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Durchführungshinweise zum Pflegezeitgesetz (PflegeZG)
- Hessen -

26. Mai 2011
(StAnz. Nr. 24 vom 13.06.2011 S. 810)



I.

Mit Wirkung vom 1. Juli 2008 ist nach Art. 3 des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung - Pflege-Weiterentwicklungsgesetz - vom 28. Mai 2008 (BGBl. I S. 874) das Gesetz über die Pflegezeit (Pflegezeitgesetz - PflegeZG) in Kraft getreten.

Ziel des Gesetzes nach § 1 ist es, Beschäftigten die Möglichkeit zu eröffnen, pflegebedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen und damit die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern. Das PflegeZG sieht bei einem Pflegefall in der Familie gegenüber dem Arbeitgeber zwei verschiedene Ansprüche auf Freistellung von der Arbeitspflicht vor, nämlich die kurzzeitige Arbeitsverhinderung (§ 2 PflegeZG; siehe nachfolgender Abschnitt II Tz. 2) und die Pflegezeit (§ 3 PflegeZG; s. nachfolgender Abschnitt II. Tz. 3).

Gesetzesangaben ohne Zusatz bezeichnen die Paragrafen des PflegeZG.

Im Einvernehmen mit dem Hessischen Sozialministerium ergehen folgende verbindliche Hinweise:

II.

1. Persönlicher Geltungsbereich (§ 7 Abs. 1)

Der persönliche Geltungsbereich des PflegeZG erstreckt sich auf Beschäftigte. Als Beschäftigte im Sinne des PflegeZG gelten nach § 7 Abs. 1

Unter den Geltungsbereich fallen auch befristet und geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Abs. 1 SGB IV.

Zu den zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten zählen insbesondere Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten, Krankenpflegeschülerinnen und Krankenpflegeschüler sowie Volontärinnen und Volontäre.

Die arbeitsrechtlichen Regelungen des PflegeZG gelten nicht für Beamtinnen und Beamte, die sich für die Pflege eines Angehörigen freistellen lassen wollen (BT-Drs. 16/7439, S. 40).

2. Kurzzeitige Arbeitsverhinderung (§ 2)

Nach § 2 Abs. 1 haben Beschäftigte das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen.

2.1 Anspruchsvoraussetzungen

Der Anspruch auf Arbeitsbefreiung bis zu maximal zehn Arbeitstage besteht nur dann, wenn alle Voraussetzungen des § 2 erfüllt sind.

2.1.1 "Naher Angehöriger"

Bei dem Pflegebedürftigen muss es sich um einen nahen Angehörigen im Sinne des § 7 Abs. 3 handeln. Danach sind nahe Angehörige

Diese Aufzählung ist abschließend. Daher bestehen Ansprüche nach dem PflegeZG beispielsweise nicht für Nichten, Neffen, Onkel, Tanten und auch nicht für die Kinder der Partnerin oder des Partners in eheähnlicher Gemeinschaft.

2.1.2 "Pflegebedürftigkeit"

2.1.2.1 Pflegebedürftig im Sinne des PflegeZG sind Personen, die die Voraussetzungen nach den §§ 14, 15 SGB XI erfüllen (§ 7 Abs. 4 Satz 1).

Nach dieser Definition sind alle Personen pflegebedürftig, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen (§ 14 Abs. 1 SGB XI). Diese Voraussetzungen erfüllen Personen, bei denen mindestens Pflegestufe I festgestellt ist.

2.1.2.2 Pflegebedürftig i.S.v. § 2 (kurzzeitige Arbeitsverhinderung) sind auch Personen, die die Voraussetzungen nach den §§ 14, 15 SGB XI voraussichtlich erfüllen (§ 7 Abs. 4 Satz 2).

2.1.3 "Akute Pflegesituation"

Nach § 2 Abs. 1 muss eine akut aufgetretene Pflegesituation vorliegen. Der Eintritt der Pflegebedürftigkeit muss daher plötzlich, das heißt unerwartet beziehungsweise unvorhersehbar aufgetreten sein. Im Einzelfall kann aber auch eine akute Pflegesituation nach einem längeren Krankenhausaufenthalt eintreten.

2.1.4 "Erforderlichkeit"

Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung muss erforderlich sein, um sich über Pflegeangebote zu informieren und die entsprechenden organisatorischen Maßnahmen ergreifen zu können beziehungsweise selbst die pflegerische Versorgung sicherzustellen. An der Erforderlichkeit fehlt es, wenn eine bedarfsgerechte Pflege oder pflegerische Versorgung anderweitig organisiert oder sichergestellt werden kann. Des Weiteren ist die kurzzeitige Arbeitsbefreiung auch nur dann erforderlich, wenn die oder der Beschäftigte subjektiv gewillt und objektiv in der Lage ist, die Pflege des nahen Angehörigen zu organisieren beziehungsweise seine Versorgung sicherzustellen.

2.2 Beginn und Dauer der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung

Der Anspruch besteht nach § 2 Abs. 1 längstens für bis zu zehn Arbeitstage. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass die engen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 regelmäßig nur einmal je pflegebedürftigem Angehörigen vorliegen werden, so dass das Recht auf kurzzeitige Arbeitsverhinderung grundsätzlich auch nur einmal pro Pflegefall ausgeübt werden kann (BT-Drs. 16/7439, S. 91).

Eine Ankündigungsfrist hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Die Beschäftigten sind berechtigt, bei Eintritt der akuten Pflegesituation sofort der Arbeit fernzubleiben. Allerdings ist die Anzeigepflicht nach § 2 Abs. 2 zu beachten (Tz. 2.3).

Die Freistellung nach § 2 ist grundsätzlich zusammenhängend zu nehmen. Sollte bei demselben Angehörigen später noch einmal eine akute Pflegesituation auftreten, können die Beschäftigten verlangen, für die noch nicht in Anspruch genommenen (verbliebenen) Tage freigestellt zu werden.

2.3 Anzeigepflicht

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 sind Beschäftigte verpflichtet, dem Arbeitgeber ihre Verhinderung an der Arbeitsleistung und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Nach der Legaldefinition des Begriffs "unverzüglich" in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB hat die Mitteilung ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen. Das PflegeZG schreibt eine spezielle Form für die Mitteilung nicht vor. Sie kann daher mündlich, telefonisch, per Telefax, durch E-Mail und, sofern dies noch rechtzeitig möglich ist, auch per Post erfolgen.

2.4 Nachweispflicht

Auf Verlangen des Arbeitgebers ist eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen und die Erforderlichkeit der in § 2 Abs. 1 genannten Maßnahmen vorzulegen (§ 2 Abs. 2 Satz 2). Um das Vorliegen der Voraussetzungen einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung prüfen zu können, sollte im Regelfall ein entsprechender Nachweis verlangt werden. Es genügt die Vorlage einer einfachen ärztlichen Bescheinigung; einer Begründung durch die Ärztin oder den Arzt bedarf es nicht. Aus der Bescheinigung muss sich ergeben, dass der namentlich erwähnte nahe Angehörige (voraussichtlich) pflegebedürftig im Sinne des §§ 14, 15 SGB XI ist und die Organisation bedarfsgerechter Pflege oder die pflegerische Versorgung in der Zeit, für die die Arbeitsbefreiung in Anspruch genommen wird, notwendig ist.

2.5 Entgeltfortzahlungspflicht

2.5.1 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Nach § 2 Abs. 3 ist der Arbeitgeber zur Fortzahlung der Vergütung nur verpflichtet, soweit sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund einer Vereinbarung ergibt. Darunter fallen neben individual auch kollektivrechtliche Vereinbarungen, also insbesondere tarifvertragliche Regelungen (BT-Drs. 16/7439, S. 92). Im Landesbereich gibt es tarifvertragliche Regelungen für Arbeitsbefreiungen unter Fortzahlung des Entgelts. § 29 Abs. 1 Satz 1 Buchst. e TV-H sieht bei schwerer Erkrankung Dritter unter bestimmten Voraussetzungen eine bezahlte Freistellung im Kalenderjahr vor.

Eine darüber hinausgehende bezahlte Freistellung in "Pflegesituationen" ist tarifvertraglich ausgeschlossen. Sind die Voraussetzungen für die Entgeltfortzahlung nach den tarifvertraglichen Regelungen nicht erfüllt, sind die Beschäftigten zwar freizustellen, aber eine Entgeltfortzahlungspflicht besteht nicht.

2.5.2 Praktikantinnen/Praktikanten sowie Schülerinnen/Schüler

Für Praktikantinnen und Praktikanten, auf deren Rechtsverhältnis der TV-Prakt Anwendung findet, sowie Schülerinnen und Schüler in der Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, Entbindungspflege und Altenpflege gilt § 29 TV-H entsprechend (§ 8 Abs. 4 TVPrakt i.V.m. § 1 des Tarifvertrags über die vorläufige Weitergeltung der Regelungen für die Praktikantinnen/Praktikanten/ § 14 Abs. 3 TVA-H Pflege). Deshalb besteht für diesen Personenkreis nur unter den Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Satz 1 Buchst. e TV-H ein Anspruch auf bezahlte Freistellung. In allen sonstigen Fällen hat die Praktikantin oder der Praktikant beziehungsweise die Schülerin oder der Schüler zur Pflege eines nahen Angehörigen nur einen Anspruch auf Freistellung ohne Vergütungsanspruch (§ 2 Abs. 1 und 3).

2.5.3 Auszubildende

Auszubildenden ist die Vergütung für die Dauer von sechs Wochen zu zahlen, wenn sie aus einem sonstigen, in ihrer Person liegenden Grund unverschuldet verhindert sind, ihre Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis zu erfüllen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b BBiG). Die oder der Auszubildende hat demnach zum Einen einen unabdingbaren Anspruch (§ 25 BBiG). Zum Anderen stellen sich die Auszubildenden auch gegenüber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besser, weil der Vergütungsanspruch nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b BBiG für die Dauer von bis zu sechs Wochen besteht. Auszubildenden ist deshalb bei der kurzzeitigen Pflege eines nahen Angehörigen nach § 2 die Fortzahlung der Ausbildungsvergütung für alle Tage der Arbeitsverhinderung (maximal bis zu zehn Arbeitstage) zu gewähren.

2.6 Arbeitsrechtliche Auswirkungen

Die Inanspruchnahme der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 hat keine Auswirkungen auf den Erholungsurlaub und die Beschäftigungszeit.

Nach § 8 TVÜ-H kann bei übergeleiteten Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des BAT noch ein Bewährungs- oder Zeitaufstieg von Bedeutung sein. Die Inanspruchnahme der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 hat keinen Einfluss auf die Zeit eines Bewährungs- oder Zeitaufstiegs.

2.6.1 Stufenlaufzeit

Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. e TV-H sind Zeiten einer sonstigen Unterbrechung von insgesamt weniger als einem Monat im Kalenderjahr bei der Stufenlaufzeit unschädlich. Die Inanspruchnahme der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung für mehrere nahe Angehörige innerhalb eines Kalenderjahres kann deshalb im Hinblick auf die Monatsfrist ( "insgesamt") schädlich sein und wird dann gegebenenfalls nicht auf die Stufenlaufzeit angerechnet. Diese Auswirkung ist insbesondere bei weiteren hinzutretenden sonstigen Unterbrechungszeiten zu berücksichtigen.

2.6.2 Jahressonderzahlung

Nach § 20 Abs. 4 Satz 1 TV-H vermindert sich die Jahressonderzahlung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 TV-H haben. Die Inanspruchnahme der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung für mehrere nahe Angehörige innerhalb eines Kalenderjahres kann deshalb unter Umständen schädlich sein und wirkt sich gegebenenfalls mindernd auf die Jahressonderzahlung aus.

2.7 Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

Das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis besteht im Fall einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 fort; eine Meldepflicht des Arbeitgebers besteht aus diesem Grund nicht.

2.8 Auswirkungen auf das Altersteilzeitarbeitsverhältnis

Nach § 2 Abs. 3 ist der Arbeitgeber zur Fortzahlung der Vergütung nur verpflichtet, soweit sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund einer Vereinbarung ergibt (siehe Tz. 2.5.1). Eine darüber hinausgehende bezahlte Freistellung in "Pflegesituationen" ist tarifvertraglich ausgeschlossen.

In der Freistellungsphase des Blockmodells kommt im Hinblick auf das Ruhen der Pflicht zur Arbeitsleistung die Inanspruchnahme der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nicht in Betracht. In den übrigen Fällen (Teilzeitmodell, Arbeitsphase des Blockmodells) vermindern sich die Bezüge und die Aufstockungsleistungen (§§ 4, 5 TV ATZ) entsprechend.

3. Pflegezeit (§ 3)

Neben dem Anspruch auf kurzzeitige Arbeitsverhinderung (§ 2) gibt es nach § 3 Abs. 1 auch einen Anspruch auf Pflegezeit. Beschäftigte sind von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen (§ 3 Abs. 1 Satz 1).

3.1 Anspruchsvoraussetzungen

Der Anspruch auf Pflegezeit besteht nur dann, wenn alle Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 erfüllt sind.

3.1.1 "Pflegerdürftiger naher Angehöriger"

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 muss ein naher Angehöriger des Beschäftigten tatsächlich pflegebedürftig im Sinne des vorstehenden Tz. 2.1.2.1 sein. Zu dem Begriff des nahen Angehörigen siehe vorstehende Tz. 2.1.1.

Anders als bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 wird bei der Pflegezeit eine tatsächlich vorliegende Pflegebedürftigkeit vorausgesetzt; eine nur zu erwartende Pflegebedürftigkeit reicht hier nicht aus (§ 7 Abs. 4 Satz 2). Zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Pflegezeit muss daher mindestens die Pflegestufe 1 vorliegen.

3.1.2 "Tatsächliche Pflege"

Der Anspruch auf Pflegezeit besteht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 nur dann, wenn die oder der Beschäftigte einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegt. Mit Beginn der Pflegezeit ist daher in jedem Fall die tatsächliche Pflege des nahen Angehörigen durch die oder den Beschäftigten in eigener Person zwingende Voraussetzung. Dies setzt voraus, dass die oder der Beschäftigte tatsächlich gewillt und auch objektiv in der Lage ist, die Pflege des nahen Angehörigen zu übernehmen.

3.1.3 "Häusliche Umgebung"

Der Begriff "häusliche Umgebung" umfasst nicht nur die Pflege des Angehörigen in dessen eigenem Haushalt, sondern auch die Pflege im Haushalt der oder des Beschäftigten. Es muss sich aber in jedem Fall um eine "häusliche Umgebung" handeln. Der Begriff "häuslich" ist so vom Begriff "stationär" abzugrenzen. Im Übrigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass bei jeder Wohn- und Aufenthaltsform außerhalb von Pflegeheimen nach § 71 Abs. 2 SGB XI die Voraussetzungen des Haushalts erfüllt sind. Eine häusliche Pflege kann auch dann vorliegen, wenn der Pflegebedürftige in einem Altenwohnheim oder einer Altenwohnung lebt, und zwar unabhängig davon, ob der Pflegebedürftige die Haushaltsführung eigenverantwortlich regelt oder nicht, solange es sich bei den Wohnheimen nicht um eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI handelt. Das Gleiche kann gelten, wenn der Pflegebedürftige in einem Wohnheim für behinderte Menschen oder einer sonstigen Behinderteneinrichtung lebt (BSG, Urteil vom 29. April 1999 - B 3 P 11/98 R, USK 9949). Es kommt auf das Bestehen eines individuellen Wohnumfeldes an. Erforderlich ist jeweils das Vorhandensein eines Haushalts und die Möglichkeit, diesen Haushalt selbst, das heißt auch durch Pflege- oder Betreuungspersonen, aber ohne vollständige Eingliederung in einen Heimbetrieb, zu führen.

3.2 Inanspruchnahme der teilweisen Freistellung (Teilzeit während der Pflegezeit)

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 besteht für Beschäftigte, die nahe Angehörige in häuslicher Umgebung pflegen wollen, auch die Möglichkeit, eine nur teilweise Freistellung von der Arbeit in Anspruch zu nehmen. § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 gibt den Beschäftigten also unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung während der Pflegezeit.

3.2.1 Verteilung der Arbeitszeit

Wenn die Beschäftigten die teilweise Freistellung in Anspruch nehmen wollen, muss auch gleichzeitig die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angegeben werden (§ 3 Abs. 3 Satz 2).

3.2.2 Umfang des Anspruchs

Bei Inanspruchnahme der teilweisen Freistellung müssen Arbeitgeber und Beschäftigte über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit eine schriftliche Vereinbarung treffen (§ 3 Abs. 4 Satz 1). Hierbei hat der Arbeitgeber den Wünschen der Beschäftigten zu entsprechen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe entgegenstehen (§ 3 Abs. 4 Satz 2). Es besteht also ein Rechtsanspruch der Beschäftigten, die eine teilweise Freistellung von der Arbeit im Rahmen von Pflegezeit verlangen, hinsichtlich der Verringerung und der Verteilung der Arbeitszeit.

3.2.3 Entgegenstehende dringende betriebliche Gründe

Der Arbeitgeber darf den Antrag der Beschäftigten auf Verringerung und eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit nur ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "betriebliche Gründe" kann auf die vergleichbare Vorschrift des § 8 Abs. 4 TzBfG zurückgegriffen werden. Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG liegen betriebliche Gründe insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Es kommt darauf an, ob das Gewicht der einer gewünschten Änderung der Arbeitszeit entgegenstehenden betrieblichen Gründe so erheblich ist, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches der Beschäftigten zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsablaufs, der Sicherung des Betriebs oder zu einer unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Belastung führen würde (BAG, Urteil vom 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02, NZA 2003, 1392). "Normale" betriebliche Beeinträchtigungen, die stets mit einer Verringerung oder anderweitigen Verteilung der Arbeitszeit einhergehen, sind vom Arbeitgeber hinzunehmen. Erst wenn dem Arbeitgeber besondere oder außergewöhnliche Belastungen oder Beeinträchtigungen abverlangt werden, muss das Interesse der Beschäftigten an der Verringerung der Arbeitszeit hinter den betrieblichen Interessen zurückstehen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 19. April 2002 - 9 (12) Sa 11/02, EzA SD 2002, Nr. 6, 9-11; LAG Köln, Urteil vom 9. April 2003 - 3 Sa 975/02, LAG-Report 2003, 293).

Die betrieblichen Gründe müssen darüber hinaus "dringend" sein. Dringend sind solche Gründe dann, wenn die Verringerung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Belange führt. Dem Arbeitgeber werden also weitgehende Maßnahmen der Umorganisation beziehungsweise der Beschaffung einer Vertretungskraft abverlangt. Entsprechendes gilt für die von den Beschäftigten gewünschte Verteilung und Lage der Arbeitszeit. Für das Entgegenstehen dringender betrieblicher Gründe gegen die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit trägt der Arbeitgeber die Beweislast.

Soweit eine Ablehnung eines Teilzeitantrags nach dem PflegeZG gleichzeitig die Ablehnung eines Teilzeitantrags nach § 13 Abs. 2 HGlG oder nach § 85a Abs. 4 HBG darstellt, sind die Beteiligungsrechte des Personalrats nach § 77 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f HPVG zu beachten. Zwar ist die Ablehnung eines solchen Antrags auf Teilzeitbeschäftigung nach dem PflegeZG selbst nicht mitbestimmungspflichtig, da dieser Fall in § 77 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f HPVG nicht aufgeführt ist. Die Ablehnung eines Teilzeitantrags nach dem PflegeZG wird jedoch im Regelfall eine weitere Prüfung von Freistellungsmöglichkeiten nach § 13 Abs. 2 HGlG und § 5a Abs. 4 HBG erfordern, bei denen die Ablehnung von Anträgen die Mitbestimmungspflicht nach § 77 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f HPVG zur Folge hat.

3.3 Ankündigung

3.3.1 Form

Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 müssen die Beschäftigten die Inanspruchnahme der Pflegezeit spätestens zehn Arbeitstage vor Beginn schriftlich ankündigen und erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung von der Arbeitsleistung erfolgen soll.

Wenn die Beschäftigten die teilweise Freistellung (= Teilzeitbeschäftigung) in Anspruch nehmen wollen, müssen diese nach § 3 Abs. 3 Satz 2 auch gleichzeitig die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.

3.3.2 Frist

Die Ankündigung der Pflegezeit hat nach § 3 Abs. 3 Satz 1 spätestens zehn Arbeitstage vor ihrem Beginn zu erfolgen. Bei der Pflegezeit handelt es sich - wie bei der Elternzeit auch - um einen zwingenden Rechtsanspruch der Beschäftigten auf Freistellung. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, die Pflegezeit aus dringenden betrieblichen Gründen abzulehnen. Etwas anderes gilt nur für den Anspruch auf Teilzeit während der Pflegezeit nach § 3 Abs. 4 Satz 2 (siehe Tz. 3.2.3).

3.4 Nachweispflicht

3.4.1 Inhalt und Umfang

Die Beschäftigten haben die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen durch Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nachzuweisen; auch von privat Pflegeversicherten ist ein entsprechender Nachweis zu erbringen (§ 3 Abs. 2). Dieser Nachweis ist erbracht, wenn sich aus der Bescheinigung die Pflegebedürftigkeit im Sinne des §§ 14, 15 SGB XI ergibt und die Stufe der Pflegebedürftigkeit angegeben ist. Damit geht die Nachweispflicht bei der Inanspruchnahme von Pflegezeit deutlich weiter als bei der nur kurzzeitigen Arbeitsverhinderung.

3.4.2 Frist

Aus dem Gesetz selbst ergibt sich keine Frist, innerhalb derer der Nachweis von den Beschäftigten zu erbringen ist. Gleichwohl ist der Arbeitgeber berechtigt, den Beschäftigten eine angemessene Frist für die Vorlage der Bescheinigung zu setzen.

3.4.3 Verletzung der Nachweispflicht

Die Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse beziehungsweise des MDK ist keine Anspruchsvoraussetzung. Bei eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, deren Verletzung arbeitsrechtliche Konsequenzen auslösen kann. Außerdem ist zu beachten, dass die Pflegebedürftigkeit selbst aber - unabhängig vom Nachweis - tatsächlich bestehen muss. Sofern Beschäftigte Pflegezeit beantragen, ohne dass bereits eine Pflegestufe von den Pflegekassen festgestellt wurde, tragen sie das Risiko, dass im Falle der späteren Nichtfeststellung der Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14, 15 SGB XI bei einem nahen Angehörigen kein Anspruch auf Freistellung nach § 3 besteht.

3.5 Beginn der Pflegezeit

Die Pflegezeit beginnt zu dem von den Beschäftigten gewünschten Termin; die zehntägige Ankündigungsfrist nach § 3 Abs. 3 Satz 1 ist zu beachten.

Im Falle der nur teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung beginnt die Pflegezeit - die Einhaltung der zehntägigen Ankündigungsfrist vorausgesetzt - frühestens zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Vereinbarung zwischen der oder dem Beschäftigten und dem Arbeitgeber über die teilweise Arbeitsbefreiung abgeschlossen ist.

3.6 Dauer, Verlängerung und Beendigung der Pflegezeit (§ 4)

3.6.1 Dauer und Verlängerung

Die Pflegezeit beträgt für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen längstens sechs Monate (§ 4 Abs. 1 Satz 1). Sie kann für jeden pflegebedürftigen Angehörigen nur einmal pro Berufsleben in Anspruch genommen werden. Die Pflegezeit ist an einem Stück zu nehmen, das heißt es ist nicht möglich, sie auf verschiedene Zeitabschnitte aufzuteilen (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 31. März 2010 - 20 Sa 87/09).

Die Pflegezeit kann aber auch für einen kürzeren Zeitraum als sechs Monate in Anspruch genommen werden. Eine bereits in Anspruch genommene kürzere Pflegezeit kann bis zur Höchstdauer verlängert werden, grundsätzlich jedoch nur dann, wenn der Arbeitgeber zustimmt (§ 4 Abs. 1 Satz 2). Der Arbeitgeber hat über den Antrag auf Verlängerung der Pflegezeit nach billigem Ermessen zu entscheiden. Er muss die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der Pflegezeit also unter Abwägung der betrieblichen Belange und der Interessen der Beschäftigten treffen. Erforderlich ist nur eine einfache Interessenabwägung; auf das Vorliegen entgegenstehender "dringender betrieblicher Gründe" kommt es - anders als bei der Ablehnung eines Teilzeitverlangens nach § 3 Abs. 4 (siehe Tz. 3.2.3) - hier nicht an. Nur dann, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht mehr erfolgen kann, haben die Beschäftigten einen Anspruch auf Verlängerung bis zur Höchstdauer (§ 4 Abs. 1 Satz 3). Ein solcher wichtiger Grund liegt zum Beispiel vor, wenn die Person, die die Pflege des pflegebedürftigen Angehörigen übernehmen sollte, selbst schwer erkrankt (BT-Drs. 16/7439, S. 92) oder wenn die Aufnahme in eine stationäre Pflegeeinrichtung aus wichtigen Gründen scheitert.

3.6.2 Beendigung

3.6.2.1 Regelfall

Die Pflegezeit endet grundsätzlich zu dem Zeitpunkt, bis zu dem die Beschäftigten Pflegezeit beantragt haben, spätestens aber nach sechs Monaten.

3.6.2.2 Vorzeitige Beendigung

Wenn der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar ist, endet die Pflegezeit nach § 4 Abs. 2 Satz 1 vier Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände. Der Eintritt der Unmöglichkeit der Pflege durch die Beschäftigten liegt zum Beispiel vor, wenn der nahe Angehörige vor Ablauf der Pflegezeit verstirbt oder in eine stationäre Pflegeeinrichtung aufgenommen werden muss. Unzumutbarkeit kann zum Beispiel angenommen werden, wenn aufgrund unvorhergesehener persönlicher Umstände die Finanzierung , der Pflegezeit nicht mehr gesichert und die Beschäftigten auf die regelmäßige Arbeitsvergütung angewiesen sind (BTDrs. 16/7439, S. 93). Entsprechendes gilt, wenn die Beschäftigten aufgrund des eigenen Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage sind, die Pflege des Angehörigen zu übernehmen.

Im Übrigen kann die Pflegezeit nur vorzeitig beendet werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt (§ 4 Abs. 2 Satz 3).

3.6.2.3 Unterrichtungspflicht

Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 sind die Beschäftigten verpflichtet, den Arbeitgebern unverzüglich über die veränderten Umstände zu unterrichten. Im Falle des Eintritts veränderter Umstände endet die Pflegezeit vier Wochen nach Entstehen dieser Umstände. Die Beschäftigten können sich schadensersatzpflichtig machen, wenn sie die Unterrichtungspflicht schuldhaft verletzen. Außerdem liegt darin die Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, die zur Abmahnung berechtigen kann.

4. Arbeitsrechtliche Auswirkungen

4.1 Vollständige Freistellung

4.1.1 Freistellung ohne Entgeltfortzahlung

Sofern die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 (Tz. 3.1) erfüllt sind, haben die Beschäftigten einen Rechtsanspruch auf die Gewährung von Pflegezeit. Bei vollständiger Freistellung von der Arbeit ruht das Arbeitsverhältnis - ebenso wie bei der Inanspruchnahme von Elternzeit (vergleiche BAG, Urteil vom 10. Februar 1993 -10 AZR 450/91, NZA 1993, 801) - für die Dauer der Pflegezeit. Die Zustimmung des Arbeitgebers ist nicht erforderlich. Die vollständige Freistellung erfolgt ohne Entgeltfortzahlung.

4.1.2 Stufenlaufzeit

Die Pflegezeit wird auf die Stufenlaufzeit nach § 16 Abs. 3 i. V. m. § 17 Abs. 3 Satz 2 TV-H grundsätzlich nicht angerechnet.

4.1.3 Bewährungs- und Zeitaufstiege

Nach § 8 TVÜ-H kann bei übergeleiteten Beschäftigten unter Umständen noch ein Bewährungs- oder Tätigkeitsaufstieg von Bedeutung sein. Dabei wird der Zeitraum der Pflegezeit bei der Berechnung von Bewährungs- und Zeitaufstiegen (§§ 23a, 23b BAT/Nr. 5 Abschn. B der Vorbemerkungen zu allen Lohngruppen des Lohngruppenverzeichnisses der Länder zum MTArb) berücksichtigt.

4.1.4 Beschäftigungszeit

Die Pflegezeit ist auf die Beschäftigungszeit nach § 34 Abs. 3 TV-H beziehungsweise nach § 14 TVU-H anzurechnen.

4.1.5 Jahressonderzahlung

Die Jahressonderzahlung vermindert sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, für den die Beschäftigten aufgrund der Inanspruchnahme der Pflegezeit kein Entgelt erhalten haben (§ 20 Abs. 4 Satz 1 TV-H).

4.1.6 Erholungsurlaub

Hinsichtlich der Auswirkungen auf den Anspruch der oder des Beschäftigten auf Erholungsurlaub ist zu differenzieren. Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist ausschließlich in den Fällen des § 5 Abs. 1 BUrlG zu zwölfteln (Nichterfüllung der Wartezeit, Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte). Diese Regelung über den Teilurlaub ist abschließend. In anderen Fällen kommt eine Zwölftelung nicht in Betracht, weil dadurch der unabdingbare Anspruch auf Vollurlaub nach § 3 BUrlG betroffen wäre. Das PflegeZG enthält, anders als das BEEG, keine gesetzliche Regelung zur Urlaubskürzung. Daher kann der Mindesturlaub von 20 Werktagen pro Kalenderjahr (ausgehend von fünf Arbeitstagen in der Woche) nicht um die Zeiten der Inanspruchnahme der Pflegezeit gekürzt werden.

Etwas anderes gilt für den tariflichen Urlaubsanspruch nach § 26 TV-H beziehungsweise § 15 Abs. 5 TVÜ-H. Dieser vermindert sich nach § 26 Abs. 2 Buchst. c TV-H für jeden vollen Kalendermonat des Rubens des Arbeitsverhältnisses um ein Zwölftel. Bei der Inanspruchnahme der Pflegezeit ist daher der tarifliche Urlaubsanspruch für jeden vollen Kalendermonat der Pflegezeit um ein Zwölftel zu kürzen. Er darf jedoch den vollen gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen bei einer Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Tage in der Woche nicht unterschreiten. Es ist daher wie beim Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte eine Vergleichsberechnung durchzuführen.

4.1.7 Betriebliche Altersversorgung

Die Pflichtversicherung besteht fort. Ruht das Arbeitsverhältnis infolge einer vollständigen Freistellung von der Arbeitsleistung, werden in dieser Zeit grundsätzlich keine Versorgungspunkte erzielt.

4.1.8 Auswirkungen auf das Altersteilzeitarbeitsverhältnis

Während der vollständigen Freistellung von der Arbeitsleistung ruht das Altersteilzeitarbeitsverhältnis. Bei Beschäftigten, die Altersteilzeit im Blockmodell leisten, verlängert sich die Arbeitsphase um die Hälfte der Pflegezeit; im gleichen Umfang verkürzt sich die Freistellungsphase.

Erfolgt die Freistellung von der Arbeitsleistung unter Inanspruchnahme eines Wertguthabens im Sinne des § 7 Abs. 1 a SGB IV, liegt eine Freistellung nach § 3 nicht vor.

4.2 Teilweise Freistellung

4.2.1 Entgelt

Teilzeitbeschäftigte erhalten, soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, das Tabellenentgelt (§ 15 TV-H) und alle sonstigen Entgeltbestandteile in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht (§ 24 Abs. 2 TV-H). Das Entgelt wird also zeitanteilig bemessen, das heißt es verringert sich grundsätzlich im gleichen Verhältnis wie die individuell vereinbarte Arbeitszeit reduziert wird. Die Berechnung des Entgelts erfolgt nach den gleichen Grundsätzen wie bei Vollzeitbeschäftigten.

Leistungen, deren Bemessungsgrundlage die Dauer der Arbeitszeit ist, sind daher regelmäßig entsprechend der verringerten Arbeitsleistung anteilig zu kürzen. Sofern die Dauer der Arbeitszeit für die Leistungsbemessung ohne Bedeutung ist, müssen den Teilzeitbeschäftigten die Leistungen in der gleichen Höhe wie den Vollzeitbeschäftigten gewährt werden, zum Beispiel Reisekosten oder Jubiläumsgeld.

4.2.2 Stufenlauf- und Beschäftigungszeit sowie Bewährungs- und Zeitaufstiege

Die Inanspruchnahme der teilweisen Freistellung wirkt sich weder nach § 16 Abs. 3 TV-H auf die Stufenlaufzeit noch auf die Beschäftigungszeit nach § 34 Abs. 3 TV-H aus.

Nach § 8 TVÜ-H kann bei übergeleiteten Beschäftigten übergangsweise noch ein Bewährungs- oder Tätigkeitsaufstieg von Bedeutung sein. Die Inanspruchnahme der teilweisen Freistellung hat dabei keinen Einfluss auf die Zeit eines Bewährungs- oder Tätigkeitsaufstieges.

4.2.3 Jahressonderzahlung

Die Beschäftigten erhalten, bei Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen, die Jahressonderzahlung nach § 20 TV-H. Bemessungsgrundlage für die Höhe der Jahressonderzahlung ist grundsätzlich das monatliche Entgelt, das den Beschäftigten in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlt wird (§ 20 Abs. 3 Satz 1 TV-H).

Vermindert sich die wöchentliche Arbeitszeit in den Monaten Juli, August und/oder September aufgrund der Inanspruchnahme der teilweisen Freistellung, wirkt sich dies entsprechend mindernd auf die Höhe der Jahressonderzahlung aus.

4.2.4 Erholungsurlaub

Die Dauer des zustehenden jährlichen Erholungsurlaubes ist nicht von der Dauer der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit, sondern von der Lage und Verteilung der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit und somit von der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage abhängig. Soweit bei Teilzeitbeschäftigten die wöchentlichen Arbeitstage von der 5-Tage-Woche nach unten abweichen, verringert sich die Zahl der Urlaubstage entsprechend.

4.2.5 Betriebliche Altersversorgung

Während der teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung werden die Versorgungspunkte aus dem während der Teilzeitbeschäftigung erzielten zusatzversorgungspflichtigen Entgelt berücksichtigt.

4.2.6 Auswirkungen auf das Altersteilzeitarbeitsverhältnis Während der teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung vermindern sich die Bezüge und die Aufstockungsleistungen (§§ 4, 5 TV ATZ) entsprechend. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis auch weiterhin um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des SGB III handeln muss; das heißt, eine geringfügige Beschäftigung i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB IV darf nicht vorliegen. Bei Beschäftigten, die Altersteilzeitarbeit im Blockmodell leisten, verschiebt sich der Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase entsprechend nach hinten.

Erfolgt die teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung unter Inanspruchnahme eines Wertguthabens im Sinne des § 7 Abs. 1 a SGB IV, liegt eine Freistellung nach § 3 nicht vor.

4.3 Auswirkungen auf das Berufsausbildungsverhältnis

Auszubildende sind den Beschäftigten gleichgestellt (§ 7 Abs. 1 Nr. 2). Es ist jedoch zu beachten, dass die Pflegezeit auf die Berufsausbildungszeiten nicht angerechnet wird (§ 4 Abs. 1 Satz 4). Daher verlängert sich das Ausbildungsverhältnis um die Dauer der in Anspruch genommenen Pflegezeit (BT-Drs. 16/7439, S. 92).

5. Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

5.1 Vollständige Freistellung

5.1.1 Arbeitslosenversicherung

Die Pflegezeit wird als Versicherungszeit angerechnet, wenn die oder der Beschäftigte unmittelbar vor der Pflegezeit versicherungspflichtig war (§ 26 Abs. 2 b SGB III). In diesen Fällen kommt die Pflegekasse für den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung auf.

Ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag können Personen unter gewissen Voraussetzungen begründen, die als Pflegeperson einen der Pflegestufe I bis III im Sinne des SGB XI zugeordneten Angehörigen, der Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach dem SGB XI oder Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII oder gleichartige Leistungen nach anderen Vorschriften bezieht, wenigstens 14 Stunden wöchentlich pflegen (§ 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III).

Über die Auswirkungen der Inanspruchnahme der Pflegezeit auf die Arbeitslosenversicherung haben die Beschäftigten sich selbst zu informieren. Die Beschäftigten sind daher an die für sie zuständige Krankenkasse und an die zuständige Arbeitsagentur zu verweisen.

5.1.2 Kranken- und Pflegeversicherung

Bei der vollständigen Inanspruchnahme der Pflegezeit endet die bisher bestehende Versicherungspflicht mit Ablauf des letzten Arbeitstages vor der Inanspruchnahme der Pflegezeit.

Besteht eine Familienversicherung, bleibt auch der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz erhalten. Kommt eine Familienversicherung nach § 10 Abs. 1 SGB V nicht in Betracht, kann sich die oder der Beschäftigte in der Krankenversicherung nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V grundsätzlich freiwillig weiterversichern. Die oder der Beschäftigte ist dann automatisch auch in der Pflegeversicherung abgesichert. Werden die Voraussetzungen für eine freiwillige Versicherung nicht erfüllt, ist die oder der Beschäftigte versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge werden auf Antrag von der Pflegekasse des Pflegebedürftigen in Höhe der Mindestbeiträge erstattet, die von freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Personen zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung zu entrichten sind.

Über die Auswirkungen der Inanspruchnahme der Pflegezeit auf die Kranken- und Pflegeversicherung haben die Beschäftigten sich selbst zu informieren. Die Beschäftigten sind daher an die für sie zuständige Krankenkasse zu verweisen.

5.1.3 Rentenversicherung

Während der vollständigen Inanspruchnahme der Pflegezeit sind Pflegepersonen in der Rentenversicherung versicherungspflichtig, wenn sie einen nahen Angehörigen nicht erwerbsmäßig mindestens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Voraussetzung ist, dass der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder privaten Pflegeversicherung hat (§ 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI).

Liegen die Voraussetzungen nicht vor, werden keine Beiträge an den Rentenversicherungsträger abgeführt. Dies wirkt sich rentenmindernd aus. Es besteht jedoch nach § 7 SGB VI die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung.

Über die Auswirkungen der Inanspruchnahme der Pflegezeit auf die Rentenversicherung haben die Beschäftigten sich selbst zu informieren. Die Beschäftigten sind daher an die für sie zuständigen Rentenversicherungsträger zu verweisen.

5.2 Teilweise Freistellung

5.2.1 Arbeitslosenversicherung

Die Auswirkungen werden unter Tz 5.1.1 dargestellt.

5.2.2 Kranken- und Pflegeversicherung

Bei Beschäftigten, die aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht kranken- und pflegeversicherungspflichtig waren, tritt die Versicherungspflicht ein, wenn das wegen der teilweisen Inanspruchnahme von Pflegezeit ermäßigte Arbeitseinkommen die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht mehr übersteigt. Betroffene Pflegepersonen haben aber die Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Dafür ist ein entsprechender Antrag bei der gesetzlichen Krankenkasse zu stellen. Insoweit ist zu beachten, dass der Antrag innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Pflegezeit zu stellen ist. Die Befreiung gilt dabei nur für die Dauer der Pflegezeit (§ 8 SGB V).

Über die Auswirkungen der Inanspruchnahme der teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung auf die Kranken- und Pflegeversicherung haben die Beschäftigten sich selbst zu informieren. Die Beschäftigten sind daher an die für sie zuständige Krankenkasse zu verweisen.

5.2.3 Rentenversicherung

Die Auswirkungen werden unter Tz 5.1.3 dargestellt.

5.2.4 Besonderheiten bei "Mini-Jobs" und bei Midi-Jobs"

Sofern das reduzierte Entgelt bei Inanspruchnahme der teilweisen Pflegezeit die Geringfügigkeitsgrenze von monatlich 400,00 Euro nicht übersteigt (sog. "Mini-Job"; § 8 SGB IV), liegt eine versicherungsfreie Beschäftigung vor. Die Beschäftigten sind der Minijob-Zentrale zu melden.

Liegt das reduzierte Entgelt während der teilweisen Inanspruchnahme von Pflegezeit regelmäßig zwischen 400,01 Euro und 800,00 Euro (sogenannter "Midi-Job"; § 20 SGB IV), wird auch in den Fällen der Pflegezeit nach § 3 bei der Beitragsberechnung die "Gleitzonenregelung" berücksichtigt.

6. Kündigungsschutz

Der Arbeitgeber darf das Beschäftigungsverhältnis von der Ankündigung bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 oder der Pflegezeit nach § 3 nicht kündigen (§ 5 Abs. 1).

In besonderen Fällen kann eine Kündigung - wie auch bei dem besonderen Kündigungsschutz nach § 9 MuSchG und § 18 BEEG - von dem örtlich zuständigen Regierungspräsidium ausnahmsweise für zulässig erklärt werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1).

7. Einstellung einer Ersatzkraft

7.1 Befristung

Für die Dauer der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 oder der Pflegezeit nach § 3 kann für die oder den Beschäftigten eine Vertretungskraft eingestellt werden (§ 6 Abs. 1 Satz 1). § 6 gibt wie § 21 BEEG einen eigenständigen Befristungsgrund (Sachgrundbefristung). Die Befristung muss nicht die gesamte Zeit des Ausfalls der oder des Beschäftigten abdecken, sondern kann sich auch auf einen Teil dieser Zeit beziehen. Über die Dauer der Vertretung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 hinaus ist die Befristung auch für notwendige Zeiten einer Einarbeitung zulässig (§ 6 Abs. 1 Satz 2).

Die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrages muss kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein oder den in § 6 Abs. 1 genannten Zwecken zu entnehmen sein (§ 6 Abs. 2).

Soweit § 6 keine abweichenden Regelungen enthält, finden die Vorschriften des TzBfG Anwendung. Dies gilt insbesondere für die formellen Anforderungen, wie das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG.

7.2 Sonderkündigungsrecht

Das nach § 6 begründete befristete Arbeitsverhältnis kann unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden, wenn die Pflegezeit nach § 4 Abs. 2 Satz 1 vorzeitig endet (§ 6 Abs. 3 Satz 1). Das Kündigungsschutzgesetz ist in diesem Fall nicht anzuwenden (§ 6 Abs. 3 Satz 2), das heißt dass neben der Tatsache der vorzeitigen Rückkehr des Vertretenen kein besonderer Kündigungsgrund vorliegen muss.

8. Unabdingbarkeit

Nach § 8 kann von den Vorschriften des Gesetzes nicht zuungunsten der Beschäftigten abgewichen werden.

9. Weitere Ansprüche auf "Freistellung" zur Betreuung/Pflege Angehöriger

Neben den Ansprüchen auf Freistellung nach dem PflegeZG wird auf die bereits bestehenden gesetzlichen und tarifvertraglichen Ansprüche auf (teilweise) Freistellung (zum Beispiel § 13 Abs. 2 HGlG, § 85a Abs. 4 HBG, § 45 SGB V) beziehungsweise Beurlaubung (§ 28 TV-H) zur Betreuung/ Pflege Angehöriger hingewiesen.

III.

Der Erlass vom 4. November 2008 (StAnz. S. 2953) ist aufgehoben.

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