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Regelwerk

Änderungstext

Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und des Berliner Datenschutzgesetzes

Vom 30. November 2007
(GVBl. Nr. 32 vom 12.12.2007 S. 598)



Das Abgeordnetenhaus hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel I
Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes

Das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz in der Fassung vom 11. Oktober 2006 (GVBl. S. 930), geändert durch § 10 des Gesetzes vom 14. November 2006 (GVBl. S. 1045), wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a) Nach § 19 wird folgende Angabe eingefügt:

" § 19a Videoüberwachung zur Eigensicherung".

b) Nach § 21 wird folgende Angabe eingefügt:

" § 21a Medizinische und molekulargenetische Untersuchungen".

c) Nach § 24a wird folgende Angabe eingefügt:

" § 24b Datenerhebung in öffentlichen Verkehrseinrichtungen".

d) Nach § 25 wird folgende Angabe eingefügt:

" § 25a Standortermittlung bei Telekommunikationsendgeräten".

e) Die Angabe zu § 70 wird wie folgt gefasst:

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  § 70 Änderung von Rechtsvorschriften" § 70 Evaluation".

2. In § 9 Abs. 2 Halbsatz 1 werden die Worte "Senatsverwaltung für Inneres" durch die Worte "für Inneres zuständige Senatsverwaltung" ersetzt.

3. In § 17 Abs. 3 Nr. 2 wird die Angabe "180b Abs. 2 und § 224" durch die Angabe "224, 232 Abs. 1, §§ 233 und 233a Abs. 2" ersetzt.

4. Es wird folgender § 19a eingefügt:

" § 19a Videoüberwachung zur Eigensicherung

(1) Die Polizei kann bei Personen- oder Fahrzeugkontrollen im öffentlichen Verkehrsraum Bildaufzeichnungen durch den Einsatz optischelektronischer Mittel in Fahrzeugen der Polizei anfertigen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten oder Dritter gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Dabei dürfen auch personenbezogene Daten über Dritte erhoben werden, soweit dies unvermeidbar ist, um die Maßnahme nach Satz 1 durchführen zu können.

(2) Der Einsatz der optischelektronischen Mittel ist durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen oder der betroffenen Person mitzuteilen, wenn er nicht offenkundig ist.

(3) Die Bildaufzeichnungen sind unverzüglich, spätestens aber am Tage nach dem Anfertigen zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden.

(4) § 42 Abs. 4 bleibt unberührt."

5. In § 21 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 werden die Worte "Senatsverwaltung für Inneres" durch die Worte "für Inneres zuständigen Senatsverwaltung" ersetzt.

6. Es wird folgender § 21a eingefügt:

" § 21a Medizinische und molekulargenetische Untersuchungen

(1) Die Polizei kann medizinische Untersuchungen anordnen, wenn eine nach § 21 zulässige Identitätsfeststellung einer Person, die

  1. verstorben ist oder
  2. sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sich sonst in hilfloser Lage befindet,

auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist. § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozessordnung gilt entsprechend.

(2) An dem durch Maßnahmen nach Absatz 1 erlangten Material sowie am aufgefundenen Spurenmaterial von Vermissten dürfen zum Zwecke der Identitätsfeststellung molekulargenetische Untersuchungen durchgeführt sowie die gewonnenen DNA-Identifizierungsmuster in einer Datei gespeichert werden. Die DNA-Identifizierungsmuster sind unverzüglich zu löschen, wenn der Zweck der Maßnahme nach Absatz 1 erreicht ist. § 81g Abs. 2 der Strafprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Molekulargenetische Untersuchungen bedürfen der richterlichen Anordnung. Zuständig ist das Amtsgericht Tiergarten. § 25 Abs. 5 Satz 14 dieses Gesetzes sowie § 81f Abs. 2 der Strafprozessordnung gelten entsprechend."

7. In § 24 wird folgender Absatz 4 angefügt:

"(4) Bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen, nicht dem Versammlungsgesetz unterliegenden Großveranstaltungen, die im Rahmen einer vom übrigen Straßenland sichtbar abgegrenzten Sondernutzung durchgeführt werden, dürfen Polizei und Rettungsdienstkräfte zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben die Bildaufnahmen verarbeiten, die von der Veranstalterin oder dem Veranstalter gemäß § 31b des Berliner Datenschutzgesetzes oder § 6b des Bundesdatenschutzgesetzes zur ordnungsgemäßen Durchführung der Veranstaltung gefertigt werden. Großveranstaltungen sind Veranstaltungen, die nach Art und Größe die Annahme rechtfertigen, dass erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstehen können."

8. Es wird folgender § 24b eingefügt:

" § 24b Datenerhebung in öffentlichen Verkehrseinrichtungen

(1) Zur Abwehr und zum Erkennen von Straftaten von erheblicher Bedeutung kann die Polizei in öffentlich zugänglichen Räumen des öffentlichen Personennahverkehrs personenbezogene Daten durch Anfertigung von Bildaufnahmen erheben und die Bilder zur Beobachtung übertragen und speichern, wenn sich aus einer nachvollziehbar dokumentierten Lagebeurteilung ein hinreichender Anlass für die Datenerhebung ergibt.

(2) § 24a Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend."

9. § 25 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 7 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 werden die Worte "zu unterrichten" durch die Worte "von dem Überwachungsvorgang zu benachrichtigen" ersetzt.

bb) In den Sätzen 2, 6 und 8 wird das Wort "Unterrichtung" jeweils durch das Wort "Benachrichtigung" ersetzt.

b) Es wird folgender Absatz 7a eingefügt:

"(7a) Nach Abschluss einer Maßnahme nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2, die keine Maßnahme nach Absatz 4 oder Absatz 4a darstellt, ist die betroffene Person von dem Überwachungsvorgang zu benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung des Maßnahmezwecks geschehen kann. Die Benachrichtigung ist dann nicht geboten, wenn keine Aufzeichnungen mit personenbezogenen Daten erstellt wurden. Wenn sich an den auslösenden Sachverhalt ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die betroffene Person anschließt, entscheidet die Staatsanwaltschaft über den Zeitpunkt der Benachrichtigung."

c) Absatz 9 wird wie folgt gefasst:

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 (9) Bild- und Tonaufzeichnungen, die mit einem selbsttätigen Aufzeichnungsgerät angefertigt wurden und ausschließlich Personen betreffen, gegen die sich die Datenerhebungen nicht richteten, sind unverzüglich zu vernichten, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden."(9) Bild- und Tonaufzeichnungen, die mit einem selbsttätigen Aufzeichnungsgerät angefertigt wurden und ausschließlich Personen betreffen, gegen die sich die Datenerhebungen nicht richteten, sind unverzüglich, sofern technisch möglich, automatisch zu vernichten, soweit sie nicht zur Strafverfolgung benötigt werden."

10. Es wird folgender § 25a eingefügt:

" § 25a Standortermittlung bei Telekommunikationsendgeräten

(1) Zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person können Polizei und Feuerwehr von jedem, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt (Diensteanbieter), Auskunft über den Standort eines Telekommunikationsendgerätes der gefährdeten Person verlangen, wenn die Ermittlung des Aufenthaltsortes einer vermissten, suizidgefährdeten oder einen Notruf auslösenden gefährdeten hilflosen Person auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Daten sind der Polizei und der Feuerwehr unverzüglich zu übermitteln. Dritten dürfen die Daten nur mit Zustimmung der betroffenen Person zugänglich gemacht werden. § 108 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 18. Februar 2007 (BGBl. I S. 106) geändert worden ist, bleibt unberührt.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 können Polizei und Feuerwehr technische Mittel einsetzen, um den Standort eines von der vermissten, suizidgefährdeten oder einen Notruf auslösenden gefährdeten hilflosen Person mitgeführten Telekommunikationsendgerätes zu ermitteln.

(3) Bei Maßnahmen nach Absatz 1 oder Absatz 2 dürfen personenbezogene Daten Dritter nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen unvermeidbar ist. Sämtliche nach Absatz 1 oder Absatz 2 erhobenen personenbezogenen Daten sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen.

(4) Maßnahmen nach Absatz 1 werden durch eine Beamtin oder einen Beamten des höheren Dienstes angeordnet. Erforderlichkeit und Zweck der Maßnahme sind durch die anordnende Beamtin oder den anordnenden Beamten zu dokumentieren.

(5) Für die Entschädigung der Diensteanbieter ist § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes entsprechend anzuwenden."

11. In § 26 Abs. 5 Satz 1 und § 27 Abs. 5 wird die Angabe " § 25 Abs. 7" jeweils durch die Angabe " § 25 Abs. 7a" ersetzt.

12. In § 44 Abs. 4 werden nach dem Wort "Polizeibehörden" die Worte "sowie an die zur Aufklärung oder Bekämpfung des internationalen Terrorismus zuständigen, im Antiterrordateigesetz vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3409) genannten Behörden, soweit dies zur Durchführung des genannten Gesetzes erforderlich ist," eingefügt.

13. In § 46 Abs. 4 Satz 2 wird das Wort "Datenschutzbeauftragte" durch die Worte "Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit" ersetzt.

14. In § 47 Abs. 1 Satz 1 werden vor den Worten "gegenwärtigen Gefahr" die Worte "durch Tatsachen belegten" eingefügt.

15. § 49 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 werden nach den Worten "Für jede" die Worte "bei der Polizei nach diesem Gesetz geführte" eingefügt.

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 werden die Worte "Senatsverwaltung für Inneres" durch die Worte "für Inneres zuständige Senatsverwaltung" ersetzt.

bb) In Satz 2 wird das Wort "Datenschutzbeauftragten" durch die Worte "Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit" ersetzt.

16. In § 50 Abs. 4 Satz 1, 2 und 3 wird das Wort "Datenschutzbeauftragten" jeweils durch die Worte "Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit" ersetzt.

17. § 68 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden die Worte "Senatsverwaltung für Inneres" durch die Worte "für Inneres zuständige Senatsverwaltung" ersetzt.

b) In Satz 2 werden die Worte "Senatsverwaltung für Inneres" durch die Worte "für Inneres zuständigen Senatsverwaltung" ersetzt.

18. § 70 wird wie folgt gefasst:

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  § 70 Änderung von Rechtsvorschriften" § 70 Evaluation

Über die nach den §§ 19a (Videoüberwachung zur Eigensicherung), 21a (Medizinische und molekulargenetische Untersuchungen), 24b (Datenerhebung in öffentlichen Verkehrseinrichtungen) sowie 25a (Standortermittlung bei Telekommunikationsendgeräten) vorgenommenen Maßnahmen ist ein Evaluationsbericht zu erstellen, der dem Abgeordnetenhaus von Berlin bis zum 31. Januar 2010 vorzulegen ist. Der Bericht soll Aufschluss über Art und Umfang sowie den Erfolg der jeweiligen Maßnahmen geben."

Artikel II
Änderung des Berliner Datenschutzgesetzes

Das Berliner Datenschutzgesetz in der Fassung vom 17. Dezember 1990 (GVBl. 1991 S. 16, 54), zuletzt geändert durch Artikel III des Gesetzes vom 11. Juli 2006 (GVBl. S. 819), wird wie folgt geändert:

1. § 6a Abs. 1 wird wie folgt gefasst:

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 (1) Personenbezogene Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen oder die die Gesundheit oder das Sexualleben betreffen, dürfen nur verarbeitet werden, wenn angemessene Garantien zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bestehen und eine besondere Rechtsvorschrift, die den Zweck der Verarbeitung bestimmt, dies erlaubt."(1) Personenbezogene Daten im Sinne des Artikels 8 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. EG Nr. L 281 S. 31) - EG-Datenschutzrichtlinie - dürfen nur verarbeitet werden, wenn angemessene Garantien zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bestehen und eine besondere Rechtsvorschrift, die den Zweck der Verarbeitung bestimmt, dies erlaubt."

2. In § 19a Abs. 1 Satz 6 wird die Angabe " § 19 Abs. 2 Nr. 8 bis 10" durch die Angabe " § 19 Abs. 2 Nr. 9 bis 11" ersetzt.

3. In § 31b wird folgender Absatz 3a eingefügt:

"(3a) Für Daten, die in öffentlich zugänglichen Räumen des öffentlichen Personennahverkehrs nach Absatz 1 erhoben oder nach Absatz 3 Satz 1 gespeichert werden, gilt anstelle von Absatz 3 Satz 2, dass

  1. sie für einen anderen Zweck nur verarbeitet werden dürfen, soweit dies zur Abwehr oder für die Verfolgung von Straftaten erforderlich ist, und
  2. für diesen Zweck ihre Übermittlung ausschließlich an den Polizeipräsidenten in Berlin und an die Strafverfolgungsbehörden zulässig ist.

Aufzeichnungen, deren Speicherung weder für die Abwehr noch für die Verfolgung von Straftaten erforderlich ist, sind spätestens nach 24 Stunden zu löschen. Dies ist durch ein mit dem Polizeipräsidenten in Berlin abzustimmendes Sicherheitskonzept zu gewährleisten."

Artikel III
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.