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JAVollzG - Jugendarrestvollzugsgesetz
Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes in Schleswig-Holstein

- Schleswig-Holstein -

Vom 2. Dezember 2014
(GVOBl. Schl.-H. Nr. 15 vom 18.12.2014 S. 356; 23.09.2021 S. 1170 21)
Gl. Nr. 312-18



Der Landtag hat folgendes Gesetz beschlossen:

Abschnitt I
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich 21

Dieses Gesetz regelt die Gestaltung des Jugendarrestes infolge einer Verurteilung von Jugendlichen oder Heranwachsenden (im Folgenden "Jugendliche") oder der beschlussweisen Anordnung nach den Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes (JGG). Für den Vollzug des Jugendarrestes sind eine oder mehrere Anstalten (im Folgenden "Anstalt") in Form von selbständigen Jugendarrestanstalten oder abgetrennten Vollzugsbereichen baulich getrennt von anderen Formen des Justizvollzuges vorzuhalten. Der Arrest hat eine maximale Dauer von vier Wochen (§ 16 JGG).

§ 2 Ziel

Die Durchführung des Arrestes leistet einen Beitrag dazu, die Jugendlichen zur Führung eines eigenverantwortlichen Lebens ohne weitere Straftaten zu befähigen. Sie ist insbesondere auch auf weitere Hilfs- und Betreuungsangebote für die Zeit nach der Entlassung auszurichten.

§ 3 Grundsätze der Arrestgestaltung

(1) Der Jugendarrest ist pädagogisch zu gestalten. Ein pädagogisches Gesamtkonzept ist unter Beteiligung von Fachkräften der Jugendhilfe und mit erziehungswissenschaftlicher Beratung zu erstellen und fortzuentwickeln.

(2) Die Gestaltung des Jugendarrestes berücksichtigt das Recht der Jugendlichen auf Privatsphäre.

(3) Alter, körperliche und seelische Gesundheit, der individuelle Entwicklungsstand, die Fähigkeiten der Jugendlichen, ihre persönliche Situation sowie die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der weiblichen und männlichen Jugendlichen sind bei der Arrestgestaltung zu berücksichtigen.

§ 4 Grundsätze der Förderung

(1) Die Selbstachtung der Jugendlichen, ihr Verantwortungsgefühl und ihr Einfühlungsvermögen in das Erleben Anderer sowie Einstellung und Kompetenzen, die vor erneuter Straffälligkeit schützen, sind zu fördern.

(2) Fähigkeiten und Begabungen der Jugendlichen sind zu ergründen und zu fördern.

(3) Der Arrest fördert die Auseinandersetzung der Jugendlichen mit ihrer Verantwortung für ihre Straftaten und deren Folgen. Er fördert das Bemühen der Jugendlichen um einen Ausgleich mit dem Geschädigten (Täter-Opfer-Ausgleich). Er soll den Jugendlichen sozial angemessene Verhaltensweisen unter Achtung der Rechte Anderer vermitteln.

(4) Die Jugendlichen werden unterstützt, ihre persönlichen und sozialen Schwierigkeiten zu bewältigen. Die Hilfe ist darauf auszurichten, sie in die Lage zu versetzen, ihre Angelegenheiten zunehmend selbst zu ordnen und zu regeln.

(5) Die Förderung der Jugendlichen berücksichtigt Hilfen und Leistungen, die ihnen oder der Familie außerhalb des Arrestes gewährt werden.

(6) Die Zeit des Arrestes dient auch dazu, den wei-. tergehenden Förder- und Betreuungsbedarf der Jugendlichen zu ermitteln.

§ 5 Förderangebote

Elemente der pädagogischen Gestaltung sind insbesondere:

  1. Aktive Alltagsgestaltung und spezifische soziale Trainings,
  2. Gruppenarbeit,
  3. Einzelgespräche,
  4. Gemeinschaftsveranstaltungen,
  5. altersgemäße, gemeinnützige Beschäftigung,
  6. Beteiligung an den Hausdiensten,
  7. Freizeitgestaltung,
  8. Sport und
  9. die Vermittlung stabilisierender Kontakte und Anlaufstellen.

§ 6 Mitwirkung und Stellung der Jugendlichen

(1) Die Bereitschaft der Jugendlichen, an der Erreichung des Arrestzieles mitzuwirken, ist zu fördern.

(2) Die Jugendlichen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit.

(3) Die Maßnahmen im Arrest sollen den Jugendlichen erläutert werden.

§ 7 Zusammenarbeit und Einbeziehung Dritter

(1) Alle in der Anstalt Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, das Ziel des Arrestes zu erreichen.

(2) Die Anstalt arbeitet mit Personen, Behörden und Einrichtungen außerhalb des Arrestes zusammen, deren Mitwirkung das Erreichen des Arrestziels fördern kann. Dies gilt insbesondere für die Jugendämter, die Bewährungshilfe und die freien Träger der Jugendhilfe.

(3) Soweit Jugendämter nach diesem Gesetz zu informieren oder zu beteiligen sind, erstreckt sich dies auf das örtlich zuständige und auf das im Verfahren mitwirkende Jugendamt.

(4) Werden die Jugendlichen bereits durch das Jugendamt betreut oder erhalten sie oder die Familie andere Sozialleistungen, die auch ihrer Entwicklung dienen sollen, sollen die Maßnahmen bei der Arrestgestaltung berücksichtigt werden. In geeigneten Fällen kann der Träger in die Arrestgestaltung einbezogen werden.

(5) Das Jugendamt ist von der Aufnahme in den Arrest zu unterrichten.

§ 8 Personensorgeberechtigte

(1) Die Personensorgeberechtigten sind von der Aufnahme in den Arrest sowie über besondere Begebenheiten zu unterrichten.

(2) Die Anstalt soll Kontakt zu den Personensorgeberechtigten aufnehmen und diese zu Gesprächen einladen, wenn dies dem Arrestziel dient.

(3) Die Personensorgeberechtigten und andere Personen können an der Arrestgestaltung beteiligt werden.

Abschnitt II
Aufschub und Unterbrechung der Vollstreckung, Zuführung

§ 9 Aufschub und Unterbrechung der Vollstreckung

Die gemäß § 85 Absatz 1 JGG zuständige Vollstreckungsleitung kann einen Aufschub oder eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen, wenn die oder der Jugendliche erkrankt ist oder aus sonstigen Gründen vorübergehend nicht arresttauglich ist. Ab der 20. Schwangerschaftswoche, während des gesetzlichen Mutterschutzes und während der Stillzeit ist bei weiblichen Jugendlichen die Vollstreckung aufzuschieben. § 83 JGG gilt entsprechend.

§ 9a Kosten 21

Bedürftigen Jugendlichen können die Kosten für die Fahrt zum Antritt des Jugendarrestes ganz oder teilweise erstattet werden und es kann ihnen eine Entlassungsbeihilfe in Form eines Reisekostenzuschusses oder sonstige notwendige Unterstützung gewährt werden.

§ 10 Zuführung

Erscheint die oder der Jugendliche trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Antritt des Arrestes nicht und ist das Ausbleiben nicht ausreichend entschuldigt, kann die gemäß § 85 Absatz 1 JGG zuständige Vollstreckungsleitung die Zuführung durch Polizei anordnen. Sie kann Anordnungen über die Art und Weise der Durchsetzung der Vorführung treffen.

Abschnitt III
Aufnahme, Planung und Gestaltung des Dauerarrestes

§ 11 Aufnahme

(1) Mit den Jugendlichen wird nach ihrer Aufnahme unverzüglich ein Zugangsgespräch geführt, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird.

(2) Während des Aufnahmeverfahrens dürfen andere Jugendliche nicht zugegen sein.

(3) Die Jugendlichen werden über ihre Rechte und Pflichten informiert. Ihnen ist die Hausordnung auszuhändigen. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sind den Jugendlichen auf Verlangen zugänglich zu machen.

(4) Die Jugendlichen werden nach der Aufnahme alsbald ärztlich untersucht.

(5) Treten Umstände hervor, die allein oder in Verbindung mit den bereits bekannten Umständen ein Absehen von der Vollstreckung oder ihre Unterbrechung rechtfertigen können, und ist die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter nicht zugleich Vollstreckungsleiterin oder Vollstreckungsleiter, hat die Anstaltsleitung die Vollstreckungsleitung unverzüglich darüber zu unterrichten. Die Anstalt informiert hierüber das Jugendamt.

§ 12 Arrestplanung

(1) Auf Grundlage der Feststellungen des Zugangsgesprächs, der Berichte der Jugendgerichtshilfe, und der Erkenntnisse aus den Vollstreckungsunterlagen verschaffen sich Vollzugsleitung und beteiligte Bedienstete im Anschluss an das Zugangsgespräch einen Eindruck von der Persönlichkeit der oder des Jugendlichen, ihren oder seinen Lebensverhältnissen und den prägenden Umständen.

(2) Gemeinsam mit der oder dem Jugendlichen ist ein Förderplan zu erstellen, der Angaben über die Teilnahme an Förderangeboten (§ 5) und über externe Hilfsangebote, insbesondere zur Fortführung vor oder im Arrest begonnener Maßnahmen, enthält. Anregungen und Vorschläge der oder des Jugendlichen werden einbezogen, soweit sie der Erreichung des Arrestziels dienen.

§ 13 Kontakte, Anlaufstellen

(1) Den Jugendlichen soll alsbald nach der Aufnahme Kontakte zur Jugendhilfe, externen Organisationen und Bildungsstätten sowie zu Personen und Vereinen ermöglicht werden, die ihnen nach der Entlassung persönliche und soziale Hilfestellung leisten können. Dazu sollen Gesprächskontakte und regelmäßige Informationsveranstaltungen durchgeführt und Ansprechpartner benannt werden, an die sie sich nach ihrer Entlassung wenden können.

(2) Den Jugendlichen ist die Bedeutung der nachsorgenden Betreuung zu vermitteln. Sie sind dazu anzuhalten, frühzeitig den Kontakt zu den ihnen vermittelten Personen und Anlaufstellen herzustellen und aufrechtzuerhalten.

§ 14 Aufenthalt außerhalb der Anstalt

(1) Den Jugendlichen kann der Aufenthalt außerhalb der Anstalt ermöglicht werden um ihre Schule oder ihren Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu erreichen oder um an Förderangeboten außerhalb der Anstalt teilzunehmen, wenn die weitere Durchführung des Arrestes nicht gefährdet wird. Sie werden begleitet, wenn dies erforderlich ist.

(2) Den Jugendlichen kann der Aufenthalt außerhalb der Anstalt zur Erledigung persönlicher Angelegenheiten oder als Vergünstigung gestattet werden. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Soweit ihre Mittel nicht ausreichen, werden die Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel erstattet.

§ 15 Entlassung

(1) Die Anstaltsleitung fertigt zur Entlassung einen Schlussbericht, welcher insbesondere folgende Angaben enthält:

  1. Aussagen zur Persönlichkeit der oder des Jugendlichen und zu den Lebensumständen vor dem Arrest,
  2. Verlauf des Jugendarrestes,
  3. Fördermaßnahmen und die Mitwirkung der oder des Jugendlichen,
  4. vermittelte externe Hilfsangebote mit Hinweisen zur Fortführung im Arrest begonnener Maßnahmen,
  5. der weitere Förderungs- und Betreuungsbedarf.

Die Anstaltsleitung bespricht den wesentlichen Inhalt mit der oder dem Jugendlichen.

(2) Der Schlussbericht wird zu den Arrest- und Vollstreckungsakten gebracht. Eine Abschrift soll der oder dem Jugendlichen ausgehändigt werden. Darüber hinaus ist eine Abschrift den Personensorgeberechtigten, dem Jugendamt, bei unter Bewährung stehenden Jugendlichen auch der zuständigen Bewährungshelferin oder dem zuständigen Bewährungshelfer zuzuleiten. Laufen außerhalb des Arrestes Fördermaßnahmen oder wurden diese im

Arrest vorbereitet, soll eine Abschrift auch den Trägern der Fördermaßnahmen übersandt werden, wenn die oder der Jugendliche eingewilligt hat.

Abschnitt IV
Andere Arrestformen

§ 16 Freizeit- und Kurzarrest

Für den Kurz- und Freizeitarrest gelten die Vorschriften zum Dauerarrest entsprechend. Die Arrestplanung (§ 12) und der Schlussbericht (§ 15) können in vereinfachter Form erfolgen. Ein Aufenthalt außerhalb der Anstalt (§ 14) wird nur in besonderen Einzelfällen gestattet. Den Jugendlichen ist ein Aufenthalt im Freien (§ 24 Absatz 3) von wenigstens einer Stunde täglich zu ermöglichen. Besuche (§ 27) können ausgeschlossen werden. Von Sportangeboten kann abgesehen werden (§ 34).

§ 17 Arrest wegen der Nichterfüllung von Weisungen, Auflagen oder Anordnungen

(1) Die Jugendlichen sind anzuhalten, die ihnen auferlegten Weisungen oder Auflagen zu erfüllen. Ist die oder der Jugendliche zur Erfüllung der Weisungen oder Auflagen bereit, informiert die Anstalt darüber den Vollstreckungsleiter (§ 82 Absatz 1 JGG). Mit dessen Einverständnis kann die Anstalt in geeigneten Fällen der oder denn Jugendlichen ermöglichen, Leistungen zur Erfüllung der Weisungen oder Auflagen, auch außerhalb der Anstalt, zu erbringen. § 14 Absatz 1 gilt entsprechend.

(2) Absatz 1 gilt für die Nichterfüllung von Anordnungen gemäß § 98 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.

§ 17a Jugendarrest neben Jugendstrafe 21

(1) Die Gestaltung des Arrestes und die Einzelmaßnahmen haben sich zusätzlich an den gemäß § 16a Absatz 1 des Jugendgerichtsgesetzes genannten Anordnungsgründen zu orientieren.

(2) Die Bewährungshilfe hält während des Arrestes Kontakt zu den Jugendlichen und wirkt an der Planung und Einleitung nachsorgender Hilfe mit, um eine bestmögliche Vorbereitung der Bewährungszeit nach dem Arrest zu gewährleisten.

(3) In den Fällen des § 16a Absatz 1 Nummer 2 des Jugendgerichtsgesetzes sind den Jugendlichen Kontakte zu Personen des sozialen Umfeldes nur dann zu gestatten, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind.

(4) Ist der Jugendarrest neben Jugendstrafe in Form eines Freizeit- oder Kurzarrestes verhängt worden, findet zusätzlich § 16 Anwendung.

Abschnitt V
Unterbringung

§ 18 Trennung von weiblichen und männlichen Jugendlichen

Weibliche und männliche Jugendliche werden während der Ruhezeiten in getrennten Arresträumen untergebracht.

§ 19 Unterbringung während der Ruhezeiten

(1) Die Jugendlichen werden während der Ruhezeiten einzeln in einem Arrestraum untergebracht. Ein begrenzter gemeinsamer Einschluss von höchstens zwei Jugendlichen während des Tages ist mit deren Zustimmung zulässig, soweit es dem Erreichen des Arrestziels nicht entgegensteht.

(2) Die gemeinsame Unterbringung von höchstens zwei Jugendlichen in einem geeigneten Arrestraum während der Ruhezeiten ist nur zulässig, soweit dies zumindest für einen förderlich ist, dem Wohl

des anderen nicht entgegensteht und beide Jugendlichen zustimmen.

§ 20 Arrestraum

Die Arresträume sind in angemessenem Umfang wohnlich einzurichten und mit einer eigenen abgegrenzten sanitären Einrichtung auszustatten.

§ 21 Persönlicher Gewahrsam, Kleidung

(1) Die Jugendlichen dürfen nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihnen von der Anstalt oder mit deren Zustimmung überlassen werden. Sachen, die geeignet sind, die Sicherheit oder in erheblicher Weise die Ordnung der Anstalt oder die Erreichung des Arrestziels zu gefährden, dürfen nicht eingebracht werden.

(2) Eingebrachte Sachen, die die Jugendlichen nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Anderenfalls ist die Anstalt berechtigt, diese Sachen auf Kosten der Jugendlichen entfernen zu lassen.

(3) Die Zustimmung nach Absatz 1 kann widerrufen werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit, zur Abwendung einer erheblichen Störung der Ordnung der Anstalt oder zur Vermeidung einer erheblichen Gefährdung des Arrestziels erforderlich ist.

(4) Die Jugendlichen tragen ihre eigene Kleidung. Bei Bedarf stellt ihnen die Anstalt Kleidung zur Verfügung.

§ 22 Ausantwortung 21

Die Jugendlichen dürfen befristet dem Gewahrsam eines Gerichts, einer Staatsanwaltschaft oder einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde oder dem Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge auf Antrag überlassen werden (Ausantwortung).

Abschnitt VI
Verpflegung und Gesundheitsfürsorge

§ 23 Verpflegung, Einkauf

(1) Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung entsprechen den besonderen Anforderungen an eine gesunde Ernährung und werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Jugendlichen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.

(2) Die Jugendlichen können aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot einkaufen. Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Jugendlichen Rücksicht nimmt.

§ 24 Gesundheitsfürsorge

(1) Die Anstalt unterstützt die Jugendlichen bei der Erhaltung und Wiederherstellung ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit. Die Jugendlichen haben die notwendigen Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu befolgen.

(2) Die Bedeutung einer gesunden Lebensführung ist ihnen in geeigneter Form zu vermitteln. Insbesondere ist auf die Gefährdung durch Infektionen, illegale Drogen, Tabak und Alkohol hinzuweisen. Insoweit sollen jugendspezifisch zugeschnittene Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsangebote unterbreitet werden. Den Jugendlichen werden auch die Vorteile gesunder Ernährung nahegebracht.

(3) Den Jugendlichen wird ermöglicht, sich täglich mindestens eine Stunde im Freien aufzuhalten.

§ 25 Medizinische Leistungen

Soweit erforderlich werden die Jugendlichen während des Arrestes ärztlich behandelt. Die Behandlung umfasst notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Leistungen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und der Dauer des Freiheitsentzuges.

§ 26 Maßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Die Maßnahme darf nur auf Anordnung und unter Leitung einer Ärztin oder eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, dass eine Ärztin oder ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr zu befürchten ist.

(2) Die Jugendlichen können ausgeführt werden, wenn dies erforderlich ist, um sie ärztlich untersuchen oder behandeln zu lassen.

Abschnitt VII
Außenkontakte

§ 27 Besuch 21

(1) Die Jugendlichen dürfen in der Regel eine Stunde Besuch pro Woche von den Eltern oder Personensorgeberechtigten empfangen. Die Anstalt kann darüber hinausgehende Besuche anderer Personen gestatten, wenn anzunehmen ist, dass der Besuch für die Erreichung des Arrestzieles förderlich ist.

(2) Besuche von Verteidigerinnen oder Verteidigern sind zu gestatten. Dasselbe gilt für Besuche von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren, Beiständen nach § 69 JGG sowie für Besuche durch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der sozialen Dienste der Justiz und der Jugendgerichtshilfe. Eine inhaltliche Überprüfung der mitgeführten oder ausgetauschten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig.

(3) Die Anstaltsleitung kann Besuche untersagen, wenn diese die Sicherheit oder in erheblicher Weise die Ordnung der Anstalt gefährden.

(4) Die Anstaltsleitung kann den Jugendlichen gestatten, Besuche mittels einer audiovisuellen Verbindung (Videobesuch) durchzuführen.

§ 28 Durchführung der Besuche 21

(1) Besuchende Personen und die von ihnen mitgeführten Sachen können mit technischen Mitteln oder sonstigen Mitteln kontrolliert werden (Absuchung). Aus Gründen der Sicherheit können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass die besuchenden Personen und die von ihnen mitgeführten Sachen durchsucht werden.

(2) Die Durchsuchung der Besucherinnen darf nur durch weibliche Bedienstete, die Durchsuchung der Besucher nur durch männliche Bedienstete erfolgen. Sonstige besuchende Personen haben die Wahlmöglichkeit einer Durchsuchung durch männliche oder weibliche Bedienstete. Die betroffene Person ist auf ihr Wahlrecht hinzuweisen; der Hinweis und die Entscheidung der betroffenen Person sind zu dokumentieren. Wird das Wahlrecht nicht ausgeübt, entscheidet die Anstalt nach billigem Ermessen.

(3) Bei Darlegung eines berechtigten Interesses steht das Wahlrecht auch weiblichen und männlichen Besuchern zu, so dass die Durchsuchung Bediensteten des jeweils anderen Geschlechts übertragen wird. Die betroffene Person ist auf die Regelung des Satzes 1 hinzuweisen; Absatz 2 Satz 3 2. Halbsatz gilt entsprechend.

(4) Bei jeder Durchsuchung ist das Schamgefühl zu schonen.

(5) Besuche können aus Gründen der Erziehung, der Sicherheit, erheblichen Gefährdungen der Ordnung oder wenn dieses zur Erreichung des Vollzugszieles geboten ist, optisch überwacht werden. Die Überwachung kann mit technischen Hilfsmitteln durchgeführt werden. Die betroffenen Personen sind vorher darauf hinzuweisen. Eine Aufzeichnung findet nicht statt.

(6) Besuche der in § 27 Absatz 2 genannten Personen werden nicht überwacht.

(7) Der Besuch darf abgebrochen werden, wenn durch den Besuchsverlauf die Sicherheit oder in erheblicher Weise die Ordnung der Anstalt gefährdet wird. Besuche von anderen Personen nach § 27 Absatz 1 Satz 2 können auch abgebrochen werden, wenn zu befürchten ist, dass der Besuch einen schädlichen Einfluss ausübt.

§ 29 Telefongespräche

(1) Den Jugendlichen kann gestattet werden, Telefongespräche zu führen. § 27 Absatz 2 und 3 und § 28 Absatz 4 gelten entsprechend.

(2) Telefongespräche dürfen akustisch nur überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus Gründen der Sicherheit oder einer erheblichen Gefährdung der Ordnung der Anstalt erforderlich ist oder wenn dies zur Erreichung des Vollzugszieles geboten ist. Die Überwachung ist den Teilnehmern zuvor anzukündigen. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Telefongespräche mit Eltern, Personensorgeberechtigten oder den in § 27 Absatz 2 genannten Personen werden nicht überwacht.

(3) Die Kosten tragen die Jugendlichen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in angemessenem Umfang übernehmen.

§ 30 Schriftwechsel und Pakete 21

(1) Die Jugendlichen haben das Recht, Schreiben abzusenden und zu empfangen. Die Anstalt fördert
die schriftliche Kommunikation. Die Jugendlichen haben das Absenden und den Empfang von Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist. § 29 Absatz 3 gilt entsprechend.

(2) Außer bei Personensorgeberechtigten und den in § 27 Absatz 2 genannten Personen sowie den in § 51 Absatz 3 des Jugendstrafvollzugsgesetzes, genannten Institutionen kann die Anstaltsleitung den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen,

  1. soweit Personensorgeberechtigte nicht einverstanden sind,
  2. bei Personen, die nicht Angehörige nach § 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuchs sind, soweit zu befürchten ist, dass der Schriftwechsel einen schädlichen Einfluss auf die Jugendlichen hat, oder
  3. soweit die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde.

(3) Der Empfang von Paketen und Päckchen ist den Jugendlichen nicht gestattet. Die Anstaltsleitung kann den Empfang von Paketen und Päckchen in Ausnahmefällen zulassen.

§ 31 Kontrolle des Schriftverkehrs 21

(1) Der Schriftverkehr mit den in § 27 Absatz 2 genannten Personen und mit den in § 51 Absatz 3 Jugendstrafvollzugsgesetz genannten Personen oder Institutionen wird nicht überwacht.

(2) Der übrige Schriftverkehr darf überwacht werden, soweit dies aus Gründen der Erziehung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist. Werden die Schreiben auf verbotene Gegenstände kontrolliert, soll dies in Gegenwart des Jugendlichen erfolgen. Eine Inhaltskontrolle ist nur im Einzelfall zulässig; der Schriftverkehr mit Eltern und Personensorgeberechtigten unterliegt nicht der Inhaltskontrolle.

(3) §§ 50, 52 Jugendstrafvollzugsgesetz gelten entsprechend.

§ 32 Andere Formen der Telekommunikation

Die Anstaltsleitung kann den Jugendlichen auch gestatten, andere Formen der Telekommunikation zu nutzen. Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten entsprechend.

Abschnitt VIII
Freizeit und Sport

§ 33 Freizeit

(1) Die Jugendlichen sind anzuhalten, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Hierzu sollen insbesondere handwerkliche und kreative Betätigungen ermöglicht werden.

(2) Die Jugendlichen sollen Gelegenheit erhalten, eine Bücherei zu nutzen. Sie können in angemessenem Umfang Bücher besitzen.

(3) Den Jugendlichen kann gestattet werden, am gemeinschaftlichen Fernsehempfang teilzunehmen. Sie können durch die Anstalt vermittelte Hörfunkgeräte nutzen. Der Zugang zu tagesaktuellen Informationen ist zu ermöglichen.

§ 34 Sport

Den Jugendlichen ist eine sportliche Betätigung von wenigstens vier Stunden je Woche zu ermöglichen.

Abschnitt IX
Religionsausübung

§ 35 Seelsorge

(1) Die Jugendlichen haben einen Anspruch auf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.

(2) Die Jugendlichen dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

(3) Den Jugendlichen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.

(4-) Dasselbe gilt für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse.

Abschnitt X
Verhalten im Jugendarrest

§ 36 Verhaltensvorschriften

(1) Das Verantwortungsbewusstsein der Jugendlichen für ein sozialverträgliches Verhalten ist zu fördern. Sie haben sich nach der Tageseinteilung der Einrichtung zu richten und dürfen durch ihr Verhalten das geordnete Zusammenleben nicht stören.

(2) Die Jugendlichen haben die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.

(3) Die Jugendlichen haben ihren Arrestraum und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.

(4) Die Jugendlichen haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.

§ 37 Hausregeln

(1) Die Anstaltsleitung erlässt grundlegende Regeln für den Aufenthalt in der Anstalt. Darin sind insbesondere die Rechte und Pflichten der Jugendlichen, der Tagesablauf und der Wochenplan zu beschreiben. Sie sind so zu verfassen, dass die Jugendlichen Sinn und Zweck der Regeln für ein gemeinschaftliches Zusammenleben verstehen können.

(2) Darüber hinausgehende Regeln des Zusammenlebens sollen mit den Jugendlichen gemeinsam erarbeitet werden.

§ 38 Konfliktregelung

(1) Verstoßen die Jugendlichen gegen Pflichten, die ihnen durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, werden Ursachen und Auswirkungen dieser Pflichtverstöße alsbald nach ihrer Feststellung in Gesprächen erörtert und möglichst aufgearbeitet.

(2) Verbleibende Probleme sollen durch ausgleichende Maßnahmen, insbesondere Entschuldigung, Schadenswiedergutmachung oder -beseitigung bewältigt werden.

(3) Sind Konfliktgespräche und ausgleichende Maßnahmen nicht ausreichend, können beschränkende Maßnahmen angeordnet werden. Die Dauer der weiteren Maßnahmen beträgt maximal zwei Tage. Beschränkende Maßnahmen sind insbesondere

  1. die Beschränkung des Einkaufs,
  2. die Beschränkung oder der Entzug einzelner Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung mit Ausnahme von Büchern der Einrichtungsbücherei,
  3. der Entzug des Rundfunkempfangs,
  4. der Ausschluss von einzelnen Freizeitveranstaltungen,
  5. das Schreiben eines Aufsatzes,
  6. das Auferlegen einer Einzelfreistunde oder
  7. der Ausschluss von der Gruppenarbeit.

(4) Die Anstaltsleitung legt fest, welche Bediensteten befugt sind, ausgleichende oder beschränkende Maßnahmen anzuordnen.

(5) Es sollen solche Maßnahmen angeordnet werden, die mit der Verfehlung in Zusammenhang stehen.

Abschnitt XI 21
Sicherheit und Ordnung

§ 39 Absuchung, Durchsuchung

(1) Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwehr von schwerwiegenden Gefahren für die Ordnung der Anstalt dürfen die Jugendlichen, ihre Sachen und die Arresträume durchsucht und mit technischen Mitteln abgesucht werden. Die Durchsuchung der Person darf nur von Bediensteten desselben Geschlechts vorgenommen werden. Das Schamgefühl ist zu schonen.

(2) Nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung der Anstaltsleitung im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Sie darf bei männlichen Jugendlichen nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen Jugendlichen nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. Sie ist in einenn geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Jugendliche dürfen nicht anwesend sein.

(3) Die Anstaltsleitung kann allgemein anordnen, dass Jugendliche in der Regel bei der Aufnahme, vor oder nach Besuchen sowie vor oder nach jeder Abwesenheit aus der Anstalt nach Absatz 2 zu durchsuchen sind.

§ 39a Störung und Unterbindung des Mobilfunkverkehrs 21

Die Anstalt darf technische Geräte betreiben, die unerlaubte Mobilfunkverbindungen auf dem Anstaltsgelände unterbinden oder stören. Sie hat hierbei die von der Bundesnetzagentur gemäß § 55 Absatz 1 Satz 5 des Telekommunikationsgesetzes festgelegten Rahmenbedingungen zu beachten. Der Mobilfunkverkehr außerhalb des Geländes der Anstalt darf nicht beeinträchtigt werden.

§ 40 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch

Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt kann die Anstaltsleitung allgemein oder im Einzelfall Maßnahmen anordnen, die geeignet sind, den Gebrauch von Suchtmitteln festzustellen. Diese Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein.

§ 41 Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Gegen die Jugendlichen können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres seelischen Zustandes in erhöhtem Maße die Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.

(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:

  1. Der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
  2. die Beobachtung der oder des Jugendlichen,
  3. die vorübergehende Trennung von allen anderen Jugendlichen bis zu 24 Stunden.

§ 42 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, Verfahren

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Anstaltsleitung an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen; die Entscheidung der Anstaltsleitung ist unverzüglich einzuholen.

(2) Werden Jugendliche ärztlich behandelt oder beobachtet oder gibt ihr seelischer Zustand den Anlass der Sicherungsmaßnahme, ist vorher eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich nachträglich eingeholt.

(3) Die Entscheidung wird den Jugendlichen von der Anstaltsleitung mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst.

(4) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind in angemessenen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sie aufrechterhalten werden müssen.

Abschnitt XII 21
Unmittelbarer Zwang

§ 43 Begriffsbestimmungen

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel oder durch Waffen.

(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.

(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind dienstlich zugelassene Fesseln.

(4) Waffen sind nur dienstlich zugelassene Hiebwaffen.

§ 44 Allgemeine Voraussetzungen

(1) Bedienstete dürfen gegen Jugendliche unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Arrest- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.

(2) Gegen andere Personen als die dem Arrest unterstehenden Jugendlichen darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Jugendliche zu befreien oder widerrechtlich in die Anstalt einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.

(3) Das Recht zu unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleibt unberührt.

§ 45 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die die einzelne Person und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.

(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.

§ 46 (aufgehoben) 21

§ 47 Androhung

Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.

Abschnitt XIII 21
Aufhebung von Maßnahmen und Beschwerde- und Antragsrecht

§ 48 Aufhebung von Maßnahmen

(1) Die Aufhebung von Maßnahmen zur Regelung einzelner Angelegenheiten des Arrestes richtet sich nach den nachfolgenden Absätzen, soweit dieses Gesetz keine abweichende Bestimmung enthält.

(2) Rechtswidrige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit und die Zukunft zurückgenommen werden.

(3) Rechtmäßige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn

  1. aufgrund nachträglich eingetretener oder bekannt gewordener Umstände die Maßnahmen hätten versagt werden können,
  2. die Maßnahmen missbraucht werden oder
  3. Weisungen nicht befolgt werden.

(4) Begünstigende Maßnahmen dürfen nach den Absätzen 2 oder 3 nur aufgehoben werden, wenn die Interessen an der Aufhebung in Abwägung mit dem schutzwürdigen Vertrauen der Betroffenen auf den Bestand der Maßnahmen überwiegen. Davon ist auszugehen, wenn eine Maßnahme unerlässlich ist, um die Sicherheit der Anstalt zu gewährleisten.

(5) Der gerichtliche Rechtsschutz bleibt unberührt.

§ 49 Beschwerde- und Antragsrecht

(1) Die Jugendlichen können sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Anstaltsleitung wenden. Diese wird alsbald das Gespräch mit den Jugendlichen suchen, um die Anliegen mit ihnen zu besprechen. Es sind regelmäßige Sprechstunden einzurichten.

(2) Das Beschwerde- und Antragsrecht steht auch den Personensorgeberechtigten zu.

(3) Besichtigt ein Vertreter oder eine Vertreterin der Aufsichtsbehörde die Arresteinrichtung, ist zu gewährleisten, dass die Jugendlichen sich in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an diese wenden können.

(4) Die Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.

Abschnitt XIV 21
Datenschutzrecht

§ 50 Erhebung personenbezogener Daten

(1) Die Anstalt und die Aufsichtsbehörde dürfen personenbezogene Daten erheben, soweit dies für die Durchführung des Arrestes erforderlich ist.

(2) Personenbezogene Daten sind bei den Betroffenen zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden, wenn

  1. eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt oder
    1. die zu erfüllende Verwaltungsaufgabe nach Art oder Geschäftszweck eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich macht oder
    2. die Erhebung bei den Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden.

(3) Werden personenbezogene Daten bei den Betroffenen erhoben, sind diese, sofern sie nicht bereits auf andere Weise Kenntnis erlangt haben, von der verantwortlichen Stelle über

  1. die Identität der verantwortlichen Stelle,
  2. die Zweckbestimmungen der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung und
  3. die Kategorien von Empfängerinnen oder Empfängern nur, soweit die Betroffenen nach den Umständen des Einzelfalls nicht mit der Übermittlung an diese rechnen müssen,

zu unterrichten. Werden personenbezogene Daten bei den Betroffenen aufgrund einer Rechtsvorschrift erhoben, die zur Auskunft verpflichtet, oder ist die Erteilung der Auskunft Voraussetzung für die Gewährung von Rechtsvorteilen, sind die Betroffenen hierauf, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. Soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen sind sie über die Rechtsvorschrift und über die Folgen der Verweigerung von Angaben aufzuklären.

(4) Daten über Personen, die nicht Jugendliche im Arrest sind, dürfen ohne ihre Mitwirkung bei Personen oder Stellen außerhalb der Anstalt oder Aufsichtsbehörde nur erhoben werden, wenn sie für die Förderung der Jugendlichen, die Sicherheit der Anstalt oder die Sicherung der Durchführung des Jugendarrestes unerlässlich sind und die Art der Erhebung schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht beeinträchtigt.

(5) Über eine ohne ihre Kenntnis vorgenommene Erhebung personenbezogener Daten werden die Betroffenen unter Angabe dieser Daten unterrichtet, soweit der in Absatz 1 genannte Zweck dadurch nicht gefährdet wird. Sind die Daten bei anderen Personen oder Stellen erhoben worden, kann die Unterrichtung unterbleiben, wenn

  1. die Daten nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen des überwiegenden berechtigten Interesses Dritter, geheim gehalten werden müssen oder
  2. der Aufwand der Unterrichtung außer Verhältnis zum Schutzzweck steht und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden.

(6) Werden personenbezogene Daten statt bei den Betroffenen bei einer nichtöffentlichen Stelle erhoben, ist die Stelle auf die Rechtsvorschrift, die zur Auskunft verpflichtet, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen.

§ 51 Verarbeitung und Nutzung

(1) Die Anstalt und die Aufsichtsbehörde dürfen personenbezogene Daten verarbeiten und nutzen, soweit dies für die Durchführung des Jugendarrestes erforderlich ist.

(2) Die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten für andere Zwecke ist zulässig, soweit dies

  1. zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person,
  2. zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten oder
  3. für Maßnahmen der Strafvollstreckung oder strafvollstreckungsrechtliche Entscheidungen

erforderlich ist.

(3) Eine Verarbeitung oder Nutzung für andere Zwecke liegt nicht vor, soweit sie dem gerichtlichen Rechtsschutz im Zusammenhang mit diesem Gesetz oder den in § 13 Absatz 5 des Landesdatenschutzgesetzes und § 14 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes genannten Zwecken dient.

(4) Über die in den Absätzen 1 und 2 geregelten Zwecke hinaus dürfen zuständigen öffentlichen

Steilen personenbezogene Daten übermittelt werden, soweit dies für

  1. Maßnahmen der Gerichtshilfe, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht,
  2. Entscheidungen in Gnadensachen,
  3. gesetzlich angeordnete Statistiken der Rechtspflege,
  4. sozialrechtliche Maßnahmen,
  5. die Einleitung von Hilfsmaßnahmen für Angehörige der Jugendlichen nach § 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuchs,
  6. dienstliche Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit der Aufnahme und Entlassung von Soldaten,
  7. ausländerrechtliche Maßnahmen oder
  8. die Durchführung der Besteuerung

erforderlich ist. Eine Übermittlung für andere Zwecke ist auch zulässig, soweit eine andere gesetzliche Bestimmung dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf personenbezogene Daten über Jugendliche bezieht.

(5) Absatz 4 gilt entsprechend, wenn sich die öffentlichen Stellen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nichtöffentlicher Stellen bedienen und deren Mitwirkung ohne Übermittlung der Daten unmöglich oder wesentlich erschwert würde.

(6) Akten mit personenbezogenen Daten dürfen nur anderen Anstalten, Aufsichtsbehörden, den für strafvollzugs-, strafvollstreckungs- und strafrechtliche Entscheidungen zuständigen Gerichten sowie den Strafvollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden überlassen werden. Die Überlassung an andere öffentliche Stellen ist zulässig, soweit die Erteilung einer Auskunft einen unvertretbaren Aufwand erfordert oder nach Darlegung der Akteneinsicht begehrenden Stellen für die Erfüllung der Aufgabe nicht ausreicht. Entsprechendes gilt für die Überlassung von Akten an die von einer Anstalt oder Aufsichtsbehörde, einer Strafvollstreckungsbehörde oder einem Gericht mit Gutachten beauftragten Stellen.

(7) Sind mit personenbezogenen Daten, die nach den Absätzen 1, 2 oder 4 übermittelt werden dürfen, weitere personenbezogene Daten von Betroffenen oder von Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig, soweit nicht berechtigte Interessen von Betroffenen oder Dritten an deren Geheimhaltung offensichtlich überwiegen. Eine Verarbeitung oder Nutzung dieser Daten durch die Empfängerinnen oder Empfänger ist unzulässig.

(8) Bei der Überwachung der Besuche, der Telefongespräche oder von anderen Formen der Telekommunikation oder bei Vermittlung oder Kontrolle von Schriftwechsel bekannt gewordene personenbezogene Daten dürfen nur

  1. für die in Absatz 2 aufgeführten Zwecke,
  2. für den gerichtlichen Rechtsschutz im Zusam-.menhang mit diesem Gesetz,
  3. zur Wahrung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder
  4. nach Anhörung der Jugendlichen für Zwecke der Behandlung

verarbeitet und genutzt werden.

(9) Personenbezogene Daten, die nach § 50 Absatz 4 über Personen, die nicht Jugendliche im Arrest sind, erhoben worden sind, dürfen nur zur Erfüllung des Erhebungszwecks, für den in Absatz 2 Nummer 1 geregelten Zweck oder zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung verarbeitet oder genutzt werden.

(10) Die Übermittlung von personenbezogenen Daten unterbleibt, soweit die in § 54 Absatz 2 oder § 57 Absatz 2 und 4 geregelten Einschränkungen oder besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen.

(11) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde. Erfolgt die Übermittlung auf Ersuchen einer öffentlichen Stelle, trägt diese die Verantwortung. In diesem Fall prüft die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde nur, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben der Empfängerin liegt und die Absätze 8 bis 10 der Übermittlung nicht entgegenstehen, es sei denn, dass besonderer Anlass zur Prüfung der Zulässigkeit der Übermittlung besteht.

§ 52 Videoüberwachung

(1) Soweit es aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist, ist die Beobachtung einzelner Bereiche des Einrichtungsgebäudes einschließlich des Gebäudeinneren, des Einrichtungsgeländes oder der unmittelbaren Umgebung der Einrichtung mit optischelektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) sowie im Einzelfall eine Aufzeichnung zulässig. Die Videoüberwachung von Zimmern und Gemeinschaftsräumen in der Wohngruppe ist ausgeschlossen. Der Umstand der Videoüberwachung ist durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.

(2) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, sind Verarbeitung und Nutzung der Daten nur zu den in § 51 Absatz 1 und Absatz 2 Nummer 2 genannten Zwecken zulässig.

(3) Die Betroffenen sind über eine Verarbeitung und Nutzung ihrer personenbezogenen Daten zu benachrichtigen, sofern die Daten nicht innerhalb der Einrichtung verbleiben und binnen zwei Wochen gelöscht werden. Eine Pflicht zur Benachrichtigung besteht nicht, sofern die Betroffenen auf andere Weise Kenntnis von der Verarbeitung und Nutzung erlangt haben. Die Unterrichtung kann unterbleiben, solange durch sie der Zweck der Maßnahme vereitelt würde. Die Unterrichtung ist unverzüglich nachzuholen, sobald der Zweck der Maßnahme entfallen ist.

§ 53 Zweckbindung

Von der Anstalt oder der Aufsichtsbehörde übermittelte personenbezogene Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet oder genutzt werden, zu dessen Erfüllung sie übermittelt worden sind. Die Empfängerinnen oder Empfänger dürfen die Daten für andere Zwecke nur verarbeiten oder nutzen, soweit sie ihnen auch für diese Zwecke hätten übermittelt werden dürfen, und wenn inn Fall einer Übermittlung an nichtöffentliche Stellen die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde zugestimmt hat. Die Anstalt oder die Aufsichtsbehörde hat die nichtöffentlichen Empfängerinnen oder Empfänger auf die Zweckbindung nach Satz 1 hinzuweisen.

§ 54 Schutz besonderer Daten

(1) Das religiöse oder weltanschauliche Bekenntnis und personenbezogene Daten von Jugendlichen, die anlässlich ärztlicher Untersuchungen erhoben worden sind, dürfen in der Anstalt nicht allgemein kenntlich gemacht werden. Andere personenbezogene Daten von Jugendlichen dürfen innerhalb der Anstalt allgemein kenntlich gemacht werden, soweit dies für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt erforderlich ist. § 51 Absatz 8 bis 10 bleibt unberührt.

(2) Die in der Anstalt tätigen

  1. Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
  2. Berufspsychologinnen und Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung oder
  3. staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen

unterliegen auch gegenüber der Anstalt und der Aufsichtsbehörde der Schweigepflicht, sofern ihnen personenbezogene Daten von Jugendlichen als Geheimnis anvertraut oder über die Jugendlichen sonst bekannt geworden sind. Die in Satz 1 genannten Personen haben sich gegenüber der Anstaltsleitung zu offenbaren, soweit dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben von Dritten unerlässlich ist. Sonstige Offenbarungsbefugnisse bleiben unberührt. Die Jugendlichen sind vor der Erhebung über die nach den Sätzen 2 und 3 bestehenden Offenbarungsbefugnisse zu unterrichten.

(3) Die nach Absatz 2 offenbarten Daten dürfen nur für den Zweck, für den sie offenbart wurden oder für den eine Offenbarung zulässig gewesen wäre, und nur unter denselben Voraussetzungen verarbeitet oder genutzt werden, unter denen eine in Absatz 2 Satz 1 genannte Person selbst hierzu befugt wäre. Die Anstaltsleitung kann unter diesen Voraussetzungen die unmittelbare Offenbarung gegenüber bestimmten Bediensteten allgemein zulassen.

(4) Sofern Ärztinnen oder Ärzte, Psychologinnen oder Psychologen außerhalb des Arrestes mit der Untersuchung oder Behandlung von Jugendlichen beauftragt werden, sind sie bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatz 2 Satz 2 befugt, ihnen als Geheimnis anvertraute oder sonst bekannt gewordene Daten über Jugendliche gegenüber der Anstaltsleitung oder den mit der ärztlichen oder psychologischen Behandlung der Jugendlichen in der Anstalt betrauten Personen zu offenbaren.

§ 55 Schutz der Daten in Akten und Dateien

(1) Die Bediensteten dürfen sich von personenbezogenen Daten nur Kenntnis verschaffen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben oder für die zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung notwendige Zusammenarbeit erforderlich ist.

(2) Akten und Dateien mit personenbezogenen Daten sind durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen unbefugten Zugang und unbefugten Gebrauch zu schützen. Gesundheitsakten und Krankenblätter sind getrennt von anderen Unterlagen zu führen und besonders zu sichern. Im Übrigen gilt für die Art und den Umfang der Schutzvorkehrungen § 11 Absatz 4 des Landesdatenschutzgesetzes.

§ 56 Löschung, Sperrung und Berichtigung

(1) Die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten sind spätestens zwei Jahre nach der Entlassung der Jugendlichen oder der Verlegung der Jugendlichen in eine andere Anstalt zu löschen. Hiervon können bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist für die Anstaltsakten der Jugendlichen die Angaben über Familienname, Vorname, Geburtsname, Geburtstag, Geburtsort, Eintritts- und Austrittsdatum der Jugendlichen ausgenommen werden, soweit dies für das Auffinden der Anstaltsakten erforderlich ist.

(2) Die mittels Videoüberwachung erhobenen und gespeicherten personenbezogenen Daten sind zwei Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen, sofern nicht ihre Speicherung zu denn in § 51 Absatz 2 Nummer 2 genannten Zweck weiterhin erforderlich ist. Sie sind unverzüglich zu löschen, soweit schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.

(3) Personenbezogene Daten in Akten dürfen nach Ablauf von zwei Jahren seit der Entlassung der Jugendlichen nur übermittelt oder verarbeitet werden, soweit dies

  1. zur Verfolgung von Straftaten,
  2. für die Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben nach § 59,
  3. zur Behebung einer bestehenden Beweisnot oder
  4. zur Feststellung, Durchsetzung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Durchführung des Jugendarrestes oder einer Jugend- oder Freiheitsstrafe

unerlässlich ist. Diese Verwendungsbeschränkungen enden, wenn die Jugendlichen erneut zum Vollzug eines Jugendarrestes oder einer Jugend- oder Freiheitsstrafe aufgenommen werden oder die Betroffenen eingewilligt haben.

(4) Bei der Aufbewahrung von Akten mit nach Absatz 3 gesperrten Daten dürfen folgende Fristen nicht überschritten werden:

  1. Anstaltsakten, Gesundheitsakten und Krankenblätter zehn Jahre,
  2. Anstaltsbücher 15 Jahre.

Dies gilt nicht, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Aufbewahrung für die in Absatz 3 Satz 1 genannten Zwecke weiterhin erforderlich ist. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit denn auf das Jahr der aktenmäßigen Weglegung folgenden Kalenderjahr. Die Bestimmungen des Landesarchivgesetzes vom 11. August 1992 (GVOBl. Schl-H. S. 444, ber. S. 498), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Januar 2005 (GVOBl. Schl.-H. S. 21), Zuständigkeiten und Ressortbezeichnungen zuletzt ersetzt durch Artikel 30 der Verordnung vom 4. April 2013 (GVOBl. Schl.-H. S. 143), bleiben unberührt.

(5) Wird festgestellt, dass unrichtige Daten übermittelt worden sind, ist dies den Empfängerinnen oder Empfängern mitzuteilen, wenn dies zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Betroffenen erforderlich ist.

(6) Im Übrigen gilt für die Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten § 28 des Landesdatenschutzgesetzes.

§ 57 Auskunft an die Betroffenen, Akteneinsicht

(1) Den Betroffenen ist auf Antrag Auskunft zu erteilen über

  1. die zu ihrer Person gespeicherten Daten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten bezieht,
  2. die Empfängerinnen oder Empfänger oder Kategorien von Empfängerinnen oder Empfängern, an die die Daten weitergegeben werden, und
  3. den Zweck der Speicherung.

In dem Antrag soll die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. Sind die personenbezogenen Daten weder automatisiert noch in nicht automatisierten Dateien gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit die Betroffenen Angaben machen, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu denn von den Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht. Die Anstalt oder die Aufsichtsbehörde bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) Bezieht sich die Auskunftserteilung auf die Übermittlung personenbezogener Daten an Behörden der Staatsanwaltschaft, an Polizeidienststellen, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst und, soweit die Sicherheit des Bundes berührt wird, andere Behörden des Bundesministeriums der Verteidigung, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig.

(3) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit

  1. die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde,
  2. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder
  3. die Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der überwiegenden berechtigten Interessen Dritter geheim gehalten werden müssen und deswegen das Interesse der Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss.

(4) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf einer Begründung nicht, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesen Fällen sind die Betroffenen darauf hinzuweisen, dass sie sich an die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für Datenschutz wenden können.

(5) Wird den Betroffenen keine Auskunft erteilt, ist sie auf deren Verlangen der oder denn Landesbeauftragten für Datenschutz zu erteilen, soweit nicht die Aufsichtsbehörde im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Landes Schleswig-Holstein, eines anderen Landes oder des Bundes gefährdet würde. Die Mitteilung der oder des Landesbeauftragten für Datenschutz an die Betroffenen darf keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der speichernden Stelle zulassen, sofern diese nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt.

(6) Die Auskunft nach Absatz 1 ist unentgeltlich.

(7) Auf Antrag erfolgt die Auskunft in Form der Akteneinsicht.

§ 58 Anwendung des Landesdatenschutzgesetzes

Soweit in dem Gesetz keine besonderen Regelungen enthalten sind, gilt das Landesdatenschutzgesetz Schleswig-Holstein.

Abschnitt XV 21
Kriminologische Forschung

§ 59 Evaluation, Kriminologische Forschung

(1) Die im Arrest durchzuführenden Maßnahmen und Programme für die Jugendlichen sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.

(2) Der Jugendarrest, insbesondere seine Aufgabenerfüllung und Gestaltung, die Umsetzung seiner Leitlinien sowie die im Arrest durchzuführende Maßnahmen und Programme und deren Wirkungen auf die Erreichung des Arrestziels, soll regelmäßig durch einen kriminologischen Dienst, durch eine Hochschule oder durch eine andere Stelle wissenschaftlich begleitet und erforscht werden. § 476 der Strafprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass auch elektronisch gespeicherte personenbezogene Daten übermittelt werden können.

Abschnitt XVI 21
Aufbau und Organisation des Jugendarrestvollzuges

§ 60 Ausstattung

Personelle Ausstattung, sachliche Mittel und Organisation der Anstalt werden an dem Arrestziel und den Bedürfnissen der Jugendlichen ausgerichtet.

§ 61 Formen des Jugendarrestvollzuges 21

(1) Der Jugendarrest wird grundsätzlich in der Anstalt vollzogen.

(2) Der Vollzug anderer gerichtlich angeordneter freiheitsentziehender Maßnahmen in der Anstalt ist in der Regel nicht zulässig. Hiervon darf für begründete Einzelfälle des Jugendvollzuges abgewichen werden.

(3) Abweichend von Absatz 1 kann der Jugendarrest auch in freien Formen durchgeführt werden

§ 62 Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung, Ausstattung 21

(1) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Anstalt so fest, dass eine Einzelunterbringung während der Ruhezeit gewährleistet ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Jugendlichen ausreichende Räume für die Maßnahmen und Programme zur Erziehung und Förderung, für Seelsorge, Freizeit, Sport sowie für Besuche zur Verfügung stehen.

(2) Die für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit bestimmten Räume sowie die Gemeinschaftsräume sind jugendgerecht und ihrer Nutzung entsprechend auszugestalten.

(3) Arresträume dürfen nicht mit mehr Jugendlichen als zugelassen belegt werden.

§ 63 Anstaltsleitung

(1) Die Anstaltsleitung trägt die Verantwortung für den gesamten Arrest und vertritt die Anstalt nach außen. Sie kann einzelne Aufgabenbereiche auf andere Bedienstete übertragen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung vorbehalten.

(2) Die Anstaltsleitung ist der Jugendrichterin oder dem Jugendrichter am Orte der Anstalt zu übertragen. Sind dort mehrere tätig, ist Anstaltsleitung die Jugendrichterin oder der Jugendrichter, den die Aufsichtsbehörde dazu bestimmt.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann abweichend von Absatz 2 eine Beamtin oder einen Beamten der Laufbahngruppe 2, zweites Einstiegsamt, zur hauptamtlichen Anstaltsleitung bestellen, welcher oder welchem die Vollzugsleitung nach Absatz 1 übertragen werden kann. Aus besonderen Gründen kann eine Anstalt auch von einer Beamtin oder einem Beamten der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, geleitet werden.

§ 64 Bedienstete

Das Personal muss für die pädagogische Gestaltung des Arrestes geeignet und qualifiziert sein.

Fortbildung sowie Praxisberatung und -begleitung für die Bediensteten sind zu gewährleisten. Den Bediensteten wird die Inanspruchnahme der Beratung gemäß § 8b Sozialgesetzbuch VIII und § 4 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz vom 22. Dezember 2001 (BGBl. I S. 2975) ermöglicht.

§ 65 Ehrenamtliche Mitarbeiter

Die Arrestanstalt kann ehrenamtliche Mitarbeiter einbeziehen, die in der Lage sind, einen Beitrag zur Erfüllung des Arrestzieles zu leisten.

§ 66 Ärztliche Versorgung

Die ärztliche Versorgung der Anstalt ist sicherzustellen.

Abschnitt XVII 21
Aufsicht, Vollstreckungsplan, Beirat

§ 67 Aufsichtsbehörde

Das für die Justiz zuständige Ministerium führt die Aufsicht über die Anstalt.

§ 68 Vollstreckungsplan

Das für Justiz zuständige Ministerium regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Anstalt in
einem Vollstreckungsplan durch Rechtsverordnung.

§ 69 Beirat

(1) Bei der Anstalt ist ein Beirat zu bilden. Bedienstete dürfen nicht Mitglieder des Beirats sein.

(2) Die Mitglieder des Beirats wirken beratend an der Arrestgestaltung mit. Sie fördern das Verständnis für den Arrest und seine gesellschaftliche Akzeptanz und vermitteln Kontakte zu öffentlichen und privaten Einrichtungen.

(3) Der Beirat steht der Anstaltsleitung, den Bediensteten und den Jugendlichen als Ansprechpartner zur Verfügung.

(4) Die Mitglieder des Beirats können sich über die Unterbringung der Jugendlichen und die Gestaltung des Arrestes unterrichten und die Anstalt besichtigen. Sie können die Jugendlichen in ihren Räumen aufsuchen. Unterhaltung und Schriftwechsel werden nicht überwacht.

(5) Die Mitglieder des Beirats sind verpflichtet, außerhalb ihres Amtes über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, besonders über Namen und Persönlichkeit der Jugendlichen, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihres Amtes.

Abschnitt XVIII 21
Schlussbestimmungen

§ 70 Einschränkung von Grundrechten 21

Durch dieses Gesetz werden die Rechte

  1. auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes),
  2. auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes),
  3. auf ungestörte Religionsausübung (Artikel 4 Absatz 2 des Grundgesetzes),
  4. sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes),
  5. auf Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) und
  6. auf freie Verfügbarkeit über das Eigentum (Artikel 14 Absatz 1 des Grundgesetzes)

eingeschränkt.

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