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§ 60 Hausgeld
(1) Die Gefangenen dürfen von ihren in diesem Gesetz geregelten Bezügen drei Siebtel monatlich (Hausgeld) und das Taschengeld (§ 59) für den Einkauf (§ 31 Abs. 2) oder anderweitig verwenden.
(2) Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 37 Abs. 4), wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.
(3) Für Gefangene, die über Eigengeld (§ 61) verfügen und unverschuldet keine Bezüge nach diesem Gesetz erhalten, gilt Absatz 2 entsprechend.
§ 61 Eigengeld
(1) Das Eigengeld besteht aus den Beträgen, die die Gefangenen bei Strafantritt in die Anstalt mitbringen, Geldern, die ihnen während der Haftzeit zugehen und Bezügen, die nicht als Hausgeld in Anspruch genommen werden.
(2) Die Gefangenen können über das Eigengeld verfügen. § 31 Abs. 3 und 4 und § 60 bleiben unberührt.
Neunter Abschnitt
Sicherheit und Ordnung
§ 62 Grundsatz
(1) Sicherheit und Ordnung der Anstalt bilden die Grundlage des auf die Erziehung und Förderung aller Gefangenen ausgerichteten Anstaltslebens und tragen dazu bei, dass in der Anstalt ein gewaltfreies Klima herrscht.
(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die den Gefangenen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Gefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.
§ 63 Verhaltensvorschriften
(1) Die Gefangenen sind für das geordnete Zusammenleben in der Anstalt mitverantwortlich und müssen mit ihrem Verhalten dazu beitragen. Ihr Bewusstsein hierfür ist zu entwickeln und zu stärken.
(2) Die Gefangenen haben sich nach der Tageseinteilung der Anstalt (Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit) zu richten.
(3) Die Gefangenen haben die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch diese beschwert fühlen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.
(4) Die Gefangenen haben ihren Haftraum und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(5) Die Gefangenen haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.
§ 64 Absuchung, Durchsuchung
(1) Die Gefangenen, ihre Sachen und die Hafträume dürfen mit technischen Mitteln abgesucht und durchsucht werden. Die Durchsuchung männlicher Gefangener darf nur von Männern, die Durchsuchung weiblicher Gefangener darf nur von Frauen vorgenommen werden. Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2) Nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung des Anstaltsleiters im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Sie darf bei männlichen Gefangenen nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen Gefangenen nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Gefangene dürfen nicht anwesend sein.
(3) Der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, dass Gefangene bei der Aufnahme, vor und nach Kontakten mit Besuchern sowie vor und nach jeder Abwesenheit von der Anstalt nach Absatz 2 zu durchsuchen sind.
§ 65 Sichere Unterbringung
(1) Gefangene können in eine Anstalt verlegt werden, die zu ihrer sicheren Unterbringung besser geeignet ist, wenn in erhöhtem Maße Fluchtgefahr gegeben ist oder sonst ihr Verhalten oder ihr Zustand eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt darstellt.
(2) § 12 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
§ 66 Erkennungsdienstliche Maßnahmen, Lichtbildausweise
(1) Zur Sicherung des Vollzugs, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder zur Identitätsfeststellung sind mit Kenntnis der Gefangenen zulässig:
(2) Die hierbei gewonnenen Unterlagen oder Daten werden zu den Gefangenenpersonalakten genommen oder in personenbezogenen Dateien gespeichert. Sie können auch in kriminalpolizeilichen Sammlungen verwahrt werden. Die nach Absatz 1 erhobenen Daten dürfen nur für die in Absatz 1, in § 69 Abs. 2 und in § 89 Abs. 2 Nr. 4 genannten Zwecke verarbeitet werden.
(3) Werden die Gefangenen entlassen oder in eine andere Anstalt verlegt, sind diese in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten nach spätestens zwei Jahren zu löschen.
(4) Die Anstalt kann die Gefangenen verpflichten, einen Lichtbildausweis mit sich zu führen, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist. Dieser ist bei der Entlassung oder bei der Verlegung in eine andere Anstalt einzuziehen und zu vernichten.
§ 67 Videoüberwachung
(1) Die Videoüberwachung des Anstaltsgebäudes einschließlich des Gebäudeinneren, des Anstaltsgeländes und der unmittelbaren Umgebung der Anstalt ist zulässig, wenn dies für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist. Die Videoüberwachung von Hafträumen ist ausgeschlossen.
(2) Auf die Videoüberwachung ist durch geeignete Maßnahmen hinzuweisen, soweit nicht der Zweck der Videoüberwachung dadurch vereitelt wird. Die Videoüberwachung darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
(3) Die Betroffenen sind über eine Verarbeitung und Nutzung ihrer personenbezogenen Daten zu benachrichtigen, sofern die Daten nicht innerhalb der Anstalt verbleiben und binnen eines Monats gelöscht werden. Eine Pflicht zur Benachrichtigung besteht nicht, sofern die Betroffenen auf andere Weise Kenntnis von der Verarbeitung und Nutzung erlangt haben oder die Unterrichtung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Die Unterrichtung kann unterbleiben, solange durch sie der Zweck der Maßnahme vereitelt würde.
§ 68 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum
(1) Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt kann der Anstaltsleiter allgemein oder im Einzelfall Maßnahmen anordnen, die geeignet sind, den Missbrauch von Suchtmitteln festzustellen. Diese Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein.
(2) Wird Suchtmittelmissbrauch festgestellt, können die Kosten der Maßnahmen nach Absatz 1 den Gefangenen auferlegt werden.
§ 69 Festnahmerecht
(1) Gefangene, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhalten, können durch die Anstalt oder auf deren Veranlassung festgenommen und zurückgebracht werden.
(2) Nach § 66 Abs. 1 und § 88 erhobene und zur Identifizierung oder Festnahme erforderliche Daten dürfen den Vollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden, soweit dies für Zwecke der Fahndung und Festnahme der entwichenen oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhaltenden Gefangenen erforderlich ist.
§ 70 Besondere Sicherungsmaßnahmen
(1) Gegen Gefangene können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres seelischen Zustands in erhöhtem Maße Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
(3) Maßnahmen nach Absatz 2 Nr. 1, 3 und 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Hausordnung anders nicht vermieden oder behoben werden kann.
(4) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn Fluchtgefahr besteht.
§ 71 Einzelhaft
Die unausgesetzte Absonderung von Gefangenen (Einzelhaft) ist nur zulässig, wenn dies aus Gründen, die in deren Person liegen, unerlässlich ist. Einzelhaft von mehr als zwei Monaten Gesamtdauer im Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Während des Vollzugs der Einzelhaft sind die Gefangenen in besonderem Maße zu betreuen.
§ 72 Fesselung
In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Im Interesse der Gefangenen kann der Anstaltsleiter eine andere Art der Fesselung anordnen. Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist.
§ 73 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, Verfahren
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet der Anstaltsleiter an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung des Anstaltsleiters ist unverzüglich einzuholen.
(2) Werden Gefangene ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet ihr seelischer Zustand den Anlass der Sicherungsmaßnahme, ist vorher eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich nachträglich eingeholt.
(3) Die Entscheidung wird den Gefangenen von dem Anstaltsleiter mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst.
(4) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind in angemessenen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sie aufrechterhalten werden müssen.
(5) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 70 Abs. 2 Nr. 5 und 6 sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden.
§ 74 Ärztliche Überwachung
(1) Sind Gefangene in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht oder gefesselt (§ 70 Abs. 2 Nr. 5 und 6), sucht sie der Arzt alsbald und in der Folge möglichst täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports (§ 70 Abs. 4).
(2) Der Arzt ist regelmäßig zu hören, solange eine besondere Sicherungsmaßnahme nach § 70 Abs. 2 Nr. 4 oder Einzelhaft nach § 71 andauert.
§ 75 Ersatz von Aufwendungen
(1) Die Gefangenen sind verpflichtet, der Anstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung oder Verletzung anderer Gefangener verursacht haben. Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Absatz 1 genannten Forderungen ist abzusehen, soweit hierdurch die Erziehung und Förderung der Gefangenen oder ihre Eingliederung behindert würde.
Zehnter Abschnitt
Unmittelbarer Zwang
§ 76 Begriffsbestimmungen
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln.
(4) Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen sowie Reizstoffe.
§ 77 Allgemeine Voraussetzungen
(1) Die Bediensteten dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.
(2) Gegen andere Personen als Gefangene darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene zu befreien oder widerrechtlich in die Anstalt einzudringen oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.
(3) Das Recht zu unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen bleibt unberührt.
§ 78 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
§ 79 Handeln auf Anordnung
(1) Wird unmittelbarer Zwang von einem Vorgesetzten oder einer sonst befugten Person angeordnet, sind die Bediensteten verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden.
(2) Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgen die Bediensteten sie trotzdem, trifft sie eine Schuld nur, wenn sie erkennen oder wenn es nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.
(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben Bedienstete dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. Abweichende Bestimmungen des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an Vorgesetzte (§ 59 Abs. 2 und 3 des Thüringer Beamtengesetzes) sind nicht anzuwenden.
§ 80 Androhung
Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.
§ 81 Schusswaffengebrauch
(1) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht werden kann.
(2) Schusswaffen dürfen nur die dazu bestimmten Bediensteten gebrauchen und nur, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.
(3) Der Gebrauch von Schusswaffen ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
(4) Gegen Gefangene dürfen Schusswaffen gebraucht werden,
Um die Flucht aus einer offenen Anstalt zu vereiteln, dürfen keine Schusswaffen gebraucht werden.
(5) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Anstalt einzudringen.
Elfter Abschnitt
Erzieherische Maßnahmen, Disziplinarmaßnahmen
§ 82 Erzieherische Maßnahmen
(1) Verstöße der Gefangenen gegen Pflichten, die ihnen durch oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, sind
unverzüglich im erzieherischen Gespräch aufzuarbeiten. Daneben können Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, den Gefangenen ihr Fehlverhalten bewusst zu machen (erzieherische Maßnahmen). Als erzieherische Maßnahmen kommen namentlich in Betracht die Erteilung von Weisungen und Auflagen, die Beschränkung oder der Entzug einzelner Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung und der Ausschluss von gemeinsamer Freizeit oder von einzelnen Freizeitveranstaltungen bis zur Dauer einer Woche.
(2) Der Anstaltsleiter legt fest, welche Bediensteten befugt sind, erzieherische Maßnahmen anzuordnen.
(3) Es sollen solche erzieherischen Maßnahmen angeordnet werden, die mit der Verfehlung in Zusammenhang stehen.
§ 83 Disziplinarmaßnahmen
(1) Disziplinarmaßnahmen dürfen nur angeordnet werden, wenn erzieherische Maßnahmen nach § 82 nicht ausreichen, um den Gefangenen das Unrecht ihrer Handlung zu verdeutlichen. Zu berücksichtigen ist ferner eine aus demselben Anlass angeordnete besondere Sicherungsmaßnahme.
(2) Disziplinarmaßnahmen können angeordnet werden, wenn Gefangene rechtswidrig und schuldhaft
(3) Zulässige Disziplinarmaßnahmen sind
(4) Disziplinarmaßnahmen sind auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.
(5) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.
(6) Arrest darf nur wegen schwerer oder wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
§ 84 Vollzug der Disziplinarmaßnahmen, Aussetzung zur Bewährung
(1) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt.
(2) Disziplinarmaßnahmen können ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden.
(3) Arrest wird in Einzelhaft vollzogen. Er ist erzieherisch auszugestalten. Die Gefangenen können in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an einen zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmten Haftraum gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse der Gefangenen aus den §§ 29, 30 Abs. 2, § 31 Abs. 2 und 3, § 37 sowie den §§ 40 bis 42.
§ 85 Disziplinarbefugnis
(1) Disziplinarmaßnahmen ordnet der Anstaltsleiter an. Bei einer Verfehlung auf dem Weg in eine andere Anstalt zum Zweck der Verlegung ist die aufnehmende Anstalt zuständig.
(2) Die Aufsichtsbehörde entscheidet, wenn sich die Verfehlung gegen den Anstaltsleiter richtet.
(3) Disziplinarmaßnahmen, die gegen die Gefangenen in einer anderen Anstalt oder während einer Untersuchungshaft angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt. § 84 Abs. 2 bleibt unberührt.
§ 86 Verfahren
(1) Der Sachverhalt ist zu klären. Die betroffenen Gefangenen werden gehört. Sie sind darauf hinzuweisen, dass es ihnen freisteht, sich zu äußern. Die Erhebungen werden in einer Niederschrift festgehalten; die Einlassungen der Gefangenen werden darin vermerkt.
(2) Bei schweren Verfehlungen soll sich der Anstaltsleiter vor der Entscheidung mit Personen besprechen, die an der Erziehung der Gefangenen mitwirken.
(3) Vor der Anordnung von Disziplinarmaßnahmen gegen Gefangene, die sich in ärztlicher Behandlung befinden, oder gegen Schwangere oder stillende Mütter ist ein Arzt zu hören.
(4) Die Entscheidung wird den Gefangenen von dem Anstaltsleiter mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst.
(5) Bevor Arrest vollzogen wird, ist ein Arzt zu hören. Während des Arrestes stehen die Gefangenen unter ärztlicher Aufsicht. Der Vollzug unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn die Gesundheit der Gefangenen gefährdet würde.
Zwölfter Abschnitt
Beschwerde
§ 87 Beschwerderecht
(1) Die Gefangenen erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an den Anstaltsleiter zu wenden.
(2) Besichtigen Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt, so ist zu gewährleisten, dass die Gefangenen sich in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an diese wenden können.
(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.
Dreizehnter Abschnitt
Datenschutz
§ 88 Erhebung personenbezogener Daten
(1) Die Anstalt und die Aufsichtsbehörde dürfen personenbezogene Daten erheben, soweit dies für den Vollzug erforderlich ist.
(2) Personenbezogene Daten sind bei den Betroffenen zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden, wenn
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden.
(3) Werden personenbezogene Daten bei den Betroffenen erhoben, so sind diese von der verantwortlichen Stelle über
zu unterrichten. Werden personenbezogene Daten bei den Betroffenen aufgrund einer Rechtsvorschrift erhoben, die zur Auskunft verpflichtet, oder ist die Erteilung der Auskunft Voraussetzung für die Gewährung von Rechtsvorteilen, so sind die Betroffenen hierauf, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. Auf Verlangen sind sie über die Rechtsvorschrift und über die Folgen der Verweigerung von Angaben aufzuklären.
(4) Daten über Personen, die nicht Gefangene sind, dürfen ohne ihre Mitwirkung bei Personen oder Stellen außerhalb der Anstalt oder Aufsichtsbehörde nur erhoben werden, wenn sie für die Behandlung von Gefangenen, die Sicherheit der Anstalt oder die Sicherung des Vollzugs der Jugendstrafe unerlässlich sind und die Art der Erhebung schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht beeinträchtigt.
(5) Über eine ohne ihre Kenntnis vorgenommene Erhebung personenbezogener Daten werden die Betroffenen unter Angabe dieser Daten unterrichtet, soweit der in Absatz 1 genannte Zweck dadurch nicht gefährdet wird. Sind die Daten bei anderen Personen oder Stellen erhoben worden, kann die Unterrichtung unterbleiben, wenn
(6) Werden personenbezogene Daten statt bei den Betroffenen bei einer nicht öffentlichen Stelle erhoben, so ist die Stelle auf die Rechtsvorschrift, die zur Auskunft verpflichtet, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen.
§ 89 Verarbeitung und Nutzung
(1) Die Anstalt und die Aufsichtsbehörde dürfen personenbezogene Daten verarbeiten und nutzen, soweit dies für den Vollzug erforderlich ist.
(2) Die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten für andere Zwecke ist zulässig, soweit dies
(3) Eine Verarbeitung oder Nutzung für andere Zwecke liegt nicht vor, soweit sie dem gerichtlichen Rechtsschutz im Zusammenhang mit diesem Gesetz oder den in § 20 Abs. 3 des Thüringer Datenschutzgesetzes genannten Zwecken dient.
(4) Über die in den Absätzen 1 und 2 geregelten Zwecke hinaus dürfen zuständigen öffentlichen Stellen personenbezogene Daten übermittelt werden, soweit dies für
erforderlich ist. Eine Übermittlung für andere Zwecke ist auch zulässig, soweit eine andere gesetzliche Bestimmung dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf personenbezogene Daten über Gefangene bezieht.
(5) Die Anstalt oder die Aufsichtsbehörde darf öffentlichen oder nichtöffentlichen Stellen auf schriftlichen Antrag mitteilen, ob sich eine Person in Haft befindet sowie ob und wann ihre Entlassung voraussichtlich innerhalb eines Jahres bevorsteht, soweit
Den Verletzten einer Straftat können darüber hinaus auf schriftlichen Antrag Auskünfte über die Entlassungsadresse oder die Vermögensverhältnisse von Gefangenen erteilt werden, wenn die Erteilung zur Feststellung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Straftat erforderlich ist. Die Gefangenen werden vor der Mitteilung gehört, es sei denn, es ist zu besorgen, dass dadurch die Verfolgung des Interesses der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde, und eine Abwägung ergibt, dass dieses Interesse der Antragsteller das Interesse der Gefangenen an ihrer vorherigen Anhörung überwiegt. Ist die Anhörung unterblieben, werden die betroffenen Gefangenen über die Mitteilung der Anstalt oder Aufsichtsbehörde nachträglich unterrichtet.
(6) Akten mit personenbezogenen Daten dürfen nur anderen Anstalten oder Aufsichtsbehörden, den für strafvollzugs-, strafvollstreckungs- und strafrechtliche Entscheidungen zuständigen Gerichten sowie den Strafvollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden überlassen werden. Die Überlassung an andere öffentliche Stellen ist zulässig, soweit die Erteilung einer Auskunft einen unvertretbaren Aufwand erfordert oder nach Darlegung der Akteneinsicht begehrenden Stellen für die Erfüllung der Aufgabe nicht ausreicht. Entsprechendes gilt für die Überlassung von Akten an die von der Anstalt mit Gutachten beauftragten Stellen.
(7) Sind mit personenbezogenen Daten, die nach den Absätzen 1, 2 oder 4 übermittelt werden dürfen, weitere personenbezogene Daten von Betroffenen oder von Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, so ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig, soweit nicht berechtigte Interessen von Betroffenen oder Dritten an deren Geheimhaltung offensichtlich überwiegen. Eine Verarbeitung oder Nutzung dieser Daten durch die Empfänger ist unzulässig.
(8) Bei der Überwachung der Besuche oder des Schriftwechsels sowie bei der Überwachung des Inhalts von Paketen bekannt gewordene personenbezogene Daten dürfen nur
verarbeitet und genutzt werden.
(9) Personenbezogene Daten, die nach § 88 Abs. 4 über Personen, die nicht Gefangene sind, erhoben worden sind, dürfen nur zur Erfüllung des Erhebungszwecks und für die in Absatz 2 Nr. 1 bis 4 geregelten Zwecke verarbeitet oder genutzt werden.
(10) Die Übermittlung von personenbezogenen Daten unterbleibt, soweit die in § 92 Abs. 2 oder § 94 Abs. 3 und 5 geregelten Einschränkungen oder besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen.
(11) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde. Erfolgt die Übermittlung auf Ersuchen einer öffentlichen Stelle, trägt diese die Verantwortung. In diesem Fall prüft die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde nur, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt und die Absätze 8 bis 10 der Übermittlung nicht entgegenstehen, es sei denn, dass besonderer Anlass zur Prüfung der Zulässigkeit der Übermittlung besteht.
§ 90 Zentrale Datei, Einrichtung automatisierter Übermittlungsverfahren
(1) Die nach § 88 erhobenen Daten können für die Anstalt und die Aufsichtsbehörde in einer zentralen Datei gespeichert werden.
(2) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das die Übermittlung personenbezogener Daten aus der zentralen Datei nach § 89 Abs. 2 und 4 ermöglicht, ist zulässig, soweit diese Form der Datenübermittlung unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange der betroffenen Personen und der Erfüllung des Zwecks der Übermittlung angemessen ist. Die automatisierte Übermittlung der für die Unterrichtung nach § 13 Abs. 1 Satz 3 des Bundeskriminalamtgesetzes erforderlichen personenbezogenen Daten kann auch anlassunabhängig erfolgen.
(3) Die speichernde Stelle hat zu gewährleisten, dass die Übermittlung zumindest durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt und überprüft werden kann.
(4) Das für den Strafvollzug zuständige Ministerium bestimmt durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Einrichtung automatisierter Übermittlungsverfahren. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz ist vorher zu hören. Die Rechtsverordnung hat den Datenempfänger, die Datenart und den Zweck der Übermittlung festzulegen. Sie hat Maßnahmen zur Datensicherung und zur Kontrolle vorzusehen, die in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen.
(5) Das für den Strafvollzug zuständige Ministerium kann mit anderen Ländern und dem Bund einen Datenverbund vereinbaren, der eine automatisierte Datenübermittlung ermöglicht.
§ 91 Zweckbindung
Von der Anstalt oder der Aufsichtsbehörde übermittelte personenbezogene Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet oder genutzt werden, zu dessen Erfüllung sie übermittelt worden sind. Die Empfänger dürfen die Daten für andere Zwecke nur verarbeiten oder nutzen, soweit sie ihnen auch für diese Zwecke hätten übermittelt werden dürfen, und wenn im Fall einer Übermittlung an nicht öffentliche Stellen die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde zugestimmt hat. Die Anstalt oder die Aufsichtsbehörde hat die nichtöffentlichen Empfänger auf die Zweckbindung nach Satz 1 hinzuweisen.
§ 92 Schutz besonderer Daten
(1) Das religiöse oder weltanschauliche Bekenntnis und personenbezogene Daten von Gefangenen, die anlässlich ärztlicher Untersuchungen erhoben worden sind, dürfen in der Anstalt nicht allgemein kenntlich gemacht werden. Andere personenbezogene Daten von Gefangenen dürfen innerhalb der Anstalt allgemein kenntlich gemacht werden, soweit dies für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt erforderlich ist. § 89 Abs. 8 bis 10 bleibt unberührt.
(2) Personenbezogene Daten, die
von Gefangenen als Geheimnis anvertraut oder über Gefangene sonst bekannt geworden sind, unterliegen auch gegenüber der Anstalt und der Aufsichtsbehörde der Schweigepflicht. Die in Satz 1 genannten Personen haben sich gegenüber dem Anstaltsleiter zu offenbaren, soweit dies für die Aufgabenerfüllung der Anstalt oder der Aufsichtsbehörde oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben von Gefangenen oder Dritten erforderlich ist. Ärzte sind zur Offenbarung ihnen im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsfürsorge bekannt gewordener Geheimnisse verpflichtet, soweit dies für die Aufgabenerfüllung der Anstalt oder der Aufsichtsbehörde unerlässlich oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben von Gefangenen oder Dritten erforderlich ist. Sonstige Offenbarungsbefugnisse bleiben unberührt. Die Gefangenen sind vor der Erhebung der Daten über die nach den Sätzen 2 und 3 bestehenden Offenbarungsbefugnisse zu unterrichten.
(3) Die nach Absatz 2 offenbarten Daten dürfen nur für den Zweck, für den sie offenbart wurden oder für den eine Offenbarung zulässig gewesen wäre, und nur unter denselben Voraussetzungen verarbeitet oder genutzt werden, unter denen die in Absatz 2 Satz 1 genannten Personen selbst hierzu befugt wären. Der Anstaltsleiter kann unter diesen Voraussetzungen die unmittelbare Offenbarung gegenüber bestimmten Bediensteten allgemein zulassen.
(4) Sofern Ärzte oder Psychologen außerhalb des Vollzugs mit der Untersuchung oder Behandlung von Gefangenen beauftragt werden, gilt Absatz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die beauftragten Personen auch zur Unterrichtung der in der Anstalt tätigen Ärzte oder der in der Anstalt mit der Behandlung der Gefangenen betrauten Psychologen befugt sind.
§ 93 Schutz der Daten in Akten und Dateien
(1) Bedienstete dürfen sich von personenbezogenen Daten nur Kenntnis verschaffen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben oder für die Zusammenarbeit nach § 7 erforderlich ist.
(2) Akten und Dateien mit personenbezogenen Daten sind durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen unbefugten Zugang und unbefugten Gebrauch zu schützen. Gesundheitsakten und Krankenblätter sind getrennt von anderen Unterlagen zu führen und besonders zu sichern. Im Übrigen gilt für die Art und den Umfang der Schutzvorkehrungen § 9 des Thüringer Datenschutzgesetzes.
§ 94 Berichtigung, Löschung und Sperrung
(1) Die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten sind spätestens fünf Jahre nach der Entlassung der Gefangenen oder der Verlegung der Gefangenen in eine andere Anstalt zu löschen. Hiervon können bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist für die Gefangenenpersonalakte die Angaben über Familienname, Vorname, Geburtsname, Geburtstag, Geburtsort, Eintritts- und Austrittsdatum der Gefangenen ausgenommen werden, soweit dies für das Auffinden der Gefangenenpersonalakte erforderlich ist.
(2) Die mittels Videoüberwachung erhobenen und gespeicherten personenbezogenen Daten sind einen Monat nach ihrer Erhebung zu löschen, sofern nicht ihre Speicherung zu den in § 89 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 4 genannten Zwecken weiterhin erforderlich ist. Sie sind unverzüglich zu löschen, soweit schutzwürdige Belange der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.
(3) Personenbezogene Daten in Akten dürfen nach Ablauf von fünf Jahren seit der Entlassung der Gefangenen nur übermittelt oder genutzt werden, soweit dies
unerlässlich ist. Diese Verwendungsbeschränkungen enden, wenn die Gefangenen erneut zum Vollzug einer Jugend- oder Freiheitsstrafe aufgenommen werden oder die Betroffenen eingewilligt haben.
(4) Bei der Aufbewahrung von Akten mit nach Absatz 3 gesperrten Daten dürfen folgende Fristen nicht überschritten werden:
Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten und Krankenblätter | 20 Jahre, |
Gefangenenbücher | 30 Jahre. |
Dies gilt nicht, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Aufbewahrung für die in Absatz 3 Satz 1 genannten Zwecke weiterhin erforderlich ist. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem auf das Jahr der aktenmäßigen Weglegung folgenden Kalenderjahr. Die Bestimmungen des Thüringer Archivgesetzes bleiben unberührt.
(5) Wird festgestellt, dass unrichtige Daten übermittelt worden sind, ist dies den Empfängern mitzuteilen, wenn es zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Betroffenen erforderlich ist.
(6) Im Übrigen gelten für die Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten die §§ 14 bis 16 des Thüringer Datenschutzgesetzes.
§ 95 Auskunft an die Betroffenen, Akteneinsicht
(1) Die Anstalt oder die Aufsichtsbehörde erteilen den Betroffenen auf Antrag Auskunft über
Dies gilt nicht für personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle gespeichert sind.
(2) In dem Antrag soll die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. Sind die personenbezogenen Daten nur in Akten gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit die Betroffenen Angaben machen, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem von den Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht. Die Anstalt oder die Aufsichtsbehörde bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen.
(3) Die Auskunft ist unentgeltlich.
(4) Bezieht sich die Auskunftserteilung auf die Übermittlung personenbezogener Daten an Behörden der Staatsanwaltschaft, an Polizeidienststellen, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst und, soweit die Sicherheit des Bundes berührt wird, andere Behörden des Bundesministeriums der Verteidigung, so ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig.
(5) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit
und deswegen das Interesse der Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss.
(6) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf einer Begründung nicht, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen oder rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesem Fall sind die Betroffenen darauf hinzuweisen, dass sie sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden können.
(7) Wird den Betroffenen keine Auskunft erteilt, so ist sie auf ihr Verlangen dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zu erteilen, soweit nicht die Aufsichtsbehörde im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde.
(8) Soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Gefangenen nicht ausreicht und sie hierfür auf die Einsichtnahme angewiesen sind, wird Akteneinsicht gewährt.
§ 96 Anwendung des Thüringer Datenschutzgesetzes
Die Regelungen des Thüringer Datenschutzgesetzes über weitere Begriffsbestimmungen (§ 3), Einholung und Form der Einwilligung der Betroffenen (§ 4 Abs. 3 und 4), das Datengeheimnis (§ 6), unabdingbare Rechte der Betroffenen (§ 5), die Überwachung des Datenschutzes bei öffentlichen Stellen (§ 34), technische und organisatorische Maßnahmen (§ 9 und das Verfahrensverzeichnis (§ 10 gelten entsprechend. Das Thüringer Datenschutzgesetz bleibt im Hinblick auf die Schadensersatz-, Straf- und Bußgeldvorschriften sowie die Bestimmungen über die Kontrolle durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz unberührt.
Vierzehnter Abschnitt
Kriminologische Forschung
§ 97 Evaluation, kriminologische Forschung
(1) Behandlungsprogramme für die Gefangenen sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.
(2) Der Vollzug, insbesondere seine Aufgabenerfüllung und Gestaltung, die Umsetzung seiner Leitlinien sowie die Behandlungsprogramme und deren Wirkungen auf das Vollzugsziel, soll regelmäßig durch den kriminologischen Dienst, durch eine Hochschule oder durch eine andere Stelle wissenschaftlich begleitet und erforscht werden. § 476 der Strafprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass auch elektronisch gespeicherte personenbezogene Daten übermittelt werden können.
Fünfzehnter Abschnitt
Aufbau der Jugendstrafvollzugsanstalt
§ 98 Jugendstrafvollzugsanstalt
(1) Die Jugendstrafe wird in Jugendstrafvollzugsanstalten, Teilanstalten oder in getrennten Abteilungen einer Anstalt des Erwachsenenvollzugs (Anstalt) vollzogen. Lässt die geringe Anzahl der Gefangenen eine getrennte Unterbringung organisatorisch nicht zu, so können die Gefangenen ausnahmsweise gemeinsam mit nach allgemeinem Strafrecht Verurteilten untergebracht werden, sofern dadurch das Vollzugsziel nicht gefährdet wird. Gemeinsame Aus- und Fortbildungsmaßnahmen von nach Jugendstrafrecht und nach allgemeinem Strafrecht Verurteilten sind zulässig. In jedem Fall erfolgt der Vollzug der Jugendstrafe nach diesem Gesetz.
(2) Räume für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume sind zweckentsprechend auszugestalten.
(3) Die Abteilungen der Anstalt sollen in Wohngruppen gegliedert sein, zu denen neben den Hafträumen weitere Räume zur gemeinsamen Nutzung gehören.
§ 99 Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung
(1) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Anstalt so fest, dass eine angemessene Unterbringung während der Ruhezeit gewährleistet ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine ausreichende Anzahl von Plätzen für Aus- und Weiterbildung, Arbeit sowie von Räumen für Seelsorge, Freizeit, Sport, therapeutische Maßnahmen und Besuche zur Verfügung steht.
(2) Hafträume dürfen nicht mit mehr Gefangenen als zugelassen belegt werden.
(3) Ausnahmen von Absatz 2 sind nur vorübergehend und nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde zulässig.
§ 100 Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung,
Arbeitsbetriebe
(1) Die erforderlichen Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung, arbeitstherapeutischen Beschäftigung und die notwendigen Betriebe für die Arbeit sind vorzuhalten. Sie sind den Verhältnissen außerhalb der Anstalt anzugleichen.
(2) Bildung und Beschäftigung können auch in geeigneten privaten Einrichtungen und Betrieben erfolgen. Die technische und fachliche Leitung kann Angehörigen dieser Einrichtungen und Betriebe übertragen werden.
§ 101 Anstaltsleitung
(1) Der Anstaltsleiter trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug und vertritt die Anstalt nach außen. Er kann einzelne Aufgabenbereiche auf andere Bedienstete übertragen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung vorbehalten.
(2) Für jede Anstalt ist ein Beamter des höheren Dienstes zum hauptamtlichen Leiter zu bestellen. Aus besonderen Gründen kann eine Anstalt auch von einem Beamten des gehobenen Dienstes geleitet werden.
§ 102 Bedienstete
Die Anstalt wird mit dem für das Erreichen des Vollzugsziels erforderlichen Personal ausgestattet. Es muss für die erzieherische Gestaltung des Vollzugs geeignet und qualifiziert sein. Fortbildung sowie Praxisberatung und -begleitung für die Bediensteten sind zu gewährleisten.
§ 103 Seelsorger
(1) Die Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.
(2) Wenn die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen.
(3) Mit Zustimmung des Anstaltsleiters darf der Anstaltsseelsorger sich freier Seelsorgehelfer bedienen und diese für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen von außen zuziehen.
§ 104 Medizinische Versorgung
(1) Die ärztliche Versorgung ist sicherzustellen.
(2) Die Pflege der kranken Gefangenen soll von Bediensteten ausgeübt werden, die eine Erlaubnis nach dem Krankenpflegegesetz besitzen. Solange diese nicht zur Verfügung stehen, können auch Bedienstete eingesetzt werden, die eine sonstige Ausbildung in der Krankenpflege erfahren haben.
§ 105 Sozialtherapeutische Abteilung
In der Anstalt soll eine sozialtherapeutische Abteilung eingerichtet werden.
§ 106 Konferenzen
Zur Erstellung und Fortschreibung des Vollzugsplans und zur Vorbereitung anderer wichtiger Vollzugsentscheidungen führt der Anstaltsleiter Konferenzen mit an der Erziehung maßgeblich Beteiligten durch.
§ 107 Mitverantwortung der Gefangenen
Den Gefangenen soll ermöglicht werden, an der Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse teilzunehmen, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Anstalt nach für ihre Mitwirkung eignen.
§ 108 Hausordnung
(1) Der Anstaltsleiter erlässt eine Hausordnung. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Genehmigung vorbehalten.
(2) In die Hausordnung sind namentlich Anordnungen aufzunehmen über die
Sechzehnter Abschnitt
Aufsicht, Beirat
§ 109 Aufsichtsbehörde
Das für den Strafvollzug zuständige Ministerium führt die Aufsicht über die Anstalt.
§ 110 Vollstreckungsplan
Das für den Strafvollzug zuständige Ministerium regelt durch Rechtsverordnung die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Anstalt nach § 98 Abs. 1 in einem Vollstreckungsplan. Im Rahmen von Vollzugsgemeinschaften kann der Vollzug auch in Vollzugseinrichtungen anderer Länder vorgesehen werden.
§ 111 Beirat
(1) Bei der Anstalt ist ein Beirat zu bilden. Bedienstete dürfen nicht Mitglieder des Beirats sein.
(2) Die Mitglieder des Beirats wirken bei der Gestaltung des Vollzugs und bei der Betreuung der Gefangenen beratend mit. Sie unterstützen den Anstaltsleiter durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge und helfen bei der Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung.
(3) Die Mitglieder des Beirats können namentlich Wünsche, Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen. Sie können sich über die Unterbringung, Beschäftigung, berufliche Bildung, Verpflegung, ärztliche Versorgung und Behandlung unterrichten sowie die Anstalt besichtigen. Sie können die Gefangenen in ihren Räumen aufsuchen. Unterhaltung und Schriftwechsel werden nicht überwacht.
(4) Die Mitglieder des Beirats sind verpflichtet, außerhalb ihres Amtes über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, besonders über Namen und Persönlichkeit der Gefangenen, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihres Amtes.
Siebzehnter Abschnitt
Schlussbestimmungen
§ 112 Einschränkung von Grundrechten
Durch dieses Gesetz werden die Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes, Artikel 3 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen), auf Schutz seiner personenbezogenen Daten (Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen) und auf Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes, Artikel 7 der Verfassung des Freistaats Thüringen) eingeschränkt.
§ 113 Gleichstellungsbestimmung
Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
§ 114 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2008 in Kraft.
ENDE |