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N,N,N',N'-Tetramethylacridin-3,6-yldiaminhydrochlorid und
(CAS-Nr.: 65-61-2)
N,N,N',N'-Tetramethylacridin-3,6-diaminmonohydrochlorid, Verbindung mit Zinkdichlorid
(CAS: 10127-02-3)
Ausgabe: März 2003
Stand: Oktober 2002
1. Allgemeines
Acridinorange (AO) bildet mit ZnCl2 ein Doppelsalz, welches in Wasser und Alkohol mit orangegelber Farbe und grüner Fluoreszenz löslich ist. AO ist eine lichtempfindliche Verbindung, die bei Lichteinwirkung Radikale bildet.
AO ist ein DNA-Interkalator mit metachromatischen Eigenschaften. Durch Ausbildung der Bindung zwischen dem kationischen AO und der polyanionischen DNa verändern sich die spektralen Eigenschaften von AO und es kommt zu einer Erhöhung der Acridinorange-Fluoreszenz. Je nach Bindungstyp resultieren unterschiedliche Fluoreszenzen: nach Bindung mit doppelsträngiger DNa entsteht eine grüne Fluoreszenz, bindet AO mit einzelsträngiger DNa oder RNa entsteht eine rote Fluoreszenz. Diese Eigenschaft wird in zytologischen Untersuchungen dazu verwendet, DNa bzw. RNa sichtbar zu machen (Richardson & Schulman, 1981). Die Bindung mit doppelstängiger DNa verändert sich je nach AO-Konzentration: Bei niedrigen AOKonzentrationen (<10-5 M) entsteht durch Interkalation von AO zwischen zwei benachbarte basenpaare der DNa eine starke nichtkovalente Bindung, bei der je ein Farbstoffmolekül mit 4-5 Nukleotiden bindet; die AO-Moleküle liegen dabei in einer Ebene parallel zur Ebene der basenpaare. Bei hohen Farbstoffkonzentrationen (mM) kommt es zur Ausbildung einer schwachen Bindung, bei der je ein Farbstoffmolekül mit einem Nukleotid bindet (Walle & Wong, 1989; Kubinski et al., 1981, Yamaoka, 1972).
2. Gentoxizität
Es liegen zahlreiche in vitro-Untersuchungen zur Gentoxizität vor (Tabelle 1). AO bewirkt Genmutationen in Bakterien, Hefen, Algen und Säugerzellen (Probst et al., 1981; Singh & Dikshit, 1976; Higuchi et al., 1976; Gray, 1971; Mamber et al, 1986; Nakamura et al., 1987; Oberly et al, 1984; Gasc & Sigard, 1978) sowie Chromosomenaberrationen (Popescu et al., 1977; Au &Hsu, 1979) und Schwesterchromatidaustausche (Crossen, 1979; Popescu et al., 1977). Weiterhin wurden Induktion von UDS (Probst et al., 1981; Curtain & Edgar, 1976, Scherer et al, 2000), DNA-Reparatur (Agrelo & Severn, 1981) und DNA-Schädigung (Blake, 1968) nachgewiesen. Durch die interkalierende Wirkung ist AO ist ein starker Inhibitor der DNA-, RNA- und Proteinsynthese (Heil & Reifferscheid, 1992; MacNaughton & Winder, 1977; Meneghini, 1974).
Die vorliegenden in vivo-Gentoxizitätsuntersuchungen sind in Tabelle 2 dargestellt.
In einem Mikrokerntest an Mäusen (Swiss, 3/Gruppe) erhielten die Tiere i.p.-Applikation von 100, 200, 400 und 800 mg/kg in destilliertem Wasser und wiederholte Injektionen nach 24 h. Nach weiteren 6 h wurden die Mäuse getötet. Alle Tiere der höchsten Dosisgruppe starben 10 h nach der ersten Injektion. Weitere Informationen zu substanzbedingten toxischen Effekten liegen nicht vor. Bei den Tieren der 100, 200 und 400 mg/kg-Gruppen resultierte ein im Vergleich zur Kontrolle dosisabhängiger Anstieg der Mikrokerne im Knochenmark (Misra & Misra, 1986). Da in dieser Arbeit keine Positivkontrolle mitgeführt wurde und nur 3 Tiere pro Gruppe verwendet wurden, entspricht die Studie nicht den heutigen Validitätskriterien. Aufgrund der eingeschränkten Validität ist die Aussagefähigkeit dieser Studie fraglich.
Im Fellfleckentest wurden männliche Mäuse (T) mit Weibchen (C57BL, 18-44/Gruppe) verpaart. Am Tag 11 der Trächtigkeit erhielten die weiblichen Tiere i.p.-Injektionen mit 100 mg/kg AO. Die Nachkommen wurden 2 und 5 Wochen nach der Geburt auf Fellflecken untersucht. Es wurde eine im Vergleich zur Kontrolle geringfügig erhöhte Anzahl an Nachkommen mit Fellflecken (1-3/Gruppe) beobachtet (Fahrig, 1977).
In sogenannten Friedman-Straub-Test wurde die Hemmung der testikulären DNA-Synthese (Thymidin-Einbau) durch AO (200 mg/kg, i.p.) an Mäusen nach oraler oder i.p,-Applikation untersucht. Dabei war nach AO-Behandlung die DNA-Syntheserate singnifikant reduziert (Seiler, 1977). In einer Arbeit von Donatsch et al. (1982) wurde untersucht, ob der Mechanismus für die Hemmung der testikulären DNA-Synthese auf einer substanzbedingten Hemmung der DNA-Synthese beruht. Es wurde festgestellt, dass hohe Dosierungen verschiedener mutagener oder nichtmutagener Substanzen bei Versuchstieren zu einer Hypothermie und dadurch bedingt zu einem verminderten Thymidin-Einbau in die testikuläre DNa führen. Auch eine Hypothermie selbst verursacht diesen Effekt. Ausserdem konnte gezeigt werden, dass bei einigen Stoffen durch Themperaturausgleich (Isothermie) die Hemmung des Thymidin-Einbaus verhindert werden kann. Daraus ergibt sich, dass die Studie zur Hemmung der testikulären DNA-Synthese alleine kein ausreichender Hinweis auf eine mögliche Schädigung der Keimbahn darstellt.
Weiterhin wurde eine Reihe von Untersuchungen mit D. melanogaster durchgeführt. Es wurden positive bzw. schwach positive Ergebnisse im geschlechtsgebundenen Rezessiv-Letal-Test (Alba et al., 1983; Clark, 1953) und im spezifischen Lokus-Test (Xamena er al., 1984; Murakami, 1973) erhalten.
Als Mechanismus für die Mutagenität von AO wird die Interkalation des Moleküls zwischen angrenzende Nukleotid-Paare der DNa angesehen, was zu einer Rasterschubmutation führen kann (Roth, 1974).
Tabelle 1: Gentoxizität in vitro
Test | Organismus | KonzentrationA | metab. Akt. | ErgebnisB | Bemerkungen | Literatur |
Genmutation | L5178Y Tk+/- | 1,25-10 mg/l | +S9 | + | Oberly et al. (1984) | |
Genmutation | Salmonella typhimurium TA98, TA100, TA1537, TA1538, TA1000, D3052, G46, C3076 | > 0,5 mmo1/1 | +/- S9 | + | + nur mit S9 bei TA98, TA100, TA1537, TA1538, D3052 | Probst et al. (1981) |
Genmutation | Salmonella typhimurium TA1535, TA1538, Escherichia coli | 25, 100, 150, 250 pg/Platte | +/- S9 (nicht induziert) | - | Rosenkranz & Poirier (1979) | |
Genmutation | Salmonella typhimurium G46, TA1532, Escherichia coli WP2 uvrA+, WP2 uvrA | 0,5% | - | - | inkonsistentes Ergebnis für E. coli WP2 uvrA.* | Mitchell (1974) |
Genmutation |
(Stand: 20.08.2018)
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