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SächsInklusG - Sächsisches Inklusionsgesetz
Gesetz zur Stärkung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen
- Sachsen -
Vom 2. Juli 2019
(SächsGVBl. Nr. 13 vom 19.07.2019 S. 542 Inkrafttreten)
Archiv Sächsisches Integrationsgesetz2004
Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Ziel des Gesetzes
(1) Ziel des Gesetzes ist es, in Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. II S. 1419, 1420) die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird ihren besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.
(2) Behörden des Freistaates Sachsen sowie die der Aufsicht des Freistaates Sachsen unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts müssen im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereiches die in Absatz 1 genannten Ziele aktiv fördern und bei der Planung von Maßnahmen beachten. Das Gleiche gilt für Einrichtungen, Vereinigungen und juristische Personen des Privatrechts, an denen die in Satz 1 genannten Stellen unmittelbar oder mittelbar ganz oder überwiegend beteiligt sind oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe stellen. Auf Gemeinden, Landkreise und Formen der kommunalen Zusammenarbeit nach dem Sächsischen Gesetz über kommunale Zusammenarbeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. April 2019 (SächsGVBl. S. 270), in der jeweils geltenden Fassung, sowie auf Schulen in Trägerschaft einer der vorgenannten Körperschaften und auf den Kommunalen Sozialverband Sachsen, den Kommunalen Versorgungsverband Sachsen und die Sächsische Anstalt für kommunale Datenverarbeitung findet dieses Gesetz keine Anwendung. Das Gleiche gilt für Einrichtungen, Vereinigungen und juristische Personen des Privatrechts, an denen die in Satz 3 genannten Stellen unmittelbar oder mittelbar ganz oder überwiegend beteiligt sind oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe stellen.
(3) Die in Absatz 2 Satz 3 genannten Körperschaften werden aufgefordert, im Rahmen der bestehenden Gesetze in eigener Verantwortung Regelungen zu treffen, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen.
§ 2 Behinderung
Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hindern können. Als langfristig gilt ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
§ 3 Barrierefreiheit
Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.
§ 4 Benachteiligungsverbot
(1) Niemand darf von einer der in § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Stellen wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(2) Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn Menschen mit Behinderungen ohne zwingenden Grund anders als Menschen ohne Behinderungen behandelt werden und dadurch in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden. Eine Benachteiligung liegt auch bei einer Belästigung im Sinne von § 3 Absatz 3 und 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 3. April 2013 (BGBl. I S. 610) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung vor, mit der Maßgabe, dass § 3 Absatz 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes nicht auf den Anwendungsbereich des § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes begrenzt ist. Bei einem Verstoß gegen eine Verpflichtung zur Herstellung von Barrierefreiheit wird das Vorliegen einer Benachteiligung vermutet.
(3) Die Versagung angemessener Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen ist eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes. Angemessene Vorkehrungen sind Maßnahmen, die im Einzelfall geeignet und erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Rechte genießen und ausüben können, und die die in § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Stellen nicht unverhältnismäßig oder unbillig belasten.
(4) In Bereichen bestehender Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne Behinderungen sollen die in § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Stellen geeignete Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Benachteiligungen ergreifen. Menschen mit Behinderungen sollen bei gleicher Eignung von den in § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Stellen bei der Personalauswahl bevorzugt berücksichtigt werden. Bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist den besonderen Belangen von Frauen mit Behinderungen Rechnung zu tragen.
§ 5 Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen
(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.
(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.
(3) Menschen mit einer Hörbehinderung (gehörlose, ertaubte und schwerhörige Menschen) und Menschen mit einer Sprachbehinderung haben nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden. Soweit sie sich nicht in Deutscher Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden verständigen, haben sie nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften das Recht, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.
Abschnitt 2
Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
§ 6 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen
(1) Menschen mit einer Hör- oder Sprachbehinderung haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 3 das Recht, mit den in § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Stellen zur Wahrnehmung eigener Rechte oder zur Wahrnehmung von Aufgaben im Rahmen der elterlichen Sorge nach § 1626 des Bürgerlichen Gesetzbuches im Verwaltungsverfahren sowie bei der Inanspruchnahme von Beratungsangeboten in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die in § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Stellen haben auf Verlangen der Berechtigten nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 3 im notwendigen Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscher oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen sicherzustellen und die notwendigen Aufwendungen zu tragen. Organisiert der Berechtigte die erforderliche Hilfe im Sinne des Satzes 2 selbst, hat er einen Anspruch auf Erstattung notwendiger Aufwendungen.
(2) Menschen mit einer Hör- oder Sprachbehinderung haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 3 das Recht, auch außerhalb eines Verwaltungsverfahrens, soweit dies zur Wahrnehmung von Aufgaben im Rahmen der elterlichen Sorge nach § 1626 des Bürgerlichen Gesetzbuches erforderlich ist,
in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren.
(3) Die Staatsregierung bestimmt durch Rechtsverordnung
§ 7 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken
Die in § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Stellen haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen zu berücksichtigen. Blinde und sehbehinderte Menschen können zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren insbesondere verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden.
§ 8 Verständlichkeit und Leichte Sprache
(1) Die in § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Stellen sollen mit Menschen mit geistigen Behinderungen und Menschen mit seelischen Behinderungen in einfacher und verständlicher Sprache kommunizieren. Auf Verlangen sollen sie ihnen insbesondere Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke in einfacher und verständlicher Weise erläutern. Ist die Erläuterung nicht ausreichend, soll dies in Leichter Sprache erfolgen.
(2) Kosten für Erläuterungen im notwendigen Umfang nach Absatz 1 Satz 2 und 3 sind von den nach Absatz 1 Satz 1 verpflichteten Stellen zu tragen. Der notwendige Umfang bestimmt sich nach dem individuellen Bedarf der Berechtigten.
(3) Die in § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Stellen sollen im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit auch Informationen in Leichter Sprache bereitstellen. Die Staatsregierung wirkt darauf hin, dass die Kompetenzen der in Satz 1 genannten Stellen für das Verfassen von Texten in Leichter Sprache auf- und ausgebaut werden.
§ 9 Barrierefreie Informationstechnik
Die in § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Stellen gestalten ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten graphischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, technisch so, dass sie auch von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. Weitergehende rechtliche Verpflichtungen zur barrierefreien Gestaltung von Informationstechnik bleiben unberührt.
§ 10 Förderung der Teilhabe
(1) Um Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen, werden insbesondere Maßnahmen der Bewusstseinsbildung für die Lage von Menschen mit Behinderungen, der Verbesserung der Barrierefreiheit, der Einbeziehung in die Gemeinschaft, der Verbesserung der Mobilität, der Teilhabe am Arbeitsleben sowie der Teilhabe am politischen, öffentlichen und kulturellen Leben von Menschen mit Behinderungen nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 gefördert. Die Förderung nach Satz 1 umfasst auch
(2) Zur Förderung der Teilhabe nach Absatz 1 werden jährlich je schwerbehinderten Menschen 70 Euro in den Staatshaushalt eingestellt. Grundlage für die Ermittlung der Anzahl der schwerbehinderten Menschen ist die am 1. Januar des dem Inkrafttreten der Bestimmungen für das erste Haushaltsjahr des Haushaltsplanes vorausgehenden Kalenderjahres vom Statistischen Landesamt des Freistaates Sachsen als Statistischer Bericht veröffentlichte Statistik "Schwerbehinderte Menschen im Freistaat Sachsen" auf der Rechtsgrundlage von § 214 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 18. April 2019 (BGBl. I S. 473) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Bei der Aufstellung eines Doppelhaushaltes gilt Satz 2 für beide Haushaltsjahre.
(3) Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Mitteln zur Förderung der Teilhabe besteht nicht.
Abschnitt 3
Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderungen
§ 11 Wahrnehmung von Rechten durch Verbände
(1) Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten aus § 4 Absatz 1, § 6 Absatz 1 und 2 sowie den §§ 7 bis 9 verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis die gemäß § 15 Absatz 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Juli 2018 (BGBl. I S. 1117) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, anerkannten Verbände sowie deren sächsische Landesverbände, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. Gleiches gilt bei Verstößen gegen Vorschriften des Landesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinne des § 3 oder auf Verwendung von Gebärdensprache oder anderen Kommunikationshilfen im Sinne des § 5 Absatz 3 vorsehen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen vorliegen.
(2) Ein gemäß § 15 Absatz 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes anerkannter Verband oder dessen sächsischer Landesverband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, oder des Sozialgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1975 (BGBl. I S. 2535), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 6. Mai 2019 (BGBl. I S. 646) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, Klage auf Feststellung eines Verstoßes der in § 1 Absatz 2 genannten Stellen gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 Absatz 1 und gegen die Verpflichtungen aus § 6 Absatz 1 und 2 sowie den §§ 7, 8 und 9 erheben. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren getroffen worden ist.
(3) Eine Klage nach Absatz 2 Satz 1 ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme oder das Unterlassen in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt ist. Soweit ein Mensch mit Behinderungen seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage selbst verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach Absatz 2 Satz 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme oder dem Unterlassen um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vorliegt. Vor Erhebung der Klage nach Absatz 2 Satz 1 soll der Verband die betroffene Stelle auffordern, zu der von ihm behaupteten Rechtsverletzung Stellung zu nehmen. Kommt die Stelle der Aufforderung nach Satz 4 nach, hat sie dem Verband die notwendigen Aufwendungen zu erstatten.
§ 12 Landesbeauftragter für Inklusion der Menschen mit Behinderungen
(1) Zur Wahrung der Belange der im Freistaat Sachsen lebenden Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohten Menschen, zur Förderung ihrer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und zur Begleitung der Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen beruft der Ministerpräsident unter Beteiligung der sächsischen Landesverbände der gemäß § 15 Absatz 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes anerkannten Verbände für die Dauer einer Legislaturperiode bei der Staatskanzlei einen Landesbeauftragten für Inklusion der Menschen mit Behinderungen. Der Landesbeauftragte bleibt bis zu einer Nachfolgeberufung im Amt. Die Wiederberufung ist zulässig. Der Landesbeauftragte ist unabhängig, nicht weisungsgebunden und ministeriumsübergreifend tätig. Er kann von seinem Amt vor Ablauf der Amtszeit nur abberufen werden, wenn dies bei entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Amtsenthebung von Richtern auf Lebenszeit gerechtfertigt ist.
(2) Aufgabe des Landesbeauftragten ist es, darauf hinzuwirken, dass die in § 1 Absatz 1 genannten Ziele verwirklicht und die sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie andere Vorschriften zugunsten von Menschen mit Behinderungen eingehalten werden. Er informiert die Öffentlichkeit und berät zu Fragen der Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Der Landesbeauftragte trägt auch dafür Sorge, dass die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen berücksichtigt und geschlechtsspezifische Benachteiligungen beseitigt werden.
(3) Der Landesbeauftragte berät die Staatsregierung in Fragen der Politik für Menschen mit Behinderungen sowie bei deren Fortentwicklung und Umsetzung. Er
(4) Die Staatsministerien haben den Landesbeauftragten frühzeitig bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen Vorhaben grundsätzlicher oder besonderer Bedeutung zu beteiligen, soweit sie Fragen der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft behandeln oder berühren. Die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaates Sachsen sind verpflichtet, ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.
(5) Der Landesbeauftragte ist hauptamtlich tätig. Die für die Erfüllung der Aufgaben angemessene Personal- und Sachausstattung für seine Geschäftsstelle stellt der Freistaat Sachsen zur Verfügung. Dies wird im Haushaltsplan jeweils in einem besonderen Kapitel dargestellt. Der Sitz des Landesbeauftragten und seiner Geschäftsstelle ist bei der Staatskanzlei.
(6) Der Landesbeauftragte unterrichtet die Staatsregierung spätestens ein Jahr vor dem voraussichtlichen Ende der Legislaturperiode über die Ergebnisse seiner Beratungstätigkeit. Die Staatsregierung leitet den Bericht dem Landtag zu.
§ 13 Landesbeirat für Inklusion der Menschen mit Behinderungen
(1) Bei der Staatskanzlei wird ein Landesbeirat für Inklusion der Menschen mit Behinderungen errichtet. Er
(2) Der Landesbeirat repräsentiert durch seine Mitglieder die Menschen mit Behinderungen in ihrer Gesamtheit. Dabei ist auf ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern zu achten. Die Mitglieder des Landesbeirates werden zwei Jahre nach der Berufung des Landesbeauftragten für die Dauer von in der Regel fünf Jahren berufen. Die Mitglieder des Landesbeirates wählen aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden. Die Geschäfte des Landesbeirates werden durch die Geschäftsstelle bei der Staatskanzlei geführt. Das Nähere über das Berufungsverfahren, die Zusammensetzung und die Aufgaben des Landesbeirates sowie die Aufwandsentschädigung für seine Mitglieder regelt eine Verwaltungsvorschrift.
(3) Der Landesbeirat gibt sich eine Geschäftsordnung. In der Geschäftsordnung sind insbesondere Regelungen über die Vorbereitung, Einberufung und Durchführung von Sitzungen, über die Bildung von Arbeitsgruppen und über die Beteiligung weiterer sachverständiger Personen zu treffen.
§ 14 Besuchskommissionen
(1) Das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz beruft im Benehmen mit den kommunalen Landesverbänden, dem Kommunalen Sozialverband Sachsen, der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit sowie den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege unabhängige Kommissionen, die, in der Regel unangemeldet, Werkstätten für behinderte Menschen und diesen angegliederte Förder- und Betreuungsbereiche, andere Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sowie Wohnstätten für Menschen mit Behinderungen und deren Außenwohngruppen besuchen. Die Kommissionen überprüfen, ob den Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und eine selbstbestimmte Lebensführung möglich sind. Die von den Kommissionen zu besuchenden Einrichtungen sind verpflichtet, die Kommissionen zu unterstützen und ihnen die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Die Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen in den Einrichtungen sind bei den Besuchen in geeigneter Form zu beteiligen. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt. Den Menschen mit Behinderungen und ihren gesetzlichen Vertretern ist Gelegenheit zu geben, Wünsche oder Beschwerden gegenüber den Kommissionen vorzutragen.
(2) Die Kommission legt spätestens zwei Monate nach dem Besuch einer Einrichtung deren Träger und dem Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz einen Bericht vor. Personenbezogene Daten dürfen dabei nur in anonymisierter Form übermittelt werden. Das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz berichtet dem Landtag einmal in der Legislaturperiode zusammenfassend über die Ergebnisse der Arbeit der Kommissionen.
(3) Die Aufsichtspflichten und Befugnisse der zuständigen Behörden sowie das Recht der Betroffenen, andere Instanzen anzurufen, bleiben unberührt.
§ 15 Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen
Die Staatsregierung legt dem Landtag einmal in jeder Legislaturperiode einen Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen vor. Neben der Bestandsaufnahme und Analyse soll der Bericht Vorschläge zur Verwirklichung der in § 1 Absatz 1 genannten Ziele enthalten. Der Bericht soll darüber hinaus den Stand der Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen widerspiegeln. Der Bericht soll zudem eine begründete Empfehlung enthalten, ob der in § 10 Absatz 2 Satz 1 genannte Betrag erhöht werden soll.
§ 16 Zielvereinbarungen
(1) Soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, können rechtsfähige Organisationen und Verbände der Behindertenselbsthilfe zur Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen und ihrer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere zur Herstellung von Barrierefreiheit, mit den in § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Stellen, Trägern der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege, Unternehmen oder Unternehmensverbänden der verschiedenen Wirtschaftsbranchen, Kirchen, Parteien sowie sonstigen Organisationen und Verbänden Zielvereinbarungen abschließen. Die Organisationen und Verbände der Behindertenselbsthilfe können die Aufnahme von Verhandlungen über Zielvereinbarungen verlangen.
(2) Die Zielvereinbarungen sind an das Zielvereinbarungsregister zu melden, das von der Geschäftsstelle des Landesbeauftragten für Inklusion der Menschen mit Behinderungen geführt wird.
§ 17 Sicherung der Teilhabe
Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Freistaates Sachsen sind vor ihrem Erlass auf die Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen sowie deren Gleichstellung zu überprüfen. Insbesondere prüft die Staatsregierung vor Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Landtag, ob dessen Bestimmungen dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen entsprechen.
Abschnitt 4
Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen
§ 18 Barrierefreiheit von Dienstgebäuden, Arbeitsmitteln und Arbeitsplätzen
(1) Um die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen beim Freistaat Sachsen zu ermöglichen, sind Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Dienstgebäuden im Eigentum des Freistaates Sachsen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei zu gestalten. Von Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, soweit bei einem nicht öffentlich zugänglichen Dienstgebäude oder Gebäudeteil nach Art des Gebäudes oder der dort auszuübenden Tätigkeiten nicht zu erwarten ist, dass dort künftig auch Menschen mit Behinderungen beschäftigt werden. § 50 Absatz 3 der Sächsischen Bauordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Mai 2016 (SächsGVBl. S. 186), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (SächsGVBl. S. 706) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist entsprechend auch auf die nicht dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teile des Dienstgebäudes anzuwenden.
(2) Der Freistaat Sachsen soll anlässlich der Durchführung von Um- und Erweiterungsbauten nach Absatz 1 bauliche Barrieren in den nicht von diesen Baumaßnahmen unmittelbar betroffenen Gebäudeteilen, soweit sie von Bediensteten genutzt werden oder dem Besucher- und Benutzerverkehr dienen, feststellen und unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten beseitigen, sofern dies nicht eine unangemessene wirtschaftliche Belastung darstellt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) Der Freistaat Sachsen ist verpflichtet, die Barrierefreiheit bei Anmietungen von Dienstgebäuden zu berücksichtigen. Künftig sollen nur barrierefreie Dienstgebäude oder solche, in denen die baulichen Barrieren unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten beseitigt werden können, angemietet werden, soweit deren Anmietung nicht eine unangemessene wirtschaftliche Belastung zur Folge hätte. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement hat einen Beauftragten für Barrierefreiheit zu bestellen. Aufgabe des Beauftragten für Barrierefreiheit ist es, darüber zu wachen, dass die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Verpflichtungen erfüllt werden. Er ist Ansprechpartner zu Fragen der Barrierefreiheit der jeweiligen Dienstgebäude für die sie nutzenden Behörden oder Dienststellen sowie für deren Schwerbehinderten- und Personalvertretungen. Der Beauftragte für Barrierefreiheit muss die für die Wahrnehmung des Amtes erforderliche bautechnische Ausbildung besitzen, über Wissen und Erfahrungen im barrierefreien Bauen verfügen und soll dieses Wissen durch regelmäßige Fortbildungen erweitern.
(5) Der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement hat für alle im Eigentum des Freistaates Sachsen stehenden Dienstgebäude ein Verzeichnis zu führen, in dem von ihm gesammelte Informationen zur Barrierefreiheit in geeigneter Weise zentral verwaltet und staatlichen Stellen auf Nachfrage zur Verfügung gestellt werden.
(6) Der Freistaat Sachsen wird schrittweise und kontinuierlich unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel seine Arbeitsplätze und Arbeitsmittel einschließlich der von den Bediensteten genutzten informationstechnischen Systeme barrierefrei gestalten. Individuelle Rechtsansprüche der Bediensteten gegenüber Sozialleistungsträgern oder dem Integrationsamt auf eine behindertengerechte Arbeitsplatzausstattung sowie andere Rechtsvorschriften, die zur barrierefreien Gestaltung von Arbeitsplätzen oder Arbeitsmitteln verpflichten, bleiben unberührt.
§ 19 Bericht über die Beschäftigungssituation schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen
Die Staatsregierung legt dem Landtag einmal in der Legislaturperiode einen Bericht über die Beschäftigungssituation schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen vor. Neben einer Darstellung der Anzahl und des Anteils schwerbehinderter Menschen an allen Bediensteten des Freistaates Sachsen soll der Bericht auch Aussagen zur Barrierefreiheit der Dienstgebäude, der Arbeitsplätze und der Arbeitsmittel einschließlich der informationstechnischen Systeme nach § 18 enthalten.
§ 20 Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen bei den obersten Landesbehörden im Freistaat Sachsen
(1) Die Hauptschwerbehindertenvertretungen und die örtlichen Schwerbehindertenvertretungen bei der Staatskanzlei, den Staatsministerien, der Verwaltung des Sächsischen Landtags und des Sächsischen Rechnungshofs bilden die Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen bei den obersten Landesbehörden im Freistaat Sachsen.
(2) Vor Maßnahmen der Staatsregierung in Angelegenheiten, die einzelne oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe in mindestens zwei Geschäftsbereichen der obersten Dienstbehörden berühren, ist die Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen bei den obersten Landesbehörden im Freistaat Sachsen unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung der Staatsregierung anzuhören. § 178 Absatz 2 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass an die Stelle des Arbeitgebers die federführend zuständige oberste Dienstbehörde tritt.
(3) Die Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen bei den obersten Landesbehörden im Freistaat Sachsen kann grundsätzliche Angelegenheiten beraten, welche für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen beim Freistaat Sachsen von allgemeiner Bedeutung sind und über den Geschäftsbereich einer obersten Dienstbehörde hinausgehen.
(4) Die Befugnisse und Aufgaben der Schwerbehindertenvertretungen nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch bleiben unberührt.
Abschnitt 5
Übergangsregelungen
§ 21 Übergangsregelungen
(1) § 12 Absatz 1 Satz 1 gilt mit der Maßgabe, dass die erstmalige Berufung des Landesbeauftragten für Inklusion der Menschen mit Behinderungen zu Beginn der siebenten Legislaturperiode des Landtags erfolgt. Bis zu dieser Berufung bleibt der Beauftragte der Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen im Amt. Dessen Stellung und Aufgaben bestimmen sich weiterhin nach § 10 des Sächsischen Integrationsgesetzes in der am 19. Juli 2019 geltenden Fassung.
(2) Die Aufgaben des Landesbeirates für Inklusion der Menschen mit Behinderungen werden bis zu dessen erstmaliger Berufung nach § 13 Absatz 2 Satz 3 vom Sächsischen Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen wahrgenommen.
ENDE |