenes Potential von Chlorethan hin. Aufgrund der mutagenen Wirkung im Ames-Test ist ein gentoxisches Potential nicht auszuschließen.
Analytik
Zur Messung der Konzentration von Chlorethan in der Luft in Arbeitsbereichen ist ein NIOSH-Analysenverfahren (Nr. 2519) in modifizierter Form angewandt worden.
Die Probenahme erfolgt mit Hilfe einer Pumpe durch Adsorption von Chlorethan an Aktivkohle. Es werden mit 1,8 g Aktivkohle selbst gepackte Röhrchen verwandt und max. 3l Probeluft mit einer Geschwindigkeit von 0,02 l/min angesaugt. Nach Desorption mit Dimethylphthalat wird Chlorethan mittels Dampfraumgaschromatographie und Flammenionisations-Detektion analytisch bestimmt. Die Bestimmungsgrenze beträgt 1 mg/m3 an Chlorethan bei 3l Probeluft [4].
Ein Teil der Meßergebnisse wurden durch Probenahmen mit Hilfe von evakuierten Glasgefäßen mit Kapillardüse und direkter gaschromatographischer Bestimmung ermittelt.
Herstellung und Verwendung
Die Herstellung erfolgt durch Umsetzen von Ethylen mit Chlorwasserstoff in einer Flüssigphase. Als Katalysator wird Aluminiumchlorid verwendet. Die Reaktionstemperaturen liegen bei der Produktion von Chlorethan bei ca. 40 °C.
Es handelt sich hierbei um eine Freianlage, wobei in geschlossenen Systemen gearbeitet wird. Die Anlage besteht aus Druckbehältern, die als Reaktoren, Wasch- und Destillationseinheiten sowie Lagerbehälter eingesetzt werden (Druck max. 10 bar, Volumen bis 100 m3).
Chlorethan wird als Alkylierungsmittel z.B. bei Austauschreaktionen/Alkylierungen von Chloraromaten und Phenolen und zur Herstellung von Ethylcellulose verwandt. Es wird eingesetzt als Schäumungsmittel in Polystyrol, als Sprühmittelkomponente und als Lokalanästhetikum in der Medizin.
Bei der Umsetzung von Säurechloriden mit überschüssigem Ethanol entsteht ungewollt Chlorethan, das z.B. in Abluftverbrennungsanlagen entsorgt werden kann.
Chlorethan hat einen Siedepunkt von 12,2 °C und wird häufig unter Druck gehandhabt. Bei Undichtigkeiten austretendes Produkt verdampft praktisch sofort. Dies ist u.a. die Ursache für die erhebliche Schwankungsbreite der Meßergebnisse.
Aus dem Bereich Herstellung liegen 19 personenbezogene Meßergebnisse (Schichtmittelwerte) im Bereich "unterhalb der Bestimmungsgrenze" bis zu 30 mg/m3 vor.
Aus dem Bereich Verwendung liegen 72 Meßergebnisse mit einer Probenahmedauer von ca. 2 bis 8 Stunden vor. Die Meßwerte schwanken von der Aussage "unterhalb Bestimmungsgrenze" bis zu 210 mg/ m3. In einem Bereich, in dem Chlorethan zur Herstellung von organischen Zwischenprodukten eingesetzt wird, lagen z.B. von 15 Schichtmittelwerten 4 oberhalb von 25 mg/m3. Insgesamt gesehen sind je nach Verarbeitungsbereich unterschiedliche Konzentrationsniveaus zu beobachten, die u.a. durch die leichte Verdampfbarkeit auf der einen Seite und den an Herstellungsverfahren und Endprodukt orientierten Verarbeitungsbedingungen andererseits zu erklären sind.
Aus Arbeitsbereichen, in denen Chlorethan ungewollt entsteht, liegen bisher 4 Meßergebnisse (2 x 1, 29 und 46 mg/m3) vor.
Literatur
[1] Goldblatt, M.W.: Research in industrial health in the chemical industry. Brit. J. Industr. Med. 12, 1-20 (1955)
[2] Henschler, D.: Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe. Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten: Chloräthan. Kommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Verlag Chemie, Weinheim (1975)
[3] Henschler, D.: Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe, Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten: Chlorethan/Chloräthan, Nachtrag 1990. Kommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Verlag Chemie, Weinheim (1990)
[4] NIOSH Manual of Analytical Methods. US. Department of Health and Human Services. Cincinnati 1989.
(Stand: 20.08.2018)
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