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75. Luftgrenzwert für α-Chlortoluol
(CAS-Nr.: 100-44-7)
(BArbBl. 4/97 S. 47)
0,2 mg/m3, Überschreitungsfaktor 4, TRK
α-Chlortoluol (Benzylchlorid, aCT) ist in der TRGS 905 "Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe" als krebserzeugend Kategorie 2 - nach Anhang I der GefStoffV - eingeordnet. Die nationale Bewertung erfolgt zum Schutz der Beschäftigten am Arbeitsplatz, so daß der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen treffen kann. In der Bekanntmachung der Liste der gefährlichen Stoffe und Zubereitungen nach § 4a der GefStoffV ist α-Chlortoluol als krebserzeugend Kategorie 3 legal eingestuft. Zubereitungen sind als krebserzeugend im Sinne des § 35 Abs. 1 GefStoffV anzusehen, sofern der Massengehalt an α-Chlortoluol> 0,1 % beträgt.
Arbeitsmedizinische Erfahrungen
α-Chlortoluol ist eine Flüssigkeit mit stechendem Geruch, die die Schleimhäute stark reizt. Eine Konzentration von 6 - 8 mg/m3 führt schon nach 5minütiger Exposition zu einer leichten Konjunktivitis, 85 mg/m3 sind aufgrund der Reizwirkung am Atemtrakt nicht mehr zu ertragen. Die Geruchsschwelle wird mit 0,25 mg/m3 angegeben.
Bei einer chronischen Exposition gegenüber 10 mg/m3 klagten die Beschäftigten über Schwäche, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Appetit- und Schlaflosigkeit. Laborchemisch wurden erhöhte Serumbilirubinwerte als Ausdruck einer Störung der Leberfunktion beobachtet. Auch eine neurologische Symptomatik mit Tremor sowie Blutbildveränderungen im Sinne einer Leukopenie konnten nachgewiesen werden.
Untersuchungen zur kanzerogenen Wirkung dieser Verbindung liegen vor. Die Beobachtungen wurden aber an Kollektiven gemacht, die gleichzeitig auch gegenüber anderen Chlortoluolen (α,α-Dichlortoluol und α,α,α-Trichlortoluol) exponiert waren [1]. Die epidemiologischen Studien sind trotz methodischer Mängel hinsichtlich der Ergebnisse in sich konsistent und zeigen eine mit Expositions- und Latenzzeit zunehmende Erkrankungshäufigkeit.
Toxikologische Erfahrungen
Siehe TRGS 906 Teil II lfd. Nr. 8 [2].
Meßverfahren
Die Messung von a-Chlortoluol in der Luft in Arbeitsbereichen erfolgt durch Adsorption an Tenax® mit anschließender Desorption mit Schwefelkohlenstoff und gaschromatographischer Bestimmung mittels Flammenionisationsdetektor. Mit diesem Verfahren kann die über die Probenahmedauer gemittelte Konzentration von a-Chlortoluol im Arbeitsbereich personenbezogen oder ortsfest bestimmt werden. Die Bestimmungsgrenze beträgt 0,01 mg/m3 bei 80 l Probeluft. Dieses Verfahren wird in Analogie zum Meßverfahren für a,a-Dichlortoluol (ZH 1/120.42) angewendet.
Herstellung und Verwendung Herstellung
α-Chlortoluol wird durch Chlorierung von Toluol in einer geschlossenen Apparatur hergestellt und durch fraktionierte Destillation gereinigt. Sowohl bei der Chlorierung als auch bei der Destillation werden Proben zur Qualitätsüberwachung gezogen.
α-Chlortoluol wird in Kesselwagen und Fässer zum Verkauf abgefüllt. Eine Teilmenge wird in demselben Betrieb in einer geschlossenen Anlage zu Benzylalkohol verseift. Bei der Abfüllung sind aufgrund von Produktanhaftungen an Einfüllstutzen usw. die Meßwerte trotz technischer Schutzmaßnahmen höher als in der Produktionsanlage. Die Mitarbeiter tragen an diesen Arbeitsplätzen Körperschutz.
Verwendung
α-Chlortoluol wird als Zwischenprodukt für die Herstellung von z.B. Weichmachern, Desinfektionsmitteln, Tensiden Benzylaminen oder Katalysatoren verwandt
Bei der Verwendung wird α-Chlortoluol aus Kesselwagen in der Regel in Vorratsbehälter übernommen, bei den An- und Abschlußarbeiten wird prophylaktisch Atemschutz und Schutzkleidung getragen. Die weitere Verarbeitung wird in geschlossenen Anlagen durchgeführt, in der Regel werden Proben zur Produktionskontrolle gezogen.
Aufgrund der aggressiven Eigenschaften des α-Chlortoluols und des hohen Sättigungsdampfdruckes treten trotz sorgfältiger Auswahl der Werkstoffe durch die unvermeidbare Abnutzung des Dichtungsmaterials vorübergehend höhere Raumluftkonzentrationen auf.
Weniger als 500 Beschäftigte gehen regelmäßig oder gelegentlich mit α-Chlortoluol um.
Ergebnisse von Arbeitsbereichsmessungen
Aus den Jahren 1993-1995 liegen für die Bereiche Herstellung und Verwendung 39 personenbezogene Expositionsmessungen (Schichtmittelwerte) vor. Die Konzentrationsniveaus bei Herstellung und Verwendung unterscheiden sich praktisch nicht. Die Meßergebnisse lauten:
Der arithmetische Mittelwert aller Meßergebnisse beträgt x = 0,07 1 mg/m3, die Standardabweichung 5 = 0,073. Die Schwankungsbreite der Meßergebnisse ist für eine großtechnische Chemieanlage relativ gering. Daraus ergibt sich ein 95 % Vertrauensbereich (x ± 2s) von 0,22 mg/m3. 10 Meßergebnisse (25,6 %) liegen über 0,1 mg/m3, 8 Meßergebnisse liegen über 0,15 mg/m3 (20,5 %) und 2 Meßergebnisse liegen über 0,2 mg/m3 (5,1 %).
Schutzmaßnahmen
Um die Beschäftigten soweit wie möglich vor einer Exposition durch α-Chlortoluol zu schützen, ist beim Öffnen von Behältern, Apparaten und Rohrleitungen vorsorglich stets das Tragen von Atemschutz vor geschrieben. Dies ist überwiegend der Fall bei Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten sowie bei Abfüllarbeiten in bzw. aus Bahnkessel- und Straßentankwagen - insbesondere beim Einsatz im Pendelverkehr.
Literatur:
[1] Greim, H. (Hrsg.): Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe. Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten: α-Chlortoluole. VCH, Weinheim (1992)
[2] TRGS 906 "Begründungen zur Bewertung von. Stoffen der TRGS 905" Teil II lfd. Nr. 8 "α-Chlortoluol" BArbBl. Heft 3/1997
(Stand: 20.08.2018)
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