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ThürJStVollzG - Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz
Thüringer Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe

- Thüringen -

Vom 20. Dezember 2007
(GVBl. Nr. 13 vom 28.12.2007 S. 221; 27.02.2014 S. 13 aufgehoben)



Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Jugendstrafe und den Vollzug der Freiheitsstrafe nach § 114 des Jugendgerichtsgesetzes (Vollzug).

§ 2 Ziel und Aufgabe

Der Vollzug dient dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Gleichermaßen hat er die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.

§ 3 Erziehungsauftrag, Vollzugsgestaltung

(1) Der Vollzug ist erzieherisch zu gestalten. Die Gefangenen sind in der Entwicklung ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten so zu fördern, dass sie zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte Anderer befähigt werden. Die Einsicht in die beim Opfer verursachten Tatfolgen soll geweckt werden.

(2) Personelle Ausstattung, sachliche Mittel und Organisation der Anstalt (§ 98 Abs. 1 Satz 1) werden an Zielsetzung und Aufgabe des Vollzugs sowie den besonderen Bedürfnissen der Gefangenen ausgerichtet.

(3) Das Leben in der Anstalt ist den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich anzugleichen. Schädlichen Folgen der Freiheitsentziehung ist entgegenzuwirken. Der Vollzug wird von Beginn an darauf ausgerichtet, den Gefangenen bei der Eingliederung in ein Leben in Freiheit ohne Straftaten zu helfen. Die Belange von Sicherheit und Ordnung der Anstalt sowie die Belange der Allgemeinheit sind zu beachten.

(4) Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse von weiblichen und männlichen Gefangenen werden bei der Vollzugsgestaltung und bei Einzelmaßnahmen berücksichtigt.

§ 4 Pflicht zur Mitwirkung

Die Gefangenen sind verpflichtet, an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuwirken. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.

§ 5 Leitlinien der Erziehung und Förderung

(1) Erziehung und Förderung erfolgen durch Maßnahmen und Programme zur Entwicklung und Stärkung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Gefangenen im Hinblick auf die Erreichung des Vollzugsziels.

(2) Durch differenzierte Angebote soll auf den jeweiligen Entwicklungsstand und den unterschiedlichen Erziehungs- und Förderbedarf der Gefangenen eingegangen werden.

(3) Die Maßnahmen und Programme richten sich insbesondere auf die Auseinandersetzung mit den eigenen Straftaten, deren Ursachen und Folgen, die schulische Bildung, berufliche Qualifizierung, soziale Integration und die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens, der freien Zeit sowie der Außenkontakte.

§ 6 Stellung der Gefangenen

(1) Die Gefangenen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind.

(2) Vollzugsmaßnahmen sollen den Gefangenen erläutert werden.

§ 7 Zusammenarbeit und Einbeziehung Dritter

(1) Alle in der Anstalt Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, das Vollzugsziel zu erreichen.

(2) Die Anstalt arbeitet mit außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen sowie Personen und Vereinen eng zusammen, deren Mitwirkung die Eingliederung fördern kann.

(3) Die Personensorgeberechtigten sind, soweit dies möglich ist und dem Vollzugsziel nicht zuwiderläuft, in die Planung und Gestaltung des Vollzugs einzubeziehen.

§ 8 Soziale Hilfe

(1) Die Gefangenen werden darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu angeregt und in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, insbesondere den durch die Straftat verursachten materiellen und immateriellen Schaden wiedergutzumachen und eine Schuldenregulierung herbeizuführen.

(2) Die Gefangenen sollen, soweit erforderlich, über die notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung ihrer sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche beraten werden.

Zweiter Abschnitt
Vollzugsplanung

§ 9 Aufnahme

(1) Mit den Gefangenen wird unverzüglich ein Zugangsgespräch geführt, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Ihnen ist die Hausordnung auszuhändigen. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sind den Gefangenen auf Verlangen zugänglich zu machen.

(2) Beim Zugangsgespräch dürfen andere Gefangene in der Regel nicht zugegen sein.

(3) Die Gefangenen werden alsbald ärztlich untersucht.

(4) Die Personensorgeberechtigten und das Jugendamt werden von der Aufnahme unverzüglich unterrichtet.

(5) Die Gefangenen sollen dabei unterstützt werden, etwa notwendige Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige und die Sicherung ihrer Habe außerhalb der Anstalt zu veranlassen.

§ 10 Feststellung des Erziehungs- und Förderbedarfs

(1) Nach der Aufnahme wird den Gefangenen das Ziel ihres Aufenthalts in der Anstalt verdeutlicht sowie das Angebot an Unterricht, Aus- und Fortbildung, Arbeit, therapeutischer Behandlung, Freizeit und Sport erläutert.

(2) Der Erziehungs- und Förderbedarf der Gefangenen wird in einem Diagnoseverfahren ermittelt. Es erstreckt sich auf die Persönlichkeit, die Lebensverhältnisse, die Ursachen und Umstände der Straftat sowie alle sonstigen Gesichtspunkte, deren Kenntnis für eine zielgerichtete Vollzugsgestaltung und die Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung notwendig erscheint. Erkenntnisse der Jugendgerichtshilfe und Bewährungshilfe sind einzubeziehen.

(3) Die Vollzugsplanung wird mit den Gefangenen erörtert. Dabei werden deren Anregungen und Vorschläge einbezogen, soweit sie dem Vollzugsziel dienen.

§ 11 Vollzugsplan

(1) Auf der Grundlage des festgestellten Erziehungs- und Förderbedarfs wird regelmäßig innerhalb der ersten sechs Wochen nach der Aufnahme ein Vollzugsplan erstellt.

(2) Der Vollzugsplan wird regelmäßig alle vier Monate auf seine Umsetzung überprüft, mit den Gefangenen erörtert und fortgeschrieben. Bei Jugendstrafen von mehr als drei Jahren verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Bei der Fortschreibung sind die Entwicklung der Gefangenen und in der Zwischenzeit gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(3) Der Vollzugsplan und seine Fortschreibungen enthalten je nach Stand des Vollzugs insbesondere folgende Angaben:

  1. die dem Vollzugsplan zugrunde liegenden Annahmen zur Vorgeschichte der Straftaten sowie die Erläuterung der Ziele, Inhalte und Methoden der Erziehung und Förderung der Gefangenen,
  2. Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug,
  3. Zuweisung zu einer Wohngruppe oder einem anderen Unterkunftsbereich,
  4. Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Abteilung,
  5. Teilnahme an schulischen, berufsorientierenden, qualifizierenden oder arbeitstherapeutischen Maßnahmen oder Zuweisung von Arbeit,
  6. Teilnahme an therapeutischen Behandlungen oder anderen Hilfs- oder Fördermaßnahmen,
  7. Teilnahme an Sport- und Freizeitangeboten,
  8. Vollzugslockerungen und Urlaub,
  9. Pflege der familiären Beziehungen und Gestaltung der Außenkontakte,
  10. Maßnahmen und Angebote zum Ausgleich von Tatfolgen,
  11. Schuldenregulierung,
  12. Maßnahmen zur Vorbereitung von Entlassung, Wiedereingliederung und Nachsorge und
  13. Fristen zur Fortschreibung des Vollzugsplans.

(4) Der Vollzugsplan und seine Fortschreibungen werden den Gefangenen ausgehändigt. Sie werden dem Vollstreckungsleiter und auf Verlangen den Personensorgeberechtigten mitgeteilt.

§ 12 Verlegung und Überstellung

(1) Die Gefangenen können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Anstalt verlegt werden, wenn

  1. die Erreichung des Vollzugsziels oder die Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird oder
  2. Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe dies erforderlich machen.

(2) Die Personensorgeberechtigten, der Vollstreckungsleiter und das Jugendamt werden von der Verlegung unverzüglich unterrichtet.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann sich Entscheidungen über Verlegungen vorbehalten.

(4) Die Gefangenen dürfen aus wichtigem Grund in eine andere Anstalt oder Justizvollzugsanstalt überstellt werden.

§ 13 Geschlossener und offener Vollzug

(1) Die Gefangenen werden im geschlossenen oder offenen Vollzug untergebracht.

(2) Sie sollen im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie dessen besonderen Anforderungen genügen, insbesondere verantwortet werden kann zu erproben, dass sie sich dem Vollzug nicht entziehen und die Möglichkeiten des offenen Vollzugs nicht zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden.

(3) Gefangene sollen in den geschlossenen Vollzug zurückverlegt werden, wenn dies zur Erreichung des Vollzugsziels notwendig ist oder sie den Anforderungen nach Absatz 2 nicht entsprechen.

§ 14 Sozialtherapie

Gefangene können in einer sozialtherapeutischen Abteilung untergebracht werden, wenn deren besondere therapeutische Mittel und soziale Hilfen zum Erreichen des Vollzugsziels angezeigt sind.

§ 15 Vollzugslockerungen

(1) Als Vollzugslockerungen kommen insbesondere in Betracht:

  1. Verlassen der Anstalt für eine bestimmte Tageszeit unter Aufsicht von Bediensteten (Ausführung) oder ohne Aufsicht (Ausgang),
  2. regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt unter Aufsicht von Bediensteten (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht (Freigang) und
  3. Unterbringung in besonderen Erziehungseinrichtungen

oder in Übergangseinrichtungen freier Träger. Vollzugslockerungen nach Satz 1 Nr. 3 werden nach Anhörung des Vollstreckungsleiters gewährt.

(2) Vollzugslockerungen dürfen gewährt werden, wenn verantwortet werden kann zu erproben, dass die Gefangenen sich dem Vollzug nicht entziehen und die Vollzugslockerungen nicht zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden. Sie können versagt werden, wenn die Gefangenen ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen.

(3) Im Übrigen dürfen Gefangene ausgeführt werden, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist. Liegt die Ausführung ausschließlich im Interesse der Gefangenen, können ihnen die Kosten auferlegt werden, soweit dies die Erziehung oder die Eingliederung nicht behindert.

§ 16 Urlaub

(1) Zur Förderung der Wiedereingliederung in das Leben in Freiheit, insbesondere zur Aufrechterhaltung sozialer Bindungen, kann nach Maßgabe des Vollzugsplans Urlaub gewährt werden. Der Urlaub darf 24 Tage in einem Vollstreckungsjahr nicht übersteigen.

(2) Darüber hinaus kann Urlaub aus wichtigem Anlass bis zu sieben Tagen im Vollstreckungsjahr gewährt werden, zur Teilnahme an gerichtlichen Terminen, wegen des Todes oder einer lebensbedrohenden Erkrankung naher Angehöriger auch darüber hinaus.

(3) § 15 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Durch Urlaub wird die Vollstreckung der Jugendstrafe nicht unterbrochen.

§ 17 Weisungen für Vollzugslockerungen und Urlaub,
Widerruf

(1) Für Vollzugslockerungen und Urlaub können Weisungen erteilt werden.

(2) Vollzugslockerungen und Urlaub können widerrufen werden, wenn

  1. sie aufgrund nachträglich eingetretener oder bekannt gewordener Umstände versagt werden könnten,
  2. sie missbraucht werden oder
  3. Weisungen nicht befolgt werden.

§ 18 Vorführung, Ausantwortung

(1) Auf Ersuchen eines Gerichts werden Gefangene vorgeführt, sofern ein Vorführungsbefehl vorliegt.

(2) Gefangene dürfen befristet dem Gewahrsam eines Gerichts, einer Staatsanwaltschaft oder einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde auf Antrag überlassen werden (Ausantwortung).

§ 19 Entlassungsvorbereitung

(1) Die Anstalt arbeitet frühzeitig mit außervollzuglichen Einrichtungen, Organisationen sowie Personen und Vereinen zusammen, um zu erreichen, dass die Gefangenen nach ihrer Entlassung über eine geeignete Unterbringung und eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle verfügen. Dazu gehört insbesondere eine Zusammenarbeit der ambulanten sozialen Dienste (Bewährungshilfe, Führungsaufsicht) mit der Anstalt zum Zweck der sozialen und beruflichen Integration der Gefangenen. Die Personensorgeberechtigten und das Jugendamt werden unterrichtet.

(2) Zur Vorbereitung der Entlassung soll der Vollzug gelockert werden (§ 15).

(3) Zur Vorbereitung der Entlassung können die Gefangenen bis zu sieben Tage Urlaub erhalten. Zum Freigang zugelassene Gefangene können innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung Urlaub von bis zu sechs Tagen im Monat erhalten; Satz 1 findet keine Anwendung. § 15 Abs. 2, § 16 Abs. 4 und § 17 gelten entsprechend.

(4) Darüber hinaus können die Gefangenen nach Anhörung des Vollstreckungsleiters bis zu vier Monate beurlaubt werden. Hierfür sollen Weisungen erteilt werden. Der im laufenden Vollstreckungsjahr gewährte Urlaub nach § 16 Abs. 1 wird auf diese Zeit angerechnet. § 15 Abs. 2, § 16 Abs. 4 und § 17 Abs. 2 gelten entsprechend.

§ 20 Entlassungszeitpunkt

(1) Die Gefangenen sollen am letzten Tag ihrer Strafzeit möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag, entlassen werden.

(2) Fällt das Strafende auf einen Sonnabend oder Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag, den ersten Werktag nach Ostern oder Pfingsten oder in die Zeit vom 22. Dezember bis zum 6. Januar, so können die Gefangenen an dem diesem Tag oder Zeitraum vorhergehenden Werktag entlassen werden, wenn dies gemessen an der Dauer der Strafzeit vertretbar ist und fürsorgerische Gründe nicht entgegenstehen.

(3) Der Entlassungszeitpunkt kann um bis zu zwei Tage vorverlegt werden, wenn die Gefangenen zu ihrer Eingliederung hierauf dringend angewiesen sind.

§ 21 Hilfe zur Entlassung, Nachsorge

(1) Zur Vorbereitung der Entlassung sind die Gefangenen bei der Ordnung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu unterstützen. Dies umfasst die Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen. Nachgehende Betreuung kann unter Mitwirkung von Bediensteten erfolgen.

(2) Bedürftigen Gefangenen kann eine Entlassungsbeihilfe in Form eines Reisekostenzuschusses, angemessener Kleidung oder einer sonstigen notwendigen Unterstützung gewährt werden.

§ 22 Fortführung von Maßnahmen nach der Entlassung

(1) Die Gefangenen können auf Antrag nach ihrer Entlassung ausnahmsweise im Vollzug begonnene Ausbildungs- oder Behandlungsmaßnahmen fortführen, soweit diese nicht anderweitig durchgeführt werden können. Hierzu können die Entlassenen auf vertraglicher Basis vorübergehend in einer Anstalt untergebracht werden, sofern es die Belegungssituation zulässt.

(2) Bei Störung des Anstaltsbetriebs durch die Entlassenen oder aus vollzugsorganisatorischen Gründen können die Unterbringung und die Maßnahme jederzeit beendet werden.

Dritter Abschnitt
Unterbringung und Versorgung der Gefangenen

§ 23 Trennung von männlichen und weiblichen Gefangenen

Männliche und weibliche Gefangene werden getrennt untergebracht. Gemeinsame Maßnahmen, insbesondere eine gemeinsame Schul- und Berufsausbildung, sind zulässig.

§ 24 Unterbringung während der Ausbildung, Arbeit und
Freizeit

(1) Ausbildung und Arbeit finden grundsätzlich in Gemeinschaft statt.

(2) Den Gefangenen kann gestattet werden, sich während der Freizeit in Gemeinschaft mit anderen Gefangenen aufzuhalten. Für die Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen kann der Anstaltsleiter mit Rücksicht auf die räumlichen, personellen oder organisatorischen Verhältnisse der Anstalt besondere Regelungen treffen.

(3) Die gemeinschaftliche Unterbringung kann eingeschränkt werden,

  1. wenn ein schädlicher Einfluss auf andere Gefangene zu befürchten ist,
  2. wenn es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert,
  3. wenn dies aus erzieherischen Gründen angezeigt ist oder
  4. bis zur Erstellung des Vollzugsplans, jedoch nicht länger als zwei Monate.

§ 25 Unterbringung während der Ruhezeit

(1) Während der Ruhezeit werden die Gefangenen in ihren Hafträumen einzeln untergebracht. Mit ihrer Zustimmung können sie zu zweit untergebracht werden, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind.

(2) Eine gemeinsame Unterbringung ist auch zulässig, wenn Gefangene hilfsbedürftig sind oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht. Darüber hinaus ist eine gemeinsame Unterbringung nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.

§ 26 Wohngruppen

Geeignete Gefangene werden regelmäßig in Wohngruppen untergebracht. Nicht geeignet sind in der Regel Gefangene, die aufgrund ihres Verhaltens nicht gruppenfähig sind.

§ 27 Unterbringung von Müttern mit Kindern

(1) Ist das Kind einer Gefangenen noch nicht drei Jahre alt, kann es mit Zustimmung des Aufenthaltsbestimmungsberechtigten in der Anstalt untergebracht werden, wenn die baulichen Gegebenheiten dies zulassen und Sicherheitsgründe nicht entgegenstehen. Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.

(2) Die Unterbringung erfolgt auf Kosten des für das Kind Unterhaltspflichtigen. Von der Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn hierdurch die gemeinsame Unterbringung von Mutter und Kind gefährdet würde.

§ 28 Persönlicher Gewahrsam, Kostenbeteiligung

(1) Die Gefangenen dürfen nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihnen von der Anstalt oder mit deren Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung dürfen sie Sachen von geringem Wert von anderen Gefangenen annehmen; die Annahme dieser Sachen und der Gewahrsam daran können von der Zustimmung der Anstalt abhängig gemacht werden.

(2) Eingebrachte Sachen, die die Gefangenen nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Den Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, ihre Sachen, die sie während des Vollzugs und für ihre Entlassung nicht benötigen, zu verschicken. Geld wird ihnen als Eigengeld gutgeschrieben.

(3) Werden eingebrachte Sachen, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht möglich ist, von den Gefangenen trotz Aufforderung nicht aus der Anstalt verbracht, so ist die Anstalt berechtigt, diese Sachen auf Kosten der Gefangenen aus der Anstalt entfernen zu lassen.

(4) Aufzeichnungen und andere Sachen, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen der Anstalt vermitteln oder Schlussfolgerungen auf diese zulassen, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

(5) Die Zustimmung nach Absatz 1 kann widerrufen werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit, zur Abwendung einer erheblichen Störung der Ordnung der Anstalt oder zur Vermeidung einer erheblichen Gefährdung des Vollzugsziels erforderlich ist.

(6) Die Gefangenen können an den Betriebskosten der in ihrem Gewahrsam befindlichen Geräte beteiligt werden.

§ 29 Ausstattung des Haftraums

Die Gefangenen dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Sachen, die geeignet sind, das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt zu gefährden, sind ausgeschlossen.

§ 30 Kleidung

(1) Die Gefangenen tragen Anstaltskleidung.

(2) Der Anstaltsleiter kann eine abweichende Regelung treffen. Für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel eigener Kleidung haben die Gefangenen selbst zu sorgen.

§ 31 Verpflegung und Einkauf

(1) Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung entsprechen den besonderen Anforderungen an eine gesunde Ernährung junger Menschen und werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.

(2) Die Gefangenen können aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot einkaufen. Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt.

(3) Den Gefangenen soll die Möglichkeit eröffnet werden, unmittelbar oder über Dritte Gegenstände über den Versandhandel zu beziehen. Zulassung und Verfahren des Einkaufs über den Versandhandel regelt der Anstaltsleiter.

(4) Gegenstände, die geeignet sind, das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt zu gefährden, sind vom Einkauf ausgeschlossen.

§ 32 Gesundheitsfürsorge

(1) Die Anstalt unterstützt die Gefangenen bei der Wiederherstellung und Erhaltung ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit. Die Gefangenen haben die notwendigen Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu befolgen.

(2) Den Gefangenen wird ermöglicht, sich täglich mindestens eine Stunde im Freien aufzuhalten.

(3) Erkranken Gefangene schwer oder versterben, werden die Angehörigen, insbesondere die Personensorgeberechtigten, benachrichtigt. Dem Wunsch der Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden.

§ 33 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind unbeschadet der Rechte der Personensorgeberechtigten zwangsweise nur bei Lebensgefahr, bei schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit der Gefangenen oder bei Gefahr für die Gesundheit anderer Personen zulässig; die Maßnahmen müssen für die Beteiligten zumutbar und dürfen nicht mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit der Gefangenen verbunden sein. Zur Durchführung der Maßnahmen ist die Anstalt nicht verpflichtet, solange von einer freien Willensbestimmung der Gefangenen ausgegangen werden kann.

(2) Zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung außer im Fall des Absatzes 1 zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.

(3) Die Maßnahmen dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, dass ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist.

§ 34 Medizinische Leistungen, Kostenbeteiligung

(1) Die Gefangenen haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Leistungen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit. Der allgemeine Standard der gesetzlichen Krankenkassen ist zu berücksichtigen.

(2) Der Anspruch umfasst auch Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Vorsorgeleistungen entsprechend dem allgemeinen Standard der gesetzlichen Krankenkassen.

(3) Der Anspruch umfasst weiter die Versorgung mit Hilfsmitteln wie Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, eine Behinderung auszugleichen oder einer drohenden Behinderung vorzubeugen, sofern dies mit Rücksicht auf die Dauer des Freiheitsentzugs nicht ungerechtfertigt ist und soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen besteht nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien. Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen.

(4) An den Kosten für zahntechnische Leistungen und Zahnersatz können volljährige Gefangene beteiligt werden.

(5) Für Leistungen, die über die in Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und Absatz 3 genannten Leistungen hinausgehen, können den Gefangenen die gesamten Kosten auferlegt werden.

§ 35 Verlegung und Überstellung zur medizinischen Behandlung

(1) Kranke oder hilfsbedürftige Gefangene können in eine zur Behandlung ihrer Krankheit oder zu ihrer Versorgung besser geeignete Anstalt, Justizvollzugsanstalt oder in ein Vollzugskrankenhaus verlegt oder überstellt werden.

(2) Erforderlichenfalls können Gefangene auch in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs gebracht werden.

(3) § 12 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

§ 36 Krankenbehandlung in besonderen Fällen

(1) Während eines Urlaubs und in Vollzugslockerungen haben Gefangene einen Anspruch auf medizinische Leistungen gegen das Land nur in der für sie zuständigen Anstalt.

(2) Der Anspruch auf Leistungen nach § 34 ruht, solange Gefangene aufgrund eines freien Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert sind.

(3) Wird die Strafvollstreckung während einer Behandlung von Gefangenen unterbrochen oder beendet, so hat das Land nur diejenigen Kosten zu tragen, die bis zur Unterbrechung oder Beendigung der Strafvollstreckung angefallen sind.

Vierter Abschnitt
Schule, Ausbildung, Weiterbildung und Arbeit

§ 37 Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit

(1) Ausbildung, Weiterbildung, Arbeit und arbeitstherapeutische Beschäftigung dienen insbesondere dem Ziel, die Fähigkeit der Gefangenen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern. Sofern den Gefangenen Arbeit zugewiesen wird, soll diese möglichst deren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen entsprechen.

(2) Die Gefangenen sind vorrangig zur Teilnahme an schulischen und beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen oder speziellen Maßnahmen zur Förderung ihrer schulischen, beruflichen oder persönlichen Entwicklung verpflichtet. Im Übrigen sind die Gefangenen, wenn und soweit sie dazu in der Lage sind, zu Arbeit oder sonstiger Beschäftigung, sonst zu arbeitstherapeutischer Beschäftigung verpflichtet.

(3) Das Zeugnis oder der Nachweis über eine Bildungsmaßnahme darf keinen Hinweis auf die Inhaftierung enthalten.

(4) Den Gefangenen soll gestattet werden, einer Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung, Umschulung oder Arbeit auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt nachzugehen oder sich innerhalb oder außerhalb des Vollzugs selbst zu beschäftigen, wenn sie hierfür geeignet sind. § 13 Abs. 2, § 15 Abs. 2 und § 17 gelten entsprechend. Die Anstalt kann verlangen, dass ihr das Entgelt für das freie Beschäftigungsverhältnis zur Gutschrift für die Gefangenen überwiesen wird.

(5) Sind die Gefangenen ein Jahr lang ununterbrochen ihrer Verpflichtung nach Absatz 2 nachgekommen, können sie beanspruchen, im darauf folgenden Jahr für die Dauer von 18 Werktagen freigestellt zu werden. Zeiten, in denen die Gefangenen unverschuldet infolge Krankheit an der Teilnahme an einer Maßnahme, an der Arbeit oder an der Beschäftigung gehindert waren, werden bis zur Dauer von sechs Wochen auf das Jahr angerechnet. Auf die Zeit der Freistellung wird der Urlaub nach § 16 Abs. 1 angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt. Die Gefangenen erhalten für die Zeit der Freistellung ihre zuletzt gezahlten Bezüge weiter. Urlaubsregelungen der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des Vollzugs bleiben unberührt.

Fünfter Abschnitt
Freizeit, Sport

§ 38 Freizeit

Die Ausgestaltung der Freizeit orientiert sich am Vollzugsziel. Dazu sind geeignete Angebote vorzuhalten. Die Gefangenen sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Freizeitangeboten verpflichtet.

§ 39 Sport

Dem Sport kommt bei der Erreichung des Vollzugsziels besondere Bedeutung zu. Er kann neben der sinnvollen Freizeitgestaltung auch zur Diagnostik und gezielten Behandlung eingesetzt werden. Es sind ausreichende und geeignete Angebote vorzuhalten, um den Gefangenen eine sportliche Betätigung von mindestens zwei Stunden wöchentlich zu ermöglichen.

§ 40 Zeitungen und Zeitschriften

(1) Die Gefangenen dürfen auf eigene Kosten Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt beziehen. Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist.

(2) Einzelne Ausgaben einer Zeitung oder Zeitschrift können den Gefangenen auch vorenthalten werden, wenn deren Inhalte das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erheblich gefährden würden.

§ 41 Rundfunk

(1) Die Gefangenen können am Hörfunkempfang sowie am gemeinschaftlichen Fernsehempfang teilnehmen. Der Rundfunkempfang kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.

(2) Eigene Fernsehgeräte können zugelassen werden, wenn erzieherische Gründe nicht entgegenstehen.

§ 42 Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung

(1) Die Gefangenen dürfen in angemessenem Umfang Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung besitzen.

(2) Dies gilt nicht, wenn deren Besitz, Überlassung oder Benutzung das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würde.

(3) Elektronische Medien können zugelassen werden, wenn erzieherische Gründe nicht entgegenstehen. Absatz 2 gilt entsprechend.

Sechster Abschnitt
Religionsausübung

§ 43 Seelsorge

(1) Den Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einem Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.

(2) Die Gefangenen dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

(3) Den Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.

§ 44 Religiöse Veranstaltungen

(1) Die Gefangenen haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.

(2) Die Zulassung zu den Gottesdiensten oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft bedarf der Zustimmung des Seelsorgers der Religionsgemeinschaft.

(3) Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; der Seelsorger soll vorher gehört werden.

§ 45 Weltanschauungsgemeinschaften

Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten §§ 43 und 44 entsprechend.

Siebter Abschnitt
Besuche, Schriftwechsel und Telefongespräche

§ 46 Grundsatz

Die Gefangenen haben das Recht, mit Personen außerhalb der Anstalt im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zu verkehren. Der Kontakt mit Personen, von denen ein günstiger Einfluss erwartet werden kann, wird gefördert.

§ 47 Recht auf Besuch

(1) Die Gefangenen dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens vier Stunden im Monat.

(2) Kontakte der Gefangenen zu ihren Kindern werden besonders gefördert. Deren Besuche werden nicht auf die Regelbesuchszeiten angerechnet.

(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Erziehung oder Eingliederung der Gefangenen fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von den Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können.

(4) Aus Gründen der Sicherheit können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucher mit technischen Hilfsmitteln absuchen oder durchsuchen lassen.

§ 48 Besuchsverbot

Der Anstaltsleiter kann Besuche untersagen,

  1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
  2. bei Besuchern, die nicht Angehörige (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs) der Gefangenen sind, wenn zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf die Gefangenen haben oder ihre Eingliederung behindern, oder
  3. wenn Personensorgeberechtigte nicht einverstanden sind.

§ 49 Besuche von Verteidigern, Rechtsanwälten, Notaren und Beiständen

Besuche von Verteidigern sowie von Rechtsanwälten und Notaren in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. Dasselbe gilt für Besuche von Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes. § 47 Abs. 4 gilt entsprechend. Eine inhaltliche Überprüfung der vom Verteidiger mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig. § 52 Abs. 1 Satz 2 und 3 bleibt unberührt.

§ 50 Überwachung der Besuche

(1) Besuche dürfen aus Gründen der Erziehung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überwacht werden, es sei denn, es liegen im Einzelfall Erkenntnisse dafür vor, dass es der Überwachung nicht bedarf. Die Überwachung mit optischelektronischen Mitteln (Videoüberwachung) ist zulässig, wenn die Besucher und die Gefangenen vor dem Besuch darauf hingewiesen werden. Die Unterhaltung darf nur überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(2) Besuche dürfen abgebrochen werden, wenn Besucher oder Gefangene gegen dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen trotz Abmahnung verstoßen. Die Abmahnung unterbleibt, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.

(3) Besuche dürfen auch abgebrochen werden, wenn von Besuchern ein schädlicher Einfluss ausgeht.

(4) Besuche von Verteidigern und Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes werden nicht überwacht.

(5) Gegenstände dürfen den Gefangenen beim Besuch nicht übergeben werden. Dies gilt nicht für die bei dem Besuch der Verteidiger übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen sowie für die bei dem Besuch von Rechtsanwälten oder Notaren zur Erledigung einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen. Bei dem Besuch von Rechtsanwälten oder Notaren kann die Übergabe aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt von der

Erlaubnis des Anstaltsleiters abhängig gemacht werden. § 52 Abs. 1 Satz 2 und 3 bleibt unberührt.

§ 51 Recht auf Schriftwechsel

(1) Die Gefangenen haben das Recht, auf eigene Kosten Schreiben abzusenden und zu empfangen.

(2) Der Anstaltsleiter kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen,

  1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
  2. bei Personen, die nicht Angehörige (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs) der Gefangenen sind, wenn zu befürchten ist, dass der Schriftwechsel einen schädlichen Einfluss auf die Gefangenen hat oder ihre Eingliederung behindert, oder
  3. wenn Personensorgeberechtigte nicht einverstanden sind.

§ 52 Überwachung des Schriftwechsels

(1) Der Schriftwechsel der Gefangenen mit ihrem Verteidiger oder Beistand nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes wird nicht überwacht. Liegt dem Vollzug eine Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuchs zugrunde, gelten § 148 Abs. 2 und § 148a der Strafprozessordnung entsprechend; dies gilt nicht, wenn die Gefangenen sich in einer Einrichtung des offenen Vollzugs befinden oder wenn ihnen Vollzugslockerungen nach § 15 oder Urlaub nach § 16 Abs. 1 gewährt worden sind und ein Grund, der die Anstaltsleitung nach § 17 Abs. 2 zum Widerruf von Vollzugslockerungen und Urlaub ermächtigt, nicht vorliegt. Satz 2 gilt auch, wenn eine Jugendstrafe oder Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuchs erst im Anschluss an den Vollzug der Jugendstrafe, der eine andere Verurteilung zugrunde liegt, zu vollstrecken ist.

(2) Nicht überwacht werden ferner Schreiben der Gefangenen an Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie an deren Mitglieder, soweit die Schreiben an die Anschriften dieser Volksvertretungen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. Entsprechendes gilt für Schreiben an das Europäische Parlament und dessen Mitglieder, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, den Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und weitere Einrichtungen, mit denen der Schriftverkehr aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist. Satz 1 gilt auch für den Schriftverkehr mit den Bürgerbeauftragten der Länder und den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder. Schreiben der in den Sätzen 1 bis 3 genannten Stellen, die an die Gefangenen gerichtet sind, werden nicht überwacht, sofern die Identität des Absenders zweifelsfrei feststeht.

(3) Der übrige Schriftwechsel darf überwacht werden, soweit es aus Gründen der Erziehung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist.

§ 53 Weiterleitung von Schreiben, Aufbewahrung

(1) Die Gefangenen haben das Absenden und den Empfang ihrer Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.

(2) Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.

(3) Die Gefangenen haben eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird. Sie können sie verschlossen zu ihrer Habe geben.

§ 54 Anhalten von Schreiben

(1) Der Anstaltsleiter kann Schreiben anhalten, wenn

  1. das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
  2. die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde,
  3. sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen enthalten,
  4. sie grobe Beleidigungen enthalten,
  5. sie die Eingliederung anderer Gefangener gefährden können oder
  6. sie in Geheimschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind.

(2) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die Gefangenen auf das Absenden bestehen.

(3) Sind Schreiben angehalten worden, wird das den Gefangenen mitgeteilt. Angehaltene Schreiben werden an den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, verwahrt.

(4) Schreiben, deren Überwachung nach § 52 Abs. 1 und 2 ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden.

§ 55 Telefongespräche

Den Gefangenen kann gestattet werden, auf eigene Kosten Telefongespräche zu führen. Die Bestimmungen über den Besuch gelten entsprechend. Ist die Überwachung des Telefongesprächs erforderlich, ist die beabsichtigte Überwachung dem Gesprächspartner der Gefangenen unmittelbar nach Herstellung der Verbindung durch die Anstalt oder die Gefangenen mitzuteilen. Die Gefangenen sind rechtzeitig vor Beginn des Telefongesprächs über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht nach Satz 3 zu unterrichten.

§ 56 Pakete

(1) Der Empfang von Paketen mit Nahrungs- und Genussmitteln ist den Gefangenen nicht gestattet. Der Empfang von Paketen mit anderem Inhalt bedarf der Erlaubnis der Anstalt, welche Zeitpunkt und Höchstmenge für die Sendung und für einzelne Gegenstände festsetzen kann. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt § 31 Abs. 4 entsprechend.

(2) Pakete sind in Gegenwart der Gefangenen zu öffnen, an die sie adressiert sind. Ausgeschlossene Gegenstände können zu ihrer Habe genommen oder dem Absender zurückgesandt werden. Nicht ausgehändigte Gegenstände, durch die bei der Versendung oder Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können, dürfen vernichtet werden. Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden den Gefangenen eröffnet.

(3) Der Empfang von Paketen kann vorübergehend versagt werden, wenn dies wegen der Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.

(4) Den Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Die Anstalt kann ihren Inhalt aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überprüfen.

Achter Abschnitt
Gelder der Gefangenen, Freistellung von der Arbeit

§ 57 Ausbildungsbeihilfe, Arbeitsentgelt

(1) Gefangene, die während der Arbeitszeit ganz oder teilweise an einer schulischen oder beruflichen Orientierungs-, Aus- oder Weiterbildungsmaßnahme oder an speziellen Maßnahmen zur Förderung ihrer schulischen, beruflichen oder persönlichen Entwicklung teilnehmen, erhalten hierfür eine Ausbildungsbeihilfe, soweit kein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt besteht, die freien Personen aus solchem Anlass zustehen.

(2) Wer eine Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige Beschäftigung ausübt, erhält Arbeitsentgelt.

(3) Der Bemessung der Ausbildungsbeihilfe und des Arbeitsentgelts sind neun vom Hundert der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) zugrunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der 250. Teil der Eckvergütung; die Ausbildungsbeihilfe und das Arbeitsentgelt können nach einem Stundensatz bemessen werden.

(4) Die Ausbildungsbeihilfe und das Arbeitsentgelt können je nach Leistung der Gefangenen und der Art der Ausbildung oder Arbeit gestuft werden. 75 vom Hundert der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Leistungen der Gefangenen den Mindestanforderungen nicht genügen.

(5) Die Höhe der Ausbildungsbeihilfe und des Arbeitsentgelts ist den Gefangenen schriftlich bekannt zu geben.

(6) Das für den Strafvollzug zuständige Ministerium wird ermächtigt, eine Rechtsverordnung über die Vergütungsstufen nach Absatz 4 zu erlassen.

(7) Soweit Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu entrichten sind, kann vom Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe ein Betrag einbehalten werden, der dem Anteil der

Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn sie diese Bezüge als Arbeitnehmer erhielten.

§ 58 Freistellung von der Arbeit

(1) Die Arbeit der Gefangenen wird neben der Gewährung von Arbeitsentgelt (§ 57 Abs. 2) durch Freistellung von der Arbeit (Freistellung) anerkannt, die auch als Arbeitsurlaub genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden kann.

(2) Haben die Gefangenen zwei Monate lang zusammenhängend eine Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige Beschäftigung ausgeübt, so werden sie auf Antrag einen Werktag von der Arbeit freigestellt. § 37 Abs. 5 bleibt unberührt. Durch Zeiten, in denen die Gefangenen ohne ihr Verschulden durch Krankheit, Ausführung, Ausgang, Urlaub, Freistellung von der Arbeit oder sonstige nicht von ihnen zu vertretende Gründe an der Arbeitsleistung gehindert sind, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von weniger als zwei Monaten bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Gefangenen können beantragen, dass die Freistellung nach Absatz 2 in Form von Arbeitsurlaub gewährt wird. § 15 Abs. 2, § 16 Abs. 4 und § 17 gelten entsprechend.

(4) Die Gefangenen erhalten für die Zeit der Freistellung von der Arbeit ihre zuletzt gezahlten Bezüge weiter.

(5) Stellen die Gefangenen keinen Antrag nach Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 Satz 1 oder kann die Freistellung von der Arbeit nach Maßgabe der Regelung des Absatzes 3 Satz 2 nicht gewährt werden, so wird sie nach Absatz 2 Satz 1 von der Anstalt auf den Entlassungszeitpunkt der Gefangenen angerechnet.

(6) Eine Anrechnung nach Absatz 5 ist ausgeschlossen

  1. bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Jugendstrafe zur Bewährung, soweit wegen des von der Entscheidung des Vollstreckungsleiters bis zur Entlassung verbleibenden Zeitraums eine Anrechnung nicht mehr möglich ist,
  2. wenn dies vom Vollstreckungsleiter angeordnet wird, weil bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Jugendstrafe zur Bewährung die Lebensverhältnisse der Gefangenen oder die Wirkungen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind, die Vollstreckung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordern,
  3. wenn nach § 2 des Jugendgerichtsgesetzes in Verbindung mit § 456a Abs. 1 der Strafprozessordnung von der Vollstreckung abgesehen wird oder
  4. wenn die Gefangenen im Gnadenwege aus der Haft entlassen werden.

(7) Soweit eine Anrechnung nach Absatz 6 ausgeschlossen ist, erhalten die Gefangenen bei ihrer Entlassung für eine Tätigkeit nach § 57 Abs. 2 als Ausgleichsentschädigung zusätzlich 15 vom Hundert des Entgelts nach § 57 Abs. 3 und 4. Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung.

(8) Für Gefangene, die an einer Maßnahme nach § 57 Abs. 1 teilnehmen, gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

§ 59 Taschengeld

(1) Erhalten Gefangene ohne ihr Verschulden weder Ausbildungsbeihilfe noch Arbeitsentgelt, wird ihnen bei Bedürftigkeit auf Antrag ein angemessenes Taschengeld gewährt. Bedürftig sind Gefangene, soweit ihnen im laufenden Monat aus Hausgeld (§ 60) und Eigengeld (§ 61) nicht ein Betrag bis zur Höhe des Taschengeldes zur Verfügung steht.

(2) Das Taschengeld beträgt 14 vom Hundert der Eckvergütung (§ 57 Abs. 3).

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