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Regelwerk, Wirtschaft Wettbewerb
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TVgG NRW - Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen
Gesetz über die Sicherung von Tariftreue und Mindestlohn bei der Vergabe öffentlicher Aufträge

- Nordrhein-Westfalen -

Vom 22. März 2018
(GV.NRW. Nr. 8 vom 29.03.2018 S. 172)



Archiv: 2012, 2017

§ 1 Zweck des Gesetzes, Anwendungsbereich

(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, einen fairen Wettbewerb um das wirtschaftlichste Angebot bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sicherzustellen, bei gleichzeitiger Sicherung von Tariftreue und Einhaltung des Mindestlohns.

(2) Dieses Gesetz gilt für die Vergabe öffentlicher Aufträge über die Beschaffung von Leistungen, die die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des § 103 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2739) geändert worden ist, zum Gegenstand haben.

(3) Im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs gelten die Regelungen dieses Gesetzes für alle öffentlichen Aufträge nach Absatz 2, die Dienstleistungsaufträge im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 03.12.2007 S. 1), die durch Verordnung (EU) 2016/2338 (ABl. L 354 vom 23.12.2016 S. 22) geändert worden ist, sind. Dieses Gesetz gilt auch für öffentliche Aufträge über Beförderungsleistungen im Sinne von § 1 der Freistellungs-Verordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 9240-1-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 4. Mai 2012 (BGBl. I S. 1037) geändert worden ist.

(4) Öffentliche Auftraggeber im Sinne dieses Gesetzes sind die nordrhein-westfälischen Auftraggeber im Sinne von § 99 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen.

(5) Dieses Gesetz gilt ab einem geschätzten Auftragswert von 25.000 Euro (ohne Umsatzsteuer). Für die Schätzung des Auftragswerts gilt § 3 der Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624), die durch Artikel 8 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745) geändert worden ist.

(6) Dieses Gesetz gilt nicht für öffentliche Aufträge von Sektoren- und Konzessionsauftraggebern im Sinne der §§ 100 und 101 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, für verteidigungs- und sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge im Sinne des § 104 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, für Konzessionen im Sinne des § 105 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, für öffentliche Aufträge im Sinne der §§ 107, 108, 109, 116 und 117 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Satz 1 gilt nicht für öffentliche Aufträge im Sinne von § 102 Absatz 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, soweit diese von § 1 Absatz 3 erfasst sind.

(7) Das Gesetz gilt nicht für öffentliche Aufträge, die im Namen oder im Auftrag des Bundes ausgeführt werden.

(8) Sollen öffentliche Aufträge gemeinsam mit Auftraggebern aus anderen Ländern oder aus Nachbarstaaten der Bundesrepublik Deutschland vergeben werden, soll mit diesen eine Einigung über die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes angestrebt werden. Kommt keine Einigung zustande, kann von den Bestimmungen dieses Gesetzes abgewichen werden.

§ 2 Tariftreuepflicht, Mindestlohn

(1) Bei öffentlichen Aufträgen für Leistungen, deren Erbringung dem Geltungsbereich

  1. eines nach dem Tarifvertragsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1323) in der jeweils geltenden Fassung für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrages,
  2. eines nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 799) in der jeweils geltenden Fassung für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrages oder
  3. einer nach den §§ 7, 7a oder 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158) in der jeweils geltenden Fassung erlassenen Rechtsverordnung unterfällt,

muss das beauftragte Unternehmen bei der Ausführung des Auftrags wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts gewähren, die in dem Tarifvertrag oder der Rechtsverordnung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Bei öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 1 Absatz 3 Satz 1 im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs auf Straße und Schiene muss das beauftragte Unternehmen seinen Beschäftigten (ohne Auszubildende) bei der Ausführung des Auftrags wenigstens das in Nordrhein-Westfalen für diese Leistung in einem einschlägigen und repräsentativen mit einer tariffähigen Gewerkschaft vereinbarten Tarifvertrag vorgesehene Entgelt nach den tarifvertraglich festgelegten Modalitäten zahlen und während der Ausführungslaufzeit Änderungen nachvollziehen.

(3) Darüber hinaus muss bei allen anderen öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 1 Absatz 2 das beauftragte Unternehmen bei der Ausführung der Leistung wenigstens ein Entgelt zahlen, das den Vorgaben des Mindestlohngesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348) in der jeweils geltenden Fassung entspricht. Satz 1 gilt nur, sofern die ausgeschriebene Leistung im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erbracht wird.

(4) Die in Absatz 1 bis 3 auferlegten Pflichten gelten entsprechend für sämtliche Nachunternehmen des beauftragten Unternehmens. Das beauftragte Unternehmen stellt sicher, dass die Nachunternehmen die in Absatz 1 bis 3 auferlegten Pflichten ebenfalls einhalten.

(5) Öffentliche Auftraggeber sind berechtigt, Kontrollen durchzuführen, um die Einhaltung der in Absatz 1 bis 4 auferlegten Pflichten zu überprüfen.

(6) Öffentliche Auftraggeber müssen Vertragsbedingungen verwenden,

  1. durch die die beauftragten Unternehmen verpflichtet sind, die in den Absatz 1 bis 4 genannten Vorgaben einzuhalten,
  2. die dem öffentlichen Auftraggeber ein Recht zur Kontrolle und Prüfung der Einhaltung der Vorgaben einräumen und dessen Umfang regeln und
  3. die dem öffentlichen Auftraggeber ein vertragliches außerordentliches Kündigungsrecht sowie eine Vertragsstrafe für den Fall der Verletzung der in Absatz 1 bis 4 genannten Pflichten einräumen.

(7) Bei öffentlichen Aufträgen im Sinne von § 1 Absatz 3 sind die gemäß § 3 von dem für Arbeit zuständigen Ministerium für repräsentativ erklärten Tarifverträge sowie die Vertragsbedingungen vom öffentlichen Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen des öffentlichen Auftrags aufzuführen.

(8) Erfüllt die Vergabe eines öffentlichen Auftrages die Voraussetzungen von mehr als einer der in Absatz 1 bis 3 getroffenen Regelungen, so gilt die für die Beschäftigten jeweils günstigste Regelung.

§ 3 Rechtsverordnungen

(1) Das für Arbeit zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung festzustellen, welcher Tarifvertrag oder welche Tarifverträge im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs gemäß § 1 Absatz 3 repräsentativ im Sinne von § 2 Absatz 2 sind.

(2) Bei der Feststellung der Repräsentativität eines oder mehrerer Tarifverträge nach § 3 Absatz 1 ist auf die Bedeutung des oder der Tarifverträge für die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer abzustellen. Hierbei kann insbesondere auf

  1. die Zahl der von den jeweils tarifgebundenen Arbeitgebern unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Beschäftigten oder
  2. die Zahl der jeweils unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Mitglieder der Gewerkschaft, die den Tarifvertrag geschlossen hat,

Bezug genommen werden. Das für Arbeit zuständige Ministerium errichtet einen beratenden Ausschuss für die Feststellung der Repräsentativität der Tarifverträge. Es bestellt für die Dauer von vier Jahren je drei Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbänden im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs auf deren Vorschlag als Mitglieder. Die Beratungen koordiniert und leitet eine von dem für Arbeit zuständigen Ministerium beauftragte Person, die kein Stimmrecht hat. Der Ausschuss gibt eine schriftlich begründete Empfehlung ab. Kommt ein mehrheitlicher Beschluss über eine Empfehlung nicht zustande, ist dies unter ausführlicher Darstellung der unterschiedlichen Positionen schriftlich mitzuteilen. Das für Arbeit zuständige Ministerium wird ermächtigt, das Nähere zur Bestellung des Ausschusses, zu Beratungsverfahren und Beschlussfassung, zur Geschäftsordnung und zur Vertretung und Entschädigung der Mitglieder durch Rechtsverordnung zu regeln.

§ 4 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

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