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Grunderwerbsteuer in der Flurbereinigung
- Thüringen -
Vom 29.07.2021
(ThürStAnz. Nr. 40 vom 04.10.2021 S. 1591)
Gemeinsamer Erlass des Thüringer Finanzministeriums und des vormaligen Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 7. Februar 2001 (ThürStAnz Nr. 10/2001 S. 400 - 401)
1 Allgemeines
Durch das Jahressteuergesetz 2020 vom 28. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096 ff.) sowie das Fondsstandortgesetz vom 3. Juni 2021 (BGBl. I S. 1498) wurde die Grunderwerbsteuerbefreiung für die Zuteilung eines Grundstücks im Flurbereinigungsverfahren und in den Verfahren der Baulandumlegung angepasst (§ 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchstabe a und b GrEStG). Dabei wurde eine Nichtaufgriffsgrenze in Höhe von 20 % eingefügt (vgl. Tz. 2).
Gemäß § 23 Absatz 17 GrEStG ist diese gesetzliche Neufassung erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 28. Dezember 2020 verwirklicht worden sind.
Erwerbsvorgänge in Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz unterliegen der Grunderwerbsteuer, soweit sie nicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchst. a oder § 3 Nummer 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) von der Besteuerung ausgenommen sind.
2 Nicht steuerbare Rechtsvorgänge in Verfahren nach dem FlurbG
Nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG unterliegen bis zur Höhe des Sollanspruchs nicht der Grunderwerbsteuer
wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist. In diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt.
Das bedeutet: Übersteigt der Wert des zugeteilten Grundstücks den Wert des eingebrachten Grundstücks (Sollanspruch auf Zuteilung) um höchstens 20 % (= Minderzuteilung, wertgleiche Zuteilung oder unwesentliche Mehrzuteilung), ist diese Zuteilung insgesamt steuerfrei. Erfolgt dagegen eine Zuteilung, die den Sollanspruch um mehr als 20 % übersteigt (wesentliche Mehrzuteilung), ist diese Zuteilung in Höhe der Differenz zwischen der Zuteilung und dem Sollanspruch grunderwerbsteuerpflichtig.
3 Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung
In Verfahren nach dem FlurbG ist die über eine nicht steuerbare Landabfindung hinausgehende Landzuteilung ebenso wie die übrigen steuerpflichtigen Erwerbsvorgänge nach § 3 Nummer 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen, wenn der für die Berechnung der Steuer maßgebliche Wert (nach § 8 GrEStG der Wert der Gegenleistung) 2.500 Euro nicht übersteigt.
4 Auswirkungen auf die an Verfahren nach dem FlurbG Beteiligten
Die unter den Tz. 2 und 3 genannten Vorschriften wirken sich in den Verfahren nach dem FlurbG wie folgt aus:
4.1 Beteiligte Grundstückseigentümer und sonstige Rechtsinhaber
4.1.1 Der Grunderwerbsteuer unterliegen nicht:
4.1.1.1 die wertgleiche Landabfindung nach § 44 Absatz 1 FlurbG einschließlich unvermeidbarer Mehrausweisungen nach § 44 Absatz 3 FlurbG, die ebenfalls unter den Begriff der Abfindung in Land im Sinne von § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchstabe a GrEStG fallen. Ist die unvermeidbare Mehrausweisung größer als 20 % des Sollanspruchs, so ist sie in Höhe der Differenz zwischen Zuteilung und Sollanspruch grunderwerbsteuerpflichtig (vgl. Tz. 2).
4.1.1.2 die Landabfindung nach § 44 Absatz 6 FlurbG im Wege des Austausches in einem anderen Flurbereinigungs- oder Zusammenlegungsgebiet;
4.1.1.3 die Landabfindung nach § 44 Absatz 7 FlurbG beim Austausch eines Grundstücks zwischen einem Umlegungsgebiet und einem Flurbereinigungsgebiet;
4.1.1.4 die Landabfindung nach § 48 FlurbG bei Teilung oder Bildung von gemeinschaftlichem Eigentum;
4.1.1.5 die Landabfindung nach § 49 Absatz 1 und § 73 FlurbG zum Ausgleich für aufgehobene bzw. in Land abzufindende Rechte an einem Grundstück;
4.1.1.6 die Landabfindung nach § 50 Absatz 4 FlurbG für nicht unter § 50 Absatz 1 FlurbG fallende wesentliche Grundstücksbestandteile;
4.1.1.7 der wertgleiche Grundstückstausch in einem freiwilligen Landtausch nach § 103b Absatz 1 FlurbG einschließlich unvermeidbarer Mehrausweisungen.
4.1.2 Grunderwerbsteuerpflichtig sind, wenn die Freigrenze von 2.500 Euro überschritten wird:
4.1.2.1 jeder privatrechtliche Erwerbsvorgang, z.B. Kaufvertrag, Tauschvertrag oder Auflassung;
4.1.2.2 die Landzuteilung nach § 54 Absatz 2 FlurbG aus Land, das durch Verzicht auf Landabfindung (§ 52 FlurbG), durch Aufbonitierung (§ 46 FlurbG) oder in sonstiger Weise (z.B. § 49 FlurbG) anfällt und zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigt wird;
4.1.2.3 die Landzuteilung nach § 55 Absatz 1 FlurbG an Siedler aus dem Landabfindungsanspruch eines Siedlungsunternehmens;
4.1.2.4 die Mehrausweisung in einem freiwilligen Landtausch nach § 103b Abs. 1 FlurbG, soweit sie nicht unter Tz. 4.1.1.7 fällt.
4.2 Teilnehmergemeinschaft
Der Grunderwerbsteuer unterliegt nicht die unentgeltliche Zuteilung der gemeinschaftlichen Anlagen (§ 39 Absatz 1 FlurbG) an die Teilnehmergemeinschaft nach § 42 Absatz 2 Satz 1 FlurbG.
4.3 Verband der Teilnehmergemeinschaften
Der Ankauf von Land im Rahmen der Bodenbevorratung nach § 26c Absatz 1 FlurbG ist grunderwerbsteuerpflichtig. Eine Steuerbefreiung nach § 29 Reichssiedlungsgesetz (RSG) ist nicht möglich, da § 29 RSG durch § 25 Absatz 12 Satz 2 GrEStG in der am 01. Januar 1983 in Kraft getretenen Fassung nicht mehr anwendbar ist.
4.4 Gemeinden, Träger von öffentlichen Bauvorhaben und sonstige öffentliche Träger
4.4.1 Der Grunderwerbsteuer unterliegen nicht:
4.4.1.1 die Landabfindungen und Landtausche in den Fällen der Tz. 4.1.1;
4.4.1.2 die unentgeltliche Zuteilung von Flächen für öffentliche Anlagen nach § 40 FlurbG, jedoch nur soweit diese zugleich gemeinschaftliche Anlagen (§ 39 Absatz 1 FlurbG) sind;
4.4.1.3 die unentgeltliche Zuteilung der gemeinschaftlichen Anlagen an die Gemeinde (§ 42 Absatz 2 Satz 2 FlurbG).
4.4.2 Grunderwerbsteuerpflichtig sind, wenn die Freigrenze von 2.500 Euro überschritten wird:
4.4.2.1 die Zuteilung von Flächen für öffentliche Anlagen nach § 40 FlurbG, soweit sie nicht zugleich gemeinschaftliche Anlagen sind und damit unter Tz. 4.4.1.2 fallen;
4.4.2.2 die Zuteilung von Flächen an den Träger eines Unternehmens nach § 88 Nummer 4 FlurbG.
5 Besonderheiten beim Landabfindungsverzicht nach § 52 FlurbG
5.1 Verwirklichung von Erwerbsvorgängen
Der Verzicht auf Landabfindung nach § 52 FlurbG zugunsten der Teilnehmergemeinschaft ist kein Rechtsvorgang im Sinne von § 1 GrEStG und unterliegt daher nicht der Grunderwerbsteuer. Es findet lediglich ein Verzicht zugunsten der Teilungsmasse statt, über den die Flurbereinigungsbehörde im Rahmen der Neuverteilung entscheidet.
Dies gilt auch für eine Verzichtserklärung eines am Flurbereinigungsverfahren beteiligten Grundstückseigentümers auf Landabfindung zugunsten Dritter, selbst wenn der Dritte im
Zusammenhang mit der Verzichtserklärung bis zur Neuverteilung eine Einweisung in Besitz und Nutzungen erhält.
Die Landverzichtserklärung, mit der lediglich der Abfindungsanspruch des Verzichtenden auf den Begünstigten übergeht, bereitet den Erwerb des Eigentums an den Ersatzgrundstücken lediglich vor und unterliegt auch nicht nach § 1 Absatz 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer (BFH-Urteil vom 17. Mai 2000, II R 47/99, BStBl II 2000 S. 627 und vom 23. August 2006, II R 41/05, BStBl II 2006 S. 919).
Der Vorgang unterliegt erst mit Eintritt der Rechtsänderung durch die Ausführungsanordnung des Flurbereinigungsplans nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer (vgl. Tz. 4.1.2).
Entsprechendes gilt bei der Zustimmung eines Siedlungsunternehmens nach § 55 Absatz 1 FlurbG, ihm zustehendes Abfindungsland Siedlern zuzuteilen.
5.2 Steuerbarkeit und Steuerpflicht
Die Landzuteilung im Flurbereinigungsverfahren ist bis zur Höhe des Sollanspruchs nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist.
In diesen Fällen ist auch der den Sollanspruch auf Zuteilung übersteigende Teil der Zuteilung (Mehrzuteilung) ausgenommen, wenn der Wert des dem neuen Eigentümer zugeteilten Grundstücks seinen sich aus dem Wert des eingebrachten Grundstücks ergebenden Sollanspruch auf Zuteilung nicht um mehr als 20 vom Hundert übersteigt.
Dies gilt auch dann, wenn ein Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens einerseits durch Landverzichtserklärung eines anderen Teilnehmers nach § 52 Absatz 3 Satz 2 FlurbG Landabfindungsansprüche erwirbt und andererseits für ihn selbst in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachte Grundstücke zugunsten eines anderen Teilnehmers oder eines Dritten auf Landabfindungsansprüche verzichtet. Nur derjenige Teilnehmer, dem wertmäßig mehr Grundstücke zugeteilt werden, als er in das Flurbereinigungsverfahren selbst eingebracht hat, soll mit Grunderwerbsteuer belastet werden, wenn diese Mehrzuteilung auf einen rechtsgeschäftlichen Erwerb von Ansprüchen beruht (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014, II R 10/14, BStBl II 2015 S. 401).
Erwirbt ein Dritter durch den Landabfindungsverzicht eines Teilnehmers nach § 52 FlurbG Landabfindungsansprüche, ist die aufgrund der Ausführungsanordnung zum Flurbereinigungsplan erfolgende Eigentumszuweisung an den Dritten, der erst durch den Landabfindungsverzicht selbst Teilnehmer wird, mangels durch den Dritten zuvor eingebrachter Grundstücke nicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen.
6 Stichtag
Die Grunderwerbsteuer entsteht in den Fällen der Tz. 4.1.2, 4.4.2 und 5 mit dem in der (vorzeitigen) Ausführungsanordnung nach §§ 61 bzw. 63 FlurbG bestimmten Zeitpunkt, zu dem der im Flurbereinigungsplan vorgesehene neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen tritt.
7 Anzeigepflicht
Nach § 18 GrEStG hat die Flurbereinigungsbehörde über Entscheidungen, durch die ein Wechsel im Grundstückseigentum bewirkt wird, dem zuständigen Finanzamt Anzeige zu erstatten, und zwar auch dann, wenn der Rechtsvorgang von der Besteuerung ausgenommen ist (§ 18 Absatz 3 Satz 2 GrEStG).
8 Anzeigefrist
Die Anzeigefrist von zwei Wochen (§ 18 Absatz 3 Satz 1 GrEStG) beginnt in Verfahren nach dem FlurbG mit dem nach Tz. 6 bestimmten Zeitpunkt.
9 Anzeige
9.1 Innerhalb dieser Frist erstattet die Flurbereinigungsbehörde dem Finanzamt Anzeige über die (vorzeitige) Ausführungsanordnung, den darin bestimmten Zeitpunkt des Eintritts des neuen Rechtszustandes (§§ 61, 63 FlurbG) sowie darüber, dass die Auszüge aus dem Flurbereinigungsplan (Nachweise Alter und Neuer Bestand der Teilnehmer ohne die Angaben über Eintragungen in den Abteilungen II und III des Grundbuchs) bei der Flurbereinigungsbehörde eingesehen werden können. Die Anzeige ist unabhängig davon zu erstatten, ob die Ausführungsanordnung Rechtskraft erlangt hat oder nicht.
9.2 Die nach dem unanfechtbar gewordenen Flurbereinigungsplan endgültigen Erwerbsvorgänge zeigt die Flurbereinigungsbehörde dem Finanzamt im Einzelnen erst zum Zeitpunkt des Ersuchens auf Grundbuchberichtigung (§ 79 FlurbG) an. Entsprechendes gilt in den Fällen des § 82 FlurbG.
9.3 Zur Erstattung der Anzeige nach Tz. 9.2 sendet die Flurbereinigungsbehörde einen Abdruck des Grundbuchberichtigungsersuchens und der nach § 80 FlurbG oder § 82 Satz 2 FlurbG erforderlichen Unterlagen in zweifacher Ausfertigung (eine Ausfertigung für die Bewertungsstelle) an das Finanzamt, jedoch ohne Angaben über Eintragungen in den Abteilungen II und III des Grundbuches. Sofern die Bundesrepublik Deutschland oder ein Bundesland Beteiligter ist, ist das Grundbuchberichtigungsersuchen um die Angabe und Anschrift der örtlichen Behörde, die die Gebietskörperschaft im Flurbereinigungsverfahren vertreten hat, zu ergänzen. Darüber hinaus sind die Auszüge aus dem Flurbereinigungsplan - Gesamtabfindung - durch folgende Angaben zu ergänzen:
Dabei ist es notwendig, diese Angaben über die steuerpflichtigen Zuteilungen, Mehrausweisungen und sonstigen Erwerbsvorgänge den Finanzämtern unsaldiert und ohne Abzug eventueller Flächenabgänge, Minderausweisungen u. Ä. mitzuteilen, da anderenfalls die grunderwerbsteuerlichen Konsequenzen nicht zutreffend gezogen werden können.
Der Anzeige ist eine Auflistung sortiert nach Ordnungsnummern über die eventuell grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Vorgänge beizufügen.
9.4 Die Flurbereinigungsbehörde unterrichtet das Finanzamt über die nach Erstattung der Anzeige eingetretenen Änderungen oder Ergänzungen des Flurbereinigungsplans (§ 64 FlurbG) durch Übersendung eines berichtigten Auszugs entsprechend den Ausführungen zu Tz. 9.3 für die jeweils betroffenen Ordnungsnummern.
9.5 Das Finanzamt übersendet die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Flurbereinigungsbehörde.
10 Inkrafttreten
Die Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach Veröffentlichung in Kraft und tritt an die Stelle des Gemeinsamen Erlasses des Thüringer Finanzministeriums und des vormaligen Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 7. Februar 2001 (ThürStAnz Nr. 10/2001 S. 400 - 401) für nach dem 28. Dezember 2020 verwirklichte Erwerbsvorgänge.
ENDE |